EINER VON EINER MILLION
Liberal-02_2016
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FLÜCHTLINGE DEUTSCH-SYRER<br />
Rund 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Mehr als 800.000 von ihnen sind 2015<br />
nach Deutschland gekommen – viele davon aus Syrien. Häufig sind es bereits heimisch<br />
gewordene Deutsch-Syrer, die den Neuankömmlingen wichtige Tipps für den Alltag geben, als<br />
Dolmetscher fungieren und Hilfe im deutschen Bürokratiedschungel leisten. Vor allem aber<br />
verstehen sie wohl besser als sonst jemand die Schicksale der Geflohenen. liberal hat fünf von<br />
ihnen getroffen. // TEXT // STEFAN KREITEWOLF<br />
WER<br />
SEID<br />
IHR?<br />
Wie sind Sie nach Deutschland<br />
gekommen, und wie lange leben<br />
Sie schon hier?<br />
ALI MOHAMAD ist Auszubildender zum<br />
Elektrotechniker im dritten Lehrjahr. Er arbeitet<br />
im Technikzentrum Siegerland von ThyssenKrupp.<br />
Der 19-Jährige hatte in seiner frühen Jugend<br />
selbst mit der deutschen Sprache zu kämpfen.<br />
Syrische Flüchtlinge müssten dazu gezwungen<br />
werden, Deutsch zu lernen, sagt er.<br />
Im Jahr 2000 bin ich als Vierjähriger mit meinen<br />
Eltern und zwei Geschwistern nach Dortmund<br />
gekommen. Dann ging es nach Netphen im<br />
Siegerland. Es dauerte aber 13 Jahre, bis endlich<br />
klar war, dass wir in Deutschland bleiben dürfen.<br />
TAREK ABDIN-BEY lebt seit mehr als fünf<br />
Jahrzehnten in Deutschland. Er ist Vorsitzender<br />
des Deutsch-Syrischen Vereins. Der 71-Jährige<br />
hat im Sommer jede freie Minute am Münchener<br />
Hauptbahnhof verbracht, um seinen Landsleuten<br />
zu helfen.<br />
Ich bin als Student nach Deutschland gekommen.<br />
Das war vor 54 Jahren. Nachdem ich in Wupper -<br />
tal und Karlsruhe studiert hatte, kam ich nach<br />
München. Dort wurde ich zum Exportfachmann<br />
ausgebildet.<br />
Fühlen Sie sich in Deutschland<br />
integriert? Ist das überhaupt ein<br />
Thema für Sie?<br />
In der Grundschule habe ich anfangs Schwierigkeiten<br />
mit der deutschen Sprache gehabt. Die<br />
Lehrer waren aber sehr höflich, und ich habe<br />
direkt Freundschaften geschlossen. Ressentiments<br />
habe ich keine bemerkt.<br />
Für mich war das Thema Integration nie wichtig.<br />
Meine Mutter ist Deutsche, und deswegen waren<br />
meine Beziehungen zu Deutschen immer<br />
freundschaftlich. Ich bin schließlich einer von<br />
ihnen.<br />
Was raten Sie den Neuankömmlingen<br />
aus Ihrem Geburtsland?<br />
Die Integration ist nicht ganz leicht. Das liegt an<br />
der Sprache und an der Schüchternheit.<br />
Flüchtlinge aus Syrien treffen sich nur<br />
untereinander. Sie müssten dazu gezwungen<br />
werden, mit vielen Leuten zu sprechen und<br />
dadurch Deutsch zu lernen.<br />
Sie müssen schnell die deutsche Sprache lernen.<br />
Außerdem gilt es, arabische Benimmregeln<br />
abzulegen. Zum Beispiel darf sich kein syrischer<br />
Mann weigern, einer deutschen Frau die Hand zu<br />
schütteln. Das passt einfach nicht hierher.<br />
18 2.2016 liberal