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Liberal-02_2016

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Seltsamerweise ignorieren deutsche Medien Wladimir Schirinowski weitestgehend.<br />

Dabei sind dessen politische Äußerungen brisant wie eh und je:<br />

Schirinowski ist noch immer Vorsitzender der „Liberal-Demokratischen Partei“,<br />

Duma­ Abgeordneter und mehrfach unter der Regentschaft Putins mit hohen<br />

Orden ausgezeichnet worden. Auch wenn viele ihn gering schätzen, ist seine Rolle<br />

im politischen Russland keineswegs zu unterschätzen. // TEXT // FILIPP PIATOV<br />

PUTINS RADIKALE<br />

STIMMUNGSKANONE<br />

Foto: Getty Images<br />

Wenn Wladimir Schirinowski vor die<br />

Kameras tritt, mit beiden Händen das<br />

Pult umklammert, aggressiv in die Runde<br />

schaut und sich einen Journalisten<br />

aussucht, auf den er sich gleich mit Inbrunst stürzen<br />

wird, jubelt die russische Presse – während westliche<br />

Medien nicht so recht wissen, was sie berichten sollen.<br />

„Russischer Politiker fordert seine Bodyguards dazu<br />

auf, eine schwangere Journalistin zu vergewaltigen?“<br />

„Russischer Politiker fordert die Überflutung Großbritanniens?“<br />

„Russischer Politiker fordert russische Panzer in<br />

Brüssel, um dem ,verschwulten Europa‘ etwas Moral<br />

beizubringen?“ „Russischer Politiker fordert Atombombe<br />

auf Istanbul, sollte die Türkei den Bosporus für russische<br />

Schiffe sperren?“ Schirinowski fordert nie weniger als<br />

den, nun ja, totalen Krieg.<br />

Der Mann produziert Schlagzeilen, die man außerhalb<br />

Russlands nicht verstehen würde. In deutschen<br />

Zeitungen behilft man sich, indem man ihn einen Oppositionellen<br />

oder Nationalisten nennt. Dabei wäre die<br />

Bezeichnung „Hofnarr“ wesentlich passender. Schon in<br />

den Neunzigern war der Slogan seines Wahlkampfs,<br />

jeder Frau einen Mann und jedem Mann zwei Flaschen<br />

Wodka zu garantieren. Man könnte sich seine Pressekonferenzen<br />

komplett sparen, wenn er nicht gelegentlich,<br />

vor allem retrospektiv, für Überraschungen sorgen<br />

würde. Schirinowski überrascht, weil er Drohungen<br />

ausspricht, die durch den russischen Präsidenten zur<br />

Wahrheit werden.<br />

Als er kurz nach der Maidan-Revolution von russischen<br />

Panzern sprach, die Kiew jederzeit einnehmen<br />

könnten, fand das kaum Beachtung. Immerhin hatte er<br />

auch mal gedroht, Atombomben über dem Atlantik zu<br />

zünden, um Großbritannien zu überfluten – wer sollte da<br />

auf ihn hören? Kurze Zeit später rollten russische Panzer<br />

in die Ostukraine, um die Aufständischen zu unterstützen.<br />

liberal 2.2016<br />

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