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Studie "Gewalt und Geschlecht in der Schule"

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dem Blick, dass <strong>Gewalt</strong> als männlich besetztes<br />

Phänomen auch für Mädchen zur Handlungsressource<br />

wird <strong>und</strong> zwar gerade auch als gruppenbezogenes<br />

Phänomen, um Anerkennung<br />

zu erlangen (Bruhns/Wittmann 2002). Festzuhalten<br />

ist, dass zwischen Männlichkeit <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong><br />

zwar e<strong>in</strong>e enge Verb<strong>in</strong>dung herrscht, diese<br />

jedoch höchst komplex <strong>und</strong> nicht bruchlos ist<br />

(Bereswill 2010; Neuber 2009). Wichtig ist <strong>in</strong><br />

diesem Zusammenhang, gerade auch unbewusste<br />

Bedeutungsdimensionen von <strong>Geschlecht</strong><br />

<strong>und</strong> affektive Tiefenstrukturen von <strong>Gewalt</strong><br />

stärker <strong>in</strong> den Blick zu rücken.<br />

Konflikttheoretische Perspektive:<br />

Aneignung von <strong>Geschlecht</strong> folgt<br />

Konfliktdynamik<br />

E<strong>in</strong>e konflikttheoretische Perspektive auf das<br />

Verhältnis zwischen <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschlecht</strong> ermöglicht<br />

die Unterscheidung zwischen dem,<br />

was strukturell vorliegt (<strong>Geschlecht</strong>erverhältnis,<br />

Konstrukt des <strong>Geschlecht</strong>erdualismus),<br />

<strong>und</strong> dem, was Mädchen <strong>und</strong> Jungen sich konflikthaft<br />

aneignen <strong>und</strong> ausgestalten (vgl. dazu<br />

gr<strong>und</strong>legend Becker-Schmidt/Knapp 1987; siehe<br />

auch Bereswill 2009). Durch e<strong>in</strong> solches Verständnis<br />

von <strong>Geschlecht</strong> kann die Kluft zwischen<br />

gesellschaftlichen Rollenvorgaben <strong>und</strong><br />

sozialen Identitätszwängen sowie den Selbstwahrnehmungen<br />

von Mädchen <strong>und</strong> Jungen<br />

näher ausgelotet werden:<br />

● Weiblichkeit <strong>und</strong> Männlichkeit s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />

wesenhaften Eigenschaften, ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitlichen<br />

<strong>und</strong> stabilen Identitätsmerkmale<br />

o<strong>der</strong> klare Rollenskripte, die lediglich übernommen<br />

<strong>und</strong> ausgebildet werden.<br />

● Die aktive Aneignung von <strong>Geschlecht</strong> <strong>in</strong><br />

verschiedenen Sozialräumen (Familie, Cliquen,<br />

Schule etc.) folgt e<strong>in</strong>er lebenslangen<br />

Konfliktdynamik durch das Zusammenspiel<br />

zwischen <strong>in</strong>neren <strong>und</strong> äußeren Wi<strong>der</strong>sprüchen.<br />

● Dadurch entstehen immer wie<strong>der</strong> neue<br />

Variationen von Übere<strong>in</strong>stimmung <strong>und</strong><br />

Nicht-Übere<strong>in</strong>stimmung zwischen sozialen<br />

Identitätszwängen, die sich an <strong>Geschlecht</strong>erstereotypen<br />

ausrichten, <strong>und</strong> gelebten Erfahrungen.<br />

Identität erweist sich damit als<br />

immer wie<strong>der</strong> auszubalancierende Konfliktkategorie.<br />

● Die Kultur <strong>der</strong> Zweigeschlechtlichkeit <strong>und</strong><br />

damit verb<strong>und</strong>ene Konstrukte des <strong>Geschlecht</strong>erdualismus<br />

bilden Idealtypen ab.<br />

Diese decken sich nicht mit <strong>der</strong> gelebten<br />

Realität <strong>und</strong> den konkreten Erfahrungen<br />

von Mädchen <strong>und</strong> Jungen.<br />

Die deskriptiven <strong>und</strong> quantitativen Unterschiede<br />

zwischen Mädchen <strong>und</strong> Jungen im Zugang<br />

zu <strong>Gewalt</strong> <strong>und</strong> Bewältigungsverhalten<br />

„sollten nicht dazu verleiten, Differenz bereits<br />

voraus zu setzen – sobald aus e<strong>in</strong>er biographischen<br />

Perspektive nach <strong>der</strong> fall- <strong>und</strong> kontextspezifischen<br />

Bedeutung von <strong>Gewalt</strong> gefragt,<br />

verschwimmen die Unterschiede zwischen den<br />

<strong>Geschlecht</strong>ern“ (Bereswill 2010, S. 4). <strong>Gewalt</strong><br />

ist eng verknüpft mit geschlechtsbezogenen<br />

Deutungs- <strong>und</strong> Bewältigungsmustern <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

unterschiedliche Lebenszusammenhänge <strong>und</strong><br />

Lebenslagen von Mädchen <strong>und</strong> Jungen e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en.<br />

Doch <strong>Gewalt</strong> hat ke<strong>in</strong> <strong>Geschlecht</strong>.<br />

Diese Perspektive wird durch neuere <strong>Studie</strong>n,<br />

die die lebensgeschichtlichen Erzählungen<br />

gewaltauffälliger junger Frauen <strong>und</strong> Männer

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