der WirTschAfTsführer - Richard Boorberg Verlag
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68 WEItWInKEl<br />
Der Wirtschaftsführer 1.2013<br />
gemein zugänglich angesehen werden,<br />
selbst wenn ein Netzwerk mehrere Millionen<br />
Nutzer umfasst.<br />
Zu beachten ist außerdem, dass die Anwendung<br />
des BDSG keine Speicherung<br />
<strong>der</strong> Information voraussetzt. Stattdessen<br />
ist das BDSG bereits bei Erhebung<br />
von Arbeitnehmerdaten anzuwenden (§ 3<br />
Abs. 3 BDSG). Daher findet es auch Anwendung,<br />
wenn <strong>der</strong> Arbeitgeber lediglich<br />
eine rein visuelle Wahrnehmung <strong>der</strong> Bewerberdaten<br />
vornimmt.<br />
Rechtliche folgen einer<br />
unzulässigen Internetrecherche<br />
Wird ein freizeitorientiertes Netzwerk<br />
unzulässigerweise für geschäftliche Zwecke<br />
genutzt, hat <strong>der</strong> Netzwerkbetreiber<br />
Anspruch auf Unterlassung gegen den<br />
Arbeitgeber nach § 1004 BGB analog in<br />
Verbindung mit den AGB <strong>der</strong> Netzwerkbetreiber.<br />
Unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />
Tatsache, dass soziale Netzwerke in <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit häufig wegen ihrem verbesserungsfähigen<br />
Datenschutz kritisiert<br />
wurden, ist auch <strong>der</strong> Fall eines Datenschutzskandals<br />
auf Facebook denkbar.<br />
Entsteht dem Netzwerkbetreiber hieraus<br />
ein Schaden, hat dieser Anspruch auf<br />
Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB.<br />
Die Beweislast liegt zwar beim Netzwerkbetreiber,<br />
jedoch hat dieser die<br />
Möglichkeit, mittels seiner Server die<br />
Netzwerkaktivitäten <strong>der</strong> Nutzer nachzuvollziehen.<br />
Außerdem wird ein Verschulden<br />
nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet.<br />
Eine Klage könnte daher Aussicht auf<br />
Erfolg haben.<br />
BuChtIPP zum thEma<br />
Nadine Hammele, Rechtliche Kriterien<br />
und grenzen bei <strong>der</strong> Erhebung<br />
und Verwendung personenbezogener<br />
daten im Rahmen von arbeitsverhältnissen,<br />
1. Auflage, 2011<br />
In dieser Arbeit<br />
werden unterschiedliche<br />
Fallgruppen des<br />
Arbeitnehmerdatenschutzes<br />
dargestellt.<br />
Die Fallgruppen<br />
umfassen dabei nicht<br />
nur den Arbeit-<br />
Eine schlechtere Stellung hat hingegen<br />
<strong>der</strong> Bewerber. Prinzipiell steht ihm<br />
ein Schadensersatzanspruch nach § 280<br />
Abs. 1 BGB zu. Allerdings muss er beweisen,<br />
dass ihm ein Schaden entstanden ist.<br />
Das heißt, er muss beweisen, dass er ohne<br />
unzulässige Internetrecherche eingestellt<br />
worden wäre. Da sich dieser Beweis<br />
als äußerst problematisch erweist, besteht<br />
keine reale Haftungsgefahr für den<br />
Arbeitgeber. Eine Haftungsgefahr für den<br />
Arbeitgeber könnte allerdings bestehen,<br />
wenn ein Bewerber aufgrund eines Diskriminierungsmerkmals<br />
im Sinne des § 1<br />
AGG nicht eingestellt wurde. Dann ergibt<br />
sich nach § 15 AGG eine Beweislastumkehr.<br />
Eine Klage erscheint in <strong>der</strong> Praxis<br />
dennoch unwahrscheinlich, da Bewerber<br />
in <strong>der</strong> Regel nicht erfahren, warum sie<br />
abgelehnt wurden.<br />
fazit<br />
Die fortschreitenden technischen Entwicklungen<br />
ermöglichen einen weltweiten<br />
Datenaustausch im Internet.<br />
Nicht nur Unternehmen, son<strong>der</strong>n je<strong>der</strong><br />
Einzelne kann sich im Internet selbst<br />
präsentieren. Gleichzeitig verschwimmen<br />
zunehmend die Grenzen zwischen<br />
Öffentlichem und Privatem. Hieraus ergeben<br />
sich zahlreiche rechtliche Fragen,<br />
die Gerichte noch nicht auf ihre Zulässigkeit<br />
geprüft haben. Problematisch ist<br />
insbeson<strong>der</strong>e, dass es an klaren systematischen<br />
Gesetzesgrundlagen fehlt.<br />
Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen,<br />
dass sich eine gewisse Rechtsunsicherheit<br />
nicht ganz vermeiden lässt, da die<br />
nehmerdatenschutz bei bestehenden<br />
Arbeitsverhältnissen, son<strong>der</strong>n auch den<br />
Datenschutz bei Bewerbungsverfahren.<br />
Es werden insbeson<strong>der</strong>e Fallgruppen<br />
beleuchtet, die sich aufgrund<br />
<strong>der</strong> technischen Entwicklung unserer<br />
Gesellschaft in den letzten Jahren stark<br />
verän<strong>der</strong>t haben, wie die Nutzung von<br />
E-Mail, Internet und des Web 2.0. Darüber<br />
hinaus wird die Frage geklärt, ob<br />
die aktuelle Rechtslage reformbedürftig<br />
ist und inwieweit Regelungslücken und<br />
Rechtsunsicherheit zu diesem Thema<br />
bestehen.<br />
technischen Entwicklungen schneller<br />
voranschreiten als die Gesetzgebung.<br />
Aus diesem Grund prägen umfangreiche<br />
und unübersichtliche Regelungen<br />
den Arbeitnehmerdatenschutz. Nach<br />
herrschen<strong>der</strong> Literaturmeinung ist die<br />
Internetrecherche in freizeitorientieren<br />
Netzwerken (wie z. B. Facebook) unzulässig,<br />
die Recherche in beruflich orientierten<br />
Netzwerken (wie z. B. Xing) zulässig.<br />
Darüber hinaus ist eine Recherche im<br />
Web 2.0 zulässig, wenn die Daten allgemein<br />
zugänglich sind. Das heißt, dass<br />
auch Daten aus freizeitorientierten Netzwerken<br />
über eine Suchmaschinenanfrage<br />
erhoben werden dürfen.<br />
Auch bei bestehenden Arbeitsverhältnissen<br />
herrscht Rechtsunsicherheit aufgrund<br />
<strong>der</strong> zunehmenden Bedeutung<br />
des Web 2.0: Was passiert mit einem<br />
dienstlich genutzten Account in einem<br />
sozialen Netzwerk im Falle einer Kündigung?<br />
Welche rechtlichen Folgen haben<br />
unternehmensschädliche Äußerungen<br />
von Arbeitnehmern auf Facebook? Darf<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die<br />
Anweisung erteilen, sich in Facebook zu<br />
präsentieren?<br />
Diese und weitere Fragen, die sich im<br />
Bewerbungsverfahren und in bestehenden<br />
Arbeitsverhältnissen stellen, werden<br />
in meiner veröffentlichten Bachelorarbeit<br />
(„Rechtliche Kriterien und Grenzen<br />
bei <strong>der</strong> Erhebung und Verwendung<br />
personenbezogener Daten im Rahmen<br />
von Arbeitsverhältnissen“, GRIN <strong>Verlag</strong>,<br />
München 2011, ISBN 978-3-656-03255-7)<br />
unter Berücksichtigung <strong>der</strong> bisherigen<br />
Rechtsprechung und Ausführungen im<br />
juristischen Schrifttum umfassend dargestellt.<br />
Nadine Hammele,<br />
Bachelor of Arts with<br />
Honours in Business<br />
Administration,<br />
Studentin <strong>der</strong> Hochschule<br />
<strong>der</strong> Medien, Stuttgart<br />
nadine@hammele.eu<br />
1 Schmidt/Rauterberg, in: Die Zeit Nr. 27 vom<br />
30. 06. 2011, Ab nach draußen! Wie ausgerechnet<br />
das Internet eine Renaissance des öffentlichen<br />
Lebens befeuert, S. 49.