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Liberal-02_2016

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POLITIK STEUERPLANUNG<br />

Kreative Steuervermeidung ist eine<br />

Spezialität vieler multinationaler<br />

Konzerne. Zulasten von Bürgern und<br />

verantwortlich agierenden Unternehmen<br />

verschieben sie ihre<br />

Gewinne in Niedrigsteuerländer.<br />

Damit will die EU nun Schluss<br />

machen.<br />

// TEXT // MICHAEL THEURER<br />

Unrechtmäßige Staatsbeihilfe<br />

Die Verluste durch „aggressive<br />

Steuerplanung“ gehen jedes Jahr<br />

in die Milliarden. Mit komplexen<br />

Steuervermeidungsmodellen<br />

verlagern multinationale Konzerne dabei<br />

ihre Gewinne von dem Land, in dem sie<br />

eigentlich versteuert werden müssten, in ein<br />

Niedrigsteuerland.<br />

Mögen diese – zumindest noch – zu<br />

einem großen Teil legal sein, so sind sie aber<br />

auf jeden Fall zutiefst unfair. Denn sie gehen<br />

zulasten normaler Steuerzahler sowie der<br />

Steuerbasis eines anderen Landes, und sie<br />

benachteiligen kleine und mittlere Unternehmen.<br />

Denn KMU haben in den allermeisten<br />

Fällen nicht die für eine aggressive<br />

Steuerplanung nötigen Ressourcen oder<br />

grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit.<br />

Während der Inhaber des Cafés am Marktplatz<br />

normal seine Steuern bezahlt, rechnet<br />

Starbucks seine Gewinne klein.<br />

Die liberale Kommissarin Margrethe<br />

Vestager hat Starbucks, Amazon, Apple und<br />

Fiat, aber auch das Land Belgien wegen<br />

unrechtmäßiger Staatsbeihilfe durch Steuervergünstigungen<br />

verurteilt. Aber das EU-<br />

Wettbewerbsrecht reicht nicht aus.<br />

Im Rahmen von OECD und G 20 versucht<br />

die Staatengemeinschaft, dem Gebaren<br />

einen Riegel vorzuschieben. In der<br />

Europäischen Union müssen wir voranschreiten<br />

und mit einem über die OECD-<br />

Empfehlungen hinausgehenden, verbindlichen<br />

Gesetzesrahmen für Transparenz und<br />

fairen Steuerwettbewerb im EU-Binnenmarkt<br />

sorgen.<br />

Dank der „LuxLeaks“-Enthüllungen<br />

durch Journalisten und Whistleblower gibt<br />

es dafür derzeit das nötige Momentum. Zur<br />

Aufklärung von „LuxLeaks“ hatte das Europaparlament<br />

im vergangenen Jahr einen<br />

Sonderausschuss eingesetzt, der Anfang<br />

dieses Jahres in die Verlängerung gegangen<br />

ist. Mit den Ausschüssen „TAXE 1“ und<br />

„TAXE 2“ befasst sich erstmals eine EU-<br />

Institution mit dem Thema Steuervermeidung<br />

umfassend, wissenschaftlich fundiert<br />

und zielgerichtet. Obwohl es starken Gegenwind<br />

gab, gelang es, einen hochwertigen<br />

Bericht vorzulegen, in dem das Parlament<br />

die Problematik der Steuervermeidungspraktiken<br />

analysiert und konkrete Forderungen<br />

stellt. „Die Ritter von der TAXE-Runde“<br />

nannte der EU-Korrespondent der WAZ die<br />

Ausschussmitglieder.<br />

Soziale Marktwirtschaft erfordert eine<br />

Ordnung. An oberster Stelle steht deshalb<br />

der Ruf nach einem gesetzlichen Rahmen.<br />

Die Untersuchungen haben ergeben, dass<br />

die Kombination überkomplexer nationaler<br />

Regeln zu Schlupflöchern geführt hat. Zwar<br />

erkennt das Parlament die nationalstaatliche<br />

Hoheit über Steuerfragen an und stellt sich<br />

auch Steuerpolitik als Standortpolitik nicht<br />

entgegen. Jedoch muss der Wettbewerb<br />

nach dem Vorbild der Schweiz über die<br />

Steuersätze und nicht die Besteuerungsgrundlage<br />

ablaufen.<br />

Es geht jedoch auch um die Klärung<br />

politischer Verantwortlichkeiten. Bis zuletzt<br />

wurde den Ausschussmitgliedern der effektive<br />

Zugang zu wichtigen Dokumenten wie<br />

den Protokollen der „Code of Conduct<br />

Group“ – der Gruppe Verhaltenskodex in<br />

Steuerangelegenheiten der Mitgliedsstaaten<br />

– de facto verweigert.<br />

Die Kommission hat nun volle Dokumenteneinsicht<br />

versprochen. Darüber<br />

hinaus haben sich wichtige Hinweise ergeben,<br />

denen „TAXE 2“ nachgehen will – etwa<br />

zum Gebaren Maltas oder Zyperns oder<br />

weiteren Steuervermeidungsmodellen. ●<br />

MICHAEL THEURER ist Sonderberichterstatter<br />

im Europäischen<br />

Parlament zur Aufklärung von<br />

„LuxLeaks“ sowie Vorsitzender<br />

der FDP Baden-Württemberg<br />

und Beisitzer des Präsidiums der<br />

Bundes-FDP.<br />

redaktion@libmag.de<br />

Illustration: E. Merheim; Foto: Privat<br />

28 2.2016 liberal

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