Fortsetzung von Seite 13>> Damit man nicht nur im eigenen Saft schmort, geht es im Frühjahr und im Sommer auf Exkursion. Nach einigen Tagen können dann auch die Eltern hinzukommen. >> Die Sommerfreizeit fand im Allgäu statt, davor im Schwarzwald, im Jura, auf der schwäbischen Alb… Auch hier sind die Kinder an allem maßgeblich beteiligt, bauen die Zelte auf, machen den Essensplan, kaufen ein. Die Kinder organisieren die gesamte Freizeit überwiegend selbst. Spielen, Auslüge, Kochen… Was es da gibt? „Nur Gutes!“, versichert Sabine Schaumann. „Sie lassen sich da nicht lumpen.“ Und Anna zählt auf: „Spaghetti mit Tomatensauce, Gemüsespieße, Pizza, Schokobananen, Quark mit Feuerkartofeln –und besondere Sachen: gerösteter Salbei, gebackene Holunderblüten oder Brennesselchips.“ Zu den wichtigsten Ereignissen jedoch – neben den Festen des Jahreslaufs – zählen die Übertrittsfeiern. Zunächst wird für die 9-10-Jährigen der Übertritt vom Primar- in den Sekundarbereich gefeiert und am Ende der Sekundarstufe für die 12-13-Jährigen der Übertritt in die Tertia. Bevor sie dann dorthin wechseln, denkt jedes Kind sich eine „Herausforderung aus.“ Zwei Jungs haben sich mal – Lernbegleiterin Anna ist immer dabei - irgendwo mit dem Auto absetzen lassen und sind dann zu Fuß zurück zur Schule gelaufen, das Ganze bei Nacht und durch den Schwarzwald. >> Highlights in Selbstorganisation: Exkursionen und Übertritte Lernmotivation im positiv zugewandten Umfeld Die Herausforderung ist das Tüpfelchen auf einer Erziehung, die Kindern ermöglicht, mit sich selbst und ihren eigenen Wünschen und Themen in Kontakt zu kommen. Die Hirnforschung zeigt eindrücklich: komplexe Inhalte werden im Gehirn besonders gut vernetzt und damit am besten verstanden, wenn die Lernmotivation von den Kindern selbst kommt – und sich in einem positiv zugewandten Umfeld entfalten kann. Recht früh lernen diese Kinder hier, dass sie für ihr Tun selbst verantwortlich sind. Aber nicht etwa, weil die Erwachsenen nicht genug Zeit für sie hätten, sondern gerade weil sie sich für jedes einzelne Kind Zeit nehmen. Schließlich bedarf es einer um vieles umsichtigeren Begleitung als im Regelschulfall, wenn man es den Kindern überlässt, was sie wann und wo am liebsten tun möchten. Manche sind dann wochenlang an einem bestimmten Thema, andere stürzen sich spontan in die Arbeit. So wie die kleine Gruppe, die heute komplett im „Spinnenieber“ ist. Beim Erkunden des Geländes nämlich haben sie ein Spinnennest entdeckt mit aberhunderten minikleiner Spinnchen. Sprühend vor Begeisterung und Forscherlust rennen sie nun ins Schulhaus um Einmachgläser zu holen. Einige Tiere werden gleich in die Gläser bugsiert, um sie genau zu betrachten. Und schon sprudeln die Fragen: Was fressen die denn? Warum sind das so viele? Wohin laufen die alle? Genug Aspekte für eine spannende Lerneinheit in Sachen Biologie. Das Thema liegt ofenbar derzeit in der Luft. Vor kurzem trieben sich im Schulhaus große, langbeinige, schwarze Spinnen herum – und die Kinder reagierten mit Ekel und Geschrei. „Warum eigentlich?“, wollte Lernbegleiterin Anna Krause-Sparmann wissen – damals ließen sie kleine Spinnen von der Wiese über ihre Hände krabbeln. Heute Morgen hat Anna im Wald wunderschöne Radnetze gesehen und eines auf Papie gez o g e n . Sie hat es so f i - x i e r t , dass es sich nun wunderbar für die weitergehende Auseinandersetzung mit den Eigenheiten dieser Tiere eignet. Oder zum Nachweben, zum künstlerischen Abmalen, und so weiter und so fort. Durch den Fund der Minispinnen wurden ihre Pläne durchkreuzt, doch genau darauf sind die Erwachsenen hier eingestellt: es geht darum, lexibel die Themen der Kinder aufzugreifen – und sie in den Kosmos ihrer Lernangebote einzupassen.
http://tinyurl.com/lernbegeisterung »Anstatt die Beobachterrolle einzunehmen, sind alle sehr bemüht, dem Kind zu Hilfe zu eilen. Besser wäre es jedoch, zu entschleunigen, zurückzutreten und zu fragen, was das Kind zu bieten hat. Kinder sind hundertprozentig lernfähig und kommen als Begeisterungspakete auf die Welt. Ein Kind macht keinen Unterschied zwischen Leben, Lernen und Spielen. André Stern, 2014 >>15