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Einfach nur ICH...und ich lebe immer noch

Stimmt, ich lebe immer noch und das sehr gerne, obwohl ich manchmal allen Grund gehabt hätte, an meinem Leben zu verzweifeln. Einmal der Hölle zu entkommen reicht anscheinend nicht aus. Wer meine Biografie „Einfach nur ich … ich habe überlebt“ gelesen hat, weiß schon warum. Für diejenigen, denen Teil 1 unbekannt ist, fasse ich als Einführung kurz zusammen, was ich dort berichtet habe. Was erwartet Sie in Teil 2? Mir ist klar geworden, dass ich im 1.Buch vieles unbewusst und manches bewusst verschwiegen habe. Mein Gedanke war damals, dass es unglaubwürdig klingen könnte und die Leser dächten, so viel kann ein normaler Mensch doch gar nicht erleben. Aber da ich kein „normaler Mensch“ sondern einfach nur ich bin, habe ich mich nun dafür entschieden, auch das noch nicht Erwähnte preiszugeben und einige Lebensabschnitte genauer zu beschreiben. Außerdem ging mein Leben nach der Buchveröffentlichung ja noch weiter,wurde nicht einfacher und ich werde Sie in dieser Fortsetzung auf den neuesten Stand bringen.

Stimmt, ich lebe immer noch und das sehr gerne, obwohl ich manchmal allen Grund gehabt hätte, an meinem Leben zu verzweifeln. Einmal der Hölle zu entkommen reicht anscheinend nicht aus.
Wer meine Biografie „Einfach nur ich … ich habe überlebt“ gelesen hat, weiß schon warum.
Für diejenigen, denen Teil 1 unbekannt ist, fasse ich als Einführung kurz zusammen, was ich dort berichtet habe.
Was erwartet Sie in Teil 2? Mir ist klar geworden, dass ich im 1.Buch vieles unbewusst und manches bewusst verschwiegen habe. Mein Gedanke war damals, dass es unglaubwürdig klingen könnte und die Leser dächten, so viel kann ein normaler Mensch doch gar nicht erleben.
Aber da ich kein „normaler Mensch“ sondern einfach nur ich bin, habe ich mich nun dafür entschieden, auch das noch nicht Erwähnte preiszugeben und einige Lebensabschnitte genauer zu beschreiben.
Außerdem ging mein Leben nach der Buchveröffentlichung ja noch weiter,wurde nicht einfacher und ich werde Sie in dieser Fortsetzung auf den neuesten Stand bringen.

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<strong>Einfach</strong> <strong>nur</strong> <strong>ICH</strong>…<strong>und</strong> <strong>ich</strong> <strong>lebe</strong> <strong>immer</strong> <strong>noch</strong>.<br />

Stimmt, <strong>ich</strong> <strong>lebe</strong> <strong>immer</strong> <strong>noch</strong> <strong>und</strong> das sehr gerne, obwohl <strong>ich</strong> manchmal allen Gr<strong>und</strong> gehabt<br />

hätte an meinem Leben zu verzweifeln. Wer meine Biografie „<strong>Einfach</strong> <strong>nur</strong> <strong>ich</strong>…<strong>ich</strong> habe<br />

überlebt“ gelesen hat weiß schon warum.<br />

Für diejenigen, die sie bis jetzt n<strong>ich</strong>t gelesen haben, werde <strong>ich</strong> zur Einführung kurz<br />

zusammenfassen, was <strong>ich</strong> den Lesern dort schon ber<strong>ich</strong>tet habe.<br />

Was erwartet Sie nun in dieser Fortsetzung? Mir ist klar geworden, dass <strong>ich</strong> im 1.Teil vieles<br />

unbewusst <strong>und</strong> manches bewusst verschwiegen habe. Mein Gedanke war damals, dass es<br />

eigentl<strong>ich</strong> unglaubwürdig klingen muss, dass man denken könnte, so viel kann ein normaler<br />

Mensch doch gar n<strong>ich</strong>t erlebt haben.<br />

Aber da <strong>ich</strong> kein „normaler Mensch“ sondern einfach <strong>nur</strong> <strong>ich</strong> bin, habe <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> nun dafür<br />

entschieden, auch das <strong>noch</strong> n<strong>ich</strong>t Erwähnte preis zu geben, <strong>und</strong> einige Lebensabschnitte<br />

genauer zu beschreiben.<br />

Außerdem ging mein Leben nach der Buchveröffentl<strong>ich</strong>ung ja <strong>noch</strong> weiter <strong>und</strong> somit werde<br />

<strong>ich</strong> Sie auf den neuesten Stand bringen.<br />

Ich wünsche gute Unterhaltung durch diesen Einblick in mein Leben.<br />

Daggi Geiselmann<br />

Kurzer Rückblick auf „<strong>Einfach</strong> <strong>nur</strong> <strong>ICH</strong>…<strong>ich</strong> habe überlebt“<br />

Ein Buch über ein abenteuerl<strong>ich</strong>es Leben mit all seinen Höhen <strong>und</strong> Tiefen. Schonungslos<br />

offen <strong>und</strong> ehrl<strong>ich</strong> erzählt. Erfahrungen auf die <strong>ich</strong> teilweise liebend gerne verz<strong>ich</strong>tet hätte,<br />

aber sie gehören nun einmal zu meinem Leben.<br />

N<strong>ich</strong>t <strong>immer</strong> le<strong>ich</strong>t, keine schöne Gesch<strong>ich</strong>te, keine schönen Erfahrungen, einfach <strong>nur</strong> <strong>ICH</strong>,<br />

mit allen Ecken, Kanten, Fehlern <strong>und</strong> guten Seiten. Keiner hat dieses Leben für m<strong>ich</strong> gelebt<br />

<strong>und</strong> keiner wird es mir abnehmen <strong>und</strong> für m<strong>ich</strong> weiter<strong>lebe</strong>n.<br />

So habe <strong>ich</strong> meine Biografie im April 2014 beschrieben. Heute würde <strong>ich</strong> sagen, es ist ein<br />

Buch das zeigt, dass es auch aus dem tiefsten Sumpf einen Ausweg gibt. Es beinhaltet,<br />

meinen Lebensweg über Prostitution, Drogenabhängigkeit, Auswanderung nach Kalabrien,<br />

HIV-Erkrankung bis zu meiner Entwicklung als Autorin.<br />

Aber nun genug gesagt, über das was schon geschrieben steht. Wer mehr darüber erfahren<br />

will, kann es ja in allen großen Buchshops erwerben <strong>und</strong> lesen. Ich steige jetzt lieber gle<strong>ich</strong><br />

ein, mit dem was <strong>noch</strong> keiner weiß.


Meine Familie <strong>und</strong> <strong>ich</strong><br />

Ich wurde 1963 geboren, bin in einer Kleinstadt am Bodensee, in einer Arbeiterfamilie als<br />

jüngste von 5 Kindern aufgewachsen, <strong>und</strong> hatte bis zu meinem 15. Lebensjahr eine ganz<br />

normale Kindheit.<br />

Bis zu diesem Zeitpunkt gab es n<strong>ich</strong>ts was m<strong>ich</strong> von anderen Kindern unterschied, außer der<br />

Tatsache, dass wir 5 n<strong>ich</strong>t alle den gle<strong>ich</strong>en leibl<strong>ich</strong>en Vater hatten. Meine Mutter hatte<br />

bereits drei unehel<strong>ich</strong>e Kinder bevor sie meinen Vater heiratete <strong>und</strong> von ihm dann <strong>noch</strong> ein<br />

Mädchen <strong>und</strong> m<strong>ich</strong> bekam.<br />

Nach zwei schlechten Erfahrungen mit dem sogenannten starken Geschlecht, die man wohl<br />

schl<strong>ich</strong>t weg als 2 Vergewaltigungen mit 15 Jahren beze<strong>ich</strong>nen könnte, wurde <strong>ich</strong> nach<br />

ungefähr einem Jahr wieder von der Männerwelt endtäuscht.<br />

Endtäuscht? Nein, damals empfand <strong>ich</strong> es n<strong>ich</strong>t so. Es war normal für m<strong>ich</strong>. Ich dachte, es<br />

gehört einfach dazu, dass Männer <strong>nur</strong> das EINE wollen. Nur welcher Mann es dieses Mal<br />

war, das war ganz <strong>und</strong> gar n<strong>ich</strong>t normal, so viel habe <strong>ich</strong> mit 16 Jahren schon kapiert. Ich habe<br />

mir lange überlegt, ob <strong>ich</strong> darüber ber<strong>ich</strong>ten sollte. Habe es bis heute bewusst verschwiegen,<br />

niemand weiß davon.<br />

Aber jetzt will <strong>ich</strong> auch diese Erlebnisse erwähnen. M<strong>ich</strong> daran zu erinnern, ist gar n<strong>ich</strong>t so<br />

einfach, denn <strong>ich</strong> kann heute n<strong>ich</strong>t mehr genau nachvollziehen, wie es dazu kommen konnte,<br />

wie es anfing.<br />

Vielle<strong>ich</strong>t hilft es mir zu analysieren, wie die Verhältnisse in meiner Familie waren um<br />

dahinter zu steigen, wie es dazu kam.<br />

Meine Mutter, eine dominante Frau, sehr darauf bedacht, dass es ihren 5 Kindern an n<strong>ich</strong>ts<br />

fehlte, obwohl die finanziellen Verhältnisse n<strong>ich</strong>t rosig waren.<br />

Meine 3 Schwestern <strong>und</strong> mein Bruder hatten alle Respekt vor ihr. Es gab Themen über die wir<br />

mit ihr n<strong>ich</strong>t reden konnten <strong>und</strong> es gab Themen, wo sie uns gerne zu hörte <strong>und</strong> mit Rat <strong>und</strong><br />

Tat zur Seite stand. Aber wir wussten auch, dass bei ihr <strong>immer</strong> alles im Rahmen bleiben<br />

musste. „Die Kirche im Dorf lassen“ nannte sie das. Das war ihre Antwort, wenn jemand von<br />

uns mal etwas Außergewöhnl<strong>ich</strong>es machen wollte oder über etwas sprach, dass ungewöhnl<strong>ich</strong><br />

war.<br />

Mein Vater, ein Mann der jede Verantwortung für die Familie meiner Mama überließ <strong>und</strong><br />

dachte es würde re<strong>ich</strong>en, wenn er brav jeden Monat seinen Lohn an sie aushändigen würde.<br />

Dass er heiml<strong>ich</strong> für s<strong>ich</strong> <strong>immer</strong> einen Teil einbehielt, erfuhr <strong>ich</strong> erst, als <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mehr<br />

zuhause lebte.<br />

Die Ehe meiner Eltern würde <strong>ich</strong> heute als alles andere als glückl<strong>ich</strong> beschreiben, doch als<br />

Kinder bekamen wir das <strong>nur</strong> so am Rande mit <strong>und</strong> machten uns weiter n<strong>ich</strong>ts daraus.<br />

Es gab oft Streit <strong>und</strong> wie das eben so ist, als Kind half man <strong>immer</strong> zu demjenigen, der einem<br />

für s<strong>ich</strong> selbst Vorteile brachte. Und das war meistens meine Mama.


Zu meinem Papa half <strong>ich</strong> <strong>nur</strong>, wenn <strong>ich</strong> etwas von ihm wollte. Und was wollte <strong>ich</strong>? GELD<br />

denn das war <strong>immer</strong> knapp bei uns. Als <strong>ich</strong> dann anfing zu rauchen, wollte <strong>ich</strong> meistens<br />

Zigaretten, die <strong>ich</strong> mir <strong>nur</strong> selten selbst kaufen konnte.<br />

Mein Vater <strong>und</strong> <strong>ich</strong><br />

Vielle<strong>ich</strong>t könnte man dieses Kapitel auch „verdrängte Erlebnisse“ nennen. Ja, so könnte man<br />

es beschreiben. Ich hatte diese Erlebnisse bis heute total aus meinem Leben verdrängt. Das<br />

mag wohl der Gr<strong>und</strong> sein, weshalb <strong>ich</strong> nie darüber sprach. Wenn <strong>ich</strong> jetzt näher darüber<br />

nachdenke, überlege <strong>ich</strong>, was wohl passiert wäre, wenn <strong>ich</strong> damals als 16 – 17 jährige mit<br />

meiner Mutter oder anderen darüber gesprochen hätte.<br />

An einem Abend im Sommer 1980 kam mein Vater von der Arbeit nachhause <strong>und</strong> ging wie<br />

<strong>immer</strong> zuerst in den Keller um s<strong>ich</strong> die Arbeitsschuhe <strong>und</strong> schmutzigen Arbeitshosen<br />

auszuziehen. Dort lagen <strong>immer</strong> seine Hausschuhe <strong>und</strong> saubere Hosen für ihn bereit. Ich saß<br />

auf der Treppe vor unserem Haus <strong>und</strong> war verärgert weil <strong>ich</strong> mal wieder keine Zigaretten<br />

hatte.<br />

Da kam mir die Idee ihm zu folgen <strong>und</strong> ihn ganz lieb um Geld dafür zu bitten. Also fiel <strong>ich</strong><br />

ihm um den Hals <strong>und</strong> fing an zu betteln. Und was tat er ganz unerwartet von mir? Er küsste<br />

m<strong>ich</strong> auf den M<strong>und</strong>. Ich war verw<strong>und</strong>ert, sagte aber n<strong>ich</strong>ts <strong>und</strong> bettelte weiter. Er stre<strong>ich</strong>elte<br />

mir über meinen kleinen Busen <strong>und</strong> <strong>ich</strong> ließ es geschehen. Er drückte m<strong>ich</strong> fest an s<strong>ich</strong> <strong>und</strong><br />

begann m<strong>ich</strong> am ganzen Körper zu betatschen, es war Sommer <strong>und</strong> <strong>ich</strong> hatte n<strong>ich</strong>t viel an. Er<br />

fasste mit seiner Hand zwischen meine die Beine. Dann zog er schnell seine Arbeitshosen aus<br />

<strong>und</strong> verschloss die Eingangstür zum Keller. Ich stand <strong>immer</strong> <strong>noch</strong> da <strong>und</strong> wusste n<strong>ich</strong>t recht,<br />

wie mir geschah <strong>und</strong> wie <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> verhalten sollte. Auf der einen Seite, wollte <strong>ich</strong> das Geld<br />

für Zigaretten <strong>und</strong> auf der anderen Seite wusste <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t wie weit er wohl gehen würde. Ich<br />

hatte zu diesem Zeitpunkt ja bereits zwei Vergewaltigungen hinter mir <strong>und</strong> konnte erahnen<br />

was er von mir wollte. Er begann m<strong>ich</strong> weiter zu umarmen, m<strong>ich</strong> zu küssen <strong>und</strong> wollte mir<br />

dann die Unterhosen ausziehen.<br />

Da fing <strong>ich</strong> an m<strong>ich</strong> zu wehren, ihm zu zeigen, dass <strong>ich</strong> das n<strong>ich</strong>t wollte. Ich sah sein steifes<br />

Glied <strong>und</strong> seine erwartungsvollen Augen. Ich stre<strong>ich</strong>elte ihm liebevoll über den Kopf, gab<br />

ihm einen Kuss auf die Wange <strong>und</strong> fragte ihn ob er mir nun die paar Mark geben würde. Er<br />

gab sie mir <strong>und</strong> ermahnte m<strong>ich</strong>, dass <strong>ich</strong> niemand etwas sagen sollte, davon was im Keller<br />

geschehen war.<br />

„Wenn du schön lieb zu mir bist, kannst du <strong>noch</strong> mehr Geld von mir haben“, waren seine<br />

Worte.<br />

Worauf <strong>ich</strong> antwortete, dass <strong>ich</strong> niemand etwas sagen würde, <strong>ich</strong> nahm das Geld <strong>und</strong><br />

verschwand.<br />

Danach ging <strong>ich</strong> zum Kiosk <strong>und</strong> kaufte mir erst einmal Zigaretten <strong>und</strong> machte mir weiter<br />

keine Gedanken mehr über das was geschehen war. Ja – klingt unglaubl<strong>ich</strong>, aber es war so.


Ich machte mir einfach keine Gedanken mehr darüber <strong>und</strong> das Leben ging seinen gewohnten<br />

Gang.<br />

Die Annäherungsversuche meines Vaters, wenn man das mal so harmlos nennen will,<br />

wiederholten s<strong>ich</strong> in unregelmäßigen Abständen <strong>und</strong> endeten <strong>immer</strong> kurz vor dem Äußersten.<br />

Womit <strong>ich</strong> sagen will, er hätte wohl gern Verkehr mit mir gehabt, aber <strong>ich</strong> habe <strong>immer</strong> kurz<br />

zuvor abgeblockt <strong>und</strong> er hat m<strong>ich</strong> nie dazu gezwungen. Ich wusste, ab diesem Zeitpunkt mit<br />

17 Jahren, dass <strong>ich</strong> meinen Vater nie mehr wie ein Kind einfach <strong>nur</strong> umarmen konnte, denn er<br />

wollte dann <strong>immer</strong> gle<strong>ich</strong> mehr.<br />

Von Mal zu Mal wurde er aufdringl<strong>ich</strong>er, verlangte mehr von mir, wie sein Glied anzufassen,<br />

ihn so zu einem Orgasmus zu bringen, kam auch einmal vor. Das schreckte m<strong>ich</strong> dann<br />

irgendwie ab.<br />

Deshalb vermied <strong>ich</strong> das dann auch <strong>und</strong> näherte m<strong>ich</strong> ihm <strong>nur</strong>, wenn <strong>ich</strong> dringend Geld<br />

brauchte. Es gab Monate, wo <strong>ich</strong> das nie tat <strong>und</strong> Monate wo es ein- oder zweimal vorkam.<br />

Irgendwann hörte das dann ganz auf. Wahrscheinl<strong>ich</strong> weil <strong>ich</strong> einen Fre<strong>und</strong> hatte <strong>und</strong> mir<br />

mein falsches Verhalten gegenüber meinem Vater bewusst wurde oder weil <strong>ich</strong> finanziell<br />

unabhängiger geworden war durch meine Lehrstelle.<br />

Als mein Vater merkte, dass <strong>ich</strong> zu n<strong>ich</strong>ts mehr bereit war, zwang er m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Er tat einfach<br />

so, als ob nie etwas Außergewöhnl<strong>ich</strong>es zwischen uns gewesen wäre, <strong>und</strong> genauso verhielt <strong>ich</strong><br />

m<strong>ich</strong> auch.<br />

Heute überlege <strong>ich</strong> warum <strong>ich</strong> damals n<strong>ich</strong>t mit meiner Mama darüber gesprochen habe, was<br />

er mir angetan hatte. Aus Angst? Aus Scham?<br />

Beides wahrscheinl<strong>ich</strong>. Sie hätte ihn mit Haut <strong>und</strong> Haaren verteidigt <strong>und</strong> die Schuld bei mir<br />

gesucht. Sie hätte mir Vorwürfe gemacht, warum <strong>ich</strong> ihn um Geld gebeten hatte. Zweifel an<br />

ihm, wären ihr vielle<strong>ich</strong>t gekommen oder auch n<strong>ich</strong>t. Aber sie hätte das Ganze nie öffentl<strong>ich</strong><br />

ausgetragen, dafür war sie zu sehr darauf bedacht, in der Öffentl<strong>ich</strong>keit kein Aufsehen zu<br />

erregen. Bei ihr musste ja die Kirche <strong>immer</strong> im Dorf bleiben <strong>und</strong> man durfte in der<br />

Gesellschaft n<strong>ich</strong>t unangenehm auffallen.<br />

Heute weiß <strong>ich</strong>, dass mein Vater es auch bei mindestens einer meiner Schwestern versucht<br />

hatte, aber <strong>ich</strong> weiß n<strong>ich</strong>t, wie weit sie gegangen waren. Sie wollte n<strong>ich</strong>t näher darüber reden,<br />

hatte <strong>nur</strong> etwas angedeutet als <strong>ich</strong> 2013 in Deutschland war, bei meinem ersten <strong>und</strong> einzigen<br />

Heimatbesuch in 23 Jahren. Ich habe ihr geantwortet, dass <strong>ich</strong> auch unanständige<br />

Annäherungsversuche von meinem leibl<strong>ich</strong>en Vater erlebt hatte <strong>und</strong> bin auch n<strong>ich</strong>t näher ins<br />

Detail gegangen. Das beruhigte sie komischer Weise irgendwie, denn sie dachte <strong>immer</strong>, er<br />

hätte es bei ihr <strong>nur</strong> versucht, weil sie n<strong>ich</strong>t seine leibl<strong>ich</strong>e Tochter war. Wir waren uns in so<br />

weit einig, dass man jetzt mit niemandem mehr darüber reden sollte. Hätte keinen Sinn, jetzt<br />

einem 84 jährigen Mann im Altersheim Vorwürfe zu machen.<br />

Meine Eltern hatten s<strong>ich</strong> irgendwann getrennt, als wir alle erwachsen waren <strong>und</strong> <strong>ich</strong> schon<br />

Jahre lang in Kalabrien lebte. Ich weiß von meinem Vater <strong>nur</strong>, dass er heute in einem


Altersheim lebt <strong>und</strong> es ihm ges<strong>und</strong>heitl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t gut geht. Meine Mutter will ihn n<strong>ich</strong>t mehr<br />

sehen <strong>und</strong> seine leibl<strong>ich</strong>e Tochter kümmert s<strong>ich</strong> um ihn, besucht ihn ab <strong>und</strong> zu.<br />

Es sind keine schönen Erinnerungen, <strong>ich</strong> habe sie jahrelang verdrängt, aber heute verstehe <strong>ich</strong><br />

besser die Zusammenhänge, warum es so le<strong>ich</strong>t passieren konnte in diesen Sog der<br />

Abhängigkeit von einem Mann <strong>und</strong> danach zur Drogenabhängigkeit zu kommen.<br />

Als mein Fre<strong>und</strong> m<strong>ich</strong> in Sizilien zur Prostitution animierte, wie viele Leser meines ersten<br />

Buches schon wissen, war das für m<strong>ich</strong> ja n<strong>ich</strong>t mehr völlig neu <strong>und</strong> unnatürl<strong>ich</strong>, Geld für<br />

Sex zu verlangen. Vielle<strong>ich</strong>t habe <strong>ich</strong> deswegen so le<strong>ich</strong>t zugestimmt.<br />

Ich möchte nun bestimmt n<strong>ich</strong>t die ganze Schuld für mein verkorkstes Leben auf meinen<br />

Vater abwälzen, das liegt mir fern. Aber es gibt <strong>immer</strong> einen Gr<strong>und</strong>, warum man s<strong>ich</strong> in<br />

bestimmten Situationen so oder so verhält.<br />

ER war die erste männl<strong>ich</strong>e Figur in meinem Leben <strong>und</strong> <strong>ich</strong> sah ihn als „Waschlappen“ an,<br />

der s<strong>ich</strong> von seiner Frau kommandieren ließ. Heute weiß <strong>ich</strong>, dass meine Mutter keine andere<br />

Wahl hatte, als das Ruder der Familie fest in ihre Hand zu nehmen. ER wäre n<strong>ich</strong>t im Stande<br />

gewesen, irgendwelche Verantwortung zu übernehmen. Hätte das wenige Geld, dass er<br />

verdiente falsch verwendet <strong>und</strong> uns wäre es allen <strong>noch</strong> schlechter gegangen, finanziell<br />

gesehen.<br />

Ich könnte jetzt <strong>noch</strong> viel über diese Vater-Kind-Beziehung schreiben, ins Detail gehen, aber<br />

das möchte <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Ich erinnere m<strong>ich</strong> heute ungern daran, weil <strong>ich</strong> es Jahre lang verdrängt,<br />

fast vergessen habe <strong>und</strong> es wird mir erst jetzt bewusst, was es in mir auslöste <strong>und</strong> in welche<br />

R<strong>ich</strong>tung es mein Verhalten gegenüber Männer lenkte.<br />

Mit 20 Jahren, imponierte mir das dominante Auftreten meines Sizilianers, genau in das<br />

verliebte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> zuerst. Er sah gut aus, er verstand es m<strong>ich</strong> um den Finger zu wickeln <strong>und</strong><br />

erst nach <strong>und</strong> nach, als es schon viel zu spät war, begriff <strong>ich</strong>, dass er <strong>nur</strong> an mir verdienen<br />

wollte. Es begann alles in Sizilien, wo <strong>ich</strong> mit ihm eigentl<strong>ich</strong> einen zweiwöchigen Urlaub<br />

verbringen wollte. Aber er wollte n<strong>ich</strong>t mehr nach Deutschland zurück <strong>und</strong> <strong>ich</strong> wollte einfach<br />

<strong>nur</strong> bei ihm bleiben. Als das Geld ausging <strong>und</strong> er keinerlei Anstalten machte, irgendeiner<br />

Arbeit nachzugehen, ließ <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> von ihm zur Prostitution überreden. Wie das genau kam,<br />

habe <strong>ich</strong> in „<strong>Einfach</strong> <strong>nur</strong> <strong>ICH</strong>…<strong>ich</strong> habe überlebt“ ausführl<strong>ich</strong> beschrieben.<br />

In sechs Jahren als Prostituierte kann man schon so einiges er<strong>lebe</strong>n. Erlebnisse, die <strong>immer</strong><br />

wieder wie Flashback vor meinen Augen ablaufen, vergessen werde <strong>ich</strong> sie nie. Es gibt die<br />

unterschiedl<strong>ich</strong>sten Sorten von Männern <strong>und</strong> <strong>ich</strong> hatte <strong>immer</strong> das Pech an die falsche Sorte zu<br />

geraten. Auch wenn <strong>ich</strong> heute ein normales Leben als Hausfrau, Mutter <strong>und</strong> Autorin führe.<br />

Na ja, normal ist es <strong>immer</strong> <strong>noch</strong> n<strong>ich</strong>t, mein Leben, aber das werden Sie in den weiteren<br />

Kapiteln <strong>noch</strong> erfahren. Aber <strong>ich</strong> habe überlebt <strong>und</strong> <strong>lebe</strong> <strong>immer</strong> <strong>noch</strong>!<br />

***ENDE DER VORSCHAU***


Dieses Buch können Sie als Taschenbuch bei Amazon <strong>und</strong> als E-book<br />

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