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Loewenzahn-Magazin

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Montessori in der Natur<br />

Waldkindergarten | Grundschule | Werkrealschule


Seite 6 - 9: Waldkindergarten<br />

Der Waldkindergarten ist Teil des Gesamtkonzepts Löwenzahn – Respekt,<br />

Freiheit und Selbstbestimmung gelten deshalb auch schon für die Kleinsten.<br />

>><br />

Inspirieren statt Belehren<br />

Meerschweinchen-Geschichten schreiben, Matschkugeln aus<br />

Lehm formen, Mittagessen für alle zubereiten – Drei Szenen,<br />

die auf den ersten Blick mit Schule nicht viel zu tun haben mögen,<br />

und doch: Sie stehen für die Lernkultur in unserem modernen<br />

Montessori-Bildungshaus für Kinder zwischen einem und 17<br />

Jahren.<br />

Das Besondere daran: die Löwenzahnkinder wählen ihre Lernorte,<br />

Lernthemen und Lernmaterialien selbst, wir Erwachsene begleiten<br />

sie. Wir sind an ihrer Seite, wenn sie einen anerkennenden Blick,<br />

eine Anregung oder Hilfe brauchen. Sobald sie in ihrem Thema vertieft<br />

sind, ziehen wir uns zurück und lassen sie eigenständig ihre<br />

nächsten Schritte tun.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass sie auf diese Weise in ein aktives Lernen<br />

kommen. Manche brauchen vielleicht anfangs oder immer mal wieder<br />

eine Leitplanke – andere finden sehr schnell ihr eigenes Lernsystem.<br />

Die Kinder lieben das Draußensein– und wir sind überzeugt,<br />

dass der Wechsel zwischen Natur und Kultur einer der Motoren<br />

ihres Lernens ist. Im Wald haben die Lernbegleiter Fachbücher, Lupen<br />

und anderes Material im Rucksack, sodass jederzeit, an jedem<br />

Ort, geschrieben, gerechnet, oder naturwissenschaftlich geforscht<br />

und Material wie Blumen gesammelt oder auch mal Abdrücke von<br />

Tierspuren angefertigt werden können.<br />

Seite 11 - 15: Grundschule<br />

Im Wechsel zwischen Natur und Kultur wachsen bei den Löwenzahnkindern<br />

in der Grundschue Neugier, Lernmotivation und Wissen gleichermaßen.<br />

Völlig unplugged, aber voller Energie…<br />

Seite 10: Löwenzahn-Basics<br />

Seite 18: Inspirationskultur<br />

Seite 24: Tertiaprotokolle<br />

Seite 28: Löwenzahn-Projekte<br />

„Montessori in der Natur“, lautet unsere Devise: Wer mehr über<br />

unseren pädagogischen Ansatz und Alltag wissen will, findet Reportagen,<br />

Interviews und viele weitere Einblicke hier im Löwenzahn-<br />

<strong>Magazin</strong>...<br />

Seite 20 - 29: Werkrealschule<br />

Leitplanke, Kickstarter, Suchmaschine – die Werkrealschule begleitet<br />

Jugendliche auf dem Lernweg in die Welt. Was sie hier vor allem antreibt,<br />

ist die Kraft, die aus ihrer Suche nach Identität kommt.


Das Löwenzahn-<strong>Magazin</strong><br />

Seite 16: Der innere Bauplan<br />

Seite 22: Spannende Einblicke<br />

Seite 26: Wissenswert<br />

Seite 30: Elternstimmen<br />

Steckbrief in Kürze<br />

EinWaldkindergarten mit 20 Plätzen, eine Grundschule<br />

und eine weiterführende Schule mit 35 bis 45 Kindern<br />

und Jugendlichen sowie eine Spielgruppe im Wald – das ist<br />

der Löwenzahn.<br />

Der Waldkindergarten Löwenzahn wurde 2002 gegründet,<br />

die Schule 2006. Die Schule ist staatlich genehmigt und wird<br />

von den Eltern und den Pädagogen getragen. Sie basiert auf<br />

der Pädagogik von Maria Montessori sowie Rebeca und<br />

Mauricio Wild. Wir lassen uns regelmäßig von Montessori-<br />

Experten coachen und beraten und sind stolz auf unser Konzept<br />

ohne Schulklingel, Leistungsdruck oder Noten – dafür<br />

mit viel Raum für eigenständiges, selbst organisiertes Spielen,<br />

Denken und Lernen.<br />

Unser Platz ist die Natur: Im alten Buchenwald zwischen<br />

Münchweier und Wallburg haben wir am Waldrand einen<br />

festen Schulort, den Kirschplatz mit Bach, Schlucht, Wald<br />

und Wiesen. Dort ist unsere Basisstation für Kindergarten<br />

und Grundschule: ein Kinderhaus, das wir „die Hütte“ nennen<br />

und eine mongolische Jurte bergen vielfältiges Material<br />

zum erlernen der Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechnen,<br />

Musizieren oder künstlerischem Ausdruck, zum Experimentieren<br />

und Kochen, zum Bauen und werkeln.<br />

Die Jugendlichen der Werkrealschule sind im Stabhaltergässle<br />

in Ettenheimweiler untergebracht, wo es Lernateliers,<br />

Werkstätten, den Schulbauernhof und das Cafe Löwenz<br />

gibt. Mit 12 oder 13 erfolgt der Übertritt in die Werkrealschule.


Andrea Schmidt, Evelyn Brüggemann, Jutta Strickfaden, Sabine Schaumann, Britta<br />

Roth und Bernd Pulling haben 2002 den Verein Löwenzahn gegründet. Im Mai<br />

startet eine Spielgruppe, im Oktober der Waldkindergarten im Brudergartenwald mit<br />

Mathias Krisch als erstem Erzieher. Zuerst steht der Bauwagen in der Nähe des Parkplatzes,<br />

später oberhalb des Deutschen Ecks im Wald. Die Gruppe hat anfangs vier Kinder,<br />

2006 sind es schon 20 .<br />

Schon früh können wir den Wurzelplatz für den Kindergarten nutzen – ein sonnigen<br />

Platz oberhalb von Münchweier. Dort bauen wir eine Feuer- und Wasserstelle, eine Hütte<br />

und ein Tipi. Paula Lopez und Sabine Schaumann gestalten das Konzept Montessori<br />

in der Natur.<br />

Von 2006 bis 2008 inden jährliche Seminare mit Rebeca und Mauricio Wild im Löwenzahn<br />

statt, bis die beiden sich nicht mehr stark genug für weitere Reisen fühlen. Wir<br />

proitieren bis heute von diesen Seminaren.<br />

Die Grundschule startet 2006 mit drei Kindern in der mongolischen Jurte und im<br />

Küchenbauwagen. Aus dem Kindergarten strömen immer mehr neue Schüler nach.<br />

Nach jahrelangen Verhandlungen stellt uns die Stadt Ettenheim und die Gemeinde<br />

Münchweier ein wunderschönes Grundstück beim Brudergartenparkplatz zur Verfügung<br />

mit angrenzendem Bach, mit Obstbäumen und Wald. Jetzt endlich ist der Betrieb<br />

gesichert und hier am Kirschplatz können wir für die Zukunft planen. In den Osterferien<br />

2010 ziehen wir um. Im folgenden Jahr bauen alle Eltern und Mitarbeiter gemeinsam<br />

das neue Schulhaus, genannt „die Hütte“, aus Holz und Strohballen, voll ökologisch<br />

– ohne ließend Wasser, Zentralheizung und Strom, und trotzdem warm und sicher.<br />

Ein Meilenstein in der Löwenzahn-Geschichte.<br />

Die Schüler werden älter, eine weiterführende Schule steht an. Zwei Jahre dauert es,<br />

bis alles beisammen ist: Schulgenehmigung, Finanzierung, Mitarbeiter und Grundstück.<br />

Nach schier endlosen Gesprächen und größtem Einsatz erschließt die Stadt Ettenheim<br />

ein kleines Baugebiet in Ettenheimweiler. Der Verein erhält 10.000 Quadratmeter<br />

Bauland und Grünland, wir können nach unseren Wünschen ein Schulhaus mit Schulbauernhof<br />

planen. Eröfnung ist im September 2013. Hier gibt es nun Schulräume,<br />

Ateliers, Werkstätten, Schafe und Ponys. Das von Schülern betriebene Café Löwenz<br />

indet hier ebenfalls seinen Platz.<br />

Seit Oktober 2014 inden in Ettenheimweiler auch Montessoriausbildungskurse von<br />

Claus-Dieter Kaul/ Montessori Biberkor statt.<br />

Wie bei allen freien Schulen und Kindergärten ist die Geschichte voll von lieben<br />

Menschen, die das alles erschafen haben, voll von Schwierigkeiten und Dramen, voll<br />

Freude und Glück. Wir sind froh und dankbar um alle, die diese Jahre begleitet und<br />

gestaltet haben.<br />

Sabine Schaumann, Bernd Pulling , Jan Hähnel, Aline Schefel und Margret Weidner<br />

Vorstand des Löwenzahn e.V


»<br />

Menschen<br />

bilden bedeutet nicht, ein Gefäß<br />

zu füllen, sondern ein Feuer zu entfachen.<br />

Aristophanes<br />

>>5


Waldkindergarten: Selbst ist das<br />

Der Waldkindergarten ist Teil des Gesamtkonzepts<br />

Löwenzahn – Respekt,<br />

Freiheit und Selbstbestimmung gelten<br />

deshalb auch schon für die Kleinsten.<br />

Fertig? Alles gepackt? Los geht’s! Wie eine<br />

Tausendfüßlerschlange sehen die Kindergartenkinder,<br />

die Löwenzahnkinder, heute aus:<br />

Lily, Emil, Fritz und all die anderen Drei- bis<br />

Fünjährigen sind mit kurzen Seilen verbunden,<br />

jedes reicht je zum Kind vor und greift eines<br />

vom Kind hinter sich. Uf, jetzt erklimmen<br />

sie die Anhöhe und stapfen in den Wald. Ziel<br />

heute: Der Koboldplatz. Dort kann man wie<br />

überall in diesem alten Wald die herrlichsten<br />

Dinge tun. Im Laub herumrollen, Stöcke<br />

schnitzen oder Pilze und Käfer bestaunen. Vor<br />

allem aber gibt es dort die tollsten Klettergelegenheiten.<br />

Ob Anfänger oder Fortgeschritten<br />

– gerade drei Jahre alt geworden wie Fritz<br />

oder schon älter wie Soia – für alle ist was<br />

dabei.<br />

>><br />

Ganz sicher: Löwenzahnkinder<br />

stets in Sicht- und Hörweite<br />

Kaum<br />

angekommen sitzen schon drei Jungs hintereinander<br />

auf einem Baumstamm und hangeln<br />

sich in ihren robusten Allwetterhosen<br />

vor und zurück.<br />

He! Fritz rutscht Emil auf die Pelle. Er sitzt<br />

ganz hinten und will wohl gerade lieber der<br />

Anführer sein. Lernbegleiter Björn Scheck hat<br />

das schon kommen sehen. Er hält seine Hand<br />

zwischen die beiden, schaut Fritz an und<br />

sagt ruhig „Du, der Emil mag das grad nicht“.<br />

Heißt: Bis hier geht deine persönliche Freiheit<br />

und danach beginnt die des anderen. Damit<br />

bringt die Löwenzahnpädagogik die Grundregel<br />

Nummer Eins fürs Zusammenleben auf<br />

eine Ebene, die schon unter Dreijährige verstehen.<br />

Grundregel Nummer zwei gilt der Sicherheit.<br />

Während andere Kitas im Wald rotweiße Absperrbänder<br />

lattern lassen und die Kinder<br />

diesen Bereich nicht verlassen dürfen, wissen<br />

die Löwenzahn-Kinder ganz genau: Nur so<br />

weit entfernen, dass ihr uns hören und sehen<br />

könnt.<br />

Es gilt die Parole „Sehen und Hören“: Begleiterin<br />

Silke Lindenau legt die Hand über die<br />

Augen und an die Ohren und lacht.<br />

Björn stimmt ein: „Da entstehen dann auch<br />

Rituale: sie laufen zwei Meter vor und rufen,<br />

ich seh dich noch, ich seh dich noch… Um so<br />

besser, so haben sie es immer im Fokus. Die<br />

wissen, dass das dazu gehört.“<br />

Mittlerweile hat Robert die alte Buche erklommen,<br />

die vor Jahren umgestürzt ist. Die<br />

Wurzel ist frei gelegt, der Stamm, glatt geschmirgelt<br />

durch Wind, Wetter und Tiere. Er<br />

ragt teilweise einen guten Meter in die Luft.<br />

Der Vierjährige robbt und rutscht furchtlos bis<br />

ganz nach vorne. Der wagemutige Fritz folgt<br />

ihm hinterher.<br />

>><br />

Alte Baumstämme für wilde<br />

Kletter- und Fantasiespiele<br />

„Ein Motorrad!“, verkündet<br />

Robert laut. Und taucht vollkommen ab in<br />

sein Spiel. Kaputter Motor, ganz genau wie<br />

bei Opa. Jetzt muss das Ganze auch noch repariert<br />

werden…


Kind<br />

Irgendwann hat Fritz genug, diese Geschichte<br />

interessiert ihn nicht mehr. Aber, oje, wie<br />

soll er wieder herunterkommen? Zum Glück<br />

lehnt Begleiterin Heike Ketterer gleich neben<br />

ihm. Sie wird ihm wohl helfen. Genau. Das tut<br />

sie auch. Nur nicht so, wie man es auf vielen<br />

Spielplätzen beobachten kann.<br />

>><br />

Löwenzahnkinder wissen,<br />

was sie sich zutrauen können<br />

Sie rückt ganz nah<br />

zu ihm, „Sicherung“ heißt das hier. Wenn eines<br />

der Kinder dieses Stichwort ruft, eilt ein<br />

Erwachsener zu ihm. Doch das war es dann<br />

auch schon. Wieso?<br />

„Wer hoch klettern will, muss auch dafür sorgen,<br />

wieder heil herunterzukommen“, erklärt<br />

Heike ihre Zurückhaltung. Wie sonst sollten<br />

Kinder ein Gefühl dafür bekommen, was sie<br />

können und was nicht? Wie sonst sollten sie<br />

lernen, Verantwortung zu übernehmen für<br />

das eigene Tun? Und nicht zuletzt: wie sonst<br />

sollten sie die Gefahren und Risiken ihres<br />

Handelns einschätzen lernen? Zum Springen<br />

ist es Fritz ganz ofensichtlich zu hoch. Der<br />

Kleine schaut sich um, überlegt, dann rutscht<br />

er rückwärts. Stück für Stück bis er eine<br />

schlanke, junge Buche erreicht, die sich dicht<br />

neben der alten Eiche in die Höhe schwingt.<br />

Ein Schwupps, und wie ein Feuerwehrmann<br />

rutscht Fritz zu Boden. Supersichere, superelegante<br />

Lösung.<br />

Das Waldkindergartenteam kennt viele spannende<br />

Orte im Wald: Am Wurzelplatz etwa<br />

lieben die Löwenzahnkinder den roten Sand,<br />

den sie manchmal in Tüten füllen und auf<br />

dem Weg zurück für Bilder oder zum Bauen<br />

nutzen. Am Moosplatz gibt es märchenhaft<br />

zarte Polster und Pilze im Herbst – und am<br />

Bächlein, das den Molchplatz quert, bauen<br />

die Kinder im Sommer Staudämme.<br />

Rundherum gibt es Lehmboden, wo man bei<br />

Regen herrlich Matschen und Lehmknödel<br />

formen kann. Jeder Platz steht für eine andere<br />

Besonderheit, eine neue Herausforderung.<br />

Das hat nicht nur einen großen Spaßfaktor,<br />

sondern bringt zahlreiche Impulse für die<br />

Weiterentwicklung der Kinder. Unebenheiten<br />

ausbalancieren, Bodenbeschafenheiten<br />

einordnen oder sich im Raum orientieren und<br />

virtuelle Landkarten anlegen – all das sorgt<br />

für immer neues Hirnfutter beim räumlichen<br />

Denken.<br />

>><br />

Hin zum Grundnetzwerk für<br />

Motorik, Sensorik und Empathie<br />

Warum es so viel Sinn<br />

macht, in dieser Lebensphase für motorisch<br />

vielfältige und anspruchsvolle Erlebnisse zu<br />

sorgen, verdeutlicht ein Blick auf die Neurobiologie<br />

des Lernens.<br />

>> Fortsetzung auf Seite 9<br />

>><br />

7


So geht Lernen<br />

Wir wollen unseren Löwenzahnkindern ermöglichen,<br />

selbstbestimmt ihre Potenziale zu<br />

entfalten. Die motivierende Kraft dafür ist das selbst<br />

bestimmte, freie Spiel.<br />

Entspanntheit und ein Mit-sich-im-Einklang-Sein<br />

bringt sie zur jeweils nächsten Herausforderung. So<br />

wird es nie langweilig.<br />

Der normal gestresste Erwachsene braucht für so<br />

etwas erst einmal eine Runde Meditation. Um die<br />

überladenen inneren Kanäle freizupusten, um wieder<br />

fokussieren zu können.<br />

Für normal ungestresste Kinder ist das die Grundeinstellung:<br />

Wenn ich schaue, schaue ich. Wenn ich<br />

sitze, sitze ich. Wenn ich staune, staune ich. Das ist<br />

Polarisation, im Sinne Maria Montessoris – So geht<br />

Lernen.


Am Kirschplatz<br />

Die Löwenzahnkinder können frei mit den Materialien der Hütte<br />

oder an der Werkbank spielen. Drei Minuten Fußweg vom Brudergarten-Parkplatz<br />

zwischen Münchweier und Wallburg geht es in den<br />

Morgenstunden rund: Hüttenzeit am Kirschplatz. Die Arbeit mit den<br />

strukturierten Montessori-Materialien eröffnet spannende Einblicke in<br />

die Geheimnisse der Schrift.<br />

»Kinder werden nicht erst zu Menschen<br />

– sie sind bereits welche.<br />

Janusz Korczak, 1919<br />

Die Begleiter bieten Zahlen-Experimente, Farbenspiele oder motorische<br />

Übungen wie beispielsweise das Schütten und Füllen. Neben<br />

den regelmäßigen Angeboten locken am Kirschplatz eigene Konstruktionen,<br />

handwerkliche Tätigkeiten sowie Kletterbäume, Schminktisch,<br />

Fächer, Backen, Kochen und jede Menge weitere lehrreiche Abenteuer.<br />

Hier begegnet man auch den Schulkindern. Die schnuppern ihrerseits<br />

gerne bei den Kleinen rein und stehen mit Rat und Tat zur Seite.<br />

Und manch kleines Löwenzahnkind wagt schnell die ersten Schritte,<br />

sich für den möglichen Übertritt in die Grundschule zu interessieren.<br />

Am Kirschplatz sind die Lernbereiche miteinander verzahnt bis<br />

die Kinder 12 Jahre alt sind.<br />

Ab 11 Uhr geht es dann in den Wald – immer eine ganze Woche lang an<br />

denselben Platz. So kann dort auch mal ein Projekt entstehen.<br />

Fortsetzung von Seite 7 >><br />

Jedes<br />

Kind durchläuft verschiedene Schritte in der<br />

Entwicklung. In jeder dieser Phasen baut der<br />

Organismus neue Strukturen auf oder erweitert<br />

die bestehenden. So wird in der ersten<br />

Phase zwischen Null und drei bis vier Jahren<br />

peu á peu das Grundnetzwerk für motorische,<br />

emotionale und sensorische Strukturen geschaffen.<br />

>><br />

Montessori-Materialien regen<br />

Sinne und Lernlust der Kinder an<br />

Erst wenn diese<br />

Phase abgeschlossen ist, bildet sich die Ebene<br />

des logischen Denkens aus. Diese Grundlage<br />

für späteres, vernetztes Denken ist ein weit<br />

ausgefächertes neuronales Netz. Und der<br />

Aufbau dieser Netzstruktur geschieht durch<br />

die aktive, eigenständige Auseinandersetzung<br />

mit der Umwelt.<br />

Freies Spielen, Klettern, soziales Miteinander<br />

schön und gut, aber lernen sie denn auch<br />

genug? Solche Fragen hört das Kindergartenteam<br />

häufig.<br />

Nach der Eingewöhnungsphase jedoch, in<br />

der die Eltern alle Plätze kennenlernen und<br />

sich vorsichtig daran gewöhnen, ihr Kind den<br />

Begleitern anzuvertrauen, wissen sie, dass<br />

die Begleiter überall da für eine „vorbereitete<br />

Umgebung“ sorgen – also, für vielfältige<br />

Montessori-Materialien, die die Sinne und<br />

Lernlust der Kinder anregen – wo sie sich mit<br />

den Kindern aufhalten.<br />

„Wenn sie gesehen haben wie wir in der Hütte<br />

arbeiten und was wir für unterwegs in unsere<br />

Rucksäcken packen, sind sie überzeugt“,<br />

sagt Begleiterin Heike. Und? Was ist da drin?<br />

Ersatzkleidung, Verbandszeug, Handschuhe,<br />

Mütze…<br />

Silke zählt auf: „Wir haben immer Taschen<br />

mit Werkzeug dabei, Schnitz-Utensilien, Bohrer.<br />

Außerdem hat jeder immer Wasser und<br />

Handtuch zum Händewaschen dabei. Die Materialien<br />

wechseln auch, je nachdem was wir<br />

vorhaben.“ Während sie für die Besucher den<br />

Rucksack auspackt, erzählt sie vom typischen<br />

Ablauf im Waldkindergarten: „Wir treffen uns<br />

um halb neun am Waldparkplatz, dann gehen<br />

wir zum Kirschplatz und es gibt noch bis halb<br />

zehn die Möglichkeit, die Kinder dorthin zu<br />

bringen.<br />

>><br />

Waldspielgruppe für die<br />

Neulinge beim Löwenzahn<br />

An einem Vormittag<br />

treffen sie dort die Waldspielgruppe<br />

– fünf bis zehn Kinder mit Mama oder Papa.<br />

Der grobe Rahmen für die Neulinge beim Löwenzahn<br />

ist immer derselbe: Gemeinsamer<br />

Spaziergang zu einem der Waldplätze. Dort<br />

ist freie Zeit zum Spielen und Vespern – und<br />

dann geht es auch schon wieder auf den<br />

Heimweg.<br />

Für die Jüngsten ist es eine aufregende Zeit. Immer<br />

wieder treffen sie die Kindergartenkinder,<br />

werden vertrauter mit den Abläufen unterm<br />

Blätterdach und den kleinen wie großen Menschen<br />

dort. Es braucht eine ganze Weile, bis<br />

sie sich so sicher fühlen, dass sie eigenständig<br />

losziehen, um die Umgebung zu erkunden –<br />

und dabei nur scheinbar nebenbei motorische<br />

Herausforderungen bewältigen.<br />

>>9


Löwenzahn-Basics<br />

Mit unserer pädagogischen Begleitung geben wir den Kindern Halt – wie mit<br />

einem sichernden Gerüst, auf das sie immer wieder klettern können. So können<br />

Sie an ihrem inneren Entwicklungsplan arbeiten. Wir sind da, wenn sie Hilfe<br />

brauchen, aber wir geben nichts vor.<br />

Sechs Leitpunkte oder besondere Qualitäten prägen unsere gesamte pädagogische<br />

Arbeit.<br />

1. Freiheit<br />

Löwenzahnkinder haben die freie Wahl, wann sie welche Angebote nutzen und<br />

wie sie ihre Interessen vertiefen.<br />

3. Natur und Kultur<br />

2. Orte zur Entfaltung<br />

Wir bieten den Löwenzahnkindern offene und geschlossene Räume. Viele<br />

lernen schreiben rechnen am liebsten im Wald. Andere schätzen die Atmospähre<br />

im Haus oder in der Jurte<br />

Es ist ein interessantes Wechselspiel, wenn wir Dinge aus der Natur mitnehmen,<br />

um Sie unserem Kulturbereich genauer zu erforschen. Wir fügen Blumen<br />

zum Pressen, Holz zum Bearbeiten oder Gipsabdrücke von Tierspuren unserem<br />

Materialschatz hinzu.<br />

4. Ruhe und Zeit<br />

Löwenzahnkinder folgen ihrem eigenen Entwicklungsplan und lernen aus einer<br />

inneren Notwendigkeit. Wir geben Ihnen die Zeit und Ruhe zum Lernen im eigenen<br />

Tun. So kommt jedes Kind mit sich selbst in Kontakt<br />

5. Inspirationskultur<br />

6. Motivierende Trittsteine<br />

Unser Ziel: Löwenzahnkinder sollen aus sich heraus die Strukturen finden, die sie<br />

brauchen und damit lernen, sich selbst zu organisieren. Wir wollen die Trittsteine<br />

für eigenverantwortliches Handeln legen.<br />

Anregen, Begleiten, nicht lenken. Inspirieren statt Belehren – dafür müssen wir<br />

immer wieder unsere Flexibilität prüfen. So können wir Themen und Inhalte einbringen,<br />

die Themen der Kinder erkennen, aufgreifen und die vorbereitete, anregende<br />

Arbeitsumgebung schaffen.<br />

>> Lernen


unterm Blätterdach – Grundschule<br />

Im Wechsel zwischen Natur und Kultur<br />

wachsen bei den Löwenzahnkindern in der<br />

Grundschule Neugier, Lernmotivation und<br />

Wissen gleichermaßen. Völlig unplugged,<br />

aber voller Energie…<br />

>><br />

Unplugged lernen: Voller<br />

Energie zwischen Natur & Kultur<br />

Pink leuchtet ihre Jacke am Baum,<br />

pink ihre Hose und nochmal pink das Klemmbrett,<br />

das die neunjährige Neele jetzt vor sich<br />

auf den Waldboden legt. Sie holt Heft und<br />

Mäppchen aus dem Rucksack und erklärt: „Ich<br />

schreibe eine Meerschweinchen-Geschichte“.<br />

Sie blättert ihr Heft auf und zeigt die Bilder,<br />

die sie dazu aus Zeitschriften ausgeschnitten<br />

und eingeklebt hat: Bilder von Möhren, Gras,<br />

Klee und Meerschweinchen… Warum sie<br />

hier sitzt, statt mit den anderen am Schulplatz<br />

zu lernen?<br />

„Ich bin lieber im Wald, hier ist es ruhiger<br />

und niemand stört mich.“ Sie nimmt ihr Heft<br />

wieder an sich und denkt über den ersten Satz<br />

nach, den sie gleich schreiben wird. Unterhalb<br />

des kleinen Plateaus, auf dem sie sitzt, plätschert<br />

ein Bach – dort unten spielen drei Kinder<br />

aus Neeles Gruppe, ein weiteres klettert<br />

gegenüber von ihr auf einen Baum.<br />

Gegen zehn Uhr laufen dann alle mit Lernbegleiterin<br />

Anne Klother zum „Kirschplatz“<br />

hinüber. Ein idyllischer Ort am Waldrand mit<br />

Kirsch-, Apfel- und Walnussbäumen. Wer sich<br />

dort zum ersten Mal umschaut, wird fragen:<br />

Das soll Schule sein? Überall wuseln Kinder<br />

von drei bis zwölf Jahren herum - scheinbar<br />

planlos und doch scheint jedes genau zu wissen,<br />

was zu tun ist.<br />

>><br />

Primas und Sekis: Zuerst Wald<br />

oder gleich in die Jurte?<br />

Ein Junge etwa raspelt<br />

Holz an der Werkbank, ein weiterer facht<br />

im Bauwagen das Herdfeuer an, drei Mädchen<br />

umrunden lachend und rennend den<br />

Grillplatz.<br />

Um halb neun treffen sich die Primarstufenkinder<br />

zunächst am Waldparkplatz Brudergarten.<br />

Von da aus gehen sie mit einem<br />

Begleiter an einen Waldplatz oder gleich zur<br />

Jurte. >><br />

>><br />

11


»Jedes Kind ist gewissermassen ein Genie;<br />

und jedes Genie ist gewissermassen ein Kind.<br />

Arthur Schopenhauer<br />

Fortsetzung von Seite 11>><br />

In<br />

der Jurte laden dann den Vormittag über die<br />

Begleiter zur Arbeit mit Montessorimaterial<br />

und zur Themenarbeit ein.<br />

>><br />

Urgemütliche Atmosphäre<br />

außerhalb der Komfortzone<br />

Wer zuerst im Wald ist,<br />

kommt einfach später dazu und bleibt meist<br />

noch länger dabei.<br />

Auf dem Grundstück bergen ein Schulhaus<br />

mit großen Fenstern, ein kreisrundes Jurtenzelt,<br />

eine Werkbank sowie der (Küchen-)<br />

Bauwagen den vielfältigen Materialpool<br />

dieser Einrichtung. Der Wochenplan schlägt<br />

wiederkehrende Elemente vor. Die Erwachsenen<br />

sorgen zudem für Berührungspunkte<br />

zwischen Kiga und Schule. Donnerstags gibt<br />

es etwa ein Angebot für Kindergarten- und<br />

Schulkinder. Meist mit den jüngeren Primas.<br />

Chef der montäglichen Frühstücks-Cuisine ist<br />

heute der zwölfjährige Milan. Im Küchenherd<br />

hat er bereits Feuer angefacht und den Erwachsenen<br />

weggeschickt, der helfen wollte.<br />

Jetzt schneidet er mit geübter Hand Bananen<br />

und Birnen fürs gesunde Früchte-Müsli. Milan<br />

schiebt noch ein Stück Holz in den kleinen<br />

Herd – Holz, das er zuvor selbst gehackt hat.<br />

Eine angenehme Wärme, eine urgemütliche<br />

Atmosphäre breiten sich aus. Dabei geht es<br />

nicht um rückwärtsgewandte Landromantik,<br />

sondern ums Prinzip: Strom, Heizung und<br />

fließendes Wasser gibt es am Kirschplatz<br />

nicht. Stattdessen heißt es eben Feuermachen<br />

oder Komposttoilette benutzen, selber<br />

spülen.<br />

Sabine Schaumann, die zu den GründerInnen<br />

der Schule sowie zum Team der LernbegleiterInnen<br />

gehört, ist überzeugt: „Das einfache<br />

Leben außerhalb der Komfortzone verschafft<br />

Kindern einen viel weiteren Horizont.<br />

Wochenplan<br />

Montag – Gemeinsames, gesundes<br />

Frühstück, Montagsbesprechung<br />

Dienstag – Musik und Kunst<br />

Mittwoch – Sport und Sprachen<br />

Donnerstag – Sprachen, Technik<br />

und Kosmik<br />

Freitag – Kochen und Mittagessen<br />

für alle<br />

Da müssen wir uns auch immer wieder fragen:<br />

Wie viel Unterstützung brauchen sie und ab<br />

wann gerät Hilfe zur ‚Bedienung‘, die wichtige<br />

Erkenntnisprozesse verhindert? Indem sie<br />

selbst erfahren, wie man in und mit der Natur<br />

lebt, entsteht eine tiefer gehende Bewusstheit<br />

für Zusammenhänge – und das ist es,<br />

was wir erreichen wollen.“<br />

>><br />

Erkenntnissprozesse für<br />

tiefergehende Zusammenhänge<br />

Sinn für Zusammenhänge<br />

entsteht auch dadurch, dass die Kinder<br />

über ein Thema, sei es Holz, ein Theaterstück<br />

oder Pilze wie an einer Liane querbeet durch<br />

verschiedene Lernbereiche schwingen. Damit<br />

sie unterschiedliche Aspekte zusammendenken<br />

können, finden sie vielfältige Anregungen<br />

überall auf dem Gelände verteilt. Sorgsam<br />

und mit Liebe zum Detail zusammengestellt<br />

haben sie das Ziel, die Kinder zum Forschen<br />

und Tun einzuladen. Auf der Werkbank etwa<br />

stehen große Gläser mit wechselndem Inhalt.<br />

Heute sind sie mit verschieden großen Holzund<br />

Bambusstückchen, Kastanien, Nägeln,<br />

Schleifpapier sowie orangenen Fruchtkapseln<br />

der Lampionblume gefüllt.


Nachhaltig Lernen<br />

Die Lernbegleiter tauschen sich in regelmäßigen<br />

Teamsitzungen über Aktivitäten,<br />

Vorlieben und Stärken der einzelnen Kinder<br />

aus, dokumentieren diese im „Pensenbuch“,<br />

planen neue Inspirationen und<br />

Einladungen für Themen, an die ein Kind<br />

nicht so gerne herangehen möchte.<br />

Diese Form des Lehrens und Lernens<br />

zeichnet unsere Schule aus. Eine besonders<br />

nachhaltige Form, weil der Wissensdurst<br />

von innen heraus motiviert ist.<br />

Niemand sagt einem Kind etwa, „du musst<br />

jetzt aber rechnen lernen“ sondern eher:<br />

„Magst du mal hier schauen? Ich zeig dir,<br />

was du noch entdecken kannst…“<br />

>><br />

Themenorientiert arbeiten:<br />

Wissen vernetzen<br />

terexkursion ins Steinzeitmuseum, Höhlen<br />

anschauen, Schmuck und Werkzeuge selbst<br />

bauen.<br />

sie schlüpfen in die Jurte, wo bereits einige<br />

elfjährigen Sekundarschüler über Bruchrechnungen<br />

brüten. Stille. Wie in einer Bibliothek.<br />

Im Schulhaus, das alle<br />

nur „Hütte“ nennen, locken Musikinstrumente<br />

und Noten oder im Kreativbereich Gläschen<br />

mit leuchtenden Farbpigmenten zum Malen.<br />

Wenn ein Thema für eine längere Zeit intensiv<br />

beleuchtet werden soll, wird „die Hütte“ zur<br />

„Themenhütte“. In der Englisch-Hütte etwa<br />

wird ausschließlich Englisch gesprochen, die<br />

Kosmetik-Hütte bietet alles, was man zum<br />

Kosmetikmachen braucht. Vor ein paar Jahren<br />

gab es sogar mal eine eigens gebaute<br />

„Steinzeit-Hütte“. Einmal im Jahr nämlich<br />

geht es für Primar- und Sekundarstufe um<br />

eine bestimmte Geschichtsepoche – und<br />

damals kam bei den Kindern der Wunsch auf,<br />

eine Steinzeithütte zu bauen und dort auch zu<br />

übernachten, erzählt Sabine Schaumann:<br />

„Also sind wir zwei Tage steinzeitmäßig mit<br />

Kleidern aus Säcken herumgelaufen, haben<br />

Porridge mit selbst gemahlenem Getreide gekocht...<br />

Aber das haben sie nur einen Abend<br />

ausgehalten!“ Dazu gab es die passende Win-<br />

Das Team schätzt diese Form der Lernstationen,<br />

weil sie sie den Themen einen besonderen<br />

Wert geben, und nutzen sie auch, um eingefahrene<br />

Strukturen aufzubrechen, erzählt<br />

sie weiter, denn es komme immer wieder vor,<br />

„dass sich Kinder immer an den gleichen Tisch<br />

setzen und dort immer das Gleiche machen.“<br />

>><br />

Lernstationen geben Themen<br />

den besonderen Wert<br />

Zwischen Hütte und Jurte<br />

steht ein großer runder Tisch, den Begleiterin<br />

Kathrin Fazekas heute mit Materialien<br />

zum Thema Briefeschreiben bestückt hat.<br />

Buntstifte, Kartoffeln und Farbe laden zur Gestaltung<br />

von Umschlägen und Papier ein. Ein<br />

Teil der Mädchen ist sofort Feuer und Flamme.<br />

Die Kartoffeln werden mehr oder weniger<br />

kunstvoll zu Stempeln geschnitzt, Briefe<br />

an Freundin, Mama oder Papa formuliert…<br />

Doch nicht alle Kinder haben Lust zu schreiben.<br />

Noah und Luca wollen lieber rechnen,<br />

>> Briefeschreiben<br />

Bruchrechnen trifft auf<br />

Auch die beiden Siebenjährigen<br />

wollen sich mit Brüchen beschäftigen.<br />

Deshalb, ziehen sie Kästen mit Aufgabenblättern<br />

und Holztäfelchen aus den Regalen, die<br />

ihrem Lernstand entsprechen, und suchen<br />

sich einen freien Arbeitsplatz auf dem Boden.<br />

In der ersten und zweiten Arbeitszeit,<br />

genannt Rote Mitte, macht ein Begleiter ein<br />

Angebot – meist aus den Bereichen Deutsch<br />

oder Mathe – mit Montessorimaterial.<br />

Draußen prusten und kichern die achtjährigen<br />

Primas Elena, Mascha und Theresa. Sie<br />

brauchen offenbar eine Runde Auslauf. Auch<br />

in der Hütte herrscht Pausenatmosphäre. Sie<br />

hätten heute Morgen schon so viel gearbeitet,<br />

„wir müssen mal quatschen“, erklärt die kleine<br />

Gruppe von elf- bis zwölfjährigen Sekundarstufenkindern,<br />

die sich in die Musikecke<br />

zurückgezogen hat. >><br />

>>13


Fortsetzung von Seite 13>><br />

Damit man nicht nur im eigenen Saft schmort,<br />

geht es im Frühjahr und im Sommer auf Exkursion.<br />

Nach einigen Tagen können dann<br />

auch die Eltern hinzukommen.<br />

>><br />

Die Sommerfreizeit<br />

fand im Allgäu statt, davor im Schwarzwald,<br />

im Jura, auf der schwäbischen Alb… Auch<br />

hier sind die Kinder an allem maßgeblich<br />

beteiligt, bauen die Zelte auf, machen den<br />

Essensplan, kaufen ein. Die Kinder organisieren<br />

die gesamte Freizeit überwiegend selbst.<br />

Spielen, Auslüge, Kochen… Was es da gibt?<br />

„Nur Gutes!“, versichert Sabine Schaumann.<br />

„Sie lassen sich da nicht lumpen.“ Und Anna<br />

zählt auf: „Spaghetti mit Tomatensauce,<br />

Gemüsespieße, Pizza, Schokobananen,<br />

Quark mit Feuerkartofeln –und besondere<br />

Sachen: gerösteter Salbei, gebackene<br />

Holunderblüten oder Brennesselchips.“<br />

Zu den wichtigsten Ereignissen<br />

jedoch – neben den Festen des<br />

Jahreslaufs – zählen die Übertrittsfeiern.<br />

Zunächst wird für die<br />

9-10-Jährigen der Übertritt vom<br />

Primar- in den Sekundarbereich<br />

gefeiert und am Ende der Sekundarstufe<br />

für die 12-13-Jährigen der<br />

Übertritt in die Tertia. Bevor sie dann<br />

dorthin wechseln, denkt jedes Kind<br />

sich eine „Herausforderung aus.“<br />

Zwei Jungs haben sich mal – Lernbegleiterin<br />

Anna ist immer dabei - irgendwo mit<br />

dem Auto absetzen lassen und sind dann zu<br />

Fuß zurück zur Schule gelaufen, das Ganze bei<br />

Nacht und durch den Schwarzwald.<br />

>><br />

Highlights in Selbstorganisation:<br />

Exkursionen und Übertritte<br />

Lernmotivation im positiv<br />

zugewandten Umfeld<br />

Die Herausforderung ist das<br />

Tüpfelchen auf einer Erziehung, die Kindern<br />

ermöglicht, mit sich selbst und ihren eigenen<br />

Wünschen und Themen in Kontakt zu kommen.<br />

Die Hirnforschung zeigt eindrücklich:<br />

komplexe Inhalte werden im Gehirn besonders<br />

gut vernetzt und damit am besten verstanden,<br />

wenn die Lernmotivation von den<br />

Kindern selbst kommt – und sich in einem<br />

positiv zugewandten Umfeld entfalten kann.<br />

Recht früh lernen diese Kinder hier, dass sie<br />

für ihr Tun selbst verantwortlich sind. Aber<br />

nicht etwa, weil die Erwachsenen nicht genug<br />

Zeit für sie hätten, sondern gerade weil<br />

sie sich für jedes einzelne Kind Zeit nehmen.<br />

Schließlich bedarf es einer um vieles umsichtigeren<br />

Begleitung als im Regelschulfall,<br />

wenn man es den Kindern überlässt, was sie<br />

wann und wo am liebsten tun möchten. Manche<br />

sind dann wochenlang an<br />

einem bestimmten<br />

Thema, andere<br />

stürzen<br />

sich spontan<br />

in die Arbeit.<br />

So wie die kleine Gruppe,<br />

die heute komplett im „Spinnenieber“<br />

ist. Beim Erkunden des Geländes<br />

nämlich haben sie ein Spinnennest entdeckt<br />

mit aberhunderten minikleiner Spinnchen.<br />

Sprühend vor Begeisterung und Forscherlust<br />

rennen sie nun ins Schulhaus um Einmachgläser<br />

zu holen. Einige Tiere werden gleich in die<br />

Gläser bugsiert, um sie genau zu betrachten.<br />

Und schon sprudeln die Fragen: Was fressen<br />

die denn? Warum sind das so viele? Wohin<br />

laufen die alle? Genug Aspekte für eine spannende<br />

Lerneinheit in Sachen Biologie.<br />

Das Thema liegt ofenbar derzeit in der Luft.<br />

Vor kurzem trieben sich im Schulhaus große,<br />

langbeinige, schwarze Spinnen herum – und<br />

die Kinder reagierten mit Ekel und Geschrei.<br />

„Warum eigentlich?“, wollte Lernbegleiterin<br />

Anna Krause-Sparmann wissen – damals ließen<br />

sie kleine Spinnen von der Wiese<br />

über ihre Hände krabbeln.<br />

Heute Morgen hat Anna<br />

im Wald wunderschöne<br />

Radnetze<br />

gesehen und<br />

eines auf<br />

Papie gez<br />

o g e n .<br />

Sie<br />

hat<br />

es<br />

so<br />

f i -<br />

x i e r t ,<br />

dass es<br />

sich nun<br />

wunderbar für<br />

die weitergehende<br />

Auseinandersetzung<br />

mit den Eigenheiten<br />

dieser Tiere eignet. Oder zum<br />

Nachweben, zum künstlerischen Abmalen,<br />

und so weiter und so fort.<br />

Durch den Fund der Minispinnen wurden ihre<br />

Pläne durchkreuzt, doch genau darauf sind<br />

die Erwachsenen hier eingestellt: es geht<br />

darum, lexibel die Themen der Kinder aufzugreifen<br />

– und sie in den Kosmos ihrer Lernangebote<br />

einzupassen.


http://tinyurl.com/lernbegeisterung<br />

»Anstatt die Beobachterrolle einzunehmen, sind alle sehr<br />

bemüht, dem Kind zu Hilfe zu eilen.<br />

Besser wäre es jedoch, zu entschleunigen, zurückzutreten und zu<br />

fragen, was das Kind zu bieten hat.<br />

Kinder sind hundertprozentig lernfähig und kommen als Begeisterungspakete<br />

auf die Welt. Ein Kind macht keinen Unterschied<br />

zwischen Leben, Lernen und Spielen.<br />

André Stern, 2014<br />

>>15


Der innere Bauplan<br />

Maria Montessori: Ihre Erkenntnisse und<br />

das berühmte Material sind 100 Jahre<br />

alt – für uns aber jeden Tag ganz neu, ganz<br />

unverbraucht, immer für Überraschungen<br />

gut. Im Alltag mit Kindern, Jugendlichen und<br />

Kollegen sehen wir die Aktualität ihrer Ideen.<br />

Maria Montessori war Ärztin, sie war es gewohnt,<br />

genau hinzusehen.<br />

Sie bewegte sich in Kreisen innovativer Wissenschaftler<br />

genauso wie in spirituellen Kreisen.<br />

Sie ging ganz vom Kind aus, von den Beobachtungen,<br />

wie Kinder lernen und wie sie<br />

sich entwickeln.<br />

Montessori entdeckte, dass Kinder am Leben<br />

der Erwachsenen teilhaben wollen, dass<br />

Lernen und Entwicklung ein Bedürfnis eines<br />

jeden Menschen sind, dass sowohl Belohnung<br />

wie auch Strafen schädlich für die Entwicklung<br />

sind. Sie postulierte ein durch und durch<br />

positives Bild des Kindes. Montessori hat das<br />

Modell der Entwicklungsphasen und des<br />

inneren Bauplans eines Menschen gestaltet<br />

und geprägt, auf das auch wir im Löwenzahn<br />

aufbauen.<br />

Denn es ist wirklich ein Unterschied, ob wir es<br />

mit Dreijährigen zu tun haben, die vollkommen<br />

spontan im Hier und Jetzt sind, mit<br />

Elfjährigen, die auch auf Ziele hin arbeiten,<br />

oder mit Jugendlichen, die weiterreichende<br />

Entscheidungen treffen und Verantwortung<br />

übernehmen.<br />

Maria Montessori fiel auch auf, dass Kinder jederzeit<br />

kooperieren, auch in Situationen, die<br />

sich auf den ersten Blick nicht so darstellen.<br />

Jesper Juul hat sich Jahrzehnte später ganz<br />

ausführlich mit dieser Thematik in seinen<br />

wunderbaren Büchern beschäftigt.<br />

Das Material von<br />

Maria Montessori zur Mathematik,<br />

Sprache und kosmischen<br />

Erziehung ist einfach und<br />

genial. Es ermöglicht Momente<br />

tiefster Polarisation der Aufmerksamkeit<br />

und den Aufbau innerer Struktur im<br />

Menschen.<br />

Zusammen mit der Natur ist es für uns der<br />

Schlüssel zum inneren Aufbau des Menschen.<br />

Wir verwenden das Material nicht, um etwas<br />

bestimmtes damit zu lernen, wir verwenden<br />

es als Entwicklungsmaterial, das es uns erlaubt,<br />

neue Erkenntnisse über den Aufbau der<br />

Welt und über uns als Mensch zu erlangen.<br />

Respektvoll Begleiten<br />

Lernen geschieht im Spannungsfeld<br />

von Selbstverwirklichung und Grundbedürfnis<br />

nach Liebe und Sicherheit<br />

durch einen Erwachsenen.<br />

Eine respektvolle Begleitung, die<br />

dem Kind zwar Sicherheit gibt, aber es<br />

nicht zu bestimmten Handlungen manipuliert,<br />

ist uns ein großes Anliegen.<br />

Gleichzeitig ist dies eine der größten<br />

Herausforderungen in der täglichen<br />

Begleitung der Kinder und Jugendlichen.<br />

Wir agieren als Begleiter, beraten, sind<br />

begeisterte Vorbilder und geben den<br />

Kindern durch unser eigenes Tun eine<br />

Orientierung.


»<br />

Wir alle sind nur einen Teil unseres Lebens Kinder. In unserem Inneren aber leben wir<br />

ein ganzes Leben davon, dass wir Kinder waren – wirkliche, echte Kinder.<br />

Wenn wir jetzt dadurch unsre ökonomischen Wachstumsziele in Gefahr sehen und schon die<br />

Kinder für die Wertschöpfungskette fit machen wollen – dann ist es vielleicht an der Zeit,<br />

dass wir uns eine Frage stellen: Was genau suchen wir eigentlich im Leben?<br />

Herbert Renz-Polster, Die Kindheit ist unantastbar


Inspirationskultur<br />

Begeisterte Erwachsene bringen Themen und Ideen<br />

ein und wollen die Löwenzahnkinder so zur Mitarbeit<br />

einladen.


Faszinierende Übergänge<br />

Das Abenteuer des Wissenwollens indet<br />

auch im Löwenzahn in verschiedenen<br />

Lernabschnitten statt. Der Übergang in die<br />

Grundschule ist ein Meilenstein, bei dem die<br />

Kinder hier sich allerdings auf das Neuland in<br />

der persönlichen Entwicklung stürzen können.<br />

Ein großer Vorteil: die Basisstation für<br />

„Primas“ und „Sekis“ beindet sich ebenfalls<br />

am Kirschplatz.<br />

Was Regelschüler nicht kennen, ist das besondere<br />

Ritual der Übertritte: zweimal im<br />

Jahr kann ein Wechsel von der Primar- in die<br />

Sekundarstufe stattinden.<br />

Im Vorfeld wird zwischen Lernbegleitern und<br />

Schülern besprochen, welches Thema sich gut<br />

als Übertrittsarbeit eignen würde. Materialien<br />

werden beschaft. Nach intensiver Auseinandersetzung<br />

mit dem Thema präsentieren<br />

die Kinder ihre Arbeit in der Aufnahmerunde.<br />

Die Kinder der Sekundarstufe, die „Sekis“ begrüßen<br />

dann die Neuen mit einem einzigartigen,<br />

aber streng geheimen Ritual.<br />

>><br />

Selbstgesetzte Aufgaben tragen<br />

über eigene Grenzen hinaus<br />

Der nächste entscheidende<br />

Schritt erfolgt dann in die Tertia, die<br />

staatlich genehmigte Werkrealschule für<br />

Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren im<br />

Bienenfeld in Ettenheimweiler. Auch hier<br />

steht – inklusive Ortsveränderung – eine<br />

Übertrittsarbeit an, die den Entwicklungsund<br />

Wissensstand widerspiegelt.<br />

Übergänger werden im Bienenfeld mit einem<br />

Fest begrüßt. Eine Besonderheit steht zudem<br />

an: die Herausforderung, eine selbstgewählte<br />

Aufgabe, soll die Jugendlichen an ihre Grenzen<br />

bringen und so darüber hinaus tragen.<br />

Milan präsentiert in seiner Arbeit zum Übertritt<br />

in die Werkrealschule Wissenswertes rund<br />

um die Kornnater. Sein Anschauungsmaterial:<br />

er hat eine Meßlatte zurechtgesägt, auf die er<br />

die lange Schlangenhaut kunstvoll befestigt<br />

hat. „Ich erzähle den anderen die Geschichte<br />

zur Kornnatter, gebe das Brett herum und<br />

beantworte Fragen“, erläutert Milan: „Dann<br />

hole ich die Schlange raus - dann können sie<br />

alle anschauen. Keine Sorge, die beißt nicht,<br />

hat noch nie jemanden gebisssen und wenn,<br />

würde es nur ein bisschen anschwellen.“<br />

Lilith ihrerseits hat eine komplett andere<br />

Idee: „Theater gefällt mir gut. So kam ich<br />

darauf, dass ich auch selbst ein Theaterstück<br />

schreiben könnte.“<br />

>> Elben und Theaterstücken<br />

Übertritte: von Kornnattern,<br />

Sie hat sich jüngst ein Stück angesehen<br />

und hat sich dabei vor allen Dingen<br />

darauf konzentriert, wie alles so abläuft: „So<br />

ganz genau steht noch nicht alles. Ich schreibe<br />

ja auch noch. Und dann mache ich Fotos<br />

für eine Collage.“ Nach einer Pause will sie<br />

mit Lernbegleiterin Anna Krause-Sparmann<br />

besprechen, wie sie weiter vorgehen soll.<br />

Schon in der Primaria war „Der kleine Hobbit“<br />

Jeremias‘ Thema. Mit anderen Jungs hat er<br />

unermüdlich Höhlen gegraben. So entstand<br />

Klein-Hobbingen, ein Stück Mittelerde, direkt<br />

am Kirschplatz.<br />

>> Schnitz-Aufgaben<br />

Lindenholz und knifflige<br />

Aus diesem Grund ist Jeremias<br />

dabei, für seinen Übertritt einen Elb aus Holz<br />

zu schnitzen. Das Holz dafür hat ihm sein Opa<br />

geschenkt. „Linde ist gut zum Schnitzen oder<br />

Verarbeiten. Ich arbeite jetzt seit 2-3 Wochen<br />

dran. Wenn die Figur dann soweit fertig ist,<br />

hänge ich ihr noch einen grauen Mantel um“,<br />

geht Jeremias ins Detail. Eine knilige Aufgabe<br />

hat er noch nicht gelöst: „Ich weiß nur noch<br />

nicht, wie das Auge aus Holz gemacht wird,<br />

damit es echt aussieht.“ Er will dazu noch eine<br />

kleine Geschichte schreiben und eine Landkarte<br />

präsentieren.<br />

>>19


Werkrealschule: Freiheit ist<br />

Leitplanke, Kickstarter, Suchmaschine – die<br />

Werkrealschule begleitet Jugendliche auf<br />

dem Lernweg in die Welt. Was sie hier vor allem<br />

antreibt, ist die Kraft, die aus ihrer Suche<br />

nach Identität kommt.<br />

Klack, Klackerdiklack, Klackklack – morgens<br />

um neun ist in der Schule im Bienenfeld kaum<br />

etwas anderes zu hören als aneinander stoßende<br />

Glasmurmeln. Es ist hier das typische<br />

Geräusch von Mathematik. Mathe? Ja, doch.<br />

An einem Tisch unterm Dach sitzen Jungen<br />

und Mädchen, die Gleichungsaufgaben lösen,<br />

Prozentrechnung machen oder Primzahlen<br />

suchen.<br />

Lernbegleiterin Sabine Schaumann nimmt<br />

eine Hand voll Murmeln und legt sie vor sich<br />

auf ein Holzbrett, das murmelgroße Kuhlen<br />

hat und demonstriert der zwölfjährigen Jara,<br />

wie sie Zahlen findet, die nur durch sich selbst<br />

teilbar sind. „Es gibt nichts anschaulicheres<br />

– auch fürs Wurzelziehen“, versichert sie. Und<br />

als wolle sie das bestätigen atmet Jara durch:<br />

„Ach so, ja, alles klar.“ Und setzt die Reihe<br />

selbst fort und notiert alles ins Heft.<br />

Kaum ist morgens aufgesperrt, nehmen die<br />

Jugendlichen die zentral gelegene Holztreppe<br />

in ihrem je eigenen Tempo und beginnen<br />

unterm Dach ihren eigenen Tagesplan. Die<br />

meisten starten hier oben, wo sich Mathematik,<br />

Sprachen-, und Sachkundematerial<br />

befindet. Vielleicht, weil die Tertia-Schüler<br />

einen solchen Einstieg in den Schulalltag<br />

noch von der Grundstufe her gewohnt sind.<br />

Wenn sie aus dem Fenster schauen, können<br />

Blick und Geist abheben, die Wiese, die Pferde,<br />

der Himmel… und wieder eintauchen in<br />

ihre Arbeit.<br />

>> nach Gleichungen & Wurzelziehen<br />

Mathe in der Tertia: Es klingt<br />

In der Nähe des<br />

Mathetisches etwa sitzen Daria und Naemi in<br />

einer Arbeitsnische, die maximal zwei Leute<br />

beherbergen kann. Sie machen zwar beide<br />

dieselben Übungen, aber jede für sich. In der<br />

Ecke gegenüber den Mathelernern sitzt der<br />

15-jährige Philipp in einem der beiden gemütlichen<br />

roten Sessel, und lernt Englisch. In<br />

dieser kleinen Morgenszene spiegeln sich bereits<br />

wesentliche Aspekte des Schulkonzepts:<br />

Die Räume laden ein zu bleiben, sich einzulassen.<br />

Sind nicht nur Lern- sondern auch<br />

ästhetische Orte. Es gibt nur wenige abgeschlossene<br />

Schulräume wie den Werk- oder<br />

den Keramikraum – alle anderen sind offen,<br />

so dass sich jeder überall zum Arbeiten, Forschen,<br />

oder Lesen einrichten kann.<br />

Natürlich liegt es nahe, etwa dort zu nähen,<br />

wo der große Tisch steht und sich das ganze<br />

Nähzubehör befindet. So viel Offenheit erfordert<br />

allerdings auch, dass man untereinander<br />

Rücksicht nimmt. Wenn jemand etwa gerade<br />

in der Ecke mit den Farben ein Bild skizziert<br />

oder malt, sollten andere nicht unmittelbar<br />

davor ein Theaterstück üben.<br />

Es ist dasselbe Konzept der vorbereiteten<br />

Umgebung nach Maria Montessori wie in der<br />

Grundstufe. Allerdings steigt der Anteil des<br />

eigenverantwortlichen und selbstorganisierten<br />

Handelns bei den Jugendlichen immer<br />

mehr – und so sind auch die Erwachsenen auf<br />

neue Weise gefordert.<br />

>><br />

Jugendliche sind Experten<br />

ihrer eigenen Entwicklung<br />

Während sie für die Primas<br />

und Sekis die Entwicklungsschritte dokumentieren<br />

und statt Noten Entwicklungsberichte<br />

weiter geben, dokumentieren die Tertias<br />

selbst. Die Jugendlichen sind Experten ihrer<br />

eigenen Entwicklung. Die Lernbegleiter werden<br />

von Lehrbeauftragten unterstützt, die<br />

Naturwissenschaften, Textiles, EDV anbieten.<br />

Fremdsprachen und Physik sind in festen Arbeitsgruppen<br />

organisiert.<br />

Sabine Schaumann: „Wir verstehen uns zusammen<br />

mit den Kindern als lernender Organismus.<br />

Und versuchen, mit ihnen gemeinsam<br />

die passende Struktur zu finden, mit der<br />

sie ins Lernen gehen können. Das ist immer<br />

wieder Teil von Tutorengesprächen oder auch


Disziplin<br />

Vorbereitete Umgebung<br />

Menschliche Prozesse brauchen unbedingt<br />

passende Entfaltungsräume.<br />

Maria Montessori hat dafür den Begriff<br />

„Vorbereitete Umgebung“ geprägt.<br />

Sabine Schaumann nennt beispielhaft die<br />

Themen „regenerative Energien“ oder „das<br />

Auge“. „Dazu gab es verschiedene Lernstationen,<br />

über die wir den Themenbereich mit anderen<br />

verknüpft haben – etwa mit Inhalten<br />

aus Biologie oder Physik oder Kunst. In dieser<br />

Zeit arbeiten sie nicht an Kulturtechniken,<br />

sondern nur mit ihrem ausgewählten Thema<br />

– das war ihnen ganz wichtig.“<br />

Eigenverantwortlich im<br />

>>Zeichen des Erdkinderplans<br />

Damit sich die Lernbegleiter<br />

pädagogisch flexibel und auf dem Laufenden<br />

bleiben, lassen sie sich immer wieder von<br />

ausgebildeten Montessori-Beratern kritisch<br />

begleiten.<br />

Zur Vorbereiteten Umgebung gehört<br />

natürlich das Material, mit dem<br />

gearbeitet wird, die Möblierung, der<br />

Raum selbst, die Natur und wie sie bespielt<br />

wird und die Erwachsenen.<br />

Unsere Vorbereitete Umgebung ist<br />

reichhaltig, geordnet und inspirierend.<br />

Sie lädt Kinder und Jugendliche ein zum<br />

eigenständigen und selbstverantwortlichen<br />

Forschen, Spielen, Lernen<br />

und Handeln.<br />

von gemeinsamen Reflexionen: Was braucht<br />

ihr? Was haben wir dieses Jahr gemacht? Wie<br />

gut war das für den Einzelnen? Was braucht<br />

es , um in die Themen reingehen zu können?“<br />

Durch solche Reflexionsgespräche hat sich<br />

etwa ergeben, dass die Tertias viel mehr<br />

Exkursionen machen, rausgehen wollen.<br />

Außerdem war ihnen die Zeitspanne von<br />

einer Woche viel zu kurz, um sich tiefer mit<br />

bestimmten Inhalten auseinander zu setzen.<br />

>><br />

Reflexionsgespräche gestalten<br />

Themenwochen & Arbeitsgruppen<br />

Seitdem gibt es regelmäßig dreiwöchige<br />

„Themenwochen“, für die sich dann<br />

eine Arbeitsgruppe findet, die den Stoff in<br />

verschiedensten Facetten betrachtet.<br />

Was Jugendlichen wie Erwachsenen ebenfalls<br />

sehr am Herzen liegt sind Exkursionen und<br />

Großprojekte.<br />

Die großen Projekte sind das, was Maria Montessori<br />

den Erdkinderplan nannte: Jugendliche<br />

erfahren, dass sie wirklich gebraucht<br />

werden, dass ihre Beteiligung eine Wirkung<br />

in der Gesellschaft entfaltet. Die Projekte sind<br />

ebenso Teil des Schulalltags wie die Kulturtechniken<br />

und bieten ein ganzes Bündel von<br />

Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten in Organisation,<br />

Wirtschaftlichkeit, Außenwirkung<br />

und Teamarbeit.<br />

Heute ist die Situation etwas angespannt. Im<br />

Café läuft gerade eine Krisensitzung. Letztlich<br />

geht es darum, wie vehement eine Gruppe<br />

verlangen darf, dass sich jemand einfügt. Ab<br />

wann ist es Unterbuttern? Einerseits lernen<br />

sie von klein auf, sich abzusprechen, andererseits<br />

kommen sie mit ihrer persönlichen<br />

Suche in der Adoleszenz dann durchaus mal<br />

an ihre Grenzen. Aber auch das muss gelernt<br />

werden und auch das braucht Zeit.<br />

Zum Glück gibt es jetzt etwas zu Mittag: Salat,<br />

Landbrot und Käse. Jara kann nicht nur<br />

Primzahlen. Sie schwingt den Kochlöffel und<br />

grinst: „Ich soll immer die Sauce machen.“<br />

Kein Wunder – denn die ist mindestens so<br />

gut wie die Schwarzwälder Torte. Diese Kinder<br />

wissen schon, was Freiheit ist. Freiheit ist<br />

Disziplin.<br />

>>21


Spannende<br />

Big Data<br />

Der Neuseeländer John Hattie hat in seiner weltberühmten Studie<br />

„Visible learning“ die Ergebnisse von über 50.000 Studien zu 250<br />

Mio. Schülern ausgewertet. Die Ergebnisse sprechen für Montessori<br />

in der Natur: Denn der wichtigste Faktor für Lernerfolg ist der Respekt,<br />

der dem Schüler entgegengebracht wird. Die Beziehung zum Lehrer ist<br />

fast genauso essentiell wie Art und Weise des Unterrichts. Zentral: Echtes<br />

Verstehen statt Konsum von vorgekautem „Stoffwissen“.<br />

http://tinyurl.com/lerneffekt<br />

»Ich halte es für möglich, eine neue Gesellschaft vorauszusehen, in der der<br />

Mensch fähiger sein wird, weil man Vertrauen in ihn setzte, als er ein Kind war.<br />

Maria Montessori


Ansätze<br />

Doping für das Hirn<br />

Spielen ist Potenzialerkundung. Nachhaltig lernen kann man erst, wenn es emotional<br />

aufgeladen ist, wenn es Freude macht. Nur wenn die emotionalen Zentren erregt<br />

werden – wenn zum Beispiel etwas richtig gut gelungen ist oder eine neue Erkenntnis<br />

gewonnen wird -, werden im Gehirn diese neuroplastischen Botenstoffe ausgeschüttet.<br />

Deshalb finden strukturelle Umformungsprozesse im Gehirn immer dann statt, wenn<br />

wir uns im Zustand der Begeisterung befinden. Jetzt wird verständlich, warum wir als<br />

Kind so viel gelernt haben. Weil uns ständig alles unter die Haut ging. Man könnte ein<br />

Leben lang glücklich werden, indem man immer wieder Neues dazulernt. Lernen ist<br />

ein Bedürfnis.<br />

Das einzige Problem ist, dass wir eine Kultur des Umgangs miteinander<br />

pflegen, die Kinder allzu oft daran hindert, ihre Potenziale wirklich zu<br />

entfalten. Vielleicht schaffen wir es künftig, eine Beziehungskultur<br />

zu entwickeln, in der viel mehr gelernt wird und in der Kindern, Erwachsenen<br />

und älteren Menschen ein Leben lang das Gefühl erhalten<br />

bleibt, wie wunderbar es ist, immer wieder etwas Neues dazuzulernen.<br />

Aus: Gerald Hüther. Was es braucht, damit das Leben ein Leben lang glücklich macht.<br />

http://tinyurl.com/hirndoping<br />

Glückliche Dreckspatzen<br />

Wenn sich Kinder langweilen, liegt es vielleicht daran, dass wir ihnen neun von zehn Tätigkeiten verboten haben. Auch<br />

der ständige Wunsch von Kindern nach Bestätigung wie „Komm mal“ oder „Schau mal, was ich gemacht habe“, hat für<br />

Kinder erst einen Wert, wenn er durch den Kopf der Erwachsenen geht.<br />

Hier bedarf es einer schnellen Wende in der Pädagogik: Dem eigenen Tun des Kindes – und dem Nichts – muss ein Wert<br />

gegeben werden. Kinder sollen lieber im Schlamm und Dreck baden als die Lebenslust verlieren – durch ständiges Achten auf<br />

saubere Hände, Schuhe und Kleidung. Das Naturspiel mit Boden, Schlamm und Lehm bedarf keiner Hilfsmittel, außer dem<br />

Körper des Kindes. Sie können daher nichts falsch machen. Technische Perfektion ist hier nicht gefragt.<br />

Die Erde mit ihrem Boden, Lehm und Schlamm hat dabei für das Kind einen hohen Aufforderungscharakter zum sozialen<br />

Lernen. Die Erwachsenen davon zu überzeugen – denn es gilt das Vorurteil, was nichts kostet, hat keinen Wert – dass Boden,<br />

Lehm und Schlamm sauberer Dreck sind, bedarf der respektvollen Achtung ihrer Kinder. Boden, Lehm und Schlamm kommen<br />

aus der Erde, auf der wir alle Menschenleben und wohin unser Körper wieder zurückkehrt, wenn wir diese Erde verlassen.<br />

http://tinyurl.com/urspiel<br />

Rudolf Hettich. Von Schlammhockern, Höhlengräbern, Erdmenschen und Wurzelkindern. Urspiel 3/2014.


Tertiaprotokolle: Das sagen<br />

Wie findet eigentlich Ihr selbst Eure Schule?<br />

Philippe (15): Ich inde toll, dass es Zeiten gibt, wo ich total Lust an Deutsch habe oder an Mathematik…<br />

Eigentlich kann ich gar nicht sagen, was mein Lieblingsfach ist. Ich hatte auch schon Phasen, wo<br />

ich auf alles Lust hatte. Ich fange dann immer mit einem Thema an, etwa Wurzel ziehen. Dann mach ich<br />

das monatelang und später dann immer mal wieder.<br />

Naemi (13): Ich inde es gut, dass man Verantwortung für sich selbst hat.<br />

Daria (13): …und für das, was man lernt. Und, dass es so frei ist. Dass es keinen Zwang gibt, dass man<br />

also nicht irgend etwas Bestimmtes lernen muss an einem bestimmten Tag.<br />

Naemi: Genau. Wenn man an dem Tag grad überhaupt keinen Nerv dazu hat, etwa Englisch zu machen,<br />

dann kann man das ja einen Tag später machen – und dann vielleicht länger.<br />

Joscha (15): Ja, das ist auch für mich das Besondere: dass ich selbst wählen kann, was ich machen will.<br />

Und dass ich mich dann auch mal zwei oder drei Wochen in ein Thema richtig vertiefen und dadurch<br />

wirklich weiterkommen kann. Das andere kann ich in der Zeit liegen lassen. Und danach wieder aufgreifen.<br />

In der Regelschule ist es ja so: jeden Tag zwei Stunden machen sie dies, eine Stunde jenes und die<br />

nächste Stunde wieder was anderes.


die Schüler<br />

Könnt Ihr überhaupt vergleichen?<br />

Joscha: Manche meiner Freunde sind in Regelschulen. Viele haben<br />

einfach großen Stress mit bestimmten Fächern. Die sagen<br />

dann sowas wie: Oh, Scheiß-Mathe, das hasse ich. Ich glaub, das<br />

kommt hauptsächlich davon, dass ihnen die Aufgaben aufgezwungen<br />

werden.<br />

Auch wenn sie noch gar keine Lust dazu haben oder es für sie<br />

grad noch gar nicht die Zeit dafür ist. Hier dagegen kann es sein,<br />

dass jemand erst in der zweiten oder dritten Klasse überhaupt<br />

mit dem Schreiben anfängt. Aber der hat nie Stress damit. Irgendwann<br />

lernen alle Schreiben und Rechnen.<br />

Philippe: Irgendwann kommt der Punkt, an dem man merkt:<br />

Jetzt! Jetzt hab ich Lust drauf.<br />

Joscha: Genau und macht es dann efektiv zwei Wochen lang.<br />

Philippe: …und dann kann man das. Ich war bis zur 4. Klasse<br />

auf einer Waldorfschule. Mit 9 bin ich hier hingekommen, weil<br />

wir nach Freiburg gezogen sind. Die Waldorfschule macht zwar<br />

auch schon vieles anders als Regelschulen, aber hier hat es mir<br />

trotzdem gleich besser gefallen, weil ich hier mehr Freiheit hatte.<br />

Und auch, weil ich so viel mit der Natur in Berührung kam.<br />

Bis ich 12 war, war ich oben im Wald und war dann aber irgendwann<br />

froh, hier ins Bienenfeld zu kommen. Der Altersunterschied<br />

wurde dann so groß. Außerdem gibt oben ja auch nur die<br />

Einführung in die Materialien und das hatte ich irgendwann alles<br />

durch. Hier habe ich mehr Ruhe und mehr Zeit zum Lernen.<br />

Müsst Ihr anderen erklären,<br />

was Ihr hier macht?<br />

Naemi: Wenn Jugendliche mich fragen, wie es bei uns an der<br />

Schule ist, erzähl ich es ihnen.<br />

Daria: Ja, aber verstehen tun sie es nicht, vor allem, wenn man<br />

dann sagt, dass man keine Hausaufgaben hat und keinen Unterricht<br />

. Klar, die kennen es ja auch nicht anders. Andererseits - ich<br />

kann mir das bei denen ja auch nicht richtig vorstellen.<br />

Joscha: Ja klar, das musste ich auch immer in der Familie erklären.<br />

Aber dann waren die irgendwann mal alle zu Besuch und<br />

wir haben ihnen das alles hier gezeigt.<br />

Philippe: Als ich noch in Freiburg gewohnt habe, bin ich morgens<br />

immer mit der Bahn hierher gefahren. Da hatte ich auch<br />

ein paar Freunde, die auf dem Gymnasium waren - die haben<br />

dann immer gesagt: Boah, cool keine Hausaufgaben und so<br />

viel Freiheit…Aber ich glaub, sie haben letztendlich nicht ganz<br />

kapiert, was das hier wirklich bedeutet. Die können sich nicht<br />

wirklich vorstellen, dass ich das alles selbst organisiere. Und<br />

teilweise haben sie auch einfach nicht geglaubt, dass man sich<br />

hier freiwillig dazu durchringt, irgendwas zu lernen.<br />

>>25


Freiheit und Alternative<br />

Die Entstehungsgeschichte alternativer Schulformen kann<br />

bis in das 19. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Ihren<br />

theoretischen und praktischen Hintergrund haben alle diese<br />

Schulformen in der Reformpädagogik.<br />

Leitgedanken wie „Lernen durch Erleben“ oder „Lernen mit<br />

allen Sinnen“ sind heute noch wichtige Grundgedanken dieser<br />

Schulformen. Eine der herausragenden Persönlichkeiten<br />

der reformpädagogischen Bewegung war die italienische<br />

Ärztin Maria Montessori.<br />

„Hilf mir, es selbst zu tun“ , ist ihr Leitgedanken. Ihre formulierten<br />

Erkenntnisse, dass die menschliche Entwicklung<br />

einem inneren Entwicklungsplan folgt, kann heute als wissenschaftlich<br />

erwiesen gelten. Rebeca Wild, die durch ihre<br />

nichtdirektive Erziehung in Ecuador bekannt wurde, geht<br />

hierbei in die gleiche Richtung wie Maria Montessori:<br />

„Die harmonische Entfaltung von Kindern ist ein natürlicher<br />

und darum langsamer Prozess. Unsere Aufgabe ist es,<br />

die rechten Bedingungen dafür zu schaffen, aber nicht den<br />

Prozess zu beschleunigen. Bringen wir es als Erwachsene fertig,<br />

diesen inneren Rhythmus nicht durch unsere Ungeduld<br />

zu stören, sondern ihnen den nötigen Nährstoff zu liefern, so<br />

lernt das Kind, auf eigenen Füßen zu stehen und nicht sein<br />

Leben lang von äußerer Führung abhängig zu sein.“<br />

Rudolf Hettich, Urspiel 3/2014<br />

»<br />

Kinder und Uhren dürfen nicht ständig aufgezogen<br />

werden, man muss sie auch gehen lassen.<br />

Jean Paul<br />

>>


Achtsamkeit und Respekt<br />

Ein wichtiger Pfeiler unserer Schule ist Nachhaltigkeit.<br />

Wir haben keinen Strom und kein fließendes Wasser. Wir<br />

machen unser Holz für das Feuer selbst, verwenden nur ökologische<br />

Unterrichtsmaterialien, und unser tägliches Essen wird<br />

aus Bioprodukten hergestellt.<br />

Vielleicht klingt das ein wenig asketisch, aber es ist ein guter<br />

Weg, von dem übertriebenen Konsum unserer Zeit ein wenig<br />

wegzukommen.<br />

Die Schüler rhythmisieren ihren Tag selbst. Dieses vom<br />

Kind motivierte, vom Erwachsenen nicht beeinflusste Arbeiten<br />

nannte Maria Montessori „die Polarisation der Aufmerksamkeit.“<br />

Es sind jene Momente absoluter Konzentration, völliger<br />

Selbstaufgabe, bis zum Eins sein mit ihrer Tätigkeit. Hier finden<br />

die intensivsten Lebens- und Lernprozesse statt.<br />

Wir Erwachsene müssen respektvoll sein, damit die Schüler<br />

aktiv erden können. Passiv sein heißt für uns, den Entwicklungs-<br />

und Lernweg eines jeden Kindes aufmerksam zu begleiten.<br />

Bei einer wöchentlichen Schulversammlung werden klare Regeln<br />

gemeinsam aufgestellt oder angepasst, Konflikte besprochen,<br />

Aktivitäten vorgestellt In dieser sicheren Atmosphäre<br />

erleben alle einen achtsamen und respektvollen Umgang mit<br />

Mensch, Natur und Material.<br />

Sabine Schaumann, Vorstand Löwenzahn e.V.<br />

Wissenswert<br />

>>27


Projekte: Café Löwenz &<br />

Jugendtraum, Schulprojekt, gemütlicher<br />

Trefpunkt… Das von Schülern gegründete<br />

Café Löwenz steht der Werkrealschule<br />

werktags als Schulmensa oder Besprechungszimmer<br />

zur Verfügung – sonntags hingegen<br />

ist es längst kein Geheimtipp mehr. Hier sind<br />

Genießer willkommen!<br />

Streuselkuchen mit Earl Grey? Schwarzwälder<br />

Kirsch mit Kafee? Kiwi-Sahnetorte mit Latte<br />

Macchiato? Bestellt – serviert! Alle Kuchen<br />

sind selbst gebacken und alles, was auf den<br />

Tisch kommt selbstverständlich bio. Ein Café,<br />

von jungen Leuten geführt, für alle – so hat es<br />

sich das Caféteam vorgestellt. Während einer<br />

Frankreich-Exkursion mit der Schule nach Colmar<br />

verliebten sie sich in ein typisch französisches<br />

Café und wussten: „So eins wollen wir<br />

auch!“ Sie verdienten und sammelten Geld für<br />

den Ausbau und überzeugten schließlich die<br />

Erwachsenen, dass ein eigenes Café für die<br />

Schule eine wunderbare Sache wäre. Anfangs<br />

waren vor allem Joscha und Philippe im Boot,<br />

dann kamen Daria, Jasmin, Naemi, Salome,<br />

Jara und Moritz dazu.<br />

>><br />

Damals stand der<br />

Neubau der Schule an und nachdem die Verantwortlichen<br />

in Förderverein und Schulleitung<br />

gewonnen waren, wurde die Idee sehr<br />

reell. Danach gab es eine Menge bedenken,<br />

zu planen, zu arbeiten.<br />

Erneuerbare Energien<br />

Eigenverantwortlich im regen<br />

Austausch mit den Begleitern<br />

Grundschüler und Werkrealschüler<br />

näherten sich jüngst – unterstützt von<br />

der Regionalstiftung der Sparkasse<br />

– dem Thema Erneuerbare Energien<br />

an: manch einer wählte den emotional<br />

philosophischen Zugang, wieder andere<br />

bevorzugten die technische Sicht der<br />

Dinge.<br />

Solargetriebene Fahrzeuge, Windräder<br />

oder Lichtanlagen wurden gebaut.<br />

Die Jugendlichen präsentierten<br />

Biogasanlagen am Funktionsmodell,<br />

hatten sich mit der Bedeutung des Regenwaldes<br />

auseinandergesetzt oder<br />

gar Solarkocher eingesetzt. Themen<br />

wie Globalisierung oder Ökostrom<br />

standen auf der Agenda – inklusive<br />

thematischer Exkursionen.<br />

Eine Menge Lerngelegenheiten für die<br />

Kafeehausgründer. Denn die haben unter<br />

kundiger Anleitung das Holz gesägt und geschlifen,<br />

eine Küche eingebaut, Lampen angeschraubt,<br />

passendes Geschirr besorgt und<br />

vieles, vieles mehr. Schließlich kam der große<br />

Tag: im Mai 2013 öfnete das Café Löwenz seine<br />

Türen zum ersten Mal.<br />

Während der Schulstunden dienen die Caféräume<br />

den Jugendlichen oft zum Rückzug.<br />

Arbeitsgruppen trefen sich, Streit wird geschlichtet,<br />

Themen diskutiert – und, nicht<br />

zuletzt, neue Projekte geboren.<br />

Zu den am längsten währenden Projekten ge-<br />

hört der örtliche Martini-Markt im November.<br />

Seit Gründung der Löwenzahn-Schule 2006<br />

nimmt die Einrichtung daran teil und proitiert<br />

davon auf dreierlei Weise: Zum einen<br />

zeigt sie dort ihr<br />

Gesicht. Wer aus der Umge-<br />

bung schon immer<br />

mal wissen wollte, was<br />

diese Naturschule<br />

eigentlich genau macht,<br />

kann vor Ort jemanden<br />

fragen. Der zweite<br />

Pluspunkt ist ein ganzes Bündel von Lerneinheiten,<br />

die Organisation, Bestückung und<br />

Betreuung des Marktstands bergen – und als<br />

drittes schließlich steht am Ende eine prall<br />

gefüllt Marktkasse, aus der sich Projekte und<br />

Exkursionen zumindest teilinanzieren lassen.<br />

>><br />

Weitere Schülerfirmen: Ebay,<br />

Basteln und Ponyreiten<br />

Ganz neu im Angebot<br />

der Löwenzahnkinder und -jugendlichen<br />

im Bereich Projekte: Über Ebay verkaufen<br />

Moritz, Florian, Jeremias und Rico neue<br />

und gebrauchte Gegenstände. Mit dem nachhaltigen<br />

Handel – auch Dinge, die sonst auf<br />

dem Sperrmüll landen würden oder auf dem<br />

Speicher versauern werden versteigert – soll<br />

Geld für Exkursionen verdient werden.<br />

Aktuell steht beispielsweise ein Segeltörn an.<br />

Den inanzieren die Schüler größtenteils und<br />

– selbstverständlich –übernehmen dabei<br />

auch die Planung.


nachhaltige Geschäfte<br />

Jeden Montag trift sich seit neuestem eine<br />

Spiel- und Bastelgruppe für Kinder. Naemi<br />

und Salome haben Leitung und Organisation<br />

übernommen. Fünf Nachmittage – aktuell<br />

montags von 15.30 bis 17 Uhr - können Kids,<br />

die sich angemeldet haben dann Filzen, Tonen,<br />

Basteln und mehr.<br />

Jara und Lilith haben ihre eigene Unternehmung<br />

gegründet und bieten alles rund ums<br />

Pferd. Zunächst geht es, ganz klar, ums Ponyreiten.<br />

Die Dienstleistung für Ihre interessierten<br />

Kunden geht darüber hinaus: Was bringt<br />

ein eigenes Pferd an Verantwortung mit sich?<br />

Plege inklusive Striegeln und Misten, Satteln.<br />

Hier können Anfänger erste Berühungen<br />

mit dem Tier aufnehmen.<br />

Wie bei allen Projekten indet auch hier ein<br />

reger Austausch mit den Lernbegleitern statt.<br />

Erfahrungen zur Wirtschaftlichkeit, zum<br />

Team, zu den Geschäftsstrukturen und zum<br />

Kundenfeedback werden regelmäßig relektiert<br />

und diskutiert.<br />

>>29


Elternstimmen<br />

Manchmal fragen die Großeltern: Was machen<br />

die eigentlich in dieser Schule? Dann sage ich: Sie<br />

lernen da in Ruhe, genauso wie sie es brauchen.<br />

Prinzipiell habe ich ja nichts gegen die Regelschule<br />

- ich habe selbst in einer gearbeitet – aber<br />

dieser Druck, der dort entsteht… Muss das sein?<br />

Das ist so schlimm, dass die Kinder blockieren und<br />

es ist dann für Eltern sehr schwer, sie da wieder<br />

heraus zu holen. Hier ist das anders.<br />

Kinder bekommen die Zeit, die Sie brauchen, um<br />

in Kindergarten und Schule anzukommen.<br />

Die Kinder wachsen in dieser Schule mit einer<br />

Lernform auf, bei der sie sich nicht nach den anderen<br />

messen. Sie lernen um das, was sie tun wollen<br />

auch tun zu können.<br />

Wir Eltern sind Teil der Schule. Wir werden von der<br />

Schulleitung auch gefragt. Wir sehen es als unsere<br />

Aufgabe, Eltern wie Lernbegleitern den Puls zu<br />

fühlen.<br />

Durch gemeinsames Arbeiten wachsen wir Eltern<br />

zusammen. Sogar die Kinder haben was davon,<br />

denn sie treffen sich ja dabei auch – und erleben<br />

uns Eltern als Schulgemeinschaft.<br />

>>30


Wir freuen uns auf Euch!<br />

www.natur-montessorischule.de<br />

Respektvolle Erwachsene formen eine sicheren Rahmen in<br />

dem die Kinder frei und vielfältig forschen, arbeiten und spielen.<br />

Begeisterte Erwachsenen laden ein, bringen Themen und<br />

Ideen ein, greifen Themen auf, begleiten und beraten.<br />

Gemeinsam mit den Jugendlichen formt sich unsere Lernkultur<br />

immer neu. Eltern, Kinder und Begleiter gestalten, erschaffen<br />

und pflegen gemeinsam, treffen sich und machen gemeinsame<br />

Unternehmungen.<br />

Ihr wollt mehr wissen über den Löwenzahn e.V. und uns kennen<br />

lernen?<br />

Dann nehmt Kontakt auf mit uns per Mail & Telefon oder schaut<br />

an einem unserer Familiensonntage – immer der letzte eines<br />

Monats – zwischen 15 und 18 Uhr im Café Löwenz vorbei.<br />

Vereinbart doch einfach einen unverbindlichen Schnuppertag<br />

in dr Spielgruppe, im Kindergarten, in der Grundschule oder<br />

Werkrealschule.<br />

Herzlich Willkommen im Löwenzahn!<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Montessori in der Natur, Löwenzahn e.V<br />

Waldkindergarten | Grundschule | Werkrealschule<br />

Stabhaltergässle 11<br />

77955 Ettenheimweiler<br />

0 78 22/ 44 03 70<br />

waldkindergarten@villaban.de<br />

Redaktion:<br />

Texte:<br />

Fotos:<br />

Layout:<br />

Rafael Kurz<br />

Silvia Meise meiseundmeise.de;<br />

Löwenzahn e.V.<br />

(soweit nicht anders gekennzeichnet)<br />

Pat Meise, meiseundmeise.de;<br />

Löwenzahn e.V.<br />

Günter Rehfeld/ pixelio (S.30/31)<br />

Rafael Kurz, kurzumgut.de

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