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Studie "Gewalt und Geschlecht in der Schule"

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ten geschlechtertheoretisch sensibilisiert, <strong>in</strong> welcher<br />

H<strong>in</strong>sicht Mädchen <strong>und</strong> Jungen die angebotenen<br />

Methoden <strong>und</strong> Übungen bewältigen.<br />

Reflektiert wird <strong>in</strong> entsprechenden Konzepten,<br />

dass das Erleiden von <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Tiefenstruktur<br />

ähnlich, <strong>in</strong> den Bewältigungsformen<br />

jedoch tendenziell nach <strong>Geschlecht</strong> unterschiedlich<br />

verläuft. Für Jungen stellt sich die<br />

Problematik <strong>der</strong> Grenzsetzung wie für Mädchen,<br />

ihnen wird jedoch auf <strong>der</strong> Ebene kultureller<br />

Leitbil<strong>der</strong> von Männlichkeit mit an<strong>der</strong>en<br />

wi<strong>der</strong>sprüchlichen <strong>Geschlecht</strong>ernormierungen<br />

<strong>und</strong> Botschaften über angemessenes Konflikt<strong>und</strong><br />

Dom<strong>in</strong>anzverhalten begegnet. Jungen als<br />

Erleidende von <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> als Opfer benötigen<br />

e<strong>in</strong>en Raum, an dem sie die Möglichkeit<br />

sehen, über damit verb<strong>und</strong>ene Verletzungen<br />

zu sprechen, ohne als unmännlich abgewertet<br />

zu werden. Mädchen h<strong>in</strong>gegen erleben vielfach,<br />

dass Jungen <strong>und</strong> Männern das Recht zugestanden<br />

wird, Mädchen- <strong>und</strong> Frauenkörper<br />

zu bewerten <strong>und</strong> „<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em abgesteckten Rahmen<br />

legitim über sie zu verfügen“ (Brandes/Jantz<br />

2006, S. 75). Dies wird <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

auch <strong>in</strong> den vielerorts etablierten Selbstbehauptungskursen<br />

für Mädchen berücksichtigt.<br />

<strong>Geschlecht</strong>sbezogene Inszenierungen<br />

lebensweltorientiert aufgreifen<br />

Für das Verständnis geschlechtsbezogener Verhaltensweisen<br />

ist es s<strong>in</strong>nvoll, gleich- <strong>und</strong><br />

gegengeschlechtliche Interaktionen <strong>und</strong> Herstellungsprozesse<br />

von <strong>Geschlecht</strong> <strong>in</strong> konkreten<br />

Handlungssituationen lebensweltadäquat <strong>und</strong><br />

nicht normativ <strong>und</strong> erzieherisch aufzugreifen.<br />

<strong>Geschlecht</strong>sbezogene Erwartungen <strong>und</strong> Inszenierungen<br />

können spontan <strong>und</strong> direkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Situation des pädagogischen Alltags aufgenom-<br />

men werden, <strong>in</strong> <strong>der</strong> z.B. e<strong>in</strong>ige Mädchen<br />

äußern, dass sie jene Jungen als „unmännlich“<br />

ablehnen, die auf <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen<br />

verzichten. Es ist relativ leicht, diese<br />

Äußerungen zurückzuweisen <strong>und</strong> kritische Reflexion<br />

e<strong>in</strong>zufor<strong>der</strong>n, aber dies ist nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

e<strong>in</strong>e vielversprechende Strategie. Aufklärung<br />

<strong>und</strong> Wissensvermittlung über Stereotype<br />

<strong>und</strong> Ambivalenzen im <strong>Geschlecht</strong>erverhältnis<br />

s<strong>in</strong>d fachlich wenig s<strong>in</strong>nvoll, wenn vermittelt<br />

werden soll, wie e<strong>in</strong>e verän<strong>der</strong>te <strong>Geschlecht</strong>errolle<br />

zu praktizieren sei (vgl. dazu auch Voigt-<br />

Kehlenbeck 2008).<br />

Wie beziehen sich Mädchen auf an- o<strong>der</strong> abwesende<br />

Jungen <strong>und</strong> umgekehrt, wie beziehen<br />

sie sich auf das jeweils eigene <strong>Geschlecht</strong> <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>e Differenzkonstruktionen wie Sexualität,<br />

Ethnizität o<strong>der</strong> auch Alter, um darüber<br />

bestimmte Weiblichkeits- <strong>und</strong> Männlichkeitsentwürfe<br />

herzustellen? Wie diese Bezugnahme<br />

geschieht ist auch abhängig davon, wie K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Jugendliche auf angeeignete Bil<strong>der</strong> von<br />

Männlichkeit <strong>und</strong> Weiblichkeit <strong>und</strong> Regeln<br />

über <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> Aggression zurückgreifen. Sie<br />

können dabei diese Bil<strong>der</strong> reproduzieren, aber<br />

auch zurückweisen <strong>und</strong> überschreiten. Dies ist<br />

abhängig von ihrem jeweiligen bisher entwikkelten<br />

Handlungsspielraum, ist aber auch Umständen<br />

<strong>der</strong> je konkreten Situation <strong>und</strong> des<br />

Kontextes geschuldet. <strong>Gewalt</strong> kann im geme<strong>in</strong>samen<br />

Handeln zurückgewiesen, bew<strong>und</strong>ert<br />

o<strong>der</strong> delegiert werden. Transportiert <strong>und</strong> verhandelt<br />

werden auch Regeln darüber, wer für<br />

das „Lästern“, das „Schlichten“, das „Trösten“<br />

o<strong>der</strong> auch das „E<strong>in</strong>schüchtern“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klasse<br />

zuständig ist. Durch Abgrenzungen vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

wird das eigene Selbstbild konturiert. Mädchen,<br />

die sich über an<strong>der</strong>e Mädchen lustig machen,<br />

weil diese sich nicht adäquat wehren<br />

können <strong>und</strong> leicht zum We<strong>in</strong>en zu br<strong>in</strong>gen

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