Wo bitte geht's zum Wachstum? - Koppermann
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BUSINESS<br />
BUSINESS<br />
22<br />
Der von der TextilWirtschaft veranstaltete Modehandels-<br />
Kongress in Düsseldorf hat sich zu einem Pflichttermin<br />
für die Branche etabliert.<br />
Alle Fotos: Chris Rügge<br />
BUSINESS<br />
1 2 3 4<br />
5 6 7 8<br />
Modehandels-Kongress 2006<br />
Was wächst – neue Märkte, neue Wettbewerber.<br />
Das war das Motto des 3. Modehandelskongresses<br />
in Düsseldorf. Eine Veranstaltung, die sich<br />
schon jetzt als Muss etabliert hat. Rund 450 Unternehmer<br />
und Manager aus der Modebranche, Berater<br />
und Dienstleister kamen in der vergangenen<br />
<strong>Wo</strong>che zu dem von der TextilWirtschaft und dem<br />
BTE organisierten Event im Düsseldorfer Hilton<br />
Hotel.<br />
Wie im Vorjahr war die Veranstaltung wieder von<br />
einer Kongressmesse flankiert. Zahlreiche Aussteller<br />
präsentierten ihre neuesten Produkte und<br />
Dienstleistungen. Die Messe war bereits am Mittwoch<br />
geöffnet. An diesem ersten Tag fand auch<br />
der Effizienztag Mode statt. Zwei Parallelsessions<br />
befassten sich jeweils mit den Themen IT/Logistik<br />
und POS/Merchandising. Insgesamt gab es 24<br />
Präsentationen von Produkten und Dienstleistungen,<br />
mit denen sich die Unternehmen für die<br />
künftigen Herausforderungen wappnen können.<br />
Das Repertoire reichte von praktischen Tipps fürs<br />
Merchandising bis zur Optimierung der Geschäftsprozesse<br />
mittels Mobile Computing. Das<br />
Interesse war groß. Als Ulrike Karl vom Software-<br />
Giganten SAP gemeinsam mit der Firma <strong>Koppermann</strong><br />
ein neues Planungstool vorstellte, waren<br />
sogar die Stehplätze besetzt.<br />
Den Auftakt der Hauptveranstaltung, dem Modehandelskongress<br />
2006, machte am Mittwoch<br />
abend Claudius Seidl von der Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung. Intensiv setzte er sich in seinem Vortrag<br />
mit dem Nicht-mehr-älter-werden-wollen auseinander.<br />
Ein Phänomen, das vor allem die Modebranche<br />
erfasst hat. Seine gewagten Thesen sorg-<br />
Nr. 46 16.11.2006 TextilWirtschaft<br />
<strong>Wo</strong> <strong>bitte</strong> geht’s<br />
<strong>zum</strong> <strong>Wachstum</strong>?<br />
33 Vorträge, 480 Teilnehmer, unzählige Eindrücke. Das ist das<br />
Resümee des Modehandels-Kongresses. An zwei Tagen drehte sich<br />
alles um <strong>Wachstum</strong>, neue Märkte und neue Wettbewerber.<br />
ten dann auch für reichlich Gesprächsstoff beim<br />
anschließenden Get-together. Bis tief in die Nacht<br />
wurde geplaudert, diskutiert und natürlich genetzwerkt.<br />
Am Donnerstag ging es dann zur Sache, mit atemberaubenden<br />
Erfolgsgeschichten aus der Praxis.<br />
<strong>Wachstum</strong>, <strong>zum</strong> Teil sogar heftiges, gibt es nämlich<br />
immer und überall. Unterhaltsam deutlich<br />
machte das <strong>zum</strong> Auftakt ein scharf und schnell<br />
geschnittener Film der TextilWirtschaft. Als das<br />
Licht wieder anging, war klar: <strong>Wachstum</strong> ist machbar.<br />
Vor allem für die, die neue Wege gehen.<br />
So berichtete QVC-Chef Ulrich Flatten vom Erfolg<br />
mit Teleshopping. Susanne Tide-Frater gab einen<br />
Einblick, wie sich britische Warenhäuser mit<br />
spektakulären Aktionen in Szene setzen. Andreas<br />
Bartmann zeichnete die Erfolgsgeschichte des<br />
Outdoor-Anbieters Globetrotter nach. Harald<br />
Gutschi zeigte, wie Neckermann.de dank Internet<br />
wieder wachsen soll. Raoul Spanger von Gebr.<br />
Heinemann führte ein in die Besonderheiten des<br />
Airport-Shopping.<br />
Und dann waren da noch die Vertreter der reinen<br />
Zahlenlehre. Nicht ohne Grund standen die beiden<br />
Finanzinvestoren Peter Zühlsdorff und Xaver<br />
Zimmerer auf der Liste der Diskussionsteilnehmer.<br />
Zahlreiche Übernahmen in der Modebranche<br />
haben gerade im abgelaufenen Jahr die Nachrichten<br />
geprägt. Und das wird wohl so weiter<br />
gehen, wenn man den beiden Experten glauben<br />
darf. Sie gaben jedenfalls ein klares Bekenntnis<br />
zur Modebranche ab. �<br />
JÖRG NOWICKI<br />
1 Tanja Kewes (Handelsblatt), Marc Voss (Greystone), Anja Probe (TW)<br />
2 Fares Gabriel Hadid (Music Travels), Eva Goeldenitz (Fritschpartners), Ingo Hager (Music Travels)<br />
3 Kirsten Reinhardt (BTE), Günter Nowodworski, Christine Urbahn (beide Now! Communication)<br />
4 Guido Schild (Team Retail Excellence), Karl Schwitzke, Klaus Schwitzke (beide Schwitzke)<br />
5 Katrin Opala, Sandrine Frantz, Lisa Marie Rasch, Lisa Meyer, Susanne Rasch (alle German Fashion)<br />
6 Manfred Mroz (LDT), Frank Hartmann (Igedo)<br />
7 <strong>Wo</strong>lfgang May (Igedo), Gerd Oliver Seidensticker (Seidensticker)<br />
8 Holger Knapp (TW), Frank Hartmann (Igedo)<br />
23
24 BUSINESS THEMA Nr. 46 16.11.2006 TextilWirtschaft 25<br />
Produkte <strong>zum</strong> Leben<br />
erwecken<br />
Susanne Tide-Frater über Inszenierung<br />
und Markenbildung im Handel Quality, Value, Convenience:<br />
Das sind die drei Säulen, auf<br />
denen das Geschäftsmodell<br />
des Düsseldorfer Teleshopping-Unternehmens<br />
QVC<br />
Deutschland GmbH ruht. Oder<br />
besser gesagt, die Basis, auf<br />
denen sich das Geschäft bewegt.<br />
Und zwar ziemlich dynamisch,<br />
wie Geschäftsführer<br />
Dr. Ulrich Flatten in seinem<br />
Susanne Tide-Frater: „Das Produkt muss im Mittelpunkt stehen.“<br />
Acht Jahre lang war die Deutsche<br />
Susanne Tide-Frater für<br />
Marketing, Ladenbau, Events<br />
und Sortimentspolitik von Selfridges<br />
verantwortlich. Wer<br />
den wegweisenden Auftritt des<br />
britischen Warenhauses verfolgt<br />
hat, weiß um ihre Leistung.<br />
Es folgten für Tide-Frater<br />
zwei Jahre bei Harrods, wo<br />
sie ebenfalls die Markenidentität<br />
des Hauses herausgearbeitet,<br />
innovative Event-Ideen<br />
und Service-Gedanken umgesetzt<br />
hat.<br />
Heute ist sie als freie Beraterin<br />
tätig und kann aus ihrem Erfahrungsschatz<br />
berichten.<br />
„Wenn ein Kunde die Schwelle<br />
eines Geschäfts übertritt, fragt<br />
er sich unbewusst, ob er sich<br />
wohlfühlt.“<br />
Schließlich haben Kunden heute<br />
eine unendliche Auswahl,<br />
sie leiden unter Überfluss und<br />
Überdruss, sie kaufen heute<br />
möglichst billig und schauen<br />
morgen nicht aufs Preisetikett.<br />
Für jeden Einzelhändler sei es<br />
deshalb wichtig, eine eigene<br />
Markenidentität zu entwickeln.<br />
Für Selfridges stand die<br />
Frage an: „Wie dramatisiere<br />
ich eine Produktpalette, die<br />
sechs Monate im Regal liegt?“<br />
Sie hat für die verschiedenen<br />
Zielgruppen eigene Welten<br />
kreiert und sie immer wieder<br />
durch Events belebt. Sie konnte<br />
die Unternehmensleitung<br />
sogar davon überzeugen, ungetestete<br />
junge Labels ins Sortiment<br />
aufzunehmen, ohne klare<br />
Aussicht auf Rendite. Kunst<br />
wurde Bestandteil von Selfridges.<br />
Teils wurde das gesamte<br />
Haus unter ein Motto gestellt<br />
und die Londoner haben das<br />
Haus als Kultstätte wahr genommen.<br />
Anders ihre Aufgabe bei Harrods.<br />
Das Traditionsunternehmen<br />
will exklusiv auftreten, alle<br />
Kundenwünsche möglich<br />
machen. Verkauft wird vom<br />
Hubschrauber bis hin <strong>zum</strong><br />
Hunde-Outfit einfach alles.<br />
Harrods stellt Personal Shopper,<br />
Botox-Spezialisten und organisiert<br />
Dinner-Partys. Mit<br />
Produkten erzählt das Haus<br />
Geschichten. Tide-Frater: „Es<br />
geht nie nur um Marketing.<br />
Das Produkt muss im Mittelpunkt<br />
stehen.“ Wichtig sei zunächst<br />
Authentizität der Marke<br />
des Handelshauses.<br />
Daneben dürfen Überraschungen<br />
nicht fehlen, um nicht nur<br />
Erwartetes und Banales zu<br />
präsentieren. Für den Fachhandel<br />
müsse darüber hinaus<br />
der Wert immer wichtiger sein<br />
als der Preis. CW �<br />
1 2 3<br />
4 5<br />
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8<br />
9<br />
10 11<br />
1 Gudrun Höck (BTE)<br />
2 Antje Steding, Jennifer Porth, Diana Schramm (alle TW)<br />
3 Karl Schwitzke (Schwitzke), Jürgen Richter (Gelco)<br />
4 Henning, Cornelia und Hermann Tepe (Tepe)<br />
5 Holger Schmidt (Escada), Simone Vormeyer (Jean Paul), Claudia Seiche<br />
(Blacky Dress), Markus Höhn (Loden-Frey)<br />
6 Dr. Siegfried Jacobs (BTE), Claus Schuster (Defacto)<br />
7 Britta Kükenshöner, Frank Oetzel (beide Höltl)<br />
8 Christine Winter (TW), Claudius Seidl (FAZ)<br />
9 Jörg Wichmann (Berlinomat), Jürgen Müller, Michael Werner (beide TW)<br />
10 <strong>Wo</strong>lfgang Seebauer (Odermark)<br />
11 Joachim Klüner (Hagemeyer), Petra Pankoke (Olsen)<br />
„Das Produkt steht im Mittelpunkt”<br />
QVC-Chef Dr. Ulrich Flatten erläuterte, warum Teleshopping<br />
in Deutschland so erfolgreich ist<br />
Referat zeigte.<br />
QVC ging im Dezember 1996 in<br />
Deutschland auf Sendung und<br />
konnte seinen Umsatz per Ende<br />
2005 auf 629 Mill. Euro ausbauen.<br />
Mit einem Marktanteil<br />
von 58 % ist QVC mit Abstand<br />
die Nummer eins in Deutschland.<br />
Der US-Mutterkonzern,<br />
QVC ist mit einem Umsatz von<br />
rund 6,5 Mrd. Dollar (2005)<br />
weltweit Marktführer. Außer<br />
in den USA und in Deutschland<br />
ist QVC auch in Großbritannien<br />
und in Japan vertreten.<br />
Das Umsatzvolumen des Teleshopping-Markts<br />
in Deutschland<br />
wuchs im vergangenen<br />
Jahr erstmals auf über 1 Mrd.<br />
Euro „und ist noch lange nicht<br />
ausgeschöpft“, so Ulrich Flatten.<br />
Marktforscher erwarten<br />
bis 2010 einen Umsatz der<br />
Branche in Deutschland von<br />
rund 1,6 Mrd. Euro.<br />
„Der Schlüssel <strong>zum</strong> Erfolg ist<br />
unsere konsequente Kundenorientierung“,<br />
sagt Flatten<br />
und erläutert anhand von Beispielen,<br />
dass QVC in seiner gesamten<br />
Organisation auf die<br />
Zufriedenheit der Kunden ausgerichtet<br />
ist. So sind beispiels-<br />
weise 80 Einkäufer permanent<br />
auf der Suche nach neuen Produkten,<br />
die dann in der hausinternen<br />
Qualitätskontrolle<br />
gründlich getestet werden. Dadurch<br />
sei es möglich, die Rückgabefrist<br />
von zwei <strong>Wo</strong>chen laut<br />
Fernabsatzgesetz auf vier <strong>Wo</strong>chen<br />
zu verdoppeln, ohne den<br />
Rohertrag durch hohe Retourenquoten<br />
zu gefährden.<br />
Das sei ein wichtiger, aber nur<br />
kleiner Teil der Kundenorientierung.<br />
Um dem hohen Anspruch<br />
jederzeit gerecht zu<br />
werden, halte QVC als einziges<br />
Unternehmen der Branche in<br />
Deutschland die gesamte Prozesskette<br />
des Teleshopping in<br />
eigener Hand: außer dem Einkauf<br />
und der Qualitätskontrolle<br />
auch die Warenannahme und<br />
Einlagerung, das Studio samt<br />
Moderatoren und Technik am<br />
Unternehmenssitz im Düsseldorfer<br />
Medienhafen, die Call<br />
Center in Bochum und Kassel<br />
mit zusammen rund 1500 Mitarbeitern<br />
und das Distributionszentrum<br />
in Hückelhoven<br />
mit 1050 Mitarbeitern.<br />
„Teleshopping ist ein hochprofessionelles<br />
und anspruchsvolles<br />
Geschäft, die gesamt Kette<br />
wollen wir jederzeit selbst<br />
steuern.“ So seien im vergangenen<br />
Jahr in den Call Centers<br />
24 Millionen Anrufe entgegen<br />
genommen worden, im gleichen<br />
Zeitraum seien im Distributionszentrum<br />
13 Millionen<br />
Pakete an 4,4 Millionen Kunden<br />
verschickt worden. Einer<br />
Studie des Instituts Skopos zu-<br />
Dr. Ulrich Flatten:<br />
„Das Umsatzvolumen<br />
des<br />
Teleshopping-<br />
Markts ist noch<br />
lange nicht<br />
ausgeschöpft.“<br />
folge waren im vergangenen<br />
Jahr 91% der QVC-Kunden mit<br />
dem Unternehmen zufrieden<br />
oder sogar sehr zufrieden.<br />
Als einziges Unternehmen in<br />
Europa sendet QVC täglich 24<br />
Stunden live, nur Heiligabend<br />
werden Aufzeichnungen gesendet.<br />
37 Millionen Haushalte<br />
seien in der Lage, die Sendungen<br />
zu empfangen.<br />
Der große Erfolg und die hohe<br />
Kundenzufriedenheit sind laut<br />
Ulrich Flatten auch auf die besondere<br />
Stärke des Vertriebswegs<br />
Teleshopping zurück zu<br />
führen, die gute Sichtbarkeit<br />
des Produkts und die individuelle<br />
und ausführliche Beratung.<br />
„Bei uns steht immer das<br />
Produkt im Mittelpunkt. Dazu<br />
erläutern die Moderatoren<br />
und oft auch ein Experte aus<br />
dem Haus des Herstellers den<br />
Zuschauern die Produkte in allen<br />
Details, die Waren werden<br />
außerdem in Großaufnahme<br />
von allen Seiten gezeigt.“<br />
Bis zu 14 Minuten dauert eine<br />
Verkaufssendung für ein Produkt,<br />
sie wird täglich bis zu<br />
neun Mal wiederholt. „Eine<br />
ideale Situation für Markenartikel.<br />
Wir bieten eine Einzelpräsentation<br />
ohne Wettbewerb<br />
und eine produktnahe, individuelle<br />
Präsentation. Außerdem<br />
können die Hersteller in<br />
Zusammenarbeit mit unseren<br />
Experten die wesentlichen<br />
Eckpunkte der Sales-Strategie<br />
festlegen und erzielen dadurch<br />
einen konsistenten Markenauftritt<br />
in allen Medien.“<br />
Außer den Verkaufs-Shows im<br />
Internet betreibt QVC auch einen<br />
Online-Shop und bietet in<br />
seinem Programmheft eine<br />
Bühne für den Auftritt von<br />
Marken. Ulrich Flatten: „Wie<br />
leistungsfähig QVC ist, haben<br />
wir erst in der vergangenen<br />
<strong>Wo</strong>che wieder bewiesen. Da<br />
haben wir mit großem Erfolg<br />
Autos eines bekannten norddeutschen<br />
Herstellers verkauft.“<br />
ME �
26 BUSINESS THEMA Nr. 46 16.11.2006 TextilWirtschaft 27<br />
„Einkaufen muss ein<br />
Erlebnis sein“<br />
Von Mode leben: vier Jungunternehmer,<br />
vier Handelsmodelle<br />
In zehn Jahren hat der Modehandel<br />
rund 10 Mill. Euro verloren.<br />
Die vertikalen Wettbewerber<br />
gewinnen, der klassische<br />
Einzelhandel verliert.<br />
Was muss man in diesen Zeiten<br />
bieten, um für seine Kunden<br />
attraktiv zu sein, fragt TW-<br />
Chefredakteur Michael Werner.<br />
Zu dem Thema „Von Mode<br />
leben“ hat er vier Jungunternehmer<br />
zu einer<br />
Talkrunde eingeladen:<br />
Henning Tepe<br />
vom Modehaus Tepe<br />
in Erlangen,<br />
Jörg Wichmann von<br />
Berlinomat in Berlin,<br />
Georg Amling<br />
vom Fashion House<br />
Lu in Ludwigshafen<br />
und Karl-Georg<br />
Reindl vom Schuhhaus<br />
Reindl in Rosenheim.<br />
Was man bieten<br />
muss? „Das Zusammenspiel<br />
von Sortiment,<br />
Personal und<br />
Service-Leistungen<br />
muss stimmen“,<br />
sagt Georg Amling<br />
vom Fashion House<br />
Lu. Er ist vor drei<br />
Jahren in Ludwigshafen<br />
gestartet.<br />
Kurz nachdem er<br />
sein 2300 m² großes<br />
Geschäft mit<br />
dem Schwerpunkt<br />
auf Young Fashion<br />
eröffnet hatte, stellte<br />
er fest, dass sein<br />
Angebot nicht mit<br />
der Nachfrage<br />
übereinstimmte.<br />
Er strukturierte<br />
um und positionierte<br />
sich im mittleren<br />
bis gehobenen Genre.<br />
Mit Erfolg: Die<br />
Durchschnittsbons<br />
steigen und somit<br />
auch die Umsätze.<br />
Für Karl-Georg<br />
Reindl steht die Kommunikation<br />
mit dem Kunden an erster<br />
Stelle. Er setzt außerdem auf<br />
Beständigkeit: „Es gibt viele<br />
Leute, die mit der Schnelligkeit<br />
des Marktes nicht zurecht<br />
kommen. Bei uns finden sie<br />
ein Traditionshaus, das ihnen<br />
Vielfalt, Betreuung und Qualität<br />
bietet.“ Reindl führt das<br />
700m² große Rosenheimer<br />
Schuhhaus aus dem Jahre 1812<br />
in sechster Generation.<br />
Alles andere als traditionell ist<br />
das Geschäftskonzept von Jörg<br />
Wichmann. Die wichtigsten<br />
Faktoren, um Kunden zu beeindrucken,<br />
sind für ihn Kreativität<br />
und Emotionen. Unter<br />
dem Namen Berlinomat hat er<br />
vor drei Jahren eine Plattform<br />
für Berliner Designer ins Leben<br />
gerufen. In Friedrichshain<br />
betreibt er einen 450 m² Laden,<br />
außerdem belegt er eine<br />
Fläche in den Galeries Lafayette<br />
in Berlin.<br />
„Einkaufen muss ein Erlebnis<br />
sein. Auch der Seelsorge-Faktor<br />
ist bei meinen Kunden<br />
enorm wichtig“, sagt Henning<br />
Tepe. Bei seinem Modehaus in<br />
Erlangen steht das Produkt –<br />
hochwertige Damenoberbekleidung<br />
– im Vordergrund.<br />
Beratung wird groß geschrieben.<br />
Tepe hatte das 300 m² große<br />
Haus Anfang 2005 übernommen.<br />
Mit ihren Geschäftsmodellen<br />
haben sich die vier Unternehmer<br />
klar positioniert. Auch für<br />
die Zukunft sind die Ziele gesteckt.<br />
Wichmann ist auf Partnersuche<br />
und will Berlinomat<br />
auch im Ausland positionieren.<br />
Für Tepe heißt es, sich in Erlangen<br />
zu etablieren und den<br />
Kundenkreis zu erweitern.<br />
Amling vergrößert im kommenden<br />
Jahr die KOB. Und für<br />
Reindl besteht die Herausforderung<br />
darin, sein Traditionshaus<br />
immer wieder modern<br />
aufzustellen. JK �<br />
In einer Talkrunde diskutierten Henning Tepe, Jörg Wichmann,<br />
Georg Amling und Karl-Georg Reindl (v.o.).<br />
„Die Ameisen gehören<br />
bei uns <strong>zum</strong> Service“<br />
Andreas Bartmann, Globetrotter Ausrüstung,<br />
Hamburg, über den <strong>Wachstum</strong>smarkt Outdoor<br />
Der Jacken-Test in der Regenund<br />
Windkammer ist ebenso<br />
ein Aha-Erlebnis wie das Indoor-Paddeln<br />
oder das Testen<br />
der Kletterausrüstung an Glaswänden<br />
mit Blick auf die City.<br />
Emotionales Ein- und Verkaufen,<br />
beschreibt Geschäftsführer<br />
Andreas Bartmann den Erfolg<br />
des Hamburger Outdoor-<br />
Anbieters Globetrotter. „Das<br />
Strahlen in den Augen des Verkäufers,<br />
der vom Produkt überzeugt<br />
ist, weil er es selbst getestet<br />
hat.“<br />
Neben aller Innovationsfähigkeit<br />
hält Bartmann das Human<br />
Resource Management für das<br />
wichtigste Kapital. Keine Umsatzprovisionen,<br />
keine Verkaufsvorgaben<br />
für Produkte<br />
und Mengen. „Unsere Mitarbeiter<br />
entscheiden selbst, welche<br />
Produkte sie verkaufen.“<br />
Mit dem Kunden in einem<br />
Boot. Das gilt nicht nur für organisierte<br />
Events, sondern<br />
auch, was die Kulanz angeht:<br />
„Keine Diskussion. Ein Kunde<br />
hat immer Recht.“<br />
Emsig, wie die Blattschneide-<br />
Ameisen im Glaskasten neben<br />
der Servicetheke, haben die<br />
vier Weltenbummler Klaus<br />
Denart, Peter Lechhart, Thomas<br />
Lipke und Andreas Bartmann<br />
ihre Lebenseinstellung<br />
<strong>zum</strong> führenden deutschen Outdoorsport-Handelskonzeptgemacht.<br />
Gestartet 1979 als „wilder Haufen“<br />
mit 150 m² in Hamburg-<br />
Wandsbek, unterhält Globetrotter<br />
heute Filialen in Hamburg<br />
(4250 m²), Berlin<br />
(4950 m²), Dresden (1850 m²),<br />
Frankfurt (1550 m²), Bonn<br />
(2500 m²) und seit März die<br />
neue Dimension mit 7000 m²<br />
in der Kölner Innenstadt. Und<br />
die Expansion soll anhalten.<br />
„Heute sind für uns Flächen ab<br />
4000 m² aufwärts interessant“,<br />
so Bartmann, „und davon wollen<br />
wir noch viele in Deutsch-<br />
Andreas Bartmann, Globetrotter: „Outdoor<br />
ist das zweitstärkste Sport-Segment.“<br />
land haben.“ Globetrotter betreibt<br />
außerdem einen Jack<br />
<strong>Wo</strong>lfskin Franchise-Store in<br />
der Hamburger Mönckebergstraße<br />
(350 m²). Seit vier Jahren<br />
organisieren die Outdoor-<br />
Spezialisten außerdem den<br />
Mailorderservice für Jack<br />
<strong>Wo</strong>lfskin.<br />
2005 setzte Globetrotter mit<br />
600 Mitarbeitern 118 Mill. Euro<br />
um. Das laufende Jahr will<br />
der Multichannel-Anbieter mit<br />
150 Mill. Euro beschließen.<br />
Dazu gehört auch der Versandhandel,<br />
der über 400 000 Kunden<br />
bedient. Drei Viertel des<br />
Versand-Volumens laufen über<br />
das Internet.<br />
Dabei profitieren die beiden<br />
heutigen Gesellschafter Bartmann<br />
und Lipke vom anhaltenden<br />
Outdoor-Trend mit Bekleidung<br />
und Schuhen. Nach dem<br />
Multisport-Segment (24 %) sei<br />
Outdoor mit einem Anteil von<br />
18 % das zweitstärkste Segment<br />
im deutschen Sportartikelmarkt.<br />
DE �<br />
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3 4<br />
5 6<br />
7 8<br />
1 Präsidenten unter sich: Brigitte Wischnewski (BDES), Klaus Magnus (BTE)<br />
2 Klaus Brinkmann (Brinkmann), Peter W. Boveleth (BC&C)<br />
3 Antonia de Heinrich (Tradecard)<br />
4 Klaus J. Stange (BTE-Ehrenpräsident), Hans Georg Menke (Falke)<br />
5 Annegret Hake (Bültel), Ulrich Grohs (Falke)<br />
6 Lisa Marie Rasch, Thomas Rasch, Lisa Meyer, Susanna Rasch<br />
(alle German Fashion)<br />
7 Katrin Opala (German Fashion), Jürgen Dax (BTE), Sandrine Frantz<br />
(German Fashion)<br />
8 Rüdiger Jung (LDT)<br />
„Alle Versender werden<br />
zu Online-Händlern“<br />
Harald Gutschi, Neckermann.de, über den<br />
<strong>Wachstum</strong>smarkt Online-Shopping<br />
„Alle Versender werden zu<br />
Online-Händlern. Da führt kein<br />
Weg dran vorbei“, sagt Harald<br />
Gutschi, seit 2005 Geschäftsführer<br />
von Neckermann<br />
Deutschland. „Das, was Neckermann<br />
55 Jahre lang betrieben<br />
hat, lassen wir hinter uns.<br />
Deshalb heißen wir seit diesem<br />
Jahr Neckermann.de.“<br />
Harald Gutschi zeigte sich<br />
selbstkritisch, als er von den<br />
vegangenen Jahren des Versenders<br />
sprach. „Wir haben<br />
den ersten Online-Boom verschlafen.<br />
Wir hatten das Teleund<br />
Onlineshopping nicht<br />
ernst genommen.“<br />
Heute werden über die Internetseite<br />
www.neckermann.de<br />
bereits rund 285 Mill. Euro<br />
Umsatz erwirtschaftet. Im ersten<br />
Halbjahr 2006 wurde ein<br />
22 %-iges Plus erzielt. 14 000<br />
Artikel werden angeboten, etwa<br />
160 bis 180 Millionen User<br />
klicken sich im Jahr auf die<br />
Website, die schon mehrfach<br />
Auszeichnungen einheimsen<br />
konnte.<br />
„Unser Geschäftsmodell verändert<br />
sich dramatisch. 2008<br />
werden wir ein anderes Unternehmen<br />
sein“, erklärt Gutschi.<br />
Der Anteil der Printwerbekosten<br />
soll bis dahin auf 100 Mill.<br />
Euro nahezu gedrittelt werden.<br />
In zwei Jahren würden<br />
statt heute 250 nur noch 200<br />
Millionen Kataloge gedruckt.<br />
Dafür soll die Zahl der verschickten<br />
Newsletter von 129<br />
auf 340 Millionen wachsen, die<br />
Zahl der Neckermann.de-User<br />
soll auf 500 Millonen steigen.<br />
Müssen beim klassischen Katalog-Versand<br />
rund 250 000 Artikel<br />
pro Saison immer verfügbar<br />
sein, so sei dies beim Online-Business<br />
nicht mehr nötig,<br />
erklärte Gutschi. „2007<br />
werden wir etwa eine Million<br />
Produkte anbieten, die wir<br />
aber nicht alle selbst am Lager<br />
haben.“ Denn alle zwei bis drei<br />
<strong>Wo</strong>chen gibt es einen neuen<br />
Vertriebspartner, für den Neckermann.de<br />
die Absatzplattform<br />
ist.<br />
So wird die französische Modemarke<br />
La Redoute in Deutschland<br />
exklusiv über den Versender<br />
vertrieben. Auch der Erotikartikel-Anbieter<br />
Orion bietet<br />
seine Produktpalette über<br />
Neckermann.de an. Das Modelabel<br />
Mexx promotet pro Monat<br />
bis zu 1500 Artikel. Unter<br />
„Mexx Sales“ setzt das Unternehmen<br />
Warenüberhänge ab.<br />
„Unser Ziel ist es, die E-Commerce-Plattform<br />
Nr. 1 des Volkes<br />
zu werden.“ Und dank des<br />
Einstiegs ins Online-Geschäft<br />
wachse der Versender seit Jahren<br />
das erste Mal wieder. Gutschi:<br />
„Noch sind wir in der Verlustzone,<br />
aber in rund einem<br />
Jahr werden wir Gewinne einfahren.“<br />
PA �<br />
Harald Gutschi: „2008 werden wir ein anderes Unternehmen sein.“
28 BUSINESS THEMA Nr. 46 16.11.2006 TextilWirtschaft 29<br />
„Ab 50 Mill. Euro wird<br />
es interessant“<br />
Peter Zühlsdorff und Xaver Zimmerer über<br />
Investitionen in die Modebranche<br />
Kein Ende der Übernahmen: Xaver Zimmerer (li.) und Peter Zühlsdorff<br />
„Ich bin nicht der klassische<br />
Finanzinvestor, sondern Restrukturierer.<br />
Ich will Werte<br />
schaffen“, sagt Peter Zühlsdorff,<br />
der mit der von ihm kontrollierten<br />
Deutschen Industrie<br />
Holding, Frankfurt am<br />
Main, im vergangenen Jahr<br />
50% des Bekleidungsfilialisten<br />
SinnLeffers übernommen hat<br />
und das Unternehmen jetzt<br />
wieder auf Kurs bringen will.<br />
Für reine Finanzinvestoren<br />
hingegen sei es sicherer und<br />
einfacher, sich auf ertragreiche<br />
Unternehmen zu konzentrieren<br />
und davon gebe es in<br />
der deutschen Modebranche<br />
so einige. So Xaver Zimmerer,<br />
geschäftsführender Gesellschafter<br />
der Düsseldorfer Interfinanz.<br />
Anfang der 90er Jahre erlitten<br />
viele Investoren mit den übernommenenModeunternehmen<br />
Schiffbruch. Das gibt es<br />
laut Zimmerer heute kaum<br />
noch. „Die strategischen Investoren<br />
von früher haben nur auf<br />
Synergien geschaut, das war<br />
der Tod vieler Labels“, sagt er.<br />
Die Textil- und Bekleidungsindustrie<br />
habe die Produktionsverlagerung<br />
<strong>zum</strong> Großteil hinter<br />
sich, deshalb spielten auch<br />
die hohen deutschen Löhne<br />
heute keine große Rolle mehr.<br />
Zimmerer: „Durch die Vielzahl<br />
der Kollektionen pro Jahr ist<br />
das Risiko gering. Hinzu<br />
kommt, dass die Unternehmen<br />
kaum Cash verbrauchen.“<br />
In das operative Geschäft greifen<br />
seiner Meinung nach die<br />
Finanzinvestoren kaum ein.<br />
Normalerweise brauche man<br />
nur einen neuen Geschäftsführer.<br />
Da Investoren sehr gute<br />
Konditionen bieten können,<br />
bekommt man auch Top-Manager,<br />
das ist ein immenser Vorteil<br />
gegenüber strategischen<br />
Investoren oder familiengeführten<br />
Unternehmen. Peter<br />
Zühlsdorff sieht das anders.<br />
Bei SinnLeffers wurde nach<br />
der Übernahme kein Personal<br />
ausgetauscht. „Die Menschen<br />
können doch was. Das Knowhow<br />
der Branche kann einem<br />
Investor nur nutzen.“<br />
Im Textileinzelhandel brauche<br />
es im Vordergrund die Menschen<br />
und im Hintergrund die<br />
besten Systeme. Zühlsdorff:<br />
„Dann funktioniert das auch.“<br />
Ein Ende der Übernahmen<br />
durch Investoren sehen die<br />
beiden Experten übrigens<br />
nicht. In Deutschland gebe es<br />
zwischen 100 und 200 Modeunternehmen,<br />
die für Finanzinvestoren<br />
infrage kommen,<br />
sagt Zimmerer. „Ab einem<br />
Kaufpreis von 50 Mill. Euro<br />
wird es interessant.“ UB �<br />
1 2<br />
3 4<br />
5 6 7<br />
8<br />
1 Michael Staller, Helmut Neher (beide Umdasch)<br />
2 Joachim Aisenbrey (Fischer), Marc-Oliver Lieving, Dr. Knud Theine<br />
(beide Mosaic)<br />
3 Peter Friedrich (Liberty), Andreas Ragsch (Ragsch), Uwe Mainzer (Mainzer)<br />
4 Klaus Magnus (BTE/Magnus), Karin Genrich (BTE/Karin Genrich)<br />
5 Thomas Jaeger (Strellson), Harry Ley (Robert Ley)<br />
6 Andreas Bartmann (Globetrotter), Klaus Striebich (ECE)<br />
7 Peter Paul Polte (TW)<br />
8 Dr. Marcus Cremer (Fashionovation), Paul Falke, Achim Peltz,<br />
Hans Georg Menke (alle Falke)<br />
„Mode hat noch ein<br />
riesiges Potenzial“<br />
Raoul Spanger über die Chancen und<br />
Risiken im Travel Retail-Markt<br />
Wenn es um Travel Retail<br />
geht, kann von einer Nische<br />
keine Rede mehr sein. Die Zahlen,<br />
die Raoul Spanger mitgebracht<br />
hat, sind eine Hausnummer:<br />
27 Mrd. US-Dollar (21<br />
Mrd. Euro) wurden vergangenes<br />
Jahr weltweit im Travel Retail<br />
umgesetzt, auf Butter- und<br />
Kreuzfahrtschiffen, in Grenzshops,<br />
an Bord von Fliegern<br />
und in den Geschäften an Flughäfen.<br />
„Dieses Jahr werden<br />
weitere zwei Milliarden Dollar<br />
hinzukommen“, sagt der Geschäftsführer<br />
des Hamburger<br />
Traditionsunternehmens<br />
Gebr. Heinemann.<br />
Ohne Frage, Travel Retail ist<br />
ein <strong>Wachstum</strong>smarkt. Der<br />
Großteil davon, rund 52 %,<br />
wird an Flughäfen umgesetzt.<br />
Tendenz steigend. Und genau<br />
hier fühlt sich Gebr. Heinemann<br />
zu Hause. Zum einen als<br />
Einzelhändler mit über 140 Geschäften<br />
und 40 lizenzierten<br />
Marken-Shops an internationalen<br />
Flughäfen, <strong>zum</strong> anderen als<br />
Logistikdienstleister und<br />
Großhändler mit über 1000<br />
Kunden in 70 Ländern. Mit<br />
weit über 1 Mrd. Euro Umsatz<br />
wird das Unternehmen vermutlich<br />
noch in diesem Jahr<br />
<strong>zum</strong> Marktführer aufsteigen.<br />
Die Aussichten scheinen auch<br />
auf längere Sicht hervorragend:<br />
Jährlich steigen die Passagierzahlen<br />
um rund 6 %. Und<br />
auf der „Airside“, also mit den<br />
Passagieren, werde das Geld<br />
verdient. „Besonders Geschäftsreisende<br />
wandeln ihre<br />
Reisezeit in Einkaufszeit um.<br />
Sie hetzen <strong>zum</strong> Schalter, checken<br />
ein und haben dann Zeit –<br />
wer kennt das nicht?“<br />
Ein <strong>Wachstum</strong>smotor sei die<br />
professionelle Flächenentwicklung<br />
seitens der Flughafen-Betreiber.<br />
Der Ausbau<br />
schreite insbesondere in Indien<br />
und China voran. Spanger:<br />
„Da ist richtig Dampf<br />
drin.“ Nicht zuletzt seien Flughäfen<br />
laut Spanger ideale<br />
Schaufenster für internationale<br />
Markenpräsenz und Image-<br />
Kommunikation. „Doch die Risiken“,<br />
warnt Spanger, „darf<br />
man dabei keinesfalls außer<br />
Acht lassen.“ Neben unberechenbaren<br />
Umsatzdellen, wie<br />
sie Sars, der 11. September<br />
oder der Wegfall des Duty<br />
Free-Einkaufs innerhalb der<br />
EU verursachten, lauern weitere,<br />
nicht zu unterschätzende<br />
Stolperfallen: hohe Mieten,<br />
Garantieabgaben, befristete<br />
Mietverträge, rund 35 % höhere<br />
Ivestitionskosten aufgrund<br />
von Baubestimmungen, sich<br />
ändernde Passagierströme<br />
und rund 60 % Nichtkäufer.<br />
Hinzu kommen hohe Personalkosten.<br />
Es gilt Stoßzeiten zu<br />
managen und Mitarbeiter zu<br />
finden, die ein anspruchsvolles,<br />
internationales Publikum<br />
bedienen können und bei Öffnungszeiten<br />
von 3 bis 23 Uhr<br />
an 364 Tagen im Jahr flexibel<br />
einsetzbar sein sind.<br />
Trotzdem: „Bislang sind an<br />
den Flughäfen nur die Standardsegmente<br />
abgedeckt. Mode<br />
hat noch ein riesiges Potenzial.“<br />
BO �<br />
Raoul Spanger: „Das Geld wird vor<br />
allem auf der Airside verdient.“<br />
„Die Situation ist so gut<br />
wie lange nicht“<br />
Alfred Haar plädiert für mehr Risiko und<br />
mehr Mut in den Unternehmen<br />
Was wächst wann? <strong>Wo</strong> wächst<br />
was? Und warum soll ein Unternehmen<br />
überhaupt wachsen?<br />
Fragen wie diese sind das tägliche<br />
Geschäft von Dr. Alfred<br />
Haar von der Bielefelder UnternehmensberatungHachmeister+Partner.<br />
Und natürlich hat<br />
er Antworten parat. Über Kunden<br />
wie Marc O’Polo, Engelhorn<br />
und Biba beschäftigt sich<br />
H+P seit über 50 Jahren mit der<br />
Bekleidungsbranche.<br />
Haar plädiert für mehr Risikobereitschaft<br />
und Mut in der<br />
Branche. „Wer siegen will,<br />
muss verlieren können. Die Unternehmen<br />
sind zu gehemmt.<br />
Wenn der Bauer im Frühjahr<br />
nicht in Samen investiert, wird<br />
er im Herbst nichts ernten können.“<br />
Neue Konzepte seien auf<br />
dem Markt gefragter denn je.<br />
Wenn man neue Themen nicht<br />
früh genug angeht, tut es ein<br />
anderer, und wer von Anfang an<br />
dabei ist kann am meisten abschöpfen,<br />
so Haar.<br />
Ein großes Potenzial für lukrative<br />
Investitionen steckt seiner<br />
Ansicht nach in Accessoires<br />
und Trading-up. Handtaschen<br />
und Gürtel sind begehrt und<br />
verkaufen sich gut. Auch Aktionen<br />
mit Celebritys räumt er<br />
große Chancen ein. Er verweist<br />
auf die Firma S.Oliver, die mit<br />
ihrer Anastacia-Aktion für internationales<br />
Aufsehen gesorgt<br />
hat und damit ihren Bekanntheitsgrad<br />
enorm steigern konnte.<br />
Solche Möglichkeiten sollten<br />
mehr genutzt werden.<br />
Auch das Internet werde im<br />
Zeitalter von Web 2.0 immer<br />
noch unterschätzt. „Das <strong>Wo</strong>rld<br />
Wide Web ist bestens geeignet<br />
zur Kaufanbahnung, auch für<br />
den stationären Handel.“<br />
Die Möglichkeiten für <strong>Wachstum</strong><br />
sind vielfältig: Erweiterung<br />
der Produktpalette, neue<br />
Stilgruppen, Expansion in neue<br />
Regionen oder Segmente, aber<br />
auch neue Vertriebskanäle<br />
Dr. Alfred Haar: „Die Voraussetzungen<br />
für die Zukunft sind optimal.“<br />
sieht der Unternehmensberater.<br />
Zahlreiche Internet- und<br />
TV-Shops machen dem Einzelhandel<br />
Konkurrenz, warum<br />
nicht selbst dort einsteigen?<br />
Anstatt zuzusehen wie der Umsatz<br />
schwindet, könne man von<br />
den technischen Entwicklungen<br />
profitieren und wachsen.<br />
Investitionen sollten getätigt<br />
werden, wenn es mit dem Unternehmen<br />
bergauf geht, nicht<br />
erst dann, wenn die Geschäfte<br />
anfangen zu bröckeln. Der richtige<br />
Zeitpunkt macht’s. Und<br />
wann wäre ein besserer Zeitpunkt<br />
als heute?<br />
„Die Situation ist so gut wie<br />
schon lange nicht mehr. Die Arbeitslosenzahlen<br />
sinken weiter,<br />
die Innenstädte wachsen, und<br />
die Zinssätze sind nach wie vor<br />
niedrig. Das sind optimale Vorraussetzungen<br />
für die Zukunft“,<br />
meint Alfred Haar und<br />
appelliert abschließend an die<br />
Kongressteilnehmer: „Bereiten<br />
Sie sich heute vor, morgen<br />
könnte es schon zu spät<br />
sein.“ NP �
30 BUSINESS THEMA Nr. 46 16.11.2006 TextilWirtschaft 31<br />
Angst vorm Abschied<br />
von der Jugend<br />
Claudius Seidl, FAZ, über den Umgang<br />
mit dem Jugendwahn<br />
Die tonangebende Generation<br />
bewegt sich auf die 40 zu. Sie<br />
möchte sich von der eigenen<br />
Jugend nicht gerne verabschieden,<br />
möchte nie erwachsen<br />
werden. Sie setzt auf Eigenschaften<br />
wie Dynamik, Neu-<br />
Claudius Seidl: „Während die<br />
Gesellschaft immer jünger wird,<br />
werden wir als Einzelne immer älter.“<br />
gier, Flexibilität, Offenheit und<br />
Aggressivität. Am liebsten<br />
möchte sie für immer 35 bleiben.<br />
„Jeder ist 35“, wie die<br />
amerikanische Vogue einst<br />
schrieb.<br />
Ganz anders ist sie als die Generation<br />
der Eltern, die klare<br />
Vorstellungen vom Weg ins Erwachsensein<br />
hatte und für die<br />
Erfahrung und Weisheit zählte.<br />
Claudius Seidl, Feuilleton-<br />
Chef der FAZ , stellte Ursachen<br />
und Folgen dieser Entwicklung<br />
dar und erzählte aus<br />
seinem Buch Schöne junge<br />
Welt. Warum wir nicht mehr äl-<br />
ter werden. „Während wir als<br />
Gesellschaft immer jünger<br />
werden, werden wir als Einzelne<br />
immer älter. Wir stecken<br />
mitten in einem Prozess, dessen<br />
Ausgang wir noch gar nicht<br />
absehen können“, sagt er. „Wir<br />
altern anders“. Was, so seine<br />
Botschaft an das Auditorium,<br />
an der Modebranche nicht<br />
spurlos vorüber geht.<br />
Er zitierte den Designer Michael<br />
Kors: In seinen Kleidern<br />
sollten 20-jährige Schauspielerinnen<br />
genauso alt aussehen<br />
wie Kolleginnen, die heute<br />
Mitte 50 sind: 35 eben.<br />
In einer Demokratie habe jeder<br />
das Recht, wie 35 auszusehen<br />
und sich auch so zu fühlen.<br />
„Wenn aber alle 35 sind, entfällt<br />
jeder Generationskonflikt,<br />
der die Verhältnisse zwischen<br />
den Alten und den Jungen<br />
im 20. Jahrhundert so<br />
übersichtlich machte“, mahnte<br />
er. Und in den vergangenen<br />
Jahren hätte sich in der Mode<br />
oder in der Popmusik kaum etwas<br />
oder gar nichts geändert.<br />
Die Jahrgänge, die beim Älterwerden<br />
konsequent das Altern<br />
verweigern, hätten schon vor<br />
Jahren ihre endgültigen Geschmacksurteile<br />
gefällt und<br />
lassen weder Revision noch<br />
Berufung zu.<br />
Wäre das alles indes so wie geschildert,<br />
käme einem schon<br />
lange vor dem 35. Jahr unseres<br />
35-Seins das Leben wie ein Gefängnis<br />
vor, oder <strong>zum</strong>indest<br />
wie ein Exil. Weit abgelegen<br />
von allem, was Leben ist. So<br />
solle man eigentlich gleich damit<br />
anfangen, sich mit den Zeichen<br />
des Alters zu versöhnen,<br />
lautet letztlich sein Plädoyer<br />
gegen den Jugendwahn. Vielleicht<br />
sei es ja ganz einfach, an<br />
Land zu gehen und in der<br />
Abendröte noch einmal hinauszuschauen<br />
auf das Meer der<br />
Möglichkeiten, in dem man<br />
nicht ertrunken ist. BE �<br />
1 2<br />
4 5<br />
7 8 9<br />
11 12 13<br />
1 Stephan von Parpart (Sal. Oppenheim), Achim Peltz (Falke)<br />
2 Susanne Tide-Frater, Dr. Rolf Grisebach (Deutscher Fachverlag)<br />
3 Uwe Kauert (Cinque), Harald Mösel (Defacto)<br />
4 Antje Kaletta (To do), Andreas Ragsch (Ragsch)<br />
5 Renata De Pauli (De Pauli), Stephan Horst (Brinkmann)<br />
6 Jens Ristedt (Ristedt), Dirk Normann (Normann)<br />
7 Thorsten Müller, Achim Peltz (beide Falke)<br />
8 Enrico Tomassini (Leineweber)<br />
9 Dr. Alfred Haar (Hachmeister+Partner), Gilbert Rottmann (Rottmann)<br />
10 Martin Seitz (Nike)<br />
11 Jennifer Porth (TW), Lars Janowski (Lindex)<br />
12 Axel Augustin (BTE), Ursula A. Diehl (Messe Offenbach)<br />
13 Renate Kielbassa (Toshiba TEC), Frank Binnenbruck (Futura)<br />
3<br />
6<br />
10<br />
Mehr vom<br />
Modehandels-Kongress<br />
Noch mehr Fotos von Menschen<br />
auf dem Modehandelskongress sind auf<br />
TWnetwork.de zu sehen.<br />
www.TWnetwork.de<br />
Klicken Sie sich durch die Bildergalerien<br />
auf www.TWnetwork.de/szene<br />
Marktplatz der Möglichkeiten<br />
für die Modebranche<br />
Effizienztag Mode richtet den Fokus auf die Kunden –<br />
25 Vorträge, über 40 Aussteller und Sponsoren<br />
Erst <strong>zum</strong> zweiten Mal hat im<br />
Vorfeld des Modehandelskongresses<br />
der Effizienztag Mode<br />
stattgefunden. Und doch hat<br />
sich die Veranstaltung als<br />
Marktplatz der Möglichkeiten<br />
bereits etabliert.<br />
Rund 25 Vorträge von IT-Anbietern,Logistik-Dienstleistern,<br />
Marketing-Experten und<br />
unterschiedlichen anderen Lösungs-Anbietern<br />
für Unternehmen<br />
der Modebranche zeigten<br />
auf, wie vielfältig das Business<br />
ist. Es wurde in den zwei paralellen<br />
Sessions – IT und Logistik<br />
sowie POS und Merchandising<br />
– deutlich, dass sowohl<br />
bei den Backend-Prozessen als<br />
auch unmittelbar am Point of<br />
Sale noch großes Potenzial für<br />
Verbesserungen und Optimierungen<br />
schlummert.<br />
Der Weg zur partnerschaftliche<br />
Prozess-Optimierung<br />
führt stets über den Konsumenten.<br />
Er ist Ausgangspunkt<br />
und Abschluss aller Planungen<br />
sowie Strategien und schließlich<br />
allen Erfolgs im Einzelhandel.<br />
Das ist eine der Haupterkenntnisse<br />
der Veranstaltung.<br />
Es mangelt in diesem Zusammenhang<br />
nicht an Selbstkritik<br />
bei den Vertretern der Dienst-<br />
leister, die auf den Modehandel<br />
ausgerichtete Spezial-Lösungen<br />
anbieten.<br />
Obwohl sie sich intensiv mit<br />
Anforderungen und Gegebenheiten<br />
der Branche auseinandersetzen<br />
müssen, sind auch<br />
sie natürlich nicht im Besitz<br />
des Kolumbus-Eis. Gleichwohl<br />
sind sie auf der Suche nach<br />
bestmöglichen Lösungen. Johannes<br />
Schick vom Filial-Software-Spezialisten<br />
Höltl, Bad<br />
Hersfeld, umreißt das Ziel mit<br />
dem Motto „Die endliche Geschichte<br />
von unglücklichen<br />
Kunden.“ Alle, die Lösungen<br />
für den Handel anböten, hätten<br />
auch Verantwortung für die<br />
Todsünden im Handel, sagt er<br />
weiter.<br />
Erst wenn der Kunde zufrieden<br />
ist, dann kann auch der<br />
Händler glücklich sein. Die Wege<br />
zu diesem Ziel bleiben leider<br />
nie dieselben. Wünsche<br />
und Anforderungen der Kunden<br />
unterliegen einem steten<br />
Wandel. Ohne permanente<br />
Selbstkritik und das Infragestellen<br />
des eigenen Tuns, wird<br />
der Erfolg ausbleiben. Der Vergleich<br />
mit den Besten im<br />
Markt ist wichtig. Das Zauberwort<br />
heißt Benchmarking.<br />
<strong>Wo</strong>lfgang Merkle von der Kaufhof<br />
Warenhaus AG, Köln, zeigte,<br />
welche Auswirkungen eine<br />
Benchmark-Analyse auf einen<br />
Warenhaus-Konzern haben<br />
kann. „Danach war die konsequente<br />
Profilierung der Galeria<br />
zur starken Lifestyle-Marke<br />
zwingend.“ Der Schlüssel <strong>zum</strong><br />
Erfolg bleibt immer der Kunde.<br />
„Man muss sich die zentrale<br />
Frage stellen: Warum sollen<br />
Kunden zu uns kommen?“<br />
Dabei darf man nicht nur auf<br />
die Konkurrenz oder die Medien<br />
schauen. Der Blick über<br />
den Tellerrand, vor allem in<br />
service-orientierte Branchen,<br />
sei nötig.<br />
Von der Produktentwicklung<br />
über die Logistik und Abbildung<br />
der Prozesse in der EDV<br />
bis hin <strong>zum</strong> POS, der Mitarbeiterentwicklung,<br />
der Flächenplanung<br />
und der Warenpräsentation:<br />
25 Vorträge und eine<br />
Fachaussstellung mit gut 40<br />
Spezialisten, die Lösungen<br />
und Dienstleistungen rund um<br />
den Modehandel präsentierten,<br />
machten deutlich, dass die<br />
Supply Chain am Ende immer<br />
für den Kunden da sein muss.<br />
Erst dann stellt sich der Erfolg<br />
ein – für alle Beteiligten. CL �<br />
Gut 40 Aussteller und Sponsoren, darunter auch das Saarbrücker Softwarehaus Intex, zeigten während der zwei<br />
Tage in Düsseldorf ihre Lösungen und Dienstleistungen für die Modebranche.