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Studie "Gewalt und Geschlecht in der Schule"

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<strong>und</strong> die Wie<strong>der</strong>holung von Ohnmachtserfahrungen<br />

präventiv zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n (vgl. Silkenbeumer<br />

2007). Für das Opfer, welches von dem<br />

Mädchen <strong>Gewalt</strong> erfahren hat, stellt sich die Situation<br />

ganz an<strong>der</strong>s dar. Es erlebt sich klar als<br />

Opfer <strong>und</strong> das Gegenüber als Täter<strong>in</strong>; möglicherweise<br />

kommt es zum Gegenschlag <strong>und</strong> die<br />

Rollen wechseln <strong>in</strong> <strong>der</strong> Szene.<br />

<strong>Gewalt</strong> kann subjektiv s<strong>in</strong>nvoll für e<strong>in</strong>e<br />

Gruppe o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Individuum se<strong>in</strong>. <strong>Gewalt</strong><br />

folgt e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>neren <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er sozialen Logik,<br />

die den Handelnden selten bewusst zugänglich<br />

ist. Es ist wichtig, reale Ambivalenzen<br />

<strong>und</strong> Mehrdeutigkeiten nicht auszublenden,<br />

wenn wir mit <strong>Gewalt</strong>phänomen<br />

konfrontiert s<strong>in</strong>d. Klare Regeln des <strong>Gewalt</strong>verzichts<br />

erfor<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>deutige Grenzsetzungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Situation. Geht es um pädagogische<br />

Handlungskonzepte <strong>und</strong> Reaktionen<br />

auf <strong>Gewalt</strong>, ist es aber wichtig, den diesen<br />

Handlungen zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />

„S<strong>in</strong>n“ am je konkreten Fall zu erschließen.<br />

Konstruktive <strong>und</strong> destruktive Aggression<br />

Die Begriffe Aggression <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> werden<br />

häufig synonym verwendet, sollen im Folgenden<br />

jedoch vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgrenzt werden. Das<br />

offene <strong>und</strong> direkte E<strong>in</strong>treten für <strong>in</strong>dividuelle<br />

Belange, Grenzsetzung, angemessene Selbstbehauptung<br />

<strong>und</strong> Durchsetzungsfähigkeit wird als<br />

„konstruktive Form <strong>der</strong> Aggression“ <strong>und</strong> als<br />

Gegenpol zum Destruktiv-Schädigenden verstanden<br />

(Petermann/Petermann 2000). Dabei<br />

ist e<strong>in</strong> fließen<strong>der</strong> Übergang zwischen konstruktiver<br />

<strong>und</strong> destruktiver Aggression anzunehmen.<br />

Lediglich die destruktiven Formen von<br />

Aggression weisen e<strong>in</strong>e Schnittmenge mit dem<br />

oben vorgestellten <strong>Gewalt</strong>begriff (Melzer 2006)<br />

auf.<br />

Aggression umfasst nicht nur Absichten <strong>und</strong><br />

Verhaltensweisen, son<strong>der</strong>n auch Emotionen<br />

wie z. B. Ärger, Wut <strong>und</strong> Hass, die sich nicht<br />

zwangsläufig <strong>in</strong> aggressiven Handlungen<br />

nie<strong>der</strong>schlagen müssen. Ihre E<strong>in</strong>ordnung ist<br />

schwieriger als bei sichtbaren Verhaltensweisen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Übergang zu nicht aggressiven Gefühlen<br />

fließend (Nolt<strong>in</strong>g 2005).<br />

Äußerst problematisch ist es, wenn die<br />

Verhaltensweisen zum umfassenden Beschreibungsmerkmal<br />

<strong>der</strong> Person e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des<br />

gemacht werden. Aggression wird dann<br />

als stabile Persönlichkeitseigenschaft zugeschrieben:<br />

„Peter ist aggressiv!“ Übersehen<br />

werden dann gerade auch kontextuelle<br />

Bed<strong>in</strong>gungen.<br />

Es empfiehlt sich dann u.a. folgenden Fragen<br />

nachzugehen:<br />

● In welchen Situationen verhält er/sie sich<br />

aggressiv o<strong>der</strong> übt <strong>Gewalt</strong> aus? Wann greift<br />

er/sie auf an<strong>der</strong>e Verhaltensweisen zurück?<br />

● Was macht er/sie ganz konkret?<br />

● Wie reagieren an<strong>der</strong>e darauf?<br />

● Worauf deutet das Verhalten h<strong>in</strong>, wenn wir<br />

es als Symptom für e<strong>in</strong>e Störung <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> Klassengeme<strong>in</strong>schaft <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> zwischen<br />

Lehrkraft <strong>und</strong> Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Schülern <strong>in</strong>terpretieren?<br />

An<strong>der</strong>s formuliert: Wir benötigen also H<strong>in</strong>weise<br />

über die Beziehungen zwischen den handelnden<br />

Personen, über situative o<strong>der</strong> auch<br />

gruppenbezogene Konstellationen sowie e<strong>in</strong>en<br />

geschlechtssensiblen Blick, um bestimmte Szenen<br />

aggressiven o<strong>der</strong> gewalttätigen Verhaltens<br />

zu verstehen.<br />

1.Was ist <strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule? Inhaltliche <strong>und</strong> begriffliche Klärungen<br />

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