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Die Neue Hochschule Heft 6/2015

Zeitschrift des hlb Hochschullehrerbund e.V., Themenschwerpunkt: Demokratische Hochschule - Hochschule in der Demokratie

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198 JUNG<br />

Private <strong>Hochschule</strong>n: Chance<br />

und Herausforderungen –<br />

Organisationsmerkmale, Strategie -<br />

entwicklung und Hochschulpolitik<br />

Dr. Arlena Jung<br />

Schönfeld Unternehmensberatung<br />

für Organisa -<br />

tionsentwicklung<br />

Systemische Organisationsberaterin<br />

und -soziologin<br />

Schwerpunkte: Strategieentwicklung,<br />

Change<br />

Management, Führungskräfte-Coaching<br />

und Wissenschaftsforschung<br />

a.jung@schoenfeld-unternehmensberatung.de<br />

Arlena Jung<br />

Deregulierung, Verringerung der staatlichen<br />

Grundfinanzierung, eine zunehmend<br />

aufgaben- und leistungsorientierte<br />

Finanzierung – der staatlich geförderte<br />

Wettbewerb zwischen <strong>Hochschule</strong>n<br />

prägt die deutsche Hochschullandschaft<br />

wie noch nie zuvor. Ziel dieser veränderten<br />

Hochschulpolitik ist es, die Qualität<br />

von Forschung und Lehre zu verbessern.<br />

Mehr Konkurrenz bedeutet – so<br />

die zugrundeliegende Annahme – quasi<br />

als Überlebensnotwendigkeit eine schon<br />

längst hinfällige (Re-)Orientierung deutscher<br />

Universitäten hin zu betriebswirtschaftlichen<br />

Steuerungsmodellen und<br />

marktwirtschaftlichen Leistungskriterien.<br />

Kurz, Deregulierung bei einer<br />

gleichzeitigen durch Wettbewerb er -<br />

zwungenen Orientierung an Effektivität<br />

und Effizienz fungiert dieser Logik folgend<br />

als Mechanismus der Qualitätssteigerung.<br />

Im Rahmen der neuen Hochschulpolitik<br />

wird privaten <strong>Hochschule</strong>n häufig<br />

eine Innovationsfunktion zugeschrieben.<br />

Demnach können sich private<br />

<strong>Hochschule</strong>n – im Gegensatz zu staatlichen<br />

– nicht eine nach innen gewandte,<br />

rein wissenschaftliche Definition der<br />

Qualität von Forschung und Lehre leisten.<br />

Ebenso essenziell für ihren Erfolg<br />

sind nämlich die Ansprüche der Studenten<br />

sowie betriebliche Anforderungen.<br />

Mehr Flexibilität, eine marktwirtschaftliche<br />

Kosten-Leistungs-Rationalität und<br />

die unmittelbare Relevanz von Stakeholdern<br />

bedeutet also nach dieser Argumentation<br />

eine Effektivitäts-, Effizienzund<br />

im Ergebnis Qualitätssteigerung.<br />

Kann diese marktwirtschaftliche Rationalität<br />

aber tatsächlich ohne Weiteres<br />

auf <strong>Hochschule</strong>n übertragen werden?<br />

Kritiker der neuen Hochschulpolitik<br />

sehen die neue Wettbewerbspolitik<br />

sowie den damit einhergehenden Einzug<br />

betriebswirtschaftlicher Managementmethoden<br />

und Steuerungsmodelle<br />

im Wissenschaftssystem als einen Autonomieverlust<br />

mit potenziell verheerenden<br />

Folgen. Ihr zentrales Argument ist<br />

system- bzw. differenzierungstheoretisch:<br />

Forschung als spezifische Form<br />

der Erkenntnisgewinnung basiert, systemtheoretisch<br />

formuliert, auf der<br />

Abwendung von in allen anderen ge -<br />

sellschaftlichen Bereichen anzutreffenden<br />

Kriterien der Anwendungs- und<br />

Praxisrelevanz. Nur dadurch können<br />

genuin wissenschaftliche Kriterien der<br />

Validität und Relevanz zum Tragen<br />

kommen. Voraussetzung für qualitativ<br />

hochwertige Forschung und Lehre ist<br />

demnach eine staatlich gewährleistete<br />

Autonomie gegenüber wirtschaftlichen<br />

Kriterien der Effizienz und Effektivität.<br />

<strong>Die</strong> zwangsläufige Konsequenz einer<br />

gesteigerten Wettbewerbslogik sowie<br />

einer an betriebswirtschaftlichen<br />

Managementmethoden orientierten<br />

Steuerung über Kennzahlen ist im<br />

Umkehrschluss bestenfalls eine Immunreaktion<br />

des Wissenschaftssystems: Um<br />

in einer durch wissenschaftsfremde Kriterien<br />

getriebenen Wettbewerbslogik<br />

bestehen zu können, gleichzeitig aber<br />

wissenschaftlichen Kriterien der Relevanz<br />

und Validität gerecht zu werden,<br />

fallen Talk und Action immer weiter<br />

auseinander. Den externen Anforderungen<br />

wird zwar formal sowie in der eigenen<br />

Selbstdarstellung Rechnung getragen.<br />

<strong>Die</strong>s dient aber nur dazu, Freiräume<br />

zu gewinnen oder zu erhalten, die<br />

DNH 6 ❘ <strong>2015</strong>

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