Inklusion – Gemeinsamer Unterricht für alle. - NDS-Verlag
Inklusion – Gemeinsamer Unterricht für alle. - NDS-Verlag
Inklusion – Gemeinsamer Unterricht für alle. - NDS-Verlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kompetenzzentren in NRW <strong>–</strong> auf dem Weg zur <strong>Inklusion</strong>?<br />
Handlungsaufträge an die Landesregierung<br />
Die Unterzeichnung der UN-Konvention durch Bund und Länder hat auch in<br />
NRW den Druck auf die Schulpolitik deutlich erhöht. Gemäß § 24 der UN-Konvention<br />
darf behinderten Menschen der Zugang zu einer inklusiven Bildung in<br />
Grundschulen und weiterführenden Schulen aufgrund ihrer Behinderung nicht<br />
mehr verwehrt werden. Die berechtigte Frage, wie sich das Schulsystem, das<br />
auf der Basis des Auslesens beruht, zur <strong>Inklusion</strong> entwickeln soll, muss die Landesregierung<br />
nun beantworten.<br />
Für die NRW-Landesregierung heißt die<br />
Antwort: Ausbau der Kompetenzzentren <strong>für</strong><br />
sonderpädagogische Förderung. Ministerpräsident<br />
Rüttgers verkündete, das gerade angelaufene<br />
Pilotprojekt kurzfristig deutlich auszuweiten.<br />
Das Pilotprojekt hatte das Schulministerium<br />
erst vor einem Jahr mit 20 Kompetenzzentren<br />
an den Start gebracht. Nun soll das<br />
Projekt nach dem Willen des Ministerpräsidenten<br />
im Laufe des kommenden Schuljahres<br />
sukzessive 30 weitere Kompetenzzentren aufnehmen.<br />
Zu Beginn des Schuljahres 2010/11<br />
sollen sich dann insgesamt 50 Zentren im<br />
Projekt befinden.<br />
Kompetenzzentren als Zwischenschritt<br />
zur <strong>Inklusion</strong><br />
Mit dieser Initiative hat der Ministerpräsident<br />
dem Projekt eine klare Ausrichtung auf<br />
<strong>Inklusion</strong> gegeben, die beim Start so nicht erkennbar<br />
war. Dies deckt sich mit der Zielrichtung<br />
der GEW. Die GEW ist der Auffassung,<br />
dass Kompetenzzentren keine weitere Schulform<br />
neben den jetzigen Förderschulen sein<br />
können. Die Gründung von Kompetenzzentren<br />
kann überhaupt nur dann sinnvoll sein,<br />
wenn diese sich nicht als Selbstzweck, sondern<br />
als Zwischenschritt auf dem Weg zur <strong>Inklusion</strong><br />
verstehen. Dazu müssten sie sich<br />
selbst nach und nach zu „Schulen ohne<br />
Schüler“ und die allgemeinen Schulen zu inklusiven<br />
Schulen, die nicht mehr aussondern,<br />
weiterentwickeln.<br />
Handlungsauftrag<br />
<strong>für</strong> das Schulministerium<br />
Die Landesregierung hat jetzt zwei Handlungsschritte<br />
umzusetzen: Zum einen müssen<br />
die Kompetenzzentren die Zielrichtung der<br />
UN-Konvention mittragen, zum anderen müssen<br />
sie in die Lage versetzt werden, diesen<br />
Weg auch gehen zu können.<br />
Bisher ist der Auftrag eines Kompetenzzentrums<br />
im Schulgesetz sehr offen formuliert. Die<br />
Pilotschulen sind mit ganz unterschiedlichen<br />
Ausgangslagen und Motivationen in das Projekt<br />
eingestiegen. Sie verfügen über unterschiedliche<br />
Rahmenbedingungen. Dies ist ausdrücklich<br />
beabsichtigt, weil die damit einhergehenden<br />
verschiedenen Problemstellungen mit<br />
getestet und eine jeweilig passende Unterstützung<br />
entwickelt werden sollen.<br />
Das Ministerium wird per Schulgesetz ermächtigt,<br />
am Ende der dreijährigen Pilotphase<br />
die Voraussetzungen zur Errichtung und<br />
die Aufgaben im einzelnen durch Rechtsverordnung<br />
zu regeln. Spätestens dann muss der<br />
Wille der Landesregierung zur inklusiven Ausrichtung<br />
des Schulsystems deutlich formuliert<br />
werden.<br />
Probleme und Gelingensbedingungen<br />
Die Zielsetzungen des KSF müssen geschärft<br />
werden. Das Pilotprojekt muss stringent auf die<br />
UN-Konvention bezogen werden und die dort<br />
formulierten Menschenrechte in der Praxis umsetzen.<br />
Die Kolleginnen und Kollegen brauchen<br />
Ziel- und Rollenklarheit, damit die anstehenden<br />
Schulentwicklungsprozesse nicht in Frustration<br />
und Burnout enden.<br />
Es bedarf eines zentralen Angebots, das einen<br />
Informationsaustausch unter den verschiedenen<br />
KSF ermöglicht, zusätzlicher Fortbildungsmittel<br />
<strong>für</strong> eine prozessbegleitende<br />
Beratung und Fortbildung, die die Schulentwicklungsprozesse<br />
in den Pilotregionen unterstützen<br />
und einer wissenschaftlichen Begleitung<br />
und Auswertung des Pilotprojektes, um<br />
verlässliche Aussagen <strong>für</strong> eine Rechtsverordnung<br />
sicher zu stellen.<br />
Die Stellenzuweisung <strong>für</strong> die Prävention,<br />
die Beratung, die Vernetzung, <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />
und die Höhe der Schulleitungspauschale<br />
ist unzureichend. Das führt zwangsläufig<br />
zu Mehrarbeit, Mehrbelastung und Ar-<br />
nds 8-2009<br />
Dr. Ilse Führer-Lehner Gerd Weidemann<br />
Bildungsreferentin FGA Sonder<br />
GEW NRW pädagogische<br />
Berufe<br />
17<br />
beitsverdichtung. Qualifizierte Schulentwicklung<br />
setzt mehr Arbeitszeit, mehr Stellen und<br />
mehr Personal zur Aufgabenerfüllung voraus.<br />
Im Kontext dieses Pilotprojekts ist die Frage<br />
neuer Arbeitszeitmodelle zweitrangig, da Arbeitsaufgaben<br />
und -inhalte noch gar nicht<br />
endgültig festgelegt sind. Zu Irritationen<br />
führen ungeklärte dienstrechtliche Fragen zu<br />
Themen wie Dienststellenzugehörigkeit,<br />
Dienstvorgesetzte, Leitung des KSF, Reisekosten<br />
oder zuständige Personalvertretung.<br />
Zuständigkeiten und Entscheidungsprozesse<br />
müssen transparent sein. Wenn Transparenz<br />
und die demokratische Beteiligung der Beschäftigten<br />
fehlen, ist die Akzeptanz der Beschäftigten<br />
<strong>für</strong> grundlegende Systemveränderung,<br />
wie sie nach der Ratifizierung der UN-<br />
Konvention geplant werden müssen, gefährdet.<br />
Dr. Ilse Führer-Lehner/Gerd Weidemann