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Winter 2015/2016

Trade Talk Winter 2015/2016

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column<br />

kommen, dann fangen Sie sehr früh an, sich<br />

zu fragen, wofür es uns eigentlich gibt.“<br />

Nachdem das Private-Equity-Kapitel beendet<br />

war, habe man im Kreise der Führungskräfte<br />

lange diskutiert, bis man zu der Erkenntnis<br />

gelangt sei, dass es das Ziel sein<br />

muss, den Menschen in Deutschland ein<br />

verlässliches und bezahlbares Zuhause zu<br />

geben. „Wohnimmobilien sind etwas anderes<br />

als die Immobilienwelt generell. Wir haben<br />

für die Mieter eine große Verantwortung.“<br />

In der Vergangenheit der deutschen<br />

Wohnungswirtschaft sei dieser Aspekt zu<br />

kurz gekommen. „Deswegen haben Unternehmen<br />

wie wir teilweise auch ihren Ruf<br />

selbst erarbeitet. Nun arbeiten wir daran,<br />

den Ruf auch wieder vergessen zu machen.<br />

Heute stehen unsere Mieterinnen und Mieter<br />

im Zentrum unseres Handelns.“<br />

Kompliziertes Geflecht<br />

Mit dieser ehrlichen Erkenntnis brachte<br />

Buch seine Zuhörer schon zu Beginn seines<br />

Vortrags zum Staunen, bevor er einen spannenden<br />

Einblick in das Immobilienunternehmen<br />

gab. Immerhin beschäftigt Vonovia<br />

heute rund 6.000 Mitarbeiter und<br />

verfügt über 367.000 Wohnungen; hinzu<br />

kommen nochmal 42.000 Wohnungen, die<br />

das Unternehmen für Dritte verwaltet.<br />

„Ungefähr 99 Prozent davon haben uns<br />

auch mal gehört“, sagt Buch. Die ersten großen<br />

Finanzinvestoren, die um die Jahrtausendwende<br />

kamen, wären davon ausgegangen,<br />

dass sie die großen Wohnungsbestände<br />

wie in New York oder London schnell an<br />

die Vermieter verkaufen könnten. „Allerdings<br />

ist Deutschland eine Mieternation.<br />

Das liegt an unserer Historie: wir haben im<br />

2. Weltkrieg große Bestände unserer Wohnungswirtschaft<br />

verloren, die industriell<br />

wieder aufgebaut werden mussten.“ Außerdem<br />

würden Banken hierzulande eine Verschuldung<br />

vermeiden wollen, sodass man<br />

beim Kauf einer Wohnung mehr Eigenkapital<br />

brauche als in anderen Ländern. „Das<br />

Entscheidende ist aber unsere Mietgesetzgebung:<br />

Wir haben einen stark regulierten<br />

Markt. Für ein junges Ehepaar in London<br />

ist es wahrscheinlich ein guter Ratschlag,<br />

schnell eine Wohnung zu kaufen, weil die<br />

Mieten dort rasch extrem teuer werden<br />

können. Das ist in Deutschland durch die<br />

Regulierung der Mieten ausgeschlossen.“<br />

Strategie des Unternehmens<br />

Der durchschnittliche Mietpreis habe 2014<br />

bei 5,55 Euro gelegen. „Das ist ein Wert, der<br />

als bezahlbarer Wohnraum durchgeht“, so<br />

Buch weiter. „Früher haben wir fünf bis<br />

sechs Euro pro Quadratmeter in die Instandhaltung<br />

investiert, heute liegen wir für<br />

Instandhaltung und energetische Modernisierung<br />

insgesamt zwischen 31 Euro und 32<br />

Euro – damit investieren wir die Hälfte der<br />

Jahresmiete in den Bestand zurück. Ein klarer<br />

Beleg für unsere langfristig ausgerichtete<br />

Strategie.“ Dabei hat Buch noch mehr Ideen:<br />

„Es ist faszinierend, dass wir <strong>2015</strong> in einer<br />

Industrie sind, in der man jeden Tag eine<br />

neue Idee haben kann, die zuvor noch keiner<br />

hatte. Wir sind noch ganz am Anfang.“<br />

Später sprach Buch auch über die Strategie<br />

des Unternehmens: „Das, was wir tun, ist<br />

mit einem Buchclub vergleichbar – es ist<br />

sozusagen ein abobetriebenes Geschäft.“<br />

Schließlich sei es ein Dauerschuldverhältnis<br />

mit den Mietern. „Die wesentlichen<br />

Steuerungsgrößen, die ein Buchclub hat,<br />

nämlich die durchschnittliche Umsatzpolitik<br />

und die durchschnittliche Haltbarkeit,<br />

sind auch die Natur unseres Geschäfts. Man<br />

kann die Methoden, die ein abobetriebenes<br />

Geschäft hat, auch in der Immobilienwirtschaft<br />

anwenden.“<br />

Altersgerechten Wohnraum schaffen<br />

Grundsätzlich sei das Geschäft niedrigmargig,<br />

allerdings auch sehr stabil. In Finanzierungsfragen<br />

hat Vonovia aber ein einzigartiges<br />

Konzept: „Bei der Bank haben wir<br />

nämlich nicht nur das klassische Portfolio<br />

als Sicherheit, sondern wir gehen über Unternehmensanleihen<br />

und finanzieren uns<br />

so zu einem großen Teil.“ Auch das Portfoliomanagement<br />

spielt für den Erfolg eine<br />

große Rolle. Hier müsse sichergestellt werden,<br />

dass man mit dem richtigen Produkt<br />

in den richtigen Städten vertreten ist. Deshalb<br />

werde derzeit zum Beispiel massiv in<br />

den Umbau von Immobilien in seniorenfreundlichen<br />

Wohnraum investiert. Daneben<br />

legt man den Fokus auch auf energetische<br />

Sanierungen. Entsprechend liegt die<br />

Sanierungsquote bei drei Prozent des Bestandes<br />

pro Jahr. Gearbeitet wird auch an<br />

der Warmmieterelation: Neben einfachen<br />

Leistungen wie Internetzugang und Telefonanschluss<br />

will Vonovia ihren Mietern noch<br />

mehr anbieten. „Warum sorgen wir beispielsweise<br />

nicht für ambulante Pflege?“,<br />

fragt Buch.<br />

Die größte Herausforderung sieht er ohnehin<br />

darin, die Wohnungen und insbesondere<br />

Fotos (4): © Stefanie Siegel<br />

die Badezimmer barrierearm umzubauen.<br />

Eine wichtige Säule stellt hier die unternehmenseigene<br />

Handwerkerorganisation dar,<br />

die über rund 2.000 Mitarbeiter verfügt.<br />

Erkannt habe man auch, dass man sich in<br />

den vorhandenen Wohnvierteln engagieren<br />

müsse: So werden Kinderspielplätze gebaut<br />

oder Mieterfeste organisiert, um dort ein lebendiges<br />

Leben zu erhalten. Eine spannende<br />

Angelegenheit sei zudem die Fusion mit der<br />

GAGFAH; die Integration der im März zusammengeschlossenen<br />

Unternehmen laufe<br />

sehr gut. Klar sei aber auch: Es bleibe spannend<br />

im Immobilienmarkt, der sich auch<br />

weiter konsolidieren werde. <br />

Rolf Buch, Thomas Schüttken, Rüdiger Goll,<br />

Robert Kellershohn, Uwe Willer. (v.li.)<br />

TradeTalk 33

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