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Studie "Gewalt und Geschlecht in der Schule"

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näher untersucht haben, untermauert. Hier<br />

wird gezeigt, dass es erstaunliche Ähnlichkeiten<br />

<strong>in</strong> den Handlungs- <strong>und</strong> Konfliktmustern<br />

zwischen den <strong>Geschlecht</strong>ern gibt (Silkenbeumer<br />

2000; Silkenbeumer 2007; Neuber 2009;<br />

Bereswill 2009, 2010).<br />

Als hochbedeutsam für die Entwicklung <strong>der</strong> eigenen<br />

späteren <strong>Gewalt</strong>tätigkeit erweist sich die<br />

Dynamik <strong>der</strong> Missachtung <strong>in</strong> <strong>der</strong> familiären<br />

Sozialisation dieser jungen Frauen <strong>und</strong> Männer.<br />

Erniedrigungsrituale, Vernachlässigung bis<br />

h<strong>in</strong> zu körperlichen Misshandlungen tragen<br />

zur Entwicklung von negativen Selbstbil<strong>der</strong>n<br />

bei. Die Kehrseite <strong>der</strong> nicht erfahrenen<br />

zwischenmenschlichen Anerkennung wird<br />

zum Problem <strong>der</strong> eigenen Selbstachtung (Sutterlüty<br />

2002). Bereits früh <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lebensgeschichte<br />

entsteht e<strong>in</strong>e Disposition, Ohnmachtserfahrungen<br />

<strong>in</strong> Macht- <strong>und</strong> Überlegenheitsgefühle<br />

umzukehren. Mit <strong>der</strong> Ausübung<br />

<strong>der</strong> ersten <strong>Gewalt</strong>taten geht e<strong>in</strong>e Neudef<strong>in</strong>ition<br />

des Selbst e<strong>in</strong>her: <strong>Gewalt</strong> wird zum identitätsstiftenden<br />

Akt. Für Mädchen wie für Jungen<br />

geht damit die Erfahrung e<strong>in</strong>er Handlungsmacht<br />

e<strong>in</strong>her, die ihnen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie fehlt.<br />

Nun s<strong>in</strong>d die Erfahrungen solcher Sozialisation<br />

nicht mit e<strong>in</strong>em „Befreiungsschlag“ aus<br />

<strong>der</strong> Welt zu schaffen. Die Opfergeschichte <strong>der</strong><br />

Betroffenen wirkt h<strong>in</strong>ter ihrem Rücken fort<br />

<strong>und</strong> drängt sich ihnen <strong>in</strong> bestimmten Handlungssituationen<br />

auf, gerade dann, wenn sich<br />

Missachtungserfahrungen zu wie<strong>der</strong>holen drohen.<br />

Sutterlüty zeigt auch, dass gewalttätige<br />

junge Frauen <strong>und</strong> junge Männer gewisse Situationen<br />

im Lichte vergangener Ereignisse deuten,<br />

ohne dass sie sich <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en darüber<br />

Rechenschaft abgeben könnten. Es handelt<br />

sich um Versuche, biografisch erworbene Anerkennungsprobleme<br />

mittels <strong>Gewalt</strong> zu lösen,<br />

die jedoch missl<strong>in</strong>gen müssen. Anerkennung<br />

an<strong>der</strong>er, die mit <strong>der</strong> Anerkennung des eigenen<br />

Selbst verwoben ist, kann nicht erzwungen<br />

werden (ebd.).<br />

„Wenn wir die lebensgeschichtlichen Selbstthematisierungen<br />

<strong>und</strong> den dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gebetteten<br />

subjektiven S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> <strong>Gewalt</strong>bereitschaft<br />

von jungen Frauen <strong>und</strong> Männern betrachten,<br />

verschwimmen die klaren Grenzen <strong>der</strong><br />

<strong>Geschlecht</strong>erdifferenz <strong>und</strong> <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong><br />

tritt e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>samkeit: die Abwehr<br />

<strong>der</strong> Opfer-Position <strong>und</strong> die schmerzhafte<br />

Bedeutung von Opfer-Täter-Ambivalenzen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> eigenen Lebensgeschichte.<br />

(…) Die augensche<strong>in</strong>lichen Bewältigungsmuster<br />

im Umgang mit diesen Erfahrungen<br />

s<strong>in</strong>d eng mit <strong>Geschlecht</strong>erdifferenz verwoben,<br />

die Tiefenstrukturen <strong>der</strong> Handlungsmuster<br />

von Jungen <strong>und</strong> Mädchen s<strong>in</strong>d es<br />

eher nicht.“ (Bereswill 2010, S. 31)<br />

3.Theoretische Perspektiven auf <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschlecht</strong><br />

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