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Studie "Gewalt und Geschlecht in der Schule"

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gendalter vom sozialen Umfeld zunehmend<br />

schärfer sanktioniert <strong>und</strong> zwar gerade auch bei<br />

Mädchen. Zudem wird Mädchen e<strong>in</strong> Entwicklungsvorsprung<br />

auch beim Erwerb von Strategien<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regulation von Gefühlen zugeschrieben<br />

(ebd.).<br />

Weiterh<strong>in</strong> wird angenommen, dass Mädchen<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Struktur <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Funktionen von Mädchenfre<strong>und</strong>schafen e<strong>in</strong>e<br />

höhere Verw<strong>und</strong>barkeit für sozial manipulative<br />

Formen von Aggression bzw. psychische <strong>Gewalt</strong><br />

aufweisen. Möglicherweise nehmen sie<br />

deshalb entsprechende Phänomene sensibler<br />

wahr als Jungen. E<strong>in</strong>e weitere, gängige Erklärung<br />

zur Erklärung <strong>der</strong> geschlechtstypischen<br />

Unterschiede h<strong>in</strong>sichtlich bevorzugter <strong>Gewalt</strong>formen<br />

bezieht stereotype Mädchen- <strong>und</strong> Jungenbil<strong>der</strong><br />

mit e<strong>in</strong>. So wird angenommen, dass<br />

für Mädchen <strong>der</strong> Rückgriff auf verbale <strong>und</strong><br />

psychische <strong>Gewalt</strong> eher als körperliche <strong>Gewalt</strong><br />

sozial „erlaubt“ <strong>und</strong> mit ihrem Selbstverständnis<br />

<strong>und</strong> sozialen Erwartungen eher <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang<br />

zu br<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>d (Björkqvist et al. 1992; Popp<br />

2002). Bei selbstberichteten Normenverstößen<br />

s<strong>in</strong>d die <strong>Geschlecht</strong>erunterschiede beispielsweise<br />

relativ groß. Dies wird darauf zurückgeführt,<br />

dass Mädchen ihre Beteiligung an aggressiven<br />

Handlungen ungern zugeben würden<br />

<strong>und</strong> ver<strong>in</strong>nerlicht hätten, dass dieses Verhalten<br />

für sie sozial unerwünscht ist. H<strong>in</strong>gegen verr<strong>in</strong>gern<br />

sich die <strong>Geschlecht</strong>sunterschiede, wenn<br />

Eltern- o<strong>der</strong> Lehrerbefragungen durchgeführt<br />

werden o<strong>der</strong> wenn die Wahrnehmung verschiedener<br />

aggressiver Handlungen (Sachbeschädigung,<br />

verbale Attacken, physische Angriffe,<br />

Bedrohung, Erpressung u. a.) aus Sicht von<br />

Schüler<strong>in</strong>nern <strong>und</strong> Schülern erhoben wird.<br />

Die Diskussion zur geschlechtstypischen Entwicklung<br />

aggressiven Verhaltens steht noch am<br />

Anfang. Die These, dass Mädchen ebenso aggressiv<br />

s<strong>in</strong>d wie Jungen, wenn man alle Aggressionsformen<br />

betrachtet (Björkqvist et al. 1992;<br />

Björkqvist 1994), steht aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> dürftigen<br />

Bef<strong>und</strong>lage auf unsicherer Basis (Arnold/ Bliesener<br />

2005). H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> <strong>Geschlecht</strong>erdifferenzen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahl verbaler, psychischer <strong>und</strong><br />

sozial-manipulativer Formen von Aggression<br />

sowie <strong>in</strong> dem damit verb<strong>und</strong>enen Ausmaß<br />

zeigt sich damit e<strong>in</strong> äußerst une<strong>in</strong>heitliches<br />

Bild.<br />

Schulformspezifische Unterschiede –<br />

jede Schule <strong>und</strong> jede Klasse ist an<strong>der</strong>s!<br />

Bei <strong>der</strong> Differenzierung <strong>in</strong> Schulformen wird<br />

<strong>in</strong> etlichen Untersuchungen selten e<strong>in</strong>e für beide<br />

<strong>Geschlecht</strong>er getrennte Auswertung vorgenommen.<br />

So ergeben sich auf den ersten Blick<br />

zur Frage schulformspezifischer Unterschiede<br />

stimmige Bil<strong>der</strong>, die jedoch unter e<strong>in</strong>em geschlechterdifferenzierenden<br />

Fokus noch weiter<br />

präzisiert werden müssen. Die <strong>Gewalt</strong>belastung<br />

an den Schulen ist jeweils unterschiedlich<br />

<strong>und</strong> nicht nur schulform-, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong>zelschulspezifisch<br />

(Melzer et al. 2004). E<strong>in</strong><br />

deutlicher Unterschied lässt sich <strong>in</strong> Bezug auf<br />

körperliche <strong>Gewalt</strong> zwischen den Schulformen<br />

feststellen: Am Gymnasium wird am wenigsten,<br />

an Haupt- <strong>und</strong> För<strong>der</strong>schulen am meisten<br />

körperliche <strong>Gewalt</strong> ausgeübt. Verbale <strong>und</strong> psychische<br />

Formen von Aggression kommen jedoch<br />

<strong>in</strong> allen Schulformen gleichermaßen vor.<br />

In <strong>der</strong> KFN-<strong>Studie</strong> berichten Schüler<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Schüler über alle Schulformen h<strong>in</strong>weg <strong>in</strong><br />

etwa gleichem Maße von Opfererfahrungen<br />

durch <strong>in</strong>direkte <strong>Gewalt</strong> ihrer Mitschüler<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Mitschüler (Baier et al. 2009). An Schulen<br />

mit vielen Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern, die<br />

durch Schulversagen <strong>und</strong> Lernprobleme auffal-

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