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Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck Notizen zur ...

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Daniel Schreiber, <strong>Rolandseck</strong>, 21. Januar 2008<br />

<strong>Das</strong> <strong>Arp</strong> <strong>Museum</strong> <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong><br />

<strong>Notizen</strong> <strong>zur</strong> Entstehungsgeschichte<br />

Der alte Hamburger <strong>Bahnhof</strong> in Berlin wurde seit 1996 als <strong>Museum</strong> zeitgenössischer Kunst<br />

wiedereröffnet, und die stillgelegte Zeche Zollverein wird 2010 als kulturelles Herz von Europas<br />

Kulturhauptstadt Essen schlagen. Viele alte Fabrik- und <strong>Bahnhof</strong>sgebäude erleben derzeit<br />

eine neue Blüte als Kulturzentren. Als Orte mit historisch gewachsener Identität üben<br />

diese Kathedralen der Industriekultur eine geradezu magische Anziehungskraft auf das Publikum<br />

aus. Längst hat die Politik die so erhaltenen Monumente der Technikgeschichte als<br />

Standortvorteil erkannt. Frühe Beispiele gehen jedoch auf bürgerliches Engagement <strong>zur</strong>ück:<br />

so das erste Beispiel kultureller Konversion in Deutschland überhaupt, der 1965 durch den<br />

Bonner Galleristen Johannes Wasmuth in Besitz genommene <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong>.<br />

Vorgeschichte<br />

Der landschaftliche Reiz der Lage zwischen Bad Godesberg und Remagen bot die entscheidende<br />

Bedingung dafür, dass dieser Trend im nördlichen Rheinland-Pfalz beginnen konnte.<br />

Die Aussicht vom <strong>Rolandseck</strong> gilt als Inbegriff rheinischer Romantik. Vor der sanften Silhouette<br />

des Siebengebirges schmücken die beiden Inseln Grafenwerth und Nonnenwerth den<br />

breit gelagerten Strom. Die Ruinen des Drachenfelses und des Rolandsbogens vervollkommnen<br />

das malerische Panorama. Betuchte Kölner und Bonner Bürger wussten dies im<br />

19. Jahrhundert zu schätzen, als sie hier ihre Landhäuser an den Hang setzten. Diesen zunehmenden<br />

Ausflugsverkehr in die Sommerfrische hatte die Bonn-Cölner Eisenbahn-<br />

Gesellschaft im Sinn, als sie die seit 1844 bestehende Bahnstrecke zwischen Köln und Bonn<br />

1855 bis nach <strong>Rolandseck</strong>, und drei Jahre später bis nach Koblenz verlängerte. Die Bonn-<br />

Cöllner war mittlerweile in der mächtigen Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft aufgegangen,<br />

als für ein repräsentatives Empfangsgebäude in <strong>Rolandseck</strong> gesorgt wurde. Es entstand<br />

eine spätklassizistische Sommerresidenz, von deren schmuckreichen Eisenaltan sich ein<br />

fantastischer Ausblick in die Landschaft und den eigens angelegten Park bot. Neben einer<br />

Billetverkaufs-, einer Gepäckannahmestelle und einem Gaststättenbetrieb beherbergte der<br />

1858 eröffnete <strong>Bahnhof</strong>sbau vor allem zwei Festsäle, die den Sitzungen der Eisenbahn-<br />

Aktionäre und Direktoren dienten – und dem gesellschaftlichen Leben. Schon damals feierten<br />

hier Kölner Künstler und Bonner Studenten. Königin Victoria und Kaiser Wilhelm II kamen<br />

ebenso zu Besuch wie Reichskanzler Bismarck; Heinrich Heine, die Gebrüder Grimm<br />

und Friedrich Nietzsche suchten hier Kurzweil; Johannes Brahms, Clara Schumann und<br />

Franz Liszt gaben hier Konzerte; George Bernhard Shaw fand hier den Ort der Handlung für<br />

sein erstes Theaterstück, und der junge Guillaume Apollinaire Inspiration für seine Liebespoesie.<br />

1


Rettung durch Rückkehr der Kultur<br />

Die Kultur war also von Beginn an im <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong> zu Hause, und genau genommen<br />

bedeutet die Einrichtung des Kulturbahnhofs 1965 keine Umwidmung, sondern ein Wiederanknüpfen<br />

an die Tradition des Ortes. Gleichwohl ist es dieser beherzten Neunutzung zu<br />

verdanken, dass das <strong>Bahnhof</strong>sgebäude als Denkmal der Technikgeschichte und Rheinromantik<br />

erhalten werden konnte. Denn im 20. Jahrhundert hatte der zwischen zunehmendem<br />

Auto- und Bahnverkehr eingezwängte <strong>Bahnhof</strong>sbau an Bedeutung verloren. Nur noch wenige<br />

Regionalzüge hielten hier. Als die Strecke für den Schnellverkehr zwischen Köln und Koblenz<br />

1958 elektrifiziert wurde, wurde die bahnseitige Aussichtsterrasse sicherheitshalber unbrauchbar<br />

gemacht, und die Mainzer Bundesbahndirektion beschloss, das nun nutzlos und<br />

überdimensioniert erscheinende, hundert Jahre alte Bauwerk abreißen zu lassen. <strong>Das</strong> Landesdenkmalamt<br />

gab seine Zustimmung, obschon das Bauwerk im amtlichen Kunstdenkmälerinventar<br />

von 1938 verzeichnet ist. Sein Verlust schien unwiderruflich, doch die Bahn zögerte<br />

den Abbruch aus Kostengründen hinaus. Es gab in der Wiederaufbauzeit Wichtigeres<br />

zu bewältigen.<br />

Wie es dann 1965 <strong>zur</strong> Rettung des <strong>Bahnhof</strong>s <strong>Rolandseck</strong> kam, resümiert Volker-Ingo Wilhelm,<br />

ab 1981 Geschäftsführer der Stiftung <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong>, so: „Wer hätte sich seinerzeit<br />

den verständlichen Rentabilitätsargumenten entziehen können, wer die horrenden<br />

Summen für die dringend notwendige Restaurierung und Unterhaltung des Gebäudes aufbringen<br />

sollen? Einer war zum Glück nicht vernünftig – Johannes Wasmuth. Er zog mit seiner<br />

arts & music ein, räumte Schutt und Ratten beiseite und begann mit seiner kulturellen<br />

Arbeit.“ Zusammen mit Stefan Askenase und Yaltah Menuhin hatte er arts & music als<br />

Betreibergesellschaft des <strong>Bahnhof</strong>s gegründet. Der Bundesbahn wurde monatlich eine Mark<br />

als symbolische Miete überwiesen. Die Betriebskosten wurden durch Vermietungen an Festgesellschaften,<br />

fördernde Mitglieder und einen Stifterkreis eingespielt. Überdies gelang es,<br />

Weltklassekünstler für das Projekt einzuspannen: Svatoslav Richter spielte Konzerte an einem<br />

Ort, an dem Güterzüge 15 Meter vom Flügel entfernt vorbeidonnerten; Martin Walser<br />

rezitierte in einem Saal, der mit Gasstrahlern beheizt war; Günther Uecker umnagelte das<br />

Gästebett des <strong>Bahnhof</strong>s; und Oskar Kokoschka warb beim Deutschen Bundestag mit einem<br />

Porträt von Konrad Adenauer für den Erhalt des wiedererwachenden Künstlerbahnhofs. Vor<br />

den Toren des bundesdeutschen Regierungssitzes Bonn entwickelte sich ein internationales<br />

Kulturzentrum auf höchstem Niveau, in dem nicht nur konzertiert, rezitiert und ausgestellt,<br />

sondern auch gefeiert und gelebt wurde.<br />

Wasmuths „Instandbesetzung“, wie die geglückte Inbesitznahme zwanzig Jahre später genannt<br />

worden wäre, blieb nicht ohne Folgen. <strong>Das</strong> rheinland-pfälzische Landesdenkmalamts<br />

stufte 1967 den <strong>Bahnhof</strong>sbau als das „architektonisch und künstlerisch bedeutendste Beispiel“<br />

der ersten Epoche des Eisenbahnbaus am Rhein ein. 1968 wurde auf Anfrage eines<br />

Wuppertaler Abgeordneten im Deutschen Bundestag über Möglichkeiten des Erhalts debattiert.<br />

<strong>Das</strong> Land Rheinland-Pfalz begann, sich seiner kulturpolitischen Verantwortung bewusst<br />

zu werden. Der rheinland-pfälzische Kultusminister Bernhard Vogel trat mit der Deutschen<br />

Bundesbahn über den Erwerb des <strong>Bahnhof</strong>s in Verhandlung. Der französische Pantomime<br />

Marcel Marceau reagiert auf diese positive Zeichen euphorisch mit dem berühmten <strong>Rolandseck</strong>er<br />

Manifest: „Hier wird die Zauberwelt sich auftun, und der Zauber wird in uns wach<br />

werden. Der <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong> wird das Theater sein, in dem sich alle Künste vereinen,<br />

2


um das Wunderbare zu schaffen.“ Und tatsächlich überreichte 1969 Ministerpräsident Helmut<br />

Kohl während eines rauschenden Künstlerfestes vor versammelter Politprominenz arts &<br />

music-Mitbegründer Stefan Askenase eine Rettungsurkunde, mit der sich die Landesregierung<br />

verpflichtete, den <strong>Bahnhof</strong> zu erwerben und für zwei Millionen Mark zu restaurieren.<br />

In den darauf folgenden fünf Jahren wurde die Basis für einen professionellen Kulturbetrieb<br />

gelegt. <strong>Das</strong> Land Rheinland-Pfalz brachte das 1972 erworbene Gebäude in die 1973 gegründete<br />

Stiftung <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong> ein. Mit arts & music wurde ein Nutzungs- und Überlassungsvertrag<br />

abgeschlossen. Schließlich wurde der <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong> saniert, mit<br />

Gastateliers und Gästezimmern sowie einer Zentralheizung ausgestattet. Es reifte eine international<br />

beachtete Institution heran, in der alle Künste unter einem Dach vereint waren: Arbeiten<br />

von Max Slevogt und Hans <strong>Arp</strong> wurden ausgestellt; Sarah Kirsch und Martin Walser<br />

lasen hier; Stefan Askenase und die Menuhins spielten hier; das New Yorker Living Theatre<br />

und der Grupo Experimental aus Buenos Aires traten hier auf, ebenso wie Marcel Marceau<br />

und Clown Dimitri. Unzählbar viele Künstler kamen zu Besuch oder lebten und arbeiteten<br />

hier, so Hans Richter, Gerhard Richter, Karlheinz Stockhausen, Franz Josef Degenhardt,<br />

Gregor Laschen oder Pinchas Zukerman. Die Reihe der Namen ließe sich endlos fortsetzen.<br />

Im Oktober 1983 begründeten Solisten des London Symphony Orchestra die seitdem fortbestehende<br />

Tradition eines 14-tägigen Musikfestivals. <strong>Das</strong> Friedensfest anlässlich des ägyptisch-israelischen<br />

Friedens 1980, der Besuch des Dalai Lama 1982 oder des japanischen<br />

Kaiserpaares 1983 rückten den <strong>Bahnhof</strong> schließlich auch als politische Bühne der Bonner<br />

Republik in den Vordergrund.<br />

Wie <strong>Arp</strong> nach <strong>Rolandseck</strong> kam<br />

Der deutsch-französische Künstler Hans (oder Jean) <strong>Arp</strong>, der zuletzt im schweizerischen<br />

Locarno und im französischen Clamart wohnte, zeigte erstmals vier Jahre nach seinem Tod<br />

Präsenz in <strong>Rolandseck</strong> – in Gestalt seines Bewegten Tanzgeschmeides, das den <strong>Bahnhof</strong>svorplatz<br />

wie ein Wahrzeichen beherrscht. Dieser vergrößerte posthume Guss einer 1960 von<br />

<strong>Arp</strong> gestalteten Plastik wurde 1970 anlässlich einer umfassenden <strong>Arp</strong>-Ausstellung hier aufgestellt,<br />

welche Johannes Wasmuth mit Hilfe von Marguerite <strong>Arp</strong>-Hagenbach im <strong>Bahnhof</strong><br />

<strong>Rolandseck</strong> realisieren konnte. Die Bekanntschaft zwischen dem <strong>Rolandseck</strong>er Impresario<br />

und der zweiten Ehefrau des Dada-Mitbegründers erwies sich als äußerst fruchtbar. Die <strong>Arp</strong>-<br />

Witwe war in erbschaftssteuerliche Schwierigkeiten mit dem französischen Staat geraten, die<br />

nur durch Übereignung der Künstlernachlässe ihres Mannes und seiner ersten, 1943 verstorbenen<br />

Ehefrau Sophie Taeuber-<strong>Arp</strong> umgangen werden konnten. Wasmuth half ihr hierbei.<br />

Im September 1977 gründeten sie zusammen den Verein Stiftung Hans <strong>Arp</strong> und Sophie<br />

Taeuber-<strong>Arp</strong> e.V., der heute unabhängig vom <strong>Arp</strong> <strong>Museum</strong> <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong> in dem Rolandswerther<br />

Wohnhaus des 1997 verstorbenen Wasmuth fortbesteht. Ihm wurden ein Großteil<br />

des Nachlasses sowie Guss- und Bildrechte übertragen.<br />

Schon 1970 hatte Johannes Wasmuth von einem <strong>Museum</strong> moderner Kunst geträumt, das<br />

sich wie ein gläserner Brückenschlag über die Gleise erstreckt. Nach Vereinsgründung lag<br />

die Idee nahe, dieses <strong>Museum</strong> neben zeitgenössischen Künstlern vor allem Hans <strong>Arp</strong> und<br />

Sophie Taeuber-<strong>Arp</strong> zu widmen. Noch in den 1970er Jahren gewann Wasmuth den New<br />

Yorker Architekten Richard Meier als Planer – bevor an dessen <strong>Museum</strong>sbauten in Ulm,<br />

Frankfurt oder Baden-Baden überhaupt zu denken war. Erst der rheinland-pfälzische Minis-<br />

3


terpräsident Rudolf Scharping konnte das Projekt Anfang der 1990er Jahre einen entscheidenden<br />

Schritt voranbringen, als es ihm gelang, im Rahmen des Bonn-Berlin-Ausgleichs<br />

einen Bundeszuschuss zu erwirken. Unter Ministerpräsident Kurt Beck wurde der Neubau<br />

1995 endgültig beschlossen. <strong>Das</strong> Land traf mit der Kulturstiftung des Landes, dem <strong>Arp</strong>-<br />

Verein und der Stiftung <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong> eine Rahmenvereinbarung, die dem <strong>Arp</strong>-Verein<br />

in der Tradition von arts & music den Betrieb dieses so erweiterten <strong>Museum</strong>s übertrug und<br />

ihn dazu verpflichtete, ein Dauerleihgaben-Konvolut im Wert von 60 Millionen Mark für dreißig<br />

Jahre einzubringen. Überdies kaufte das Land Rheinland-Pfalz aus den Beständen des<br />

<strong>Arp</strong>-Vereins über vierhundert Werke des verstorbenen Künstlerehepaars als unveräußerbaren<br />

Grundstock für das <strong>Arp</strong> <strong>Museum</strong>: Zeichnungen, Collagen, Reliefs, Skulpturen und Gemeinschaftswerke,<br />

so genannte Duoarbeiten.<br />

Schiefes und neues Licht auf <strong>Rolandseck</strong><br />

Die Idee für ein <strong>Arp</strong> <strong>Museum</strong>s schien auf den guten Weg gebracht, als Kontroversen den<br />

Fortlauf zu erschweren begannen. Schon in den 1980ern war der <strong>Arp</strong>-Verein in Nachlassstreitigkeiten<br />

mit der im französischen Clamart gegründeten Fondation <strong>Arp</strong> geraten. Auch<br />

Hans <strong>Arp</strong>s Nichte Ruth Tillard-<strong>Arp</strong>, die Tochter von Hans <strong>Arp</strong>s Bruder François, leistete einen<br />

Beitrag zu den Auseinandersetzungen. Sie hatte dem deutschen <strong>Arp</strong>-Verein Werke aus<br />

ihrer <strong>Arp</strong>-Sammlung vermacht. Kurz vor ihrem Tod im Januar 1998 setzte sie jedoch ihren<br />

Arzt Claude Gubler als Generalerben ein. In Frankreich sind Testamente Sterbender zugunsten<br />

ihrer Ärzte ungültig. Der <strong>Arp</strong>-Verein konnte dennoch keine Rechte an seinem Erbteil geltend<br />

machen, weil Gubler, ehemals Leibarzt von Mitterand, durch Veröffentlichung der Krankenakte<br />

des verstorbenen Präsidenten seine Approbation verloren hatte.<br />

Auseinandersetzungen mit der Fondazione <strong>Arp</strong> kamen hinzu, welche Marguerite <strong>Arp</strong>-<br />

Hagenbach in den Jahren vor ihrem Tod 1994 an ihrem Wohnort Locarno gegründet hatte.<br />

Von dort wurde die Echtheit etlicher <strong>Arp</strong>-Werke aus dem Besitz des <strong>Arp</strong>-Vereins in Frage<br />

gestellt. In der Tat hatte es Johannes Wasmuth und in seiner Folge der <strong>Arp</strong>-Verein mit der<br />

Ausübung der Gussrechte an Bronzeplastiken, der Ausführungsrechte an Marmorplastiken<br />

und den Provenienznachweisen wohl nicht so genau genommen. Diese Zweifel warfen ein<br />

„schiefes Licht auf <strong>Rolandseck</strong>“, wie Die Zeit 1998 titelte, sowohl auf das Dauerleihgabenkonvolut<br />

wie auf die Ankäufe des Landes. Der Verein nahm in der Folge <strong>Arp</strong>-Arbeiten fragwürdiger<br />

Authentizität aus dem Landesbesitz <strong>zur</strong>ück. Überdies erschwerten Auseinandersetzungen<br />

um die Vorlaufkosten das Verhältnis zwischen Land und Verein. Nicht immer war<br />

nachzuvollziehen, ob die Ausgaben des Vereins für Rechtsstreitigkeiten und Beratungen im<br />

Interesse des Landes und des projektierten <strong>Museum</strong>s getätigt wurden, und so musste der<br />

Verein einen Teil davon <strong>zur</strong>ückzahlen. Auf diesem Hintergrund entschloss sich das Land<br />

dazu, 2005 einen neuen Rahmenvertrag abzuschließen, der dem Land mehr Einfluss sichern<br />

sollte. Nun wurde die Stiftung <strong>Arp</strong> <strong>Museum</strong> <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong> gegründet, die einen partnerschaftlichen<br />

Betrieb des <strong>Museum</strong>s durch das Land und den Verein gewährleisten sollte.<br />

Auf dieser Grundlage wurde der von Richard Meier entworfene Neubau fertiggestellt und im<br />

September 2007 eröffnet. Wie eine strahlend weiße Burg thront er vierzig Meter über dem<br />

<strong>Bahnhof</strong> auf dem Kamm des Schiefergebirges. Seine Terrassen und Panoramafenster bieten<br />

atemberaubende Ausblicke in die Landschaft. In ihrer Eröffnungsrede betont Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel, dass sie das dem Ort verpflichtete Ausstellungskonzept von Grün-<br />

4


dungsdirektor Klaus Gallwitz „eine unglaublich spannende Sache“ findet: Hans <strong>Arp</strong>s Werk<br />

tritt im <strong>Bahnhof</strong> wie im Neubau in Dialog mit zeitgenössischen Künstlern, zum Beispiel Anton<br />

Henning, Johannes Brus und Anselm Kiefer.<br />

Doch leider ist <strong>Arp</strong> immer noch nicht ganz in <strong>Rolandseck</strong> angekommen. Nach einer mit internationalen<br />

Leihgaben bestückten Eröffnungsausstellung zu <strong>Arp</strong> wollte Gallwitz 2008 zunächst<br />

eine Auswahl aus dem Landesbesitz und im Anschluss daran eine Auswahl aus dem<br />

Dauerleihgabenkonvolut zeigen – und damit in doppelter Hinsicht neues „Licht auf <strong>Arp</strong>“ werfen:<br />

das in den Meier-Bau einströmende Tageslicht und das Licht einer öffentlichen Diskussion<br />

über die Gussrechts- und Provenienzthematik. Doch die zugesicherten 248 Objekte des<br />

Dauerleihgabenkonvoluts erreichten das <strong>Museum</strong> nicht. Der Verein musste bekennen, dass<br />

er einige Werke daraus veräußert hatte. <strong>Das</strong> Land Rheinland-Pfalz kündigte daraufhin den<br />

Rahmenvertrag. Nun wird das darin vorgesehene Schiedsgericht entscheiden, ob und gegebenenfalls<br />

wie das Land und der Verein weiter zusammenarbeiten werden.<br />

Bereits 1974 hatte der damalige Kulturabteilungsleiter im rheinland-pfälzischen Kulturministerium<br />

Günter Sofsky resümiert, dass der <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong> ein positives Beispiel dafür<br />

gebe, wie ein Kulturdenkmal „sinnvoll in unsere heutige Lebenswirklichkeit eingebunden<br />

werden kann.“ Dieser Erfolg verpflichte auch in Zukunft, „hier eine Stätte ständiger Begegnung,<br />

des Dialogs, der Konfrontation und der Kommunikation, des Austauschs und der Zusammenarbeit<br />

zu erhalten.“ Dieser Zielsetzung ist das Land Rheinland-Pfalz bis heute treu<br />

geblieben.<br />

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Weiterführende Literatur<br />

Arts & Music<br />

<strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong>, Broschüre <strong>zur</strong> Anwerbung von fördernden Mitgliedern und Stiftern mit<br />

Texten von Marcel Marceau, Helmuth Harthmann und Theodor Wieser, <strong>Rolandseck</strong> 1970.<br />

Astrid von Asten<br />

„Wie kommt <strong>Arp</strong> nach <strong>Rolandseck</strong>?“, in: Vernissage, 12. Jg., 2004, Nr. 21, S. 14-25.<br />

Marcus Clauer<br />

„Schiefes Licht auf <strong>Rolandseck</strong>“, in: Die Zeit, 1998, Nr. 2<br />

Paul Clemen<br />

Die Kunstdenkmäler des Landkreises Ahrweiler, Düsseldorf 1938<br />

Jacqueline Hénard<br />

„Wem gehört das Werk von Hans <strong>Arp</strong>?“, in: Die Zeit, 2001, Nr. 31<br />

Claudia Herstatt<br />

„Heiliger Bimbam! Der Nachlass von Hans <strong>Arp</strong> sorgt noch fast 40 Jahre nach seinem Tod für<br />

Streitereien“, in: Die Zeit, 2003, Nr. 24.<br />

Kulturstaatssekretär Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig<br />

Rede vor dem Kulturausschuss des Landtags zum <strong>Arp</strong> <strong>Museum</strong>, Mainz, 2. Oktober 2007.<br />

Judith Loosen<br />

Der <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong>. <strong>Das</strong> Empfangsgebäude, Bonn 2007.<br />

Jutta Mattern und Volker-Ingo Wilhelm<br />

„Der <strong>Bahnhof</strong> <strong>Rolandseck</strong>“, in: Vernissage, 12. Jg., 2004, Nr. 21, S. 6-9.<br />

Matthias Röcke<br />

„Bahnhöfe im Landkreis Ahrweiler“, in: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler, Bd. 44, 1987, S.<br />

106-118<br />

Günter Sofsky<br />

„Vom Provinzbahnhof zum Künstlerzentrum“, in: Lebendiges Rheinland-Pfalz, Jg. 11, 1974,<br />

H. 5, S. 114-119.<br />

Volker-Ingo Wilhelm<br />

„<strong>Rolandseck</strong> – vorgeschobener Kulturposten“, in: der arbeitgeber. Offizielles Organ der Bundesvereinigung<br />

der deutschen Arbeitgeberverbände, 35. Jg., 1983, H. 12., S. 468-470.<br />

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