HOTELMARKETING FIBEL No.3
Das Jahrbuch der HOTELMARKETING GRUPPE (2014-2015).
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fachbeiträge<br />
„<br />
Come as you are.“ Das ist einer der<br />
Claims der Hotelkette 25hours. Es<br />
ist die Aufforderung, sich locker zu<br />
machen. Und es ist ganz nebenbei ein Zitat<br />
aus einem der bekanntesten Songs der<br />
Rockband Nirvana. Wer ihre Musik kennt,<br />
bekommt das Signal: hier kannst du dich<br />
unter Gleichgesinnten wohlfühlen.<br />
Das Spiel mit kulturellen und subkulturellen<br />
Anspielungen gehört zum Stil der<br />
Häuser, die inzwischen in Hamburg, Zürich,<br />
Berlin, Wien und Frankfurt zu finden<br />
sind – und wenn es nach den Gründern<br />
geht, bald auch in New York, Amsterdam,<br />
Kopenhagen, Barcelona, London, Istanbul,<br />
Mailand, München, Düsseldorf und Paris.<br />
Die Kette mit Individualitätsanspruch<br />
kann sich ihren Expansionsdrang offenbar<br />
leisten: immerhin hat jedes der bisher eröffneten<br />
Häuser im ersten Jahr nach der<br />
Eröffnung schwarze Zahlen geschrieben;<br />
die Umsatzrendite<br />
liegt nach Auskunft<br />
des Mitgründers<br />
Christoph Hoffmann<br />
bei branchenunüblichen acht Prozent.<br />
Wer nach dem Geheimnis des Erfolges<br />
sucht, landet in jedem Haus in einer anderen<br />
Welt. Im Haus in der Hamburger Hafencity<br />
zum Beispiel findet der Gast eine<br />
Sitzecke unter rostigen Überseecontainern,<br />
an der hohen Decke hängen unverkleidete<br />
Rohre, und der Empfangstresen<br />
wirkt, als seien einfach ein paar Kisten zusammengenagelt<br />
worden. In der Etage darüber<br />
wartet ein Raucherzimmer mit einer<br />
soliden Schallplattensammlung, intern Vinylothek<br />
genannt, auf den Besucher. Wer<br />
come as you are<br />
will, kann Siebzigerjahre-Soul, die Beatles,<br />
The Clash oder Velvet Underground auflegen.<br />
Auch wer das Berliner 25hours Hotel<br />
betritt, denkt einen Augenblick, er sei aus<br />
Versehen in einer Künstler-WG gelandet.<br />
Vor den Panoramafenstern baumeln Hängematten.<br />
An den unverputzten Wänden<br />
ranken Zimmerpflanzen in die Höhe. Der<br />
Tresen ist hellblau gekachelt, als wäre man<br />
in einem Schwimmbad. Und am Kiosk gibt<br />
es keine Zeitungen, sondern schräge Bildbände<br />
aus dem Gestalten-Verlag.<br />
Wie man auf solche Ideen kommt? Indem<br />
man nicht der Marktforschung vertraue,<br />
sondern dem, was einem selbst gefalle,<br />
sagt Christoph Hoffmann. „Wir wollen<br />
nicht arrogant sein, aber ich glaube, es ist<br />
nicht falsch, eine klare Haltung zu haben.<br />
Wir versuchen nicht, es jedem recht zu<br />
machen.“ Seine persönlichen Vorlieben:<br />
„Immer ein Stückchen mehr – bunter,<br />
vielfältiger, lieber<br />
noch eine zusätzliche<br />
Überraschung,<br />
keine Reduktion,<br />
kein Minimalismus. In einem Raum muss<br />
immer viel passieren.“ Und ja: „Das kann<br />
auch gefährlich werden, wenn man übertreibt<br />
und es überladen wirkt.“<br />
Hinter der Idee eines Hotels, das seinen<br />
Besuchern immer wieder neue Überraschungen<br />
bietet, stehen vier Gründer, die<br />
unterschiedlicher kaum sein können. Der<br />
Frankfurter Baulöwe Ardi Goldman, der<br />
den Frankfurter Osten mit Kneipen, Büros,<br />
Plätzen und einem Hotel belebt hat und<br />
sich gerade gegen Korruptionsvorwürfe im<br />
Zusammenhang mit dem Ausbau der Car-<br />
go City Süd wehren muss. Der Hamburger<br />
Hotelier Kai Hollmann, der aus der Verlegerfamilie<br />
Bauer stammt, das Gewerbe von<br />
der Pike auf gelernt hat und in Hamburg<br />
unter anderem das Design-Hotel „The<br />
George“, das „Gastwerk“ und das Hostel<br />
„Superbude“ betreibt. Der Berater Stephan<br />
Gerhard, Geschäftsführer der Treugast<br />
Solutions Group, die sich auf Hotellerie<br />
und Gastronomie spezialisiert hat. Und<br />
schließlich der geschäftsführende Gesellschafter<br />
Christoph Hoffmann, der vor seinem<br />
Einstieg bei 25hours in der Kempinski-Gruppe<br />
und der Schweizer Hotelkette<br />
Bürgenstock gearbeitet hat und zuletzt<br />
stellvertretender Direktor im Hamburger<br />
Fünf-Sterne-Palast Louis C. Jacob war.<br />
Sie alle kamen 2005 zusammen, zwei Jahre<br />
nachdem Hollmann das erste 25hours<br />
im Hamburger Westen eröffnet hatte.<br />
Und sie beschlossen, das gut funktionierende<br />
Konzept auf weitere Standorte<br />
zu übertragen – am besten in zentralen<br />
Lagen und in Großstädten mit lebendiger<br />
Kreativ-Szene. Die Finanzierung ist dabei<br />
offenbar das kleinere Problem. Die Kosten<br />
für den Bau übernimmt der jeweilige Immobilienbesitzer,<br />
mit dem die Betreiber<br />
Pachtverträge über 20 oder 25 Jahre abschließen.<br />
Inzwischen, sagt Hoffmann, erhalten<br />
sie öfter Anfragen von Investoren,<br />
die gern mit ihnen zusammenarbeiten<br />
wollen. Schwieriger sei es, den kostbarsten<br />
Besitz, die Marke, zu definieren<br />
und vor Verwässerung zu schützen. Eine<br />
Schallplattensammlung ist originell. Die<br />
gleiche Schallplattensammlung in jedem<br />
Hotel wäre langweilig.<br />
Christoph Hoffmann, CEO 25hours<br />
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