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Loewenzahn-Magazin

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Werkrealschule: Freiheit ist<br />

Leitplanke, Kickstarter, Suchmaschine – die<br />

Werkrealschule begleitet Jugendliche auf<br />

dem Lernweg in die Welt. Was sie hier vor allem<br />

antreibt, ist die Kraft, die aus ihrer Suche<br />

nach Identität kommt.<br />

Klack, Klackerdiklack, Klackklack – morgens<br />

um neun ist in der Schule im Bienenfeld kaum<br />

etwas anderes zu hören als aneinander stoßende<br />

Glasmurmeln. Es ist hier das typische<br />

Geräusch von Mathematik. Mathe? Ja, doch.<br />

An einem Tisch unterm Dach sitzen Jungen<br />

und Mädchen, die Gleichungsaufgaben lösen,<br />

Prozentrechnung machen oder Primzahlen<br />

suchen.<br />

Lernbegleiterin Sabine Schaumann nimmt<br />

eine Hand voll Murmeln und legt sie vor sich<br />

auf ein Holzbrett, das murmelgroße Kuhlen<br />

hat und demonstriert der zwölfjährigen Jara,<br />

wie sie Zahlen findet, die nur durch sich selbst<br />

teilbar sind. „Es gibt nichts anschaulicheres<br />

– auch fürs Wurzelziehen“, versichert sie. Und<br />

als wolle sie das bestätigen atmet Jara durch:<br />

„Ach so, ja, alles klar.“ Und setzt die Reihe<br />

selbst fort und notiert alles ins Heft.<br />

Kaum ist morgens aufgesperrt, nehmen die<br />

Jugendlichen die zentral gelegene Holztreppe<br />

in ihrem je eigenen Tempo und beginnen<br />

unterm Dach ihren eigenen Tagesplan. Die<br />

meisten starten hier oben, wo sich Mathematik,<br />

Sprachen-, und Sachkundematerial<br />

befindet. Vielleicht, weil die Tertia-Schüler<br />

einen solchen Einstieg in den Schulalltag<br />

noch von der Grundstufe her gewohnt sind.<br />

Wenn sie aus dem Fenster schauen, können<br />

Blick und Geist abheben, die Wiese, die Pferde,<br />

der Himmel… und wieder eintauchen in<br />

ihre Arbeit.<br />

>> nach Gleichungen & Wurzelziehen<br />

Mathe in der Tertia: Es klingt<br />

In der Nähe des<br />

Mathetisches etwa sitzen Daria und Naemi in<br />

einer Arbeitsnische, die maximal zwei Leute<br />

beherbergen kann. Sie machen zwar beide<br />

dieselben Übungen, aber jede für sich. In der<br />

Ecke gegenüber den Mathelernern sitzt der<br />

15-jährige Philipp in einem der beiden gemütlichen<br />

roten Sessel, und lernt Englisch. In<br />

dieser kleinen Morgenszene spiegeln sich bereits<br />

wesentliche Aspekte des Schulkonzepts:<br />

Die Räume laden ein zu bleiben, sich einzulassen.<br />

Sind nicht nur Lern- sondern auch<br />

ästhetische Orte. Es gibt nur wenige abgeschlossene<br />

Schulräume wie den Werk- oder<br />

den Keramikraum – alle anderen sind offen,<br />

so dass sich jeder überall zum Arbeiten, Forschen,<br />

oder Lesen einrichten kann.<br />

Natürlich liegt es nahe, etwa dort zu nähen,<br />

wo der große Tisch steht und sich das ganze<br />

Nähzubehör befindet. So viel Offenheit erfordert<br />

allerdings auch, dass man untereinander<br />

Rücksicht nimmt. Wenn jemand etwa gerade<br />

in der Ecke mit den Farben ein Bild skizziert<br />

oder malt, sollten andere nicht unmittelbar<br />

davor ein Theaterstück üben.<br />

Es ist dasselbe Konzept der vorbereiteten<br />

Umgebung nach Maria Montessori wie in der<br />

Grundstufe. Allerdings steigt der Anteil des<br />

eigenverantwortlichen und selbstorganisierten<br />

Handelns bei den Jugendlichen immer<br />

mehr – und so sind auch die Erwachsenen auf<br />

neue Weise gefordert.<br />

>><br />

Jugendliche sind Experten<br />

ihrer eigenen Entwicklung<br />

Während sie für die Primas<br />

und Sekis die Entwicklungsschritte dokumentieren<br />

und statt Noten Entwicklungsberichte<br />

weiter geben, dokumentieren die Tertias<br />

selbst. Die Jugendlichen sind Experten ihrer<br />

eigenen Entwicklung. Die Lernbegleiter werden<br />

von Lehrbeauftragten unterstützt, die<br />

Naturwissenschaften, Textiles, EDV anbieten.<br />

Fremdsprachen und Physik sind in festen Arbeitsgruppen<br />

organisiert.<br />

Sabine Schaumann: „Wir verstehen uns zusammen<br />

mit den Kindern als lernender Organismus.<br />

Und versuchen, mit ihnen gemeinsam<br />

die passende Struktur zu finden, mit der<br />

sie ins Lernen gehen können. Das ist immer<br />

wieder Teil von Tutorengesprächen oder auch

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