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HOTELMARKETING FIBEL No.3

Das Jahrbuch der HOTELMARKETING GRUPPE (2014-2015).

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fachbeiträge<br />

Freiheit!<br />

Für den designer, den mitarbeiter …<br />

Wie aber lässt sich Individualität in Serie<br />

herstellen? „Wir sind in der Planungsphase<br />

anstrengender als andere Hotelbetreiber“,<br />

sagt Hoffmann. „Die Strategie ist, nicht<br />

alles im Vorfeld zu wissen. Wir wollen den<br />

Prozess offenhalten.“ Es sei wichtig, dass<br />

die Beziehungen in der Planungsphase<br />

zwischen Designer, Projektentwickler, Generalunternehmer,<br />

Betreiber und Eigentümer<br />

stimmten. „Denn der ganze Weg bis<br />

zur Eröffnung hat großes Konfliktpotenzial.<br />

Die Projektentwickler stehen unter<br />

Geld- und Zeitdruck – und wir wollen ein<br />

möglichst ungewöhnliches Hotel bauen.“<br />

Dieser Entwicklungsprozess besteht nicht<br />

nur aus unendlich vielen Details, er wird<br />

geprägt von der bewussten Entscheidung,<br />

Dinge auszuprobieren, naheliegenden<br />

Lösungen zu misstrauen und nicht alles<br />

der Funktionalität unterzuordnen. Also<br />

genau das Gegenteil dessen zu machen,<br />

was andere Hotelketten tun, wenn sie auf<br />

Skaleneffekte, günstigen Einkauf durch<br />

möglichst große Volumina, Risikovermeidung<br />

und stereotype Wiedererkennbarkeit<br />

setzen.<br />

Der Designer hat seltsame Ideen? Großartig!<br />

Die schwarzen Armaturen in den Badezimmern<br />

sind schön, aber anspruchsvoll<br />

in der Pflege? Macht nichts, das leisten wir<br />

uns. Der japanische Künstler, der im Berliner<br />

Hotel die Wände mit Comics bemalt,<br />

braucht länger als geplant, und während er<br />

malt, kann in dem Raum leider nicht weitergebaut<br />

werden? Tja, die Kunst geht vor.<br />

Christoph Hoffmann scheint diese Details<br />

zu lieben. Begeistert erzählt er von einem<br />

winzigen Zimmer mit sehr großem Balkon<br />

im geplanten Hotel in Barcelona, einem<br />

ehemaligen Krankenhaus. Das sei kein<br />

Problem, das sei eine schöne Gelegenheit,<br />

wieder mal eine kleine Spielerei auszuprobieren,<br />

die sich andere Hotels nicht trauen:<br />

in diesem Zimmer könnten Gäste in Zukunft<br />

auf dem Balkon übernachten.<br />

Doch es reicht nicht, bunter und verspielter<br />

zu sein als die üblichen Kettenhotels: wer<br />

sich über Rolling-Stones-Zitate auf der<br />

Bettwäsche oder gezeichnete Seemannsgeschichten<br />

auf der Tapete freut, will auch<br />

im Umgang mit den Menschen im Hotel<br />

Individualität. Die Mitarbeiter bekommen<br />

deshalb viel Freiraum, dürfen sich der lockeren<br />

Umgebung durch lockere Kleidung<br />

anpassen – und sollen trotzdem nicht vergessen,<br />

dass sie Dienstleister sind. Das ist<br />

„eine Herausforderung“, gibt Hoffmann<br />

zu. „Aber wir haben keine Lust auf Hierarchiespiele<br />

und steife Umgangsformen.<br />

Das empfinden wir eher als Stress.“<br />

Zu den Freiheiten gehört, dass die Mitarbeiter<br />

selbst entscheiden, ob sie einen<br />

Gast mit Du oder mit Sie ansprechen –<br />

auch wenn das im Alltag nicht ohne Risiko<br />

ist. „Ich bin mir nicht sicher, wie oft das mit<br />

dem Duzen in die Hose geht“, sagt Hoffmann.<br />

„Wir stellen fest, dass uns das die<br />

größten Komplimente einbringt – und umgekehrt<br />

die harschesten Bewertungen. Weil<br />

wir nicht stark standardisieren, müssen wir<br />

sicherstellen, dass die Mitarbeiter verstehen,<br />

was der Gast will. Das muss immer wieder<br />

beobachtet und verbessert werden.“<br />

Feingefühl beim Einstellen und im Umgang<br />

mit den Mitarbeitern ist die Voraussetzung<br />

dafür, dass die Gratwanderung<br />

gelingt. Gerade der entspannte Umgangston<br />

setzt eine professionelle Ausbildung<br />

voraus, sonst kann es schnell peinlich<br />

werden. „Wir arbeiten gerne mit Personal<br />

aus Hotelfachschulen, das auch die Luxus-Hotellerie<br />

kennt. Wir sind für solche<br />

Leute attraktiv, weil sie hier größere Freiheitsgrade<br />

haben“, sagt Hoffmann.<br />

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