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Themen- Schwerpunkt - Lebensgemeinschaft Eichhof

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<strong>Eichhof</strong>-Journal November 2009 – Ausgabe 33<br />

Liebe Leserinnen und<br />

lieber Leser,<br />

als ich vor acht Jahren als Mitarbeiterin<br />

auf den <strong>Eichhof</strong> kam, war<br />

ich sehr überrascht und befremdet<br />

darüber, dass es hier eine<br />

Werkstatt gibt, in der sich nur<br />

schwerstmehrfachbehinderte<br />

Menschen aufhalten. Verstößt dies<br />

nicht gegen ein Grundprinzip<br />

der anthroposophisch<br />

orientierten Sozialtherapie?<br />

Was geschieht in diesem<br />

Werkstattbereich?<br />

Durch die finanzielle<br />

Unterstützung des Fördervereins<br />

wurde es<br />

mir im vergangenen<br />

Jahr ermöglicht, Heileurythmie<br />

in täglichen<br />

kleinen Einheiten<br />

durchzuführen. Es war<br />

mir eine Herzensangelegenheit,<br />

das Stundenkontingent<br />

Menschen<br />

mit einem besonderen<br />

Hilfebedarf zukommen<br />

zu lassen. So hatte ich<br />

die Möglichkeit, diesen<br />

Bereich näher kennen<br />

zu lernen.<br />

Zweierlei hat mich<br />

überrascht: Das erste<br />

ist die Arbeit mit diesen<br />

besonderen Menschen.<br />

Ungeahnte Willenskräfte<br />

und große Lebensfreude<br />

kommen mir im<br />

täglichen Umgang entgegen.<br />

Neue Gesten und neue Bewegungen<br />

werden mit soviel Liebe<br />

erlernt, dass es mich<br />

oft sehr berührt.<br />

Das zweite ist die Wahrnehmung<br />

der Arbeit im Förderbereich. Ein<br />

großes Bemühen und ein liebevoller<br />

Umgang der Mitarbeiter/innen<br />

am Einzelnen ist der Grundstock<br />

für meine Arbeit und verdientgroßes<br />

Lob und Anerkennung.<br />

Die Zeitschrift „Punkt und Kreis“<br />

hat in ihrem Johanni-Heft 2006<br />

ein Interview veröffentlicht, das<br />

sehr lesenswert ist. Zwei Frauen<br />

mit Autismus-Syndrom, die über<br />

keine verbale Sprache verfügen,<br />

konnten sich mit Hilfe von „FC“<br />

( facilitated communication = gestützte<br />

Kommunikation) äußern.<br />

Eine dieser beiden Frauen Nelli<br />

Riesen sagt: „Wir sind hier auf<br />

Hilfe angewiesen. Es ist ganz<br />

wichtig zu sehen, dass wir im Äußeren<br />

Hilfe brauchen, so wie ihr<br />

sie im Innern braucht.“<br />

Was ist damit gemeint?<br />

Humane Fähigkeiten wie Geduld,<br />

Zufriedenheit, Wahrhaftigkeit,<br />

Selbstlosigkeit, Vertrauen, Mut<br />

und Liebe sind es, die uns von unseren<br />

seelenpflegebedürftigen<br />

Menschen in einem Ausmaß entgegenkommen<br />

von dem wir nur<br />

träumen können. Es sind die Fähigkeiten,<br />

die Rudolf Steiner den<br />

Anthroposophen aufgibt zu üben,<br />

und die unsere Zeit dringend<br />

braucht. Im Umgang mit unseren<br />

Menschen können wir sie erlernen.<br />

Der erwachsene Mensch<br />

will arbeiten und mit<br />

seiner Tätigkeit die<br />

Welt gestalten. Das Ergebnis<br />

seiner Arbeit<br />

schickt er in die Welt<br />

und verbindet sich dadurch<br />

mit seiner Umwelt.<br />

Er gewinnt Erfahrung<br />

und Anerkennung,<br />

das gibt ihm Selbstwertgefühl.<br />

Menschen<br />

mit Schwerstmehrfachbehinderung<br />

befinden<br />

sich in einem Zustand,<br />

in dem sich der Mensch<br />

sonst nur in der Kindheit<br />

und im hohen Alter<br />

befindet. Sie müssen<br />

auf alles Selbsterleben<br />

und Selbsterfahren in<br />

der üblichen Weise verzichten.<br />

Es ist dieser<br />

Verzicht, der in uns die<br />

Liebeskräfte weckt,<br />

und ihnen die große<br />

Würde verleiht, die sie<br />

alle ausstrahlen.<br />

Dieser Würde geeignete<br />

Räume zu verschaffen,<br />

sehe ich als die große<br />

Zukunftsaufgabe des<br />

<strong>Eichhof</strong>es.<br />

Doch lernen Sie nun in den weiteren<br />

Artikeln diese Menschen selbst<br />

kennen.<br />

Ich denke, es lohnt sich!<br />

Ingrid Morgenroth<br />

Heileurythmistin<br />

Vorsitzende des Mitarbeiterfördervereins<br />

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