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Studie "Gewalt und Geschlecht in der Schule"

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● „Jungen, die schlagen, s<strong>in</strong>d für mich asoziale<br />

Schlägertypen <strong>und</strong> Loser!“<br />

● „Mädchen, die sich trauen, zuzuschlagen,<br />

s<strong>in</strong>d irgendwie mutige Powergirls!“<br />

● „<strong>Gewalt</strong>tätige Schüler s<strong>in</strong>d eben Machos<br />

<strong>und</strong> wollen harte Männlichkeit <strong>und</strong> Überlegenheit<br />

demonstrieren!“<br />

● „Wenn Jungen gewalttätig werden, b<strong>in</strong> ich<br />

nicht so geschockt wie bei Mädchen, da<br />

passt das gar nicht zusammen!“<br />

● „Bei Mädchen wie bei Jungen ist <strong>Gewalt</strong><br />

oft e<strong>in</strong> Ausdruck von Ohnmachts- <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>erlebnissen<br />

<strong>in</strong> ihren Lebensgeschichten!“<br />

F<strong>in</strong>den wir das gleiche Verhalten bei dem e<strong>in</strong>en<br />

<strong>Geschlecht</strong> akzeptabler als bei dem an<strong>der</strong>en?<br />

Wenn ja, warum <strong>und</strong> mit welchen Folgen für<br />

die Betreffenden? Und von welchen Ursachenzuschreibungen<br />

<strong>und</strong> Annahmen zum Verhältnis<br />

von <strong>Geschlecht</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> o<strong>der</strong> auch <strong>Gewalt</strong><br />

<strong>und</strong> sozialer Herkunft gehen wir aus?<br />

Gängige Perspektiven auf Aggression/<strong>Gewalt</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Geschlecht</strong>, oft auch mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> komb<strong>in</strong>iert,<br />

beherrschen die Diskussionen:<br />

● Jungen s<strong>in</strong>d aggressiver als Mädchen<br />

(Aggressionspotenzial ist unterschiedlich);<br />

● Jungen <strong>und</strong> Mädchen s<strong>in</strong>d an<strong>der</strong>s aggressiv,<br />

bevorzugen an<strong>der</strong>e Ausdrucksformen<br />

(lästernde Mädchen vs. prügelnde Jungen);<br />

● Jungen <strong>und</strong> Mädchen haben an<strong>der</strong>e Motive,<br />

an<strong>der</strong>e Wahrnehmungen <strong>und</strong> Regeln von<br />

Aggression <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>.<br />

Wie lässt sich die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er systematischen<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> Bedeutung<br />

von <strong>Geschlecht</strong> für das Phänomen „<strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Schule“ begründen? Es liegt nahe, e<strong>in</strong>en<br />

engen Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> <strong>Gewalt</strong><br />

von Jungen <strong>und</strong> Männlichkeit anzunehmen.<br />

Wie an späterer Stelle noch gezeigt wird, fällt<br />

jedoch bei näherer Betrachtung auf, dass e<strong>in</strong>e<br />

schlichte Gleichsetzung von <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong><br />

Männlichkeit nicht aufgeht (vgl. Kap 3). Betrachten<br />

wir ausschließlich Unterschiede im<br />

<strong>Gewalt</strong>handeln zwischen Mädchen <strong>und</strong> Jungen,<br />

ignorieren wir damit die durchaus vorhandenen<br />

Ähnlichkeiten, etwa h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Funktionen <strong>und</strong> Tiefenstrukturen von <strong>Gewalt</strong>.<br />

Dies bedeutet, dass <strong>der</strong> Blick auf <strong>Geschlecht</strong>erdifferenzen<br />

<strong>und</strong> die Bedeutung von <strong>Geschlecht</strong><br />

im Kontext von <strong>Gewalt</strong>handeln differenziert<br />

erfolgen muss. <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschlecht</strong> erklären<br />

sich nicht e<strong>in</strong>fach wechselseitig. <strong>Gewalt</strong> hat<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Geschlecht</strong>. Doch <strong>Gewalt</strong> ist eng mit geschlechtsbezogenen<br />

Deutungs- <strong>und</strong> Handlungsmustern<br />

verwoben <strong>und</strong> <strong>in</strong> unterschiedliche<br />

Lebenszusammenhänge von Mädchen<br />

<strong>und</strong> Jungen e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en (vgl. Bereswill 2010,<br />

S. 14).<br />

<strong>Gewalt</strong>förmiges Handeln ist auch als e<strong>in</strong> Ergebnis<br />

von Interaktionen im Sozialraum Schule<br />

zu verstehen. Die Thematik <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schule umfasst nicht zuletzt die Frage danach,<br />

wie Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer <strong>in</strong>volviert s<strong>in</strong>d:<br />

„als Adressaten, Verursacher, Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>er o<strong>der</strong><br />

Akteure“ (Melzer 2006, S. 15). Wie sich hier<br />

Ähnlichkeiten <strong>und</strong> Unterschiede je nach <strong>Geschlecht</strong><br />

äußern, ist bislang erst selten näher<br />

betrachtet worden.<br />

Schließlich ist Schule als Institution <strong>in</strong> den<br />

Blick zu nehmen: In welcher H<strong>in</strong>sicht ist sie<br />

selbst e<strong>in</strong> Ort, <strong>der</strong> durch strukturelle Bed<strong>in</strong>gungen<br />

(Selektionsfunktion, Chancenstrukturen,<br />

Lernkultur, Sozialklima etc.) im Wechselspiel<br />

mit außerschulischen Faktoren zum Auftreten<br />

von <strong>Gewalt</strong> bei Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern<br />

sowie Lehrkräften beitragen kann? Schule<br />

ist e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en <strong>in</strong> übergreifende gesellschaftliche<br />

Verhältnisse <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Wandlungstendenzen.<br />

Auch ist Schule e<strong>in</strong> Ort, an<br />

<strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule – <strong>Geschlecht</strong> Nebensache? Ausgangsfragen<br />

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