01/2015
Fritz + Fränzi Fritz + Fränzi
Fr. 7.50 1 /Februar 2015 OMA, OPA, KIND Was die Beziehung zwischen Grosseltern und Enkelkindern so besonders macht. JUGEND-SUIZID Wie Eltern merken, dass ihr Kind gefährdet ist. Und was sie dann tun können. WOCHENEND-PAPA Wie das Leben zwischen Abschied, Sehnsucht und Vorfreude gelingen kann. Alles, was Eltern zum Thema Schlaf wissen müssen – 16 Seiten Wie viel Schlaf braucht mein Kind?
- Seite 2 und 3: Immer da, wo Zahlen sind. Reden Sie
- Seite 4 und 5: Inhalt Ausgabe 1 / Februar 2015 ar
- Seite 6 und 7: [ [ Entdecken Jahren Dank Erasmus d
- Seite 8 und 9: [ Entdecken [ «Um die Gefahr wirkl
- Seite 10 und 11: Dossier Schlaf! Kindlein! Schlaf! M
- Seite 12 und 13: Dossier Machen gern die Nacht zum T
- Seite 14 und 15: Rubrik Kinder schlafen anders als E
- Seite 16 und 17: Dossier 6 Fragen an den Schlafforsc
- Seite 18 und 19: Dossier >>> um 6 Uhr keine Schwieri
- Seite 20 und 21: Dossier Kampfzone Familienbett? Fü
- Seite 22 und 23: Dossier Ist das Handy an den Schlaf
- Seite 24 und 25: Dossier Wie Schulkinder sich schlau
- Seite 26 und 27: Psychologie & Gesellschaft Wenn Jug
- Seite 28 und 29: Psychologie & Gesellschaft >>> und
- Seite 30 und 31: 30 FEBRUAR 2015
- Seite 32 und 33: Monatsinterview >>> auch in die Par
- Seite 34 und 35: Monatsinterview «Jugendlichen fäl
- Seite 36 und 37: Die Alles-ist-möglich-Lüge Über
- Seite 38 und 39: Alexander Volz wohnt in Burgdorf BE
- Seite 40 und 41: Psychologie & Gesellschaft Marc Wit
- Seite 42 und 43: Psychologie & Gesellschaft >>> übe
- Seite 44 und 45: Erziehung & Schule Die Welt auf ein
- Seite 46 und 47: «Man wird sehr bescheiden, wenn ma
- Seite 48 und 49: Erziehung & Schule Wenn am Morgen d
- Seite 50 und 51: Aufgeklärt HILFE! Ich mach’s mir
Fr. 7.50 1 /Februar 2<strong>01</strong>5<br />
OMA, OPA, KIND<br />
Was die Beziehung zwischen<br />
Grosseltern und Enkelkindern<br />
so besonders macht.<br />
JUGEND-SUIZID<br />
Wie Eltern merken, dass ihr<br />
Kind gefährdet ist. Und was<br />
sie dann tun können.<br />
WOCHENEND-PAPA<br />
Wie das Leben zwischen<br />
Abschied, Sehnsucht und<br />
Vorfreude gelingen kann.<br />
Alles, was Eltern zum Thema Schlaf<br />
wissen müssen – 16 Seiten<br />
Wie viel<br />
Schlaf<br />
braucht<br />
mein Kind?
Immer da, wo Zahlen sind.<br />
Reden Sie mit uns über<br />
Ihre Vorsorge.<br />
Wir machen den Weg frei
Editorial<br />
Foto: Geri Born<br />
Nik Niethammer<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Neulich sagte mein fünfjähriger Sohn: «Du, Papi, wir kennen uns ja noch nicht so<br />
lange.Was hast du eigentlich gemacht, als ich noch nicht auf der Welt war?» Was für<br />
eine Frage! Ich nahm meinen Sohn in den Arm und knuddelte ihn lange. Dann<br />
haben wir uns hingesetzt. Und ich begann zu erzählen. Von meiner Kindheit,<br />
meiner Schulzeit. Dass ich Astronaut werden wollte. Und Seiltänzer.<br />
Mein Sohn liebt diese Momente. Allein mit dem Papi. Kein Handy, das klingelt,<br />
keine Schwester, die nervt. Ich versuche so viel Zeit wie möglich mit meinen Kindern<br />
zu verbringen. Sie an meinem Leben teilhaben zu lassen. Nicht immer gelingt das<br />
so, wie ich es mir wünsche. Wenn wir zusammen sind, achte ich auf das, was sie<br />
sagen. Und wie sie es sagen. Ich erfahre von ihren Wünschen und Freuden und<br />
Sorgen und auch Ängsten.<br />
«90 Prozent der Erziehung geschieht dadurch, dass sich Kinder intuitiv an Vater<br />
und Mutter orientieren», sagt der dänische Familientherapeut Jesper Juul. Das ist<br />
beruhigend zu wissen: Es braucht also vielleicht gar keine ausgeklügelten Erziehungsmethoden.<br />
Aber Juuls Aussage beinhaltet auch grosse Verantwortung: Was<br />
wir als Eltern vorleben, wird übernommen. Kinder zu kritisieren, sie sollen nicht<br />
ständig vor der Flimmerkiste sitzen, und selbst stundenlang fernsehen, geht nicht.<br />
«Eltern müssen zulassen, dass<br />
Kinder ihr Leben bereichern,<br />
auch wenn es wehtut.»<br />
Jesper Juul, dänischer Familientherapeut<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi will Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser,<br />
auch im 15. Jahr seines Bestehens Wegbegleiter sein. Als neuer Chefredaktor möchte<br />
ich Sie, wenn Sie mögen, an die Hand nehmen. Ihnen in nicht immer einfachen<br />
Zeiten mit Rat und Tipps Entscheidungen erleichtern, auch mal Trost spenden.<br />
Ihnen aufzeigen, dass andere Eltern sich mit den gleichen Fragen beschäftigen. Sie<br />
sind nicht allein! Einer der häufigsten Sätze unseres Kinderarztes war: Das ist völlig<br />
normal. Das Kind weint? Ist völlig normal. Durchlebt eine<br />
Trotzphase nach der andern. Völlig normal. Kann Dinge<br />
besser und andere Dinge weniger gut als gleichaltrige<br />
Kinder: auch völlig normal.<br />
Ich glaube – und ich schreibe dies aus eigener Erfahrung:<br />
Eltern machen sich heute zu viele Sorgen. Nichts raubt<br />
Heranwachsenden so gründlich das Selbtbewusstsein<br />
wie die ständige Sorge der Eltern. Entspannen wir uns also. Trauen wir unseren<br />
Kindern mehr zu. Lassen wir sie gefährliche Dinge tun und versuchen nicht,<br />
sie überzubehüten. Treffen wir Entscheidungen mit ihnen, nicht ohne sie.<br />
Ich plädiere für mehr Gelassenheit im familiären Miteinander. Auch wenn die Aufgaben<br />
und Herausforderungen an uns Eltern grösser geworden sind: Wie kann<br />
das Nebeneinander von Beruf und Familie gelingen? Wie gestalten wir die Mediennutzung<br />
unserer Kinder? Wie entkrampfen wir das Verhältnis zu ihren Lehrern?<br />
Es sind diese und andere grosse Themen, mit denen sich Familien heute beschäftigen.<br />
Ich freue mich darauf, mit Ihnen zusammen Antworten zu finden.<br />
Ihr Nik Niethammer<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 3
Inhalt<br />
Ausgabe 1 / Februar 2<strong>01</strong>5<br />
ar<br />
Augmented Reality<br />
Überall, wo Sie dieses Zeichen sehen, erhalten Sie digitalen<br />
Mehrwert im Heft. Auf Seite 57 beschreiben wir Ihnen, was Augmented<br />
Reality ist und wie Sie diese mit Fritz+Fränzi nutzen können.<br />
Hier verraten wir schon einmal so viel: Hinter dem ar-Logo<br />
verbergen sich Videos und Zusatzinformationen zu den Artikeln.<br />
Psychologie & Gesellschaft<br />
26 Wenn Jugendliche an Suizid denken<br />
Selbstmord ist die zweithäufigste<br />
Todesursache bei Jugendlichen:<br />
wie Eltern merken, dass ihre Kinder<br />
gefährdet sind. Und was sie dann tun<br />
können.<br />
35 Modell Jugendlohn<br />
Wie Teenager lernen, richtig mit<br />
Geld umzugehen.<br />
38 Familie auf Distanz<br />
Wenn Väter zwischen Familie und<br />
Arbeit pendeln. Eine Reportage.<br />
10<br />
Dossier: Schlafen<br />
16 Was tun, wenn Kinder nachts<br />
nicht durchschlafen? Tipps von<br />
Schla forscher Peter Hunkeler.<br />
20 Nachtwanderung: Wenn Kinder<br />
das Ehe- zum Familienbett<br />
machen.<br />
24 Wie gesunder Schlaf Schüler<br />
schlau macht.<br />
Foto: Gabi Vogt / 13Photo<br />
Cover<br />
Schüler John (11)<br />
hat keine<br />
Schlafprobleme.<br />
Zum Glück. Die<br />
Szene ist gestellt.<br />
Fotos: Gabi Vogt / 13Photo, Désirée Good / 13Photo, Raffael Waldner / 13Photo, Mint Images<br />
4 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
30 38 64<br />
Herr Professor Guyer, wie sehr dürfen<br />
Grosseltern ihre Enkelkinder verwöhnen?<br />
Trend mobile Familie: Marc Wittwer sieht<br />
seine Familie nur am Wochenende.<br />
Chat-Dienste sind bei Teenagern<br />
beliebt, unbedenklich sind sie nicht.<br />
Erziehung & Schule<br />
44 Eine Schule für alle<br />
Jugendliche aus 50 Nationen lernen<br />
am United World College in Swasiland<br />
gemeinsam. Ein Schulbesuch.<br />
48 Bettnässer<br />
Wenn noch im Schulalter morgens<br />
das Bett nass ist, schämen sich<br />
Kinder und Eltern. Das muss nicht<br />
sein.<br />
52 Die magische Welt des Zauberns<br />
Hokuspokus ... Beim Zaubern lernen<br />
Kinder konzentrierter.<br />
54 Schulentwicklung<br />
Was es für den schulischen Erfolg<br />
braucht? Gute Lehrer.<br />
Ernährung & Gesundheit<br />
58 Zu früh geboren<br />
Frühgeborene sind in der Schule nicht<br />
selten in ihrer Gedächtnisleistung<br />
beeinträchtigt. Intensives Üben hilft.<br />
62 Stark in den Tag<br />
ar Ein gesundes Frühstück macht<br />
leistungsfähig.<br />
63 Vorsicht Nebenwirkungen!<br />
Über den richtigen Umgang mit<br />
Medikamenten bei Kindern und<br />
Jugendlichen.<br />
Digital & Medial<br />
64 Messenger-Programme<br />
Was Eltern über WhatsApp und Co.<br />
wissen und mit ihren Kindern<br />
besprechen sollten.<br />
66 Angst, etwas zu verpassen?<br />
Warum Jugendliche so schnell auf<br />
Kurznachrichten antworten.<br />
68 Suchtgefahr Online-Games<br />
Gamen macht Spass. Aber wann wird<br />
das Spielen im Internet bedenklich?<br />
70 Mädchen am Drücker<br />
ar Videospiele sind nicht nur<br />
«Bubensache», Mädchen spielen<br />
auch, nur anders.<br />
71 Mixed Media<br />
Service<br />
69 Abo<br />
ar<br />
76 Freizeit-Tipps<br />
78 Impressum/Sponsoren<br />
79 Buchtipps<br />
80 Bonbons<br />
81 10<strong>01</strong> Adressen<br />
Rubriken<br />
03 Editorial<br />
06 Entdecken<br />
30 Monatsinterview<br />
Der Paar- und Familienberater<br />
Jean-Luc Guyer über das Verhältnis<br />
zwischen Grosseltern und Enkeln.<br />
36 Abgedruckt<br />
Beruf und Familie sind nicht<br />
vereinbar, sagen zwei Journalistinnen.<br />
Ein Auszug aus ihrem Buch.<br />
43 Stiftung Elternsein<br />
Ellen Ringier über die Notwendigkeit,<br />
unsere Werte zu erhalten.<br />
50 Aufgeklärt<br />
Selbstbefriedigung.<br />
56 Kolumne<br />
Michèle Binswanger über Trennung.<br />
73 Pro & Kontra<br />
Soll man Kindern das Fernsehen<br />
verbieten? Zwei Väter – zwei<br />
Meinungen.<br />
74 Leserbriefe<br />
82 Im Mittelpunkt<br />
Hobby-Schauspielerin Sophie liebt<br />
die Bretter, die die Welt bedeuten.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 5
[<br />
[<br />
Entdecken<br />
Jahren Dank Erasmus das Licht der Welt erblickt.<br />
Mit dem EU-Austauschprogramm fahren Studierende ins Ausland, um dort die Sprache zu lernen – und offenbar auch die Liebe zu finden.<br />
1000 000 27 Babys haben in den letzten<br />
Die Wahrheit über die Liebe<br />
Frauen, die Männer verführen wollen, sollen Rot tragen. So zu tun,<br />
als sei man nicht interessiert, bringt beim Flirten nichts. Und<br />
Männer sagen – statistisch betrachtet – zuerst «Ich liebe dich».<br />
Das sind drei der Erkenntnisse aus dem Buch von Jule Specht. Die<br />
Psychologin und Professorin schreibt neben ihrer Forschung in<br />
einem Blog (www.jule-schreibt.de) über Studien, die im Alltag von<br />
Nutzen sein könnten. Aus dem Blog ist nun ein Buch entstanden.<br />
Jule Specht: Suche kochenden Betthasen – Was wir aus<br />
wissenschaftlichen Studien für die Liebe lernen können,<br />
Rowohlt, 2<strong>01</strong>4, 208 Seiten, Fr. 14.90.<br />
Fotos: ZVG, rowohlt Verlag, Gabi Vogt / 13 Photo<br />
«Grosseltern wollen Enkel<br />
bewusst begleiten»<br />
Spezielle Grosselternreisen? Barbara Tonn (Foto) war<br />
schon drei Mal dabei und erklärt, worauf es für sie als<br />
Kinderbetreuerin ankommt, wenn sie mit Kindern und ihren<br />
Grosseltern unterwegs ist. Interview: Evelin Hartmann<br />
Erziehung heute –<br />
Mut zur Gelassenheit<br />
Wie umgehen mit Geschwisterstreit?<br />
Diagnose AD(H)S: was tun? Antworten<br />
auf diese und viele weitere Fragen<br />
finden Eltern am Kantonalen Elternbildungstag<br />
der Bildungsdirektion des<br />
Kantons Zürich am 28. März in<br />
Winterthur. Neben acht Workshops zu<br />
unterschiedlichen Erziehungsthemen<br />
wie Pubertät, Sexualität und Schule<br />
referiert der Ethnologe Rolf Gollob zum<br />
Thema «Lebenskompetenz – was<br />
braucht es zum Erwachsenwerden?».<br />
Kosten pro Person: 50 Franken, Paare<br />
90 Franken. Anmeldungen bis zum 28.<br />
Februar unter www.elternbildung.zh.ch/<br />
elternbildungstag.<br />
Frau Tonn, was ist Ihre Aufgabe als Kinderbetreuerin bei<br />
einer Grosseltern-/Enkelreise?<br />
Ich stelle ein Programm zusammen, das sich hauptsächlich<br />
an den Kindern orientiert, aber auch den Grosseltern etwas<br />
bietet. Viele Grosseltern wollen kein getrenntes Programm,<br />
da sie es geniessen, ihre Enkel zum ersten Mal Kanu fahren<br />
oder klettern zu sehen. Andere brauchen mehr Zeit für sich,<br />
zur Erholung, so dass sie froh sind, wenn ihre Enkel mit den<br />
anderen Kindern mal mehrere Stunden einen Ausflug<br />
unternehmen. Die meisten Grosseltern sind es, anders als<br />
die Eltern, nicht gewohnt, 24 Stunden mit den Kindern<br />
zusammen zu sein. Da bin ich gefordert.<br />
Die Reisen richten sich an Kinder zwischen 6 und<br />
14 Jahren. Hat ein 14-Jähriger noch Lust, mit einem<br />
6-Jährigen im Wattenmeer auf Schatzsuche zu gehen?<br />
Oh ja! Zumindest jene, die sich zu diesen Reisen anmelden.<br />
Natürlich wissen die Älteren, dass ich den Schatz versteckt<br />
habe, aber ich mache sie sozusagen zu meinen Komplizen,<br />
gehe mit ihnen die Strecke vorher ab, zeichne mit ihnen die<br />
Schatzkarte. Das macht den meisten Spass.<br />
Was machen Grosseltern anders als vor 20, 30 Jahren?<br />
Grosseltern sind aktiver, sie wollen etwas mit den Kindern<br />
unternehmen, sie bewusst begleiten. Deshalb bieten wir die<br />
Reisen erst für Kinder ab 6 Jahren an. Ein 3-Jähriger kann<br />
beispielsweise noch keine lange Velostrecke zurücklegen.<br />
www.baumeler.ch/familienreisen<br />
6 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Rubrik<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 7
[<br />
Entdecken<br />
[<br />
«Um die Gefahr wirklich zu mindern, müssten Autofahrer die Geschwindigkeit reduzieren,<br />
das zeigen Untersuchungen», sagt Thomas Schweizer, Geschäftsleiter des Vereins Fussverkehr Schweiz,<br />
in der Diskussion um die Wirksamkeit von Leuchtwesten für Fussgänger.<br />
Kostenlos Deutsch lernen<br />
«Ich lerne, du lernst, sie lernen, wir lernen» – in Basel können<br />
Migranten neu kostenlos Deutschkurse belegen. Das Angebot des<br />
Kantons Basel-Stadt ist freiwillig – und es ist bisher einmalig in<br />
der Schweiz. Bisher belegen nur etwa 7 Prozent der Zuzüger<br />
einen Deutschkurs. «Einfach aus dem Grund, weil sich viele<br />
Migranten einen Deutschkurs nicht leisten können», erklärt<br />
SP-Präsidentin Brigitte Hollinger die geringe Nachfrage. Mit dem<br />
neuen Angebot soll das anders werden. Auch gut verdienende<br />
Expats, die mit ihren Familien in der Regel nur für kurze Zeit in<br />
Basel arbeiten, sollen angesprochen werden. Als Vorbild für die<br />
kostenlosen Sprachkurse dienen übrigens ähnliche Modelle in<br />
Skandinavien. In Schweden lernen zugezogene Schweizer somit<br />
schon länger kostenlos, dass «ich lerne» «jag lär mig» heisst.<br />
Gebildete Maulwürfe<br />
Ob es am ständigen Starren auf Bildschirme liegt? Forscher<br />
der Universität Mainz in Deutschland fanden in einer aktuellen<br />
Studie heraus, dass Kurzsichtigkeit häufiger auftritt, je höher<br />
der Bildungsgrad ist. Nur 24 Prozent der kurzsichtigen<br />
Probanden verfügen über keine höhere Schulbildung. Von den<br />
Personen mit Abitur oder Berufsabschluss waren laut Studie 35<br />
Prozent kurzsichtig. Von den Hochschulabsolventen sogar ganze<br />
53 Prozent. Mit jedem absolvierten Schuljahr steigt die Chance,<br />
kurzsichtig zu werden – was aber natürlich keinen vom Lernen<br />
abhalten sollte.<br />
Stress und Glück im Schulzimmer<br />
Depression, Burnout, Überforderung: Eine Nationalfondsstudie<br />
der Fachhochschule Nordwestschweiz hat<br />
erstmals schweizweit die Arbeitsleistung von Lehrern<br />
untersucht – mit dem Ergebnis, dass sich jeder fünfte<br />
Pädagoge «ständig überfordert» fühlt. Jeder dritte<br />
Pädagoge leidet sogar mindestens einmal pro Monat<br />
unter depressiven Beschwerden, ebenso viele sind<br />
Burnout-gefährdet. Gründe für die hohe Belastung: ein<br />
hohes Arbeitspensum, Konflikte mit den Eltern,<br />
schwierige Schüler und der sogenannte Präsentismus,<br />
so bleiben Lehrpersonen oft auch bei Krankheit nicht<br />
zu Hause. Die Studie kommt aber auch zu positiven<br />
Ergebnissen: Immerhin 87,2 Prozent der Befragten<br />
gaben an, dass ihnen ihre Arbeit Spass macht.<br />
Fotos: Markus Forte / Ex-Press, Shutterstock, Gaëtan Bally / Keystone<br />
Ferien<br />
Jetzt Sommerferien<br />
buchen! Auf kidstravel.ch<br />
gibt es besonders<br />
familienfreundliche<br />
Unterkünfte.<br />
8 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Acrobat.<br />
Damit Ihr Kind<br />
nach der Genesung<br />
wieder mitten<br />
im Leben steht.<br />
Grosser Wettbewerb !<br />
www.acrobat2<strong>01</strong>5.ch<br />
MISSION RUNDUM GESCHÜTZT<br />
Dank Schutz vor bleibenden Folgen eines Unfalls. Wir sorgen dafür, dass Ihr<br />
Kind nach einem Unfall keine sichtbaren Erinnerungen behält und decken deshalb auch Leistungen wie<br />
ästhetische Chirurgie. Kosten für den Nachhilfeunterricht bei langer Absenz und die Pflege zuhause<br />
werden ebenfalls übernommen. Acrobat ist die ideale Ergänzung zur Grundversicherung SanaTel.<br />
Jetzt Offerte bestellen: www.rundumgeschützt.ch oder 0800 808 1<strong>01</strong>.<br />
Ihre Mitgliedsversicherer der<br />
In Kooperation mit:<br />
LernErlebnisKurse<br />
sind Ferienspaß hoch 3!<br />
Ferien an besonderen Orten<br />
An außergewöhnlichen Orten gibt es<br />
spannende Outdoor-Aktivitäten und<br />
zahlreiche Kreativangebote. Freunde aus<br />
aller Welt sind dabei schnell gefunden!<br />
Ferien mit Erlebnis-Faktor<br />
Praxisnah und eindrucksvoll: Exklusive<br />
Ausflüge führen hinter die Kulissen von<br />
Sport, Kunst und Kultur.<br />
Ferien mit Köpfchen<br />
Ergänzend zum Freizeitprogramm, gibt es<br />
Methodik- und Fächertrainings. Erfahrene<br />
Pädagogen unterrichten anschaulich und<br />
geben individuelle Lerntipps.<br />
Kursübersicht und mehr Informationen:<br />
+49(0) 6341/96 90 845<br />
www.zeit-schuelercampus.de<br />
Für Schüler von 8 bis 18 Jahren<br />
Jetzt<br />
Katalog 2<strong>01</strong>5<br />
bestellen!<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 9<br />
© Brand X/F1 ONLINE; Anbieter: Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Buceriusstraße, Hamburg
Dossier<br />
Schlaf!<br />
Kindlein!<br />
Schlaf!<br />
Mit zunehmendem Alter des Kindes verblassen die Augenringe der Eltern.<br />
Tage sind wieder Tage und Nächte sind wieder Nächte. Doch dann kommt<br />
ein Entwicklungssprung und alles geht von vorne los. Was tun, wenn<br />
die schlaflosen Nächte zurückkehren? Text: Claudia Landolt Fotos: Gabi Vogt / 13Photo<br />
Müde in Vollzeit:<br />
Diesen Zustand<br />
kennen alle, die<br />
ihr Leben mit<br />
einem oder mehreren<br />
Kindern teilen. Am Anfang ist<br />
es die Tagundnachtgleiche, die alle<br />
elterlichen Kräfte raubt. Später ist es<br />
ein Entwicklungssprung, der in der<br />
Nacht verarbeitet werden muss. Die<br />
finsteren Monster, die sich in die<br />
Träume der Kleinen schleichen.<br />
Oder der erste Tag im Kindergarten<br />
oder die Angst vor der Schule.<br />
Schlafstörungen sind Alpträume<br />
für Eltern und Kinder, die beide<br />
immer wieder ereilt. Die Folge: Das<br />
Kind schläft im Elternbett. Die<br />
Eltern auf den Elternbettkanten, das<br />
Mantra aller übernächtigten Eltern<br />
flüsternd: «Es ist eine Phase. Nur<br />
eine Phase.»<br />
Doch bei manchen Kindern dauert<br />
diese Phase lange, sehr lange. Bei<br />
Sina zum Beispiel. Die Neunjährige<br />
schlief, so erinnert sich ihre Mutter<br />
Doris, von Geburt an tagsüber praktisch<br />
nie und nachts auch nicht.<br />
Zehnmal zwischen 22 Uhr abends<br />
und 6 Uhr morgens hiess es für<br />
Mama: Alarm! Nach einem Jahr<br />
wurden die Abstände grösser. Aber<br />
noch heute braucht die Tochter ab<br />
und zu die Nähe ihrer Eltern. Diese<br />
über Jahre ertragenen zerstückelten<br />
Nächte blieben nicht ohne Fol- >>><br />
10 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Rubrik<br />
Wenn ein Kind unter<br />
Schlafstörungen<br />
leidet, leidet meist<br />
die ganze Familie.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 11
Dossier<br />
Machen gern die<br />
Nacht zum Tag:<br />
Lisa (11) und<br />
Sina (7).<br />
>>> gen. «Mein Schlaf ist nicht<br />
mehr der, der er einmal war. Wache<br />
ich in der Nacht auf, kann ich nur<br />
schwer wieder einschlafen», erklärt<br />
Sinas Mutter.<br />
Schlaf ist unverzichtbar und<br />
lebensnotwendig. Dabei hat die<br />
Wissenschaft noch immer nicht herausgefunden,<br />
warum wir schlafen.<br />
Es gibt kein sogenannt<br />
normales Schlafverhalten,<br />
sagt der Schlafforscher.<br />
Dennoch wissen wir: Der Mensch<br />
muss schlafen. Versuche, Wachrekorde<br />
zu brechen, endeten in<br />
Zusammenbrüchen oder Psychosen.<br />
Erklärungen, warum Schlaf zwingend<br />
notwendig ist, gibt es viele.<br />
Schlaf diene der körperlichen Erholung,<br />
der Gedächtnisbildung, dem<br />
Lernen und weil unsere Sinnesfunktionen<br />
nachts sowieso eingeschränkt<br />
sind. Ein populärwissenschaftlicher<br />
Ansatz, der seinen Beweis jedoch<br />
schuldig bleibt, ist derjenige nach<br />
der Gehirnentwicklung.<br />
Warum Schlaf und Gehirnreife<br />
zusammenhängen<br />
Weil ein Kind stetig lernt und seine<br />
Gehirnentwicklung in Dauerbetrieb<br />
läuft, müsste es auch viel schlafen.<br />
Das denken die meisten Eltern. Aus<br />
der Notwendigkeit des Schlafens<br />
aber eine bestimmte Dauer abzuleiten,<br />
ist problematisch. Denn der<br />
Schlafbedarf unter gleichaltrigen<br />
Kindern ist sehr unterschiedlich. Es<br />
gibt grosse und kleine Schläfer, solche,<br />
die sich rasch erholen, andere,<br />
die eine lange Schlafphase brauchen,<br />
um wieder auf die Beine zu kommen.<br />
Jedes Kind braucht also eine individuelle<br />
Zahl von Schlafstunden. Diese<br />
im Rahmen der jeweiligen Lebensund<br />
Entwicklungsphase zu erkennen<br />
vermögen: Darin liegt die wahre<br />
Herausforderung eines Elternlebens.<br />
Wie viel Schlaf braucht mein Kind?<br />
Wie viel ist normal? Und ab wann<br />
ist etwas nicht mehr normal?<br />
Eine tröstliche Antwort für die<br />
Eltern hat der Entwicklungspädiater<br />
Peter Hunkeler vom Schlafzentrum<br />
des Kinderspitals in Zürich zur<br />
Hand. Er sagt nämlich: «Es gibt kein<br />
sogenannt normales Schlafverhalten.»<br />
Bei gleichaltrigen Kindern<br />
könne die Differenz bis zu 6 Stunden<br />
12 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
ausmachen. Kenntnisse der normalen<br />
Entwicklung des kindlichen<br />
Schlafs seien für Eltern aber hilfreich,<br />
damit sie das Schlafverhalten<br />
ihres Kindes besser verstünden, sagt<br />
der Kinderarzt. «Kinder sind nicht<br />
einfach kleine Erwachsene, die<br />
etwas länger schlafen, sich aber<br />
sonst im Schlafverhalten von dem<br />
der Erwachsenen nicht unterscheiden»,<br />
so Hunkeler. Kinder schliefen<br />
anders. Sie müssen das Schlafen und<br />
vor allem das Durchschlafen erst<br />
erlernen: Die Schlafstruktur widerspiegelt<br />
immer den Reifungsprozess<br />
des Gehirns.<br />
Geheimnisvoller Schlaf<br />
Der Schlaf ist ein kompliziertes<br />
Gebilde. Bei Neugeborenen dauert<br />
ein Schlafzyklus nur eine Stunde. Je<br />
älter Kinder werden, desto weniger<br />
Schlaf brauchen sie. Wie viel, kann<br />
wie bei den Erwachsenen sehr verschieden<br />
sein. Zweijährige brauchen<br />
10 bis 16 Stunden täglich, Zehnjährige<br />
nur noch 8 bis 12 Stunden, Teenager<br />
wiederum 9 bis 10.<br />
Der Schlaf selbst besteht zu<br />
einem Grossteil aus leichtem Traumschlaf<br />
und nur zu einem kleinen Teil<br />
aus Tiefschlaf. Nach der Tiefschlafphase<br />
tauchen wir nach ungefähr<br />
60 Minuten auf, um am Ende des<br />
Zyklus für etwa 20 Minuten einen<br />
leichteren Traumschlaf zu durchleben,<br />
den sogenannten REM-Schlaf<br />
(Rapid Eye Movement). Dabei<br />
bewegen sich die Augen in dieser<br />
Phase schnell. Das Gehirn ist dann<br />
ähnlich aktiv wie im Wachzustand,<br />
wir zucken im Schlaf, atmen unregelmässig<br />
und sind leichter weckbar.<br />
Der REM-Schlaf wird anschliessend<br />
wieder vom Tiefschlaf abgelöst. Je<br />
näher der Morgen rückt, desto kürzer<br />
dauert der Tiefschlaf.<br />
Je jünger das Kind, desto länger<br />
dauern die REM-Phasen an, in der<br />
das Kind unregelmässig atmet, das<br />
Gesicht Grimassen schneidet und<br />
Arme und Beine zucken. Deshalb<br />
wachen gerade junge Kinder auch<br />
immer wieder auf, manchmal stündlich,<br />
so wie Sina: Sie hat noch nicht<br />
gelernt, zwischen den Schlafzyklen<br />
wieder einzuschlafen, wie das ältere<br />
Kinder und Erwachsene gelernt<br />
haben. Je älter ein Kind wird, desto<br />
mehr lernt es schlaftechnisch dazu.<br />
Die Unterschiedlichkeit von Tag<br />
und Nacht etwa, dass tagsüber<br />
Leben herrscht und nachts Ruhe.<br />
Allerdings ist auch hier individuell,<br />
wie sich das Gehirn entwickelt.<br />
Mit 24 Jahren, bei abgeschlossener<br />
Gehirnreifung also, dauert ein<br />
Schlafzyklus etwa 90 Minuten.<br />
Dabei wechseln sich leichtere Phasen<br />
mit Traumschlaf mit sol- >>><br />
Tipps gegen Schlafprobleme<br />
für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren<br />
Kinder dieses Alters schlafen in der Regel schnell und<br />
mühelos ein, haben einen gesunden Schlaf und sind am<br />
Tag wach und ausgeschlafen. Schlafprobleme in diesem<br />
Lebensalter manifestieren sich eher in den Schlafenszeiten<br />
als im Schlaf selbst. Manche Kinder verschieben gerne die<br />
Zeit zum Schlafengehen, um fernzusehen, zu lesen oder<br />
Hausaufgaben zu machen. Es gibt keine allgemeingültige,<br />
optimale Schlafdauer, d. h., manche Kinder benötigen –<br />
ebenso wie Erwachsene – weniger Schlaf als andere. Es<br />
ist falsch, Kinder ins Bett zu schicken, obwohl sie nicht im<br />
Geringsten müde sind. Ein müdes Kind ist allerdings ein<br />
Anlass zur Sorge.<br />
Die vier grössten<br />
Mythen zum Schlaf<br />
1. Der Schlaf vor Mitternacht ist der beste.<br />
Stimmt nicht. Für das Erholungsgefühl am<br />
Morgen scheint zwar die erste Hälfte des<br />
Nachtschlafes am wichtigsten zu sein, denn da<br />
hat man besonders viele Tiefschlafanteile. Ob<br />
diese erste Hälfte allerdings vor oder nach<br />
Mitternacht liegt, sei egal, sagt Oskar Jenni vom<br />
Kinderspital Zürich.<br />
2. Man schläft die Nacht durch, ohne zu<br />
erwachen.<br />
Falsch. Durchschlafen ist auch für gute Schläfer<br />
nicht zwingend. Das nächtliche Aufwachen ist<br />
vielmehr ein ganz normales Phänomen und<br />
nicht krankhaft. Ohnehin erleben die meisten<br />
Schlafenden viel mehr Unterbrechungen, als sie<br />
glauben: Bis zu 10 Mal pro Stunde erwachen<br />
manche für einige Sekunden, bis zu 23 Mal pro<br />
Nacht sind sie länger als eine Minute munter.<br />
Alles, was unter 1 bis 2 Minuten bleibt, wird gar<br />
nicht bemerkt, und man kann sich am Morgen<br />
nicht daran erinnern. Erst wenn die Wachphase<br />
länger als 5 Minuten anhält, wird der Mensch<br />
sich dessen bewusst und ist tatsächlich wach.<br />
Dies passiert etwa 1 bis 4 Mal pro Nacht. Wer<br />
noch häufiger 5 Minuten oder länger wach liegt,<br />
empfindet seinen Schlaf als gestört.<br />
3. Frühaufsteher sind intelligenter als<br />
Langschläfer.<br />
Jein. Ein Frühaufsteher kann im Prinzip auch ein<br />
Langschläfer sein, wenn er schon frühabends<br />
ins Bett geht. Laut Oskar Jenni vom Kinderspital<br />
Zürich gibt es in der Literatur gewisse Hinweise,<br />
dass Kurzschläfer intelligenter sind.<br />
4. Kinder wachsen im Schlaf.<br />
Stimmt. In Studien stellte man tatsächlich fest,<br />
dass die Schlafdauer mit dem Wachstum<br />
zusammenhängt. Je länger das Kind schläft,<br />
desto eher gibt es Wachstumssprünge. In der<br />
Nacht werden jeweils Wachstumshormone<br />
ausgeschüttet, gerade während des Tiefschlafs.<br />
Die exakten Zusammenhänge zwischen<br />
Knochenwachstum und Schlaf sind jedoch noch<br />
unklar.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 13
Rubrik<br />
Kinder schlafen anders<br />
als Erwachsene. Sie<br />
müssen das Schlafen<br />
und vor allem das<br />
Durchschlafen erst<br />
erlernen.<br />
14 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Dossier<br />
>>> chen mit festerem Tiefschaf<br />
ab. Dann beginnt ein neuer Zyklus.<br />
Schlafen wir ein, sinken wir zu<br />
Beginn der Nacht ziemlich schnell<br />
in eine tiefe Ruhe, aus der wir nur<br />
schwer zu wecken sind: Die Muskeln<br />
sind entspannt, und die Frequenz<br />
der Gehirnströme nimmt ab, je tiefer<br />
wir schlafen.<br />
20 bis 30 Prozent aller<br />
Kinder unter 6 Jahren<br />
haben Schlafstörungen.<br />
Nächtliche Karawanen sind total<br />
normal<br />
Viele Kinder haben irgendwann<br />
ihren Schlafrhythmus entwickelt. Es<br />
gibt aber auch Kinder, die Schwierigkeiten<br />
haben, selbst einen eigenen<br />
Rhythmus aufzubauen. Bei ihnen<br />
versagt das Sandmännchen, und die<br />
Eltern geraten in Unruhe. Dabei hätten<br />
sie keinen Grund dazu, sagt die<br />
moderne Schlafmedizin.<br />
Es gibt viele Gründe, warum ein<br />
Kind nachts aufwacht (obwohl es<br />
möglicherweise zuvor immer tief<br />
durchgeschlafen hat). «Nur in den<br />
seltensten Fällen steckt eine Entwicklungsstörung<br />
dahinter», sagt<br />
Kinderarzt Peter Hunkeler. Zahlen<br />
beweisen es. Schlafstörungen kennen<br />
fast alle Kinder. 20 bis 30 Prozent<br />
aller Kinder unter 6 Jahren haben<br />
Einschlaf- oder Durchschlafstörungen.<br />
10 Prozent der Kinder zwischen<br />
6 und 12 Jahren und 15 bis 20 Prozent<br />
der Jugendlichen klagen über<br />
Schwierigkeiten, einzuschlafen, oder<br />
über nächtliche Wachphasen.<br />
Gewiss, die Aussage des Mediziners<br />
beruhigt. Dennoch: Ein Kind,<br />
das regelmässig in der Nacht angetapst<br />
kommt und später hartknochig<br />
und schnaufend im Elternbett liegt,<br />
kann gehörig nerven. Schlafmangel<br />
lässt bekanntlich auch die liebevollsten<br />
Eltern zu Zombies werden –<br />
Entwicklungsphase hin, Mantra her.<br />
Obwohl dadurch die ganze Familie<br />
in Mitleidenschaft gezogen werden<br />
kann, sind diese Verhaltensstörungen<br />
nicht schädlich für das Kind<br />
und bedürfen keiner grossen medizinischen<br />
Abklärung, sagen die<br />
Mediziner. Oft reiche ein aufklärendes<br />
Gespräch und eine persönliche<br />
Beratung, so Hunkeler. Denn: Ein<br />
Kind kann nur so viel schlafen, wie<br />
es seinem persönlichen Bedarf entspricht.<br />
Muss es mehr Zeit im Bett<br />
verbringen, kommt es je nach Alter<br />
des Kinds zu Einschlaf- oder Durchschlafstörungen.<br />
Im Schlaf auftretende Störungen<br />
Eine häufige Version sind die sogenannten<br />
Aufwachstörungen. Dabei<br />
handelt es sich um ein unvollständiges<br />
Erwachen aus dem Tiefschlaf. Sie<br />
treten typischerweise in den ersten<br />
Stunden nach dem Einschlafen auf<br />
und sind häufige und an sich harmlose<br />
Schlafphänomene im Kleinkind-<br />
und Schulalter. Oft findet sich<br />
eine familiäre Häufung.<br />
Zu den Aufwachstörungen<br />
gehört der Pavor nocturnus, der<br />
sogenannte Nachtschreck im Kleinkindalter<br />
und das Schlafwan >>><br />
Schlafprobleme bei Jugendlichen<br />
Der Abschnitt zwischen dem 12. und 20. Lebensjahr<br />
ist eine Phase raschen Wachstums und<br />
rasanter Entwicklungen, die in ihrer Schnelligkeit<br />
nur in der Kindheit übertroffen wird. Studien<br />
haben belegt, dass Teenager durchschnittlich<br />
eine Stunde mehr Schlaf benötigen als in den<br />
Jahren davor. Wenn sie so lange schlafen könnten,<br />
wie sie wollten, würden sie durchschnittlich etwa<br />
9 bis 10 Stunden schlafen. Gewöhnlich schlafen<br />
Teenager aber 1 bis 2 Stunden weniger. Wegen<br />
Schlafmangel dösen sie im Unterricht ein und<br />
schlafen am Wochenende sehr lange, um die<br />
Schlafdefizite zu kompensieren.<br />
Sina (9) darf ab und<br />
zu im Elternbett<br />
übernachten.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 15
Dossier<br />
6 Fragen an den Schlafforscher<br />
Herr Hunkeler, können Kinder zu wenig schlafen?<br />
Nein. Ein gesundes Kind nimmt sich den<br />
Schlaf, den es braucht.<br />
Kinder können Schlafdefizite gut wegstecken?<br />
Kurzzeitige Defizite auf jeden Fall. Bei einer<br />
Studie unter Jugendlichen zeigte sich beispielsweise<br />
kein Einfluss auf die Gedächtnisleistung<br />
und Aufmerksamkeit, ob sie während vier<br />
Nächten fünf oder neun Stunden schliefen. Die<br />
Tiefschlafdauer blieb bei allen Teilnehmern<br />
konstant.<br />
Manchmal will der Nachwuchs einfach nicht ins<br />
Bett, was zu unschönen Szenen führt.<br />
Das ist eine Frage der Normvorstellungen. Wir<br />
stellen fest, dass Eltern generell eine bestimmte<br />
Erwartungshaltung an ihr Kind haben, sei es<br />
in Bezug auf deren Verhalten, auf die schulischen<br />
Leistungen oder eben an deren Schlafbedürfnis.<br />
Was heisst das konkret?<br />
Sie beharren beispielsweise auf einer festen<br />
Schlafdauer und überschätzen nicht selten den<br />
kindlichen Schlafbedarf. Kinder sind aber sehr<br />
verschieden.<br />
Was bedeutet das für die Praxis?<br />
Man muss die Bettzeit an das individuelle<br />
Schlafbedürfnis anpassen, sonst kommt es zu<br />
den unschönen Szenen. Die Fehlinterpretation<br />
des kindlichen Schlafbedarfs, fehlende Tagesstrukturen<br />
sowie falsche Einschlafgewohnheiten<br />
sind die häufigsten Ursachen für Schlafstörungen<br />
im Kindesalter.<br />
Fast jedes dritte Kind hat Mühe, ein- oder durchzuschlafen.<br />
Warum sorgen sich die Eltern so?<br />
Wenige Eltern sprechen über die Schlafprobleme<br />
ihrer Kinder, weil sie denken, dass es sich<br />
um ein erzieherisches Problem handelt. Sie<br />
denken, sie seien der Fehler im System. Das<br />
kann zu grosser Verunsicherung und vielen<br />
Sorgen führen.<br />
Dr. Peter Hunkeler<br />
ist Kinderarzt FMH mit Schwerpunkt Entwicklungspädiatrie<br />
und Oberarzt an der Abteilung Entwicklungspädiatrie<br />
am Kinderspital Zürich.<br />
>>> deln im Schulalter. Der Nachtschreck<br />
tritt bei etwa 5 Prozent aller<br />
Kinder auf, beginnt meist mit 2 bis<br />
3 Jahren und erreicht eine Häufung<br />
um 6 bis 7 Jahren. Beim Nachtschreck<br />
ist das Kind ausser sich, es<br />
schreit, schwitzt; es ist nicht<br />
ansprechbar und kann auch nicht<br />
geweckt werden. Nach fünf Minuten<br />
ist die Episode vorbei, das Kind<br />
schläft sofort wieder ein und erinnert<br />
sich am Morgen danach auch<br />
nicht mehr daran.<br />
Beim Schlafwandeln sind die<br />
Kinder ruhig, stehen aber plötzlich<br />
auf und gehen herum. Sie können<br />
dabei Türen und sogar Fenster öffnen.<br />
In beiden Fällen raten Kinderärzte<br />
Eltern, beim Kind zu sein, es<br />
aber nicht zu wecken, sondern es vor<br />
Verletzungen oder ungesicherten<br />
Türen zu schützen.<br />
Auch Angstträume sind sogenannte<br />
Aufwachstörungen. Sie treten<br />
in der zweiten Nachthälfte und<br />
im REM-Schlaf auf. Das Kind ist<br />
wach, weint oder schreit und ruft<br />
nach den Eltern, weil es getröstet<br />
werden will. Auslöser ist ein Angsttraum,<br />
an den sich das Kind auch<br />
erinnert. Auch die neunjährige Sina<br />
kennt sie. «Wenn ich böse Träume<br />
habe, träume ich von Räubern oder<br />
Einbrechern», erzählt sie. Dann geht<br />
sie zu Mama und Papa ins Bett. Dort<br />
ist dann alles gut.<br />
Schlafstörungen mit organischer<br />
Ursache<br />
Daneben gibt es zahlreiche Störungen<br />
des Schlafes, von denen auch<br />
Kinder betroffen sind, die aber weit<br />
seltener als die oben beschriebenen<br />
Formen sind. Das obstruktive<br />
Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) etwa<br />
gehört dazu. Es ist eine Störung der<br />
Atmung während des Schlafs, die auf<br />
einer Verengung der oberen Atemwege<br />
beruht. Betroffene Kinder<br />
schnarchen, haben wiederholt Atempausen,<br />
schwitzen und schlafen<br />
unruhig. Etwa 10 Prozent aller Kinder<br />
schnarchen im Schlaf, aber nur<br />
1 Prozent davon hat ein Schlafapnoe-Syndrom.<br />
Begleiterscheinungen<br />
können Tagesmüdigkeit oder Hyperaktivität<br />
sein. Die Atempausen können<br />
zu Sauerstoffmangel mit Auswirkungen<br />
auf das Gehirn und das<br />
Herz führen. Die Diagnose zur OSAS<br />
erfolgt deshalb im Schlaflabor durch<br />
eine apparative Überwachung.<br />
Eine andere sehr seltene Erkrankung<br />
– nur 0,1 Prozent der Bevölkerung<br />
ist davon betroffen – ist die<br />
Narkolepsie. Narkoleptische Kinder<br />
können beim Sprechen, Essen oder<br />
sogar auf dem Fahrrad plötzlich einschlafen.<br />
Die Dauer solcher Schlafattacken<br />
reicht von wenigen Sekunden bis zu<br />
einer halben Stunde. Im frühen Stadium<br />
der Narkolepsie haben Kinder<br />
oftmals enorme Schwierigkeiten,<br />
morgens aus dem Bett zu kommen.<br />
Kurz nach dem Aufstehen sind sie<br />
verwirrt, aggressiv und werden<br />
leicht ausfallend.<br />
«Es ist sehr wichtig, Narkolepsie<br />
frühzeitig zu erkennen, da Tagesschläfrigkeit<br />
die Leistungsfähigkeit<br />
in der Schule stark beeinträchtigen<br />
kann und Lehrer wie Schüler bei<br />
mangelnder Aufklärung die Symptome<br />
oft fälschlicherweise als Faulheit<br />
und Lustlosigkeit werten», sagt<br />
Peter Hunkeler. Klagt das (Schul-)<br />
Kind über grössere Müdigkeit tagsüber,<br />
braucht es nach der Schule<br />
einen Mittagsschlaf oder schläft<br />
beim Lesen oder Fernsehen immer<br />
wieder ein, kann es sich um eine<br />
Tagesschläfrigkeit handeln.<br />
Tagesmüdigkeit kann viele Ursachen<br />
haben, beispielsweise eine<br />
inadäquate Schlafhygiene, neurologische<br />
und psychiatrische Störungen,<br />
schlafbezogene Atmungsstörungen<br />
oder auch die Einnahme<br />
bestimmter Medikamente. Bekommt<br />
das Kind nicht genug erholsamen<br />
Schlaf, können Stimmungsschwankungen,<br />
Aufmerksamkeits- und<br />
Gedächtnisstörungen sowie eine<br />
Beeinträchtigung komplexer und<br />
kreativer Denkvorgänge resultieren.<br />
Besonders Teenager kennen das<br />
verzögerte Schlafphasensyndrom.<br />
16 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Sie klagen darüber, dass sie erst kurz<br />
vor Mitternacht einschlafen können<br />
und grosse Mühe haben, rechtzeitig<br />
zur Schule aufzustehen. Dadurch<br />
ergeben sich auch für die Eltern Probleme,<br />
die sich oft darüber beschweren,<br />
dass sie ihr Kind jeden Morgen<br />
regelrecht aus dem Bett zerren müssen.<br />
Dieses Syndrom muss nicht<br />
bedenklich sein.<br />
Für Eltern ist wichtig zu wissen,<br />
dass das schlafinduzierende Melatonin<br />
bei Jugendlichen später ausgeschüttet<br />
wird als bei Kindern vor der<br />
Pubertät. Deshalb können Teenager<br />
erst gegen 22 Uhr oder später einschlafen.<br />
«Bei vielen Teenagern<br />
wirkt eine Radikalkur über ein oder<br />
zwei Wochen», sagt Peter Hunkeler.<br />
Während dieser sogenannten<br />
Schlafrestriktion schläft der Teenager<br />
so wenig, dass er beispielsweise<br />
am Freitagabend so müde ist, dass<br />
er von selbst einschläft, meist vor<br />
Mitternacht. Am Sonntag sollte er<br />
dann zu der an Schultagen üblichen<br />
Zeit aufstehen respektive geweckt<br />
werden. Aber auch hier gelte es, so<br />
Hunkeler, die Variabilität der Schlafdauer<br />
zu beachten. Ein 16-Jähriger<br />
benötigt zwischen 6,5 und 9,5 Stunden<br />
Schlaf pro Nacht. Ein Kurzschläfer<br />
also kann dann nicht um<br />
22 Uhr ins Bett geschickt werden,<br />
weil er sonst zu allzu früher Stunde<br />
erwacht.<br />
Die Schlaf-Wach-Zeiten sollten<br />
von nun an regelmässig – also auch<br />
am Wochenende –<br />
eingehalten werden.<br />
Diesem Teenager<br />
hilft eine von<br />
den Eltern vorgegebe<br />
Tagesstruktur<br />
mit festgelegten<br />
Zeiten, damit das Kind seine innere<br />
Uhr einstellen kann, sagt der Schlafexperte.<br />
Lerche oder Eule?<br />
Und dann gibt es ja noch die Lerchen<br />
und die Eulen. Leon (11) ist eines<br />
dieser Morgenkinder. Schon als<br />
Baby bereitete ihm Aufstehen >>><br />
Um sechs Uhr in<br />
der Früh schon<br />
fit: Leon (11) ist<br />
eine typische<br />
Lerche. Ein<br />
Morgenkind.<br />
Die meisten<br />
Schlafstörungen lassen sich<br />
erfolgreich therapieren.<br />
Tipps für Jugendliche<br />
(Schlafhygiene)<br />
Verzichte auf Nikotin und geh erst<br />
zu Bett, wenn du dich müde fühlst.<br />
Körperliche Anstrengungen, Mahlzeiten<br />
und Koffeinkonsum sollten<br />
zwei Stunden vor dem Zubettgehen<br />
vermieden werden, weil sie das<br />
Einschlafen erschweren können.<br />
Widme dich vor dem Schlafengehen<br />
einer ruhigen Tätigkeit und<br />
verzichte auf Radio, Fernsehen,<br />
Computer und Telefon.<br />
Im Schlafzimmer sollte es nachts<br />
dunkel sein; auf der Toilette nur<br />
gedämpftes Licht verwenden.<br />
Versuche, immer zur gleichen Zeit<br />
aufzustehen – auch am Wochenende.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 17
Dossier<br />
>>> um 6 Uhr keine Schwierigkeit.<br />
Ein typisches Morgenkind, das seine<br />
beste Zeit vor Mittag hat. Selbst bei<br />
Übernachtungspartys ist er der erste,<br />
der morgens aufsteht. Er kann<br />
einfach nicht anders – und findet das<br />
auch nicht schlimm: «Dann habe ich<br />
doch viel mehr vom Tag», sagt er. Er<br />
würde zwar gerne einmal am Morgen<br />
länger schlafen, weil das seine<br />
Kollegen auch tun, gesteht er. «Doch<br />
das ist nicht so einfach.»<br />
Seine Schulkollegin Lisa und<br />
auch deren kleine Schwester Sina<br />
sind das pure Gegenteil. Beide<br />
machen gern die Nacht zum Tag.<br />
Sogar die Siebenjährige geht selten<br />
vor halb zehn ins Bett, erzählt ihre<br />
Mutter Brigitte. «Sie ist eine totale<br />
Nachtrakete.» Ein Kind beispielsweise,<br />
das erst gegen den späteren<br />
Abend müde wird, sollte nicht<br />
bereits um 19 Uhr ins Bett gelegt<br />
werden, stellt auch eine neue Studie<br />
des Kinderspitals Zürich zur Schlafphysiologie<br />
fest.<br />
Überhaupt hätte sie Kinder, die<br />
sich rein gar nichts aus Schlaf<br />
machen würden. «Nach fast elf Jahren<br />
habe ich mich daran gewöhnt»,<br />
meint Brigitte lakonisch. Besonders<br />
schlimm war aber der Satz: «Was?<br />
Dein Kind schläft immer noch nicht<br />
durch?» Damit könne man eine<br />
Mutter so richtig fertigmachen.<br />
Das unterschreibt auch Kinderarzt<br />
Peter Hunkeler. In Zeiten, in<br />
denen schon Kleinkinder immer<br />
mehr normiert werden, in dem sie<br />
sich in eine ganz bestimmte Richtung<br />
entwickeln sollen, gewinnt die<br />
Schlafentwicklung noch mehr an<br />
Bedeutung. «Die gesellschaftliche<br />
Erwartung, dass ein Kind spätestens<br />
mit sechs Monaten alleine und<br />
durchschlafen sollte, setzt viele Eltern<br />
unter grossen Druck», erzählt er.<br />
Der finale Rat des Mediziners:<br />
Mehr auf ihren Instinkt zu hören.<br />
Weniger Ratgeberbücher lesen. Und<br />
einen gelassenen Spruch parat<br />
haben, wenn auf dem Spielplatz, am<br />
Elternabend auf zu kleinen Stühlen<br />
oder beim Essen mit Freunden einer<br />
der vielen Elternbluffs zu hören ist.<br />
Denn der hemmungslose Drang<br />
zum (meist weiblichen) Kräftemessen<br />
mit dem heranwachsenden Kind<br />
hört ja bekanntlich auch nicht auf,<br />
wenn das Kind 1,90 Meter gross ist<br />
und türbreite Schultern hat.
Was Sie über Schlaf wissen müssen<br />
Schlafdauer, Depressionen<br />
und Suizidgedanken bei<br />
Jugendlichen zwischen<br />
13 und 18 Jahren<br />
Anteil der befragten Jugendlichen<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
5h 6h 7h 8h 9h 10h<br />
Schlafdauer an Wochentagen<br />
Erhöhte<br />
Depressivität<br />
Suizidgedanken<br />
in den letzten<br />
12 Monaten<br />
Quelle: Gangwisch, J. E., Babiss, L. A., Malaspina, D., Turner, J. B., Zammit,<br />
G. K., & Posner K. (2<strong>01</strong>0). Earlier parental set bedtimes as a protective<br />
factor against depression and suicidal ideation. Sleep, 33, 97–106.<br />
Gründe, warum Jugendliche zu Bett gehen<br />
Meine Eltern wollen das …<br />
Müdigkeit<br />
Fertig mit den Hausaufgaben<br />
Nichts Spannendes im TV<br />
Geschwister gehen auch schlafen<br />
Zurück von den Freunden<br />
Zurück vom Hobby<br />
Zurück vom Sport<br />
Andere Gründe<br />
Meine Eltern wollen das …<br />
Müdigkeit<br />
Fertig mit den Hausaufgaben<br />
Nichts Spannendes im TV<br />
Geschwister gehen auch schlafen<br />
Zurück von den Freunden<br />
Zurück vom Hobby<br />
Zurück vom Sport<br />
Andere Gründe<br />
Meine Eltern wollen das …<br />
Müdigkeit<br />
Fertig mit den Hausaufgaben<br />
Nichts Spannendes im TV<br />
Geschwister gehen auch schlafen<br />
Zurück von den Freunden<br />
Zurück vom Hobby<br />
Zurück vom Sport<br />
Andere Gründe<br />
12 – 13 Jahre<br />
14 – 15 Jahre<br />
> 16 Jahre<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
Quelle: Leiden Jugendliche an chronischem Schlafentzug? Studie des University Medical Center Universität Freiburg und des<br />
Central Institute of Mental Health Mannheim, 2008.<br />
9 Stunden<br />
Schlaf brauchen Jugendliche nach ihrer Selbsteinschätzung<br />
pro Nacht, das geht aus einer Studie der<br />
Universität Freiburg und dem Central Institute of Mental<br />
Health Mannheim hervor. Faktisch schlafen aber während<br />
der Woche weniger als 90 Prozent 9 Stunden, den fehlenden<br />
Schlaf holen sie in der Regel am Wochenende nach.<br />
«1 Stunde vor dem Zubettgehen sollten<br />
Jugendliche mit Einschlaf problemen<br />
das Handy ausschalten beziehungsweise<br />
ganz auf den Gebrauch von<br />
elektronischen Medien verzichten.»<br />
Kinder im Elternbett<br />
Kinder in Prozent<br />
40<br />
Alle Häufigkeiten<br />
35<br />
Jede Nacht<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0,5 1 1,5 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15<br />
Dr. Sakari Lemola, Entwicklungs- und<br />
Persönlichkeitspsychologe sowie Assistenzprofessor<br />
an der Universität Basel.<br />
Quelle: Remo Largo, «Babyjahre».<br />
Alter in Jahren<br />
Noch mehr Infografiken finden Sie online unter www.fritzundfraenzi.ch.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 19
Dossier<br />
Kampfzone Familienbett?<br />
Für die einen sind sie selbstverständlich, für die anderen ein grosses Übel:<br />
die Nächte, in denen ganze Karawanen von Kindern unterwegs sind,<br />
um unter die elterliche Decke zu kriechen. Dabei haben die nächtlichen<br />
Wanderungen wenig mit verwöhnten Kindern zu tun. Text: Claudia Landolt<br />
Es ist völlig normal, dass<br />
viele Kinder plötzlich nicht<br />
mehr allein schlafen wollen.<br />
Wer kennt es nicht: das<br />
Buch «Jedes Kind<br />
kann schlafen lernen»<br />
der Psychologin<br />
Annette Kast-Zahn. Es ist 2006<br />
erschienen und der meistverkaufte<br />
deutsche Elternratgeber aller Zeiten<br />
– und wohl der umstrittenste. In den<br />
Amazon-Bewertungen beispielsweise<br />
dankt eine Gruppe Leser der<br />
Autorin aus tiefstem Herzen. Für<br />
andere wiederum ist das Buch das<br />
Feindbild schlechthin. Dazwischen<br />
gibt es wenig.<br />
Während Säuglinge im Elternbett<br />
noch einen gewissen Toleranzwert<br />
geniessen, reagieren viele Eltern<br />
(und deren Umfeld) bei älteren Kindern,<br />
die – plötzlich oder immer<br />
wieder – nicht alleine nächtigen<br />
wollen, kritisch. Offen thematisiert<br />
wird die Karawanserei ab Mitternacht<br />
dementsprechend selten. Entsprechend<br />
hoch ist die Dunkelziffer<br />
jener Zahl von Müttern und Vätern,<br />
die ihre Kinder immer wieder ins<br />
eigene Bett lassen, weil ihnen die<br />
Energie fehlt, minutenlang im abgedunkelten<br />
Kinderzimmer zu liegen,<br />
das schwitzige Händchen zu<br />
halten oder auf das Sandmännchen<br />
zu hoffen.<br />
Experten für den kindlichen<br />
Schlaf geben nun Entwarnung. Es<br />
sei ein vollkommen natürlicher<br />
Zustand, dass Kinder ab dem zweiten<br />
Lebensjahr plötzlich nicht mehr<br />
allein schlafen wollen, heisst es aus<br />
dem Zürcher Kinderspital. Es sei das<br />
Alter, in welchem sie sich langsam<br />
von ihren Eltern ablösen, ihre Autonomie<br />
entwickeln und sich als eigene<br />
Person wahrnehmen.<br />
Dabei kommt es nachts manchmal<br />
zu Verlassenheitsgefühlen.<br />
«Zwischen zwei und vier Jahren tritt<br />
unter anderem das magische Denken<br />
ein», sagt Dr. Peter Hunkeler,<br />
Oberarzt Entwicklungspädiatrie des<br />
Kinderspitals Zürich. «Eine sehr<br />
bildhafte, reale Fantasie kann dazu<br />
führen, dass sich ein Kind einsam<br />
fühlt.»<br />
Schlaf ist eine kulturelle<br />
Angelegenheit<br />
Anhänger des Familienbettes stützen<br />
sich in ihrer Argumentation gerne<br />
auf die Kulturgeschichte des Schlafes.<br />
Es sei keineswegs Zufall, wie wir<br />
schlafen, mit wem wir den Schlafplatz<br />
teilen und wo wir schlafen wür-<br />
den. «Während des grössten Teils der<br />
Menschheitsgeschichte schliefen<br />
Babys und Kinder bei ihren Müttern<br />
oder bei beiden Eltern», sagt die<br />
US-Anthropologin Meredith<br />
F. Small, eine berühmte Verfechterin<br />
des Familienbetts.<br />
Noch heute ist in afrikanischen<br />
und lateinamerikanischen Ländern<br />
der gemeinsame Schlafplatz üblich.<br />
Aber auch in asiatischen Ländern<br />
wie Japan ist es selbstverständlich,<br />
dass das kleine Kind nicht allein<br />
schläft. Und so schlafen dort 60 Prozent<br />
der Kinder bei den Eltern. Im<br />
Familienbett lernt es, so die Philosophie,<br />
sich in eine Gemeinschaft<br />
einzufügen.<br />
In Indonesien wiederum gilt die<br />
Praxis, ein Kind in einem eigenen<br />
Zimmer in seinem eigenen Bett<br />
allein schlafen zu lassen, als eine<br />
Form der Kindesvernachlässigung.<br />
Die Ausnahme Europa<br />
In den westlichen Industrienationen<br />
dominiert ein anderes Schlafkonzept.<br />
In Ländern wie der Schweiz,<br />
Deutschland oder auch Frankreich<br />
wurde eine frühe Selbständigkeit<br />
und Unabhängigkeit, auch nächtens,<br />
als Tugend angesehen.<br />
Ein Blick auf Zahlen illustriert<br />
dies. In den USA schlafen 66 Pro-<br />
20 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
zent der kleineren Kinder nicht im<br />
Elternbett, in Grossbritannien sind<br />
es 46 Prozent. Je älter das Kind wird,<br />
desto grösser wird dieser Anteil.<br />
Ein ähnliches Bild zeigt sich in<br />
der Schweiz. Nur etwa 5 Prozent der<br />
Einjährigen verbringen die Nacht<br />
bei den Eltern, bei den Vierjährigen<br />
sind es immerhin schon 13 Prozent.<br />
Danach flacht das Familienbett wieder<br />
etwas ab. Nur 2 Prozent aller<br />
Zehnjährigen tapsen nächtens regelmässig<br />
zum Bett von Mama und<br />
Papa – sagt die offizielle Statistik.<br />
Die Zahl jener Kinder, die in unregelmässigen<br />
Abständen die Nähe zu<br />
den Eltern suchen, ist jedoch viel<br />
höher, wie eine Langzeitstudie des<br />
Kinderspitals Zürich zeigt.<br />
Familienbett als Entwicklungsvorteil?<br />
Ein anderes, oft platziertes Argument<br />
für das Familienbett ist die<br />
Kindesentwicklung. Zahlreiche Verfechter<br />
des Co-Sleepings weisen<br />
darauf hin, wie positiv sich der<br />
gemeinsame Schlaf auf die emotionale<br />
und psychologische Entwicklung<br />
des Kindes auswirke.<br />
Der bekannte US-Kinderarzt James<br />
McKenna gehört dazu. Sein Fazit<br />
verschiedener Untersuchungen lautet:<br />
Kinder, die gemeinsam mit ihren<br />
Eltern schlafen, sind glücklicher,<br />
ausgeglichener und weniger ängstlich<br />
und hatten als Erwachsene ein<br />
höheres Mass an Selbstbewusstsein<br />
und waren beziehungsfähiger als<br />
Menschen, die als Kind durchwegs<br />
allein schliefen.<br />
Tote Hose im Familienbett?<br />
Argumente, die es vielen Eltern<br />
schwermachen, das Elternschicksal<br />
von zerstückelten Nächten im<br />
gemeinsamen Bett grundsätzlich in<br />
Frage zustellen. Die Frage, wo Familie<br />
anfängt und wo sie aufhört,<br />
beschäftigt früher oder später jedoch<br />
alle Mütter und Väter. Im Fokus steht<br />
dabei oft die Sexualität. Nicht wenige<br />
sind der Ansicht, der Familienschlaf<br />
beeinflusse die ohnehin durch<br />
Kinder bereits strapazierte Sexualität<br />
der Eltern noch mehr. Ganz nach<br />
dem Motto: Das Kind in der Besucherritze<br />
verunmögliche die Erotik.<br />
Eltern seien deshalb gut beraten,<br />
offen und ehrlich darüber zu sprechen,<br />
ob ein Familienbett für beide<br />
akzeptabel sein könnte – und das<br />
auch noch nach einigen Wochen<br />
Praxis.<br />
«Ein Elternpaar muss sich klar<br />
darüber werden, wie und wo es seinen<br />
intimen Raum bewahren möchte,<br />
in dem persönliche Entspannung,<br />
aber auch Sexualität Platz hat»,<br />
erklärt Catherine Bernhart, Fachpsychologin<br />
FSP für Kinder- und<br />
Jugendpsychologie und Psychotherapie.<br />
Kinder, die gemeinsam mit<br />
ihren Eltern schlafen, sind<br />
glücklicher, ausgeglichener<br />
und weniger ängstlich.<br />
Familienbett in der<br />
Kritik: Das Kind in<br />
der Besucherritze<br />
verhindert<br />
spontanen Sex.<br />
Foto: Gabi Vogt / 13Photo<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 21
Dossier<br />
Ist das Handy an den<br />
Schlafstörungen schuld?<br />
Der zunehmende Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen hat<br />
Auswirkungen auf das Schlafverhalten. Der Grund liegt am blauen Licht.<br />
Es gaukelt dem Körper vor, dass Tag ist. Text: Claudia Landolt<br />
Regel Nummer 1:<br />
Das Bett ist handyfreie<br />
Zone. Ein normaler<br />
Wecker tut es auch.<br />
Eine Umfrage der USamerikanischen<br />
Schlafstiftung<br />
(National Sleep<br />
Foundation) ergab 2<strong>01</strong>4,<br />
dass Kinder schlechter<br />
schlafen, wenn sie Handys, Computer<br />
oder Fernseher in ihren Zimmern<br />
haben. Fast drei Viertel der<br />
befragten Kinder zwischen sechs<br />
und siebzehn Jahren besassen mindestens<br />
ein elektronisches Gerät,<br />
wobei die Spanne von Fernseher,<br />
Computer und Spielkonsolen bis hin<br />
zu Tablets und Smartphones reicht.<br />
Die Untersuchung ergab, dass diese<br />
Schulkinder insgesamt schlechter<br />
schliefen als jene, die kein Gadget<br />
in ihren Zimmern hatten. Schlafstörungen<br />
kamen fast täglich vor.<br />
Eine andere Untersuchung der<br />
Stony Brook University, NY um Dr.<br />
Jill Creighton ergab, dass Kinder<br />
und Jugendliche, die ein Smartphone<br />
besitzen, bis zu einer Stunde<br />
Foto: Gabi Vogt / 13Photo<br />
22 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
weniger schliefen als ihre Altersgenossen.<br />
Besonders Jugendliche<br />
überprüfen auf iPhone und Co. die<br />
Uhrzeit, wenn sie nachts wach werden.<br />
Das Licht des Displays unterbricht<br />
jedoch den Schlafzyklus und<br />
man schläft wesentlich schlechter<br />
ein. Schuld daran ist das blaue LED-<br />
Licht des Displays. Dieses Kunstlicht<br />
ist ein kurzwelliges Licht mit erhöhtem<br />
Blauanteil im Lichtspektrum,<br />
wie es sich in Beleuchtungen mit<br />
LED oder Leuchtdioden findet. Die<br />
Spektralfarbe Blau wiederum senkt<br />
den Melatoninspiegel und hält das<br />
Gehirn wach – ein Effekt, der am<br />
Abend vor allem bei Schulkindern<br />
wohl eher unerwünscht ist.<br />
Mit einer Blaulicht-Dusche ins Bett<br />
«Wer um Mitternacht noch seine<br />
E-Mails oder SMS checkt, bringt<br />
seine innere Uhr durcheinander»,<br />
sagt Christian Cajochen, der Leiter<br />
des Zentrums für Chronobiologie an<br />
den Psychiatrischen Universitären<br />
Kliniken Basel. In jüngster Zeit habe<br />
es sich gezeigt, dass die Menschen<br />
spezielle Sinneszellen im Auge<br />
haben, die auf blaues Licht reagieren<br />
und dem Hirn mitteilen, ob es den<br />
Körper wach oder schlafbereit halten<br />
soll. Bisher gab es aber nur wenige<br />
valide Daten, die der Frage nachgingen,<br />
ob das Licht der LED-Monitore<br />
tatsächlich ausreicht, um den Tag-<br />
Wach-Rhythmus zu stören und den<br />
Schlaf zu verzögern.<br />
In einem weiteren Experiment<br />
wählten die Forscher einen anderen<br />
Ansatz. Sie testeten direkt die Auswirkungen<br />
auf den Schlaf bei<br />
Jugendlichen. Umfrageergebnissen<br />
zufolge verbringen diese knapp viereinhalb<br />
Stunden am Tag vor dem<br />
Fernseher, am Computer oder<br />
Smartphone. 95 Prozent checken<br />
noch regelmässig vor dem Schlafengehen<br />
ihre Social-Media-Seite oder<br />
ihre Chats. «Viele gehen mit einer<br />
richtigen Blaulicht-Dusche ins<br />
Bett», sagt Cajochen. Die Forscher<br />
gaben nun Jugendlichen Brillen mit<br />
oder ohne Blaulichtfilter und unter-<br />
suchten den Schlaf am Freitagabend<br />
nach einer Schulwoche. Nach einer<br />
Woche fanden die Forscher bei den<br />
Teilnehmern mit Brillen mit Filter<br />
deutlich höhere Melatoninwerte als<br />
bei den Probanden mit Brillen ohne<br />
Filter. «Je länger man abends am<br />
Licht ist, auch am Computerschirm,<br />
desto länger meint die innere Uhr,<br />
es sei Tag», so Cajochen.<br />
Wer also zu Schlafproblemen<br />
tendiert, sollte das Leuchten solcher<br />
Geräte in der Zeit nach Sonnenuntergang<br />
und vor dem Zu-Bett-<br />
Gehen möglichst meiden, raten die<br />
Schlafforscher.<br />
Go offline – und fünf weitere Tipps<br />
von Jill Creighton für Eltern<br />
1 Entwickeln Sie eine Zu-Bett-Geh-Routine, egal wie<br />
alt ihr Kind ist. Das kann ein Bad sein, ein Buch<br />
lesen oder ruhige (!) Musik hören.<br />
2 Go offline! Die Stunde vor dem Schlafengehen ist<br />
elektronikfreie Zone. Die Kinder sollten an einem<br />
definierten Ort in der Wohnung – beispielsweise<br />
in der Küche oder im Wohnzimmer – ihre Gadgets<br />
einstecken und über Nacht dort lassen.<br />
3 Das Bett ist handyfreie Zone. Ein normaler<br />
Wecker tut es auch.<br />
4 Falls das Kind sein Smartphone nicht ausschaltet,<br />
sollte man die Screening-Zeit runterhandeln.<br />
30 Minuten pro Woche weniger online sind ein<br />
guter Anfang. Idealerweise limitieren Eltern die<br />
Online-Zeit auf 60 Minuten pro Tag. So viele<br />
Minuten, wie das Kind am Handy hängt, sollte<br />
es sich auch bewegen.<br />
5 Das pubertierende Kind vom Sofa oder aus dem<br />
Zimmer zu kriegen, kann zur elterlichen Herausforderung<br />
werden. Sport oder Bewegung wird<br />
gerne als langweilige Pflichtübung empfunden.<br />
Creighton rät zur Kreativität. Ein 20-minütiger<br />
Spaziergang, 30 Minuten Basketball, aber auch<br />
Ämtli und Hausarbeit wie Staubsaugen, Schneeschaufeln<br />
oder Rasenmähen zählen zu entsprechender<br />
Aktivität, die je nachdem monetär<br />
entschädigt werden.<br />
6 Gute Gewohnheiten etablieren. Am Esstisch vom<br />
Smartphone oder Fernsehen abgelenkt zu sein,<br />
führt zu eigenartigen Tischmanieren. Die Eltern<br />
müssen hier mit gutem Beispiel vorangehen.<br />
Sommersaison 2<strong>01</strong>5:<br />
17. Juni bis 18. Oktober<br />
Tel +41 (0)81 838 51 00<br />
www.waldhaus-sils.ch<br />
Auch diesen<br />
Sommer möchten<br />
wir eure Ferien<br />
zum Abenteuer<br />
machen!<br />
Für die Kids:<br />
Schnitzen, Piratenfest,<br />
Basteln, Kochen.<br />
Für die Teens:<br />
Klettern im Hochseilpark,<br />
Tennis, Graffiti-<br />
Workshop, Film und<br />
Comic, Stand up Paddle<br />
Kurs, Windsurfing und<br />
vieles mehr!<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5<br />
<br />
15<strong>01</strong>08_Waldhaus_Fritz & Fränzi.indd 1 08.<strong>01</strong>.15 15:46
Dossier<br />
Wie Schulkinder sich<br />
schlauschlafen<br />
Es ist für die Lernleistung wichtig, dass sich Kinder während<br />
der Nacht erholen. Denn im Schlaf regeneriert sich die<br />
Hirnfunktionalität, und Gedächtnisinhalte werden gefestigt.<br />
Text: Kerstin Hödlmoser<br />
«Ein Mittagsschlaf bei<br />
Kindern unterstützt<br />
das Speichern von<br />
neu Gelerntem.»<br />
Dr. Kerstin Hödlmoser ist Assistenzprofessorin,<br />
Schlafforscherin und<br />
Co-Leiterin des Labors für Schlaf-,<br />
Kognitions- und Bewusstseinsforschung<br />
an der Universität Salzburg.<br />
Umfragen zeigen, dass<br />
viele Kinder bereits<br />
im Volksschulalter<br />
ein grosses Schlafdefizit<br />
aufweisen und<br />
eine bemerkenswerte Anzahl von<br />
ihnen unter Schlafproblemen leidet.<br />
Eine wesentliche Voraussetzung der<br />
individuellen Lerneffizienz eines<br />
Kindes ist seine Tagesbefindlichkeit.<br />
Und diese steht wiederum in engem<br />
Zusammenhang mit der Erholsamkeit<br />
des Schlafes. Zudem erfüllt der<br />
Schlaf zwei für das Lernen wichtige<br />
Funktionen: die Regeneration der<br />
Hirnfunktionalität nach den Tagesbelastungen<br />
und die Festigung von<br />
neu gelernten Gedächtnisinhalten.<br />
Lerninhalte speichern im Schlaf<br />
Lernen ist ein stufenweiser Prozess.<br />
Zunächst wird neues Material aktiv<br />
trainiert. Anschliessend werden neu<br />
gelernte Inhalte eingespeichert, was<br />
unter anderem im Schlaf passiert. Zu<br />
einem späteren Zeitpunkt können<br />
diese neuen, erfolgreich gespeicherten<br />
Informationen dann abgerufen<br />
werden.<br />
Forschungsergebnisse zeigen,<br />
dass prozedurales Lernen – also das<br />
Erlernen und Einprägen von Fertigkeiten,<br />
Bewegungsmustern und körperlichen<br />
Abläufen wie Radfahren<br />
– vor allem im Rapid-Eye-Movement-<br />
oder REM-Schlaf stattfindet.<br />
Das deklarative Gedächtnis, also das<br />
Erinnern von Fakten und Episoden,<br />
geschieht im sogenannten Non-<br />
REM-Schlaf, in welchem Inhalte des<br />
deklarativen Gedächtnissystems<br />
reaktiviert und dadurch vom Kurzzeitspeicher<br />
(Hippocampus) in den<br />
Langzeitspeicher (Neokortex) des<br />
Gehirns transferiert werden.<br />
Während dieses Prozesses treten<br />
spezielle Gehirnstrommuster, sogenannte<br />
Schlafspindeln, auf. Wir wissen<br />
heute, dass Anzahl und Stärke<br />
dieser Schlafspindeln die Gedächtnisleistung<br />
beeinflussen. Dieser<br />
Zusammenhang wurde bisher<br />
anhand von Untersuchungen mit<br />
Erwachsenen belegt. Wir konnten<br />
ähnliche Ergebnisse nun auch bei<br />
Schulkindern feststellen.<br />
In einer Untersuchung mit 54<br />
Salzburger Viertklässlern im Alter<br />
von acht bis elf Jahren forschten wir<br />
nach Zusammenhängen zwischen<br />
Schlafqualität und kognitiven Leistungen.<br />
Hierfür haben wir zuerst<br />
nach den Schlafgewohnheiten der<br />
Kinder gefragt, um mögliche den<br />
Schlaf störende Umweltfaktoren wie<br />
Licht, Lärm, Hitze oder Kälte auszuschliessen.<br />
Dann haben die Kinder<br />
an einem allgemeinen Test zu Intelligenz<br />
und emotionalen Fähigkeiten<br />
teilgenommen. Schliesslich haben<br />
wir ihre Schlafgewohnheiten eine<br />
Woche lang aufgezeichnet.<br />
Die Kinder führten ein Schlaftagebuch<br />
und trugen einen sogenannten<br />
Aktigrafen, ein Messgerät<br />
24 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Jacobs Foundation<br />
Als eine der weltweit führenden<br />
gemeinnützigen Stiftungen<br />
verpflichtet sich die Jacobs<br />
Foundation seit 25 Jahren der<br />
Forschungsförderung im Bereich<br />
der Kinder- und Jugendentwicklung.<br />
Die Stiftung möchte<br />
künftige Generationen durch die<br />
Verbesserung ihrer Entwicklungsmöglichkeiten<br />
nachhaltig unterstützen.<br />
Foto: Gabi Vogt / 13Photo, Portrait: Anton Stefan<br />
Ein erholsamer<br />
Schlaf steht am<br />
Anfang eines<br />
erfolgreichen<br />
Lernalltags.<br />
von der Grösse einer Armbanduhr,<br />
das Daten über Bewegungsaktivitäten<br />
speichert. Während zwei Nächten<br />
wurde der Schlaf der Kinder mit<br />
einem mobilen Elektroenzephalografen<br />
zu Hause aufgezeichnet.<br />
Sinnvolles Power-Napping<br />
Die Messungen der ersten Nacht<br />
dienten als Ausgangswerte. Vor der<br />
zweiten Nacht haben wir den Kindern<br />
zur Feststellung der Gedächtnisleistung<br />
50 Wortpaare präsentiert,<br />
die sie sich merken sollten. Am Morgen<br />
haben wir die Aufgabe wiederholt.<br />
Im Schnitt hatten die Kinder<br />
am Vorabend 50,81 Prozent aller<br />
Wortpaare richtig ergänzt, am Morgen<br />
nur noch 48,65 Prozent. Dafür<br />
war die Reaktionszeit für korrekte<br />
Antworten am Morgen durchschnittlich<br />
besser als am Vorabend.<br />
Aufgrund der erwähnten Zusammenhänge<br />
zwischen Schlafspindelaktivität<br />
und Gedächtnisleistung<br />
bei Erwachsenen unterteilten wir<br />
die Probanden dann in zwei Gruppen:<br />
Kinder mit gesteigerter und<br />
Kinder ohne gesteigerte Schlafspindelaktivität.<br />
Dabei stellten wir fest:<br />
Obwohl die Gedächtnisleistung beider<br />
Gruppen am Vorabend besser<br />
war als am Morgen, zeigten Kinder<br />
mit mehr Schlafspindeln bessere<br />
Gedächtnisleistungen. Und nicht<br />
nur die Gedächtnisleistung hängt<br />
mit der Häufigkeit der Schlafspindeln<br />
zusammen, sondern auch der<br />
Intelligenzquotient. Wir können<br />
also folgern, dass intelligente Kinder<br />
bessere Gedächtnisleistungen und<br />
im Schlaf-EEG mehr Schlafspindeln<br />
aufweisen als weniger intelligente.<br />
Auch für das motorische Lernen<br />
spielt Schlafen eine Rolle. Die bisherige<br />
Forschung zeigt, dass unser<br />
Gedächtnis im Schlaf motorische<br />
Aufgaben verarbeitet. Kürzlich<br />
konnte Ines Wilhelm vom Universitätskinderspital<br />
Zürich für feinmo-<br />
torische Aufgaben belegen, dass<br />
Kinder im Schlaf unbewusst gelernte<br />
Gedächtnisinhalte so verfestigen,<br />
dass daraus bewusstes Wissen wird.<br />
Zudem scheinen Kinder anders als<br />
Erwachsene auch verstärkt tagsüber,<br />
also im Wachzustand, Lerninhalte<br />
zu verfestigen.<br />
Das heisst nun nicht, dass der<br />
Schlaf bei Kindern für das Lernen<br />
weniger wichtig wäre. Im Gegenteil:<br />
Laura Kurdziel von der University<br />
of Massachusetts Amherst konnte<br />
gemeinsam mit ihren Kolleginnen<br />
und Kollegen zeigen, dass ein Mittagsschlaf<br />
bei Kindergartenkindern<br />
die Speicherung von neu gelernten<br />
Inhalten massiv unterstützt. Die bessere<br />
Gedächtnisleistung hielt auch<br />
nach 24 Stunden an. Ein Mittagsschläfchen<br />
ist nicht nur für Kinder<br />
gut. Das sogenannte Power-Napping<br />
– idealerweise 10 bis 20 Minuten –<br />
ist aus Sicht der Forschung auch für<br />
Erwachsene positiv zu beurteilen.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 25
Psychologie & Gesellschaft<br />
Wenn Jugendliche<br />
an Suizid denken<br />
Jede Woche nehmen sich in der Schweiz zwei bis drei Jugendliche und junge<br />
Erwachsene das Leben. Somit ist Suizid die zweithäufigste Todesursache<br />
in dieser Altersphase. Wie Warnzeichen rechtzeitig erkannt werden und was<br />
Eltern, Lehrpersonen und andere Menschen aus dem Umfeld tun können.<br />
Text: Gregor Berger<br />
Serie Psychische Störungen<br />
Teil 1<br />
Teil 2<br />
Teil 3<br />
Teil 4<br />
Teil 5<br />
Teil 6<br />
Teil 7<br />
Teil 8<br />
Teil 9<br />
Einführung<br />
Essstörungen<br />
Suchtverhalten<br />
Depressionen bei Kindern<br />
Psychosen<br />
Borderline<br />
Game-Sucht<br />
Gestörtes Sozialverhalten<br />
Asperger-Syndrom<br />
Teil 10 Suizid<br />
Teil 11<br />
Psychosomatische Störungen<br />
Diese Ausgaben können unter<br />
www.fritzundfraenzi.ch nachbestellt<br />
werden oder telefonisch beim<br />
Leserservice unter 0800 814 813.<br />
Sie sind längst keine Kinder<br />
mehr, aber auch noch<br />
nicht richtig erwachsen: In<br />
der Schweiz leben etwa<br />
eine Million junge Menschen<br />
zwischen 15 und 24 Jahren.<br />
Mit der Pubertät, die heute zwei bis<br />
drei Jahre früher einsetzt als noch<br />
vor 100 Jahren, beginnt eine Phase<br />
der Veränderungen auf biologischer,<br />
psychologischer und sozialer Ebene.<br />
Immer mehr Adoleszente sind überfordert<br />
von den vielen Weichenstellungen<br />
in dieser Lebensphase wie<br />
etwa dem Einstieg in die Berufswelt,<br />
der Ablösung von zu Hause, dem<br />
Umgang mit Sexualität und der Entwicklung<br />
einer eigenen Identität.<br />
Jugendliche müssen sich heute<br />
mit einer Vielfalt von Möglichkeiten<br />
auseinandersetzen, die es vor wenigen<br />
Generationen noch gar nicht<br />
gab. Die persönlichen und sozialen<br />
Entwicklungsaufgaben, die Heranwachsende<br />
meistern müssen, sind<br />
komplexer geworden. Es fehlen<br />
eigentliche Rollenvorbilder oder<br />
Werte, die den Adoleszenten in dieser<br />
wichtigen Lebensphase eine Orientierungshilfe<br />
sein könnten.<br />
Auch Eltern sind mit den schulischen<br />
und sozialen Anforderungen,<br />
die an ihre heranwachsenden Kinder<br />
gestellt werden, häufig überfordert.<br />
Besonders alleinerziehende<br />
Eltern – eine Situation, die heute<br />
keine Ausnahme mehr ist – kommen<br />
nicht selten an ihre Grenzen.<br />
Die Suche nach ihrem Platz in dieser<br />
Gesellschaft, die immer komplexer<br />
wird, scheint für eine zunehmende<br />
Zahl von Jugendlichen eine Überforderung<br />
dazustellen. Besonders<br />
Heranwachsende mit wenig persönlichen<br />
oder familiären Ressourcen<br />
geraten daher nicht selten in eine<br />
Situation, in der sie überfordert sind<br />
und die im schlechtesten Fall in<br />
einem Suizid enden kann.<br />
Depression und Suizid<br />
Ein Suizidversuch in der eigenen<br />
Vorgeschichte erhöht das Risiko,<br />
einen Suizid zu vollenden. Im Jahr<br />
26 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
vor dem Suizid sind in bis zu<br />
90 Prozent der Fälle die Kriterien<br />
einer psychischen Störung erfüllt.<br />
Etwa die Hälfte der Betroffenen leidet<br />
dabei zum Zeitpunkt des vollendeten<br />
Suizides an einer depressiven<br />
Erkrankung.<br />
Die Schwierigkeit bei jungen<br />
Menschen ist jedoch, dass sich das<br />
depressive Zustandsbild oft anders<br />
präsentiert als bei Erwachsenen,<br />
besonders bei männlichen Jugendlichen.<br />
Häufig ist es nicht die Trauer,<br />
die dominiert, sondern eher Gereiztheit,<br />
eingeengtes Denken, Antriebslosigkeit,<br />
sozialer Rückzug und eine<br />
erhöhte Bereitschaft, übermässige<br />
Risiken einzugehen. Depressive<br />
Jugendliche sprechen eher von einer<br />
«Nullbockstimmung», ziehen sich<br />
zurück, klagen darüber, sich nicht<br />
verstanden zu fühlen, sind aggressiver<br />
als sonst oder zeigen ein für die<br />
Betroffenen atypisches überbordendes<br />
Verhalten.<br />
Verkannte Not<br />
Schlafstörungen bei Jugendlichen<br />
werden häufig verkannt und auf den<br />
schlechten Lebensstil zurückgeführt.<br />
Auch ein verstärkter Medienkonsum<br />
oder Drogenexzesse werden bei<br />
Adoleszenten viel zu schnell verharmlost.<br />
Nicht selten werden<br />
Jugendliche oder junge Erwachsene<br />
nach solchen Zwischenfällen exzessiven<br />
Drogenkonsums ohne psychiatrische<br />
Abklärung von der Hausarzt-,<br />
der Kinderarztpraxis oder der<br />
Notfallstation nach Hause geschickt.<br />
Die Möglichkeit, dass eine depressive<br />
Grunderkrankung hinter solchen<br />
Verhaltensveränderungen stehen<br />
könnte, wird von Angehörigen, aber<br />
auch von Ärzten oft viel zu lange<br />
nicht in Erwägung gezogen.<br />
Es ist zwar nachvollziehbar, dass<br />
Betroffene oder deren Angehörige<br />
solche Probleme nicht zu früh psychiatrisieren<br />
möchten. Doch das<br />
Verkennen der unerträglichen Not<br />
von Jugendlichen in einer suizidalen<br />
Krise birgt grosse Gefahren.<br />
Suizidgefährdete beschreiben<br />
den Zustand vor einer suizidalen<br />
Verhaltensweise u. a. als unerträglichen<br />
seelischen Schmerz und leiden<br />
sehr. Sie befinden sich folglich in<br />
einem Zustand von akutem Stress,<br />
sozusagen in einer das Denken und<br />
Fühlen einengenden Sackgasse mit<br />
einem einzigen Notausgang – dem<br />
Suizid. Die Türe dieses Notausgangs<br />
wird zu einem Zeitpunkt äusserster<br />
Not mit dem Wunsch geöffnet, das<br />
unerträgliche Leiden zu beenden,<br />
und nicht wie häufig angenommen<br />
mit dem Wunsch zu sterben.<br />
In der Regel bringt sich niemand<br />
gerne um, und es ist sehr unwahrscheinlich,<br />
dass Jugendliche und<br />
junge Erwachsene dem Leben wohlüberlegt<br />
ein Ende setzen wollen,<br />
wenn sie bei klarem Bewusstsein<br />
sind.<br />
Rausch als Risiko<br />
Studien konnten auch zeigen, dass<br />
die Wahrscheinlichkeit eines vollendeten<br />
Suizids unter Drogeneinfluss<br />
höher ist als wenn Jugendliche und<br />
junge Erwachsene nicht Alkohol,<br />
Cannabis oder andere Drogen konsumieren.<br />
Es wird zudem wahrscheinlich,<br />
dass die unerträglichen<br />
traumatischen Erlebnisse, die<br />
Jugendliche im suizidalen Modus<br />
erleiden, in ihren Köpfen bleibende<br />
Spuren hinterlassen und unter<br />
Berücksichtigung der ausgeprägten<br />
Hirnplastizität hirnorganische Veränderungen<br />
nach sich ziehen.<br />
Diese Spuren oder besser Narben<br />
bleiben ein Leben lang bestehen und<br />
erklären zumindest teilweise das<br />
massiv erhöhte Suizidrisiko nach<br />
einem Suizidversuch bzw. nach dem<br />
Durchleben dieses Modus, der in<br />
jeder suizidalen Krise erneut reaktiviert<br />
werden kann.<br />
Das Leben wird zu einer<br />
Sackgasse mit einem einzigen<br />
Notausgang – dem Suizid.<br />
Hotspots und Schusswaffen<br />
Länder wie die Schweiz oder die<br />
USA weisen eine vergleichsweise<br />
hohe Rate von Suiziden durch<br />
Schusswaffen auf. Trotzdem glaubt<br />
immer noch eine Vielzahl von Bürgern,<br />
dass es keinen Zusammenhang<br />
zwischen der Verfügbarkeit von<br />
Schusswaffen und Suizid gibt.<br />
Doch nicht nur die Schusswaffen,<br />
auch nicht abgesicherte Brücken<br />
oder ungesicherte Bahngleise sind<br />
ein Problem. Die Suizidexperten<br />
sprechen hierbei von Hotspots. In<br />
Regionen, in denen diese abge siche rt<br />
wurden, ging die Suizidrate zurück.<br />
Überlebende eines schweren Suizidversuches,<br />
zum Beispiel eines<br />
Sprungs von der Golden Gate<br />
Bridge, sterben in 93 Prozent der<br />
Fälle nicht durch eine Wiederholung<br />
des schweren Suizidversuches >>><br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 27
Psychologie & Gesellschaft<br />
>>> und sind glücklich, gerettet<br />
worden zu sein. Daher ist es wichtig,<br />
sich dafür einzusetzen, dass der<br />
Zugang zu solchen Methoden des<br />
Suizides minimiert wird.<br />
In der Schweiz bedeutet dies auch<br />
einen zeitgemässen und vernünftigen<br />
Umgang mit der Dienstwaffe.<br />
Besonders auch deshalb, weil Schusswaffen<br />
die Möglichkeit des erweiterten<br />
Suizids, bei dem zuerst andere<br />
Personen getötet werden, in einem<br />
grossen Mass vereinfachen – eine<br />
besonders tragische Form des Suizides,<br />
die in der Schweiz jedes Jahr<br />
mehrmals vorkommt.<br />
Dementsprechend ist es bei psychisch<br />
kranken Jugendlichen oder<br />
jungen Erwachsenen, besonders bei<br />
Männern, wichtig zu fragen, ob sie<br />
zu Hause Zugang zu Waffen haben,<br />
oder im Zweifelsfall entsprechende<br />
Massnahmen einzuleiten. Dabei<br />
genügt in aller Regel eine Gefährdungsmeldung<br />
durch eine Fachperson<br />
an die Polizei.<br />
Persönlichkeitsfaktoren<br />
Bei Heranwachsenden kommt es<br />
häufig zu Phasen von selbstverletzendem<br />
Verhalten, Suizidhandlungen<br />
oder Suiziddrohungen. Falls<br />
solche Verhaltensweisen bei Adoleszenten<br />
immer wieder vorkommen,<br />
ist es wahrscheinlich, dass eine psychische<br />
Störung vorhanden ist.<br />
Konkret darf nicht vergessen<br />
werden, dass bei Patienten mit einer<br />
emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung<br />
chronische Suizidalität<br />
ein häufiges Symptom ist. Und etwa<br />
10 bis 15 Prozent dieser Patienten<br />
nehmen sich im Verlauf ihrer<br />
Erkrankung auch tatsächlich das<br />
Leben.<br />
Schwierig ist, dass viele Adoleszente<br />
ähnliche Verhaltensweisen<br />
zeigen, die jedoch nicht bis ins<br />
Erwachsenenalter überdauern und<br />
daher schwer von der normalen<br />
adoleszentären Entwicklung abgegrenzt<br />
werden können. Nur ein<br />
Bruchteil der Betroffenen beansprucht<br />
tatsächlich professionelle<br />
Hilfe.<br />
Dennoch ist es äusserst wichtig,<br />
dass auch bei Jugendlichen die<br />
zugrunde liegende Störung – sei es<br />
eine Depression, eine Angststörung,<br />
eine Psychose oder eine Suchterkrankung<br />
– erstens frühzeitig<br />
erkannt und zweitens mit allen zur<br />
Verfügung stehenden Mitteln effektiv<br />
behandelt werden sollte, gegebenenfalls<br />
auch mit Medikamenten.<br />
Die Not der Angehörigen<br />
Die mit einem vollendeten Suizid<br />
verbundene Not bei Angehörigen,<br />
Freunden, Lehrern und Helfern wie<br />
Psychologen und Ärzten ist gross.<br />
Pro Suizid sind etwa sechs nächste<br />
Angehörige und nahe Bezugspersonen<br />
betroffen. Bei jungen Menschen<br />
sind es sogar meist mehr Menschen,<br />
teilweise ganze Schulklassen und<br />
Ausbildungsbetriebe.<br />
Möglichkeiten der Prävention<br />
und Hilfe<br />
Die Sicherung von sogenannten Suizid-Hotspots<br />
ist eine effektive Massnahme,<br />
damit Jugendliche in grosser<br />
Not nicht an Orte gehen, von denen<br />
bekannt ist, dass sich Menschen<br />
bereits erfolgreich suizidierten.<br />
Dabei kann es sich um bauliche<br />
Massnahmen wie das Aufspannen<br />
von Netzen handeln oder das Aufstellen<br />
von Überwachungskameras<br />
oder Notrufsäulen, die den Leiden-<br />
Risikofaktoren für einen Suizid<br />
Suizidversuch in der eigenen Vorgeschichte<br />
psychische Störungen wie z. B. Depressionen, die sich in<br />
Gereiztheit, eingeengtem Denken, Antriebslosigkeit,<br />
sozialem Rückzug und einer erhöhten Bereitschaft,<br />
übermässige Risiken einzugehen, oder auch<br />
Schlafstörungen äussern kann<br />
selbstverletzendes Verhalten<br />
Suiziddrohungen<br />
Drogenkonsum<br />
Hotspots: nicht abgesicherte Brücken oder<br />
ungesicherte Bahngleise<br />
Zugang zu Schusswaffen<br />
Hier finden Betroffene und Angehörige Hilfe<br />
niederschwellige Angebote wie «Hilfe + Beratung 147»<br />
der Pro Juventute Schweiz, Tel. 147, «Die Dargebotene<br />
Hand», Tel. 143, oder der «Elternnotruf»,<br />
Tel. 0848 35 45 55<br />
«Bündnis gegen Depression» (kantonal)<br />
Kriseninterventionszentren in Winterthur, Zürich,<br />
Basel, Bern und an weiteren Standorten<br />
Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst (KJPD)<br />
Organisationen wie Trialog Schweiz, wo Betroffene,<br />
Angehörige und Experten zusammenkommen<br />
(u. a. durch Schulbesuche)<br />
private Anbieter wie z. B. die Krisenintervention<br />
Schweiz der Clienia Schlössli AG, die Betriebe und<br />
Schulen beraten, mit psychischen Krisen umzugehen<br />
28 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Eine psychische Erkrankung<br />
erhöht das Risiko, an<br />
einem Suizid zu sterben,<br />
etwa um den Faktor 10.<br />
den noch die Möglichkeit geben,<br />
Hilfe zu holen. Die bauliche Absicherung<br />
von besonders exponierten<br />
Bahn gleisen verringert nicht nur die<br />
Suizidrate, sondern wirkt auch präventiv<br />
gegen die Traumatisierung<br />
von Lokomotivführern.<br />
Präventionskampagnen können<br />
wirksam sein<br />
Eine Reihe von Untersuchungen von<br />
präventiven Kampagnen in Schulen<br />
und der Allgemeinbevölkerung hat<br />
gezeigt, dass bereits generelle und<br />
sorgfältig durchgeführte Präventionskampagnen<br />
die Suizidrate reduzieren<br />
können. Die anfängliche<br />
Angst, dass solche Kampagnen suizidgefährdete<br />
Jugendliche oder junge<br />
Erwachsene zur Nachahmung im<br />
Sinne des «Werther-Effektes» animieren<br />
könnten, liess sich nicht<br />
bestätigen. Die sachgemässe Auseinandersetzung<br />
mit der Suizidalität<br />
per se bewirkt noch keinen Suizid.<br />
Bei über mehrere Tage nicht<br />
erklärbarer Veränderung im Verhalten<br />
eines Jugendlichen, unerklärbarer<br />
andauernder Gereiztheit oder<br />
sozialem Rückzug sollte dies ernst<br />
genommen werden und der Jugendliche<br />
oder junge Erwachsene motiviert<br />
werden, professionelle Hilfe<br />
anzunehmen. Dies, weil das Vorhandensein<br />
einer psychischen<br />
Erkrankung das Risiko, an einem<br />
Suizid zu sterben, etwa um den Faktor<br />
10 erhöht. Wesentlich für Fachpersonen<br />
wie auch Angehörige und<br />
Bezugspersonen ist das direkte und<br />
offene Ansprechen bei einem Verdacht<br />
erhöhter Suizidalität.<br />
Menschen in seelischer Not<br />
Raum und Zeit bieten<br />
Suizidale Menschen stossen mit<br />
ihrer leider immer noch tabuisierten<br />
Problematik sehr häufig auf Ablehnung<br />
und fühlen sich in ihrer Not<br />
weder ernst genommen noch verstanden.<br />
Wenn eine Vertrauensperson<br />
jungen Menschen Raum und<br />
Zeit bietet, ihre seelische Not, ihren<br />
unerträglichen psychischen<br />
Schmerz, auszudrücken, fühlen diese<br />
sich markant entlastet und in ihrer<br />
suizidalen Krise nicht mehr alleine.<br />
Suizidprävention und -hilfe ist<br />
ein komplexes Unterfangen. Zentral<br />
ist die Aufrechterhaltung oder Etablierung<br />
tragfähiger Beziehungen<br />
mit dem Betroffenen. Suizidversuche<br />
sollten immer ernst genommen<br />
werden, auch wenn diese im Rahmen<br />
von Persönlichkeitsstörungen<br />
oder von situationsbedingten Problemen<br />
auftreten. Die Früherkennung<br />
von psychischen Störungen<br />
wie Depression, Angst, manischdepressivem<br />
Kranksein oder psychotischen<br />
Erkrankungen wie der<br />
Schizophrenie sind im Zusammenhang<br />
mit der Suizidprävention von<br />
grosser Wichtigkeit.<br />
Eine frühzeitige Erkennung und<br />
effektive Behandlung der zugrunde<br />
liegenden Probleme birgt die grösste<br />
Chance für eine Reduktion der<br />
Suizidhäufigkeit. Wenn jedoch<br />
Eltern oder Helfernetz merken, dass<br />
eine Beziehungsaufnahme immer<br />
schwieriger wird und der Betroffene<br />
sich zunehmend zurückzieht, ist es<br />
empfehlenswert, frühzeitig professionelle<br />
Hilfe in Anspruch zu nehmen,<br />
gegebenenfalls als letzte Option<br />
auch die Einweisung in eine<br />
psychiatrische Klinik in Erwägung<br />
zu ziehen.<br />
>>><br />
Dr. Gregor Berger<br />
ist Oberarzt und Leiter zentraler Notfalldienst<br />
beim Kinder- und Jugendpsychiatrischen<br />
Dienst des Kantons Zürich (KJPD).<br />
Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung<br />
von: Gregor Berger, Gregor Harbauer, Rudi<br />
Schweizer, Antoinette Engel, Sebastian Haas,<br />
Andreas Andreae: «Suizidalität in<br />
der Adoleszenz», Pädiatrie Heft 3, 2<strong>01</strong>2.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 29
30 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Monatsinterview<br />
Grosseltern<br />
Wenn sich Grosseltern ungefragt in die Erziehung ihrer<br />
Enkelkinder einmischen, kommt es häufig zum Streit.<br />
Wie Konflikte vermieden werden, was beide Seiten voneinander<br />
lernen können und warum es nicht schlimm ist,<br />
wenn Oma und Opa ihre Enkel verwöhnen, erklärt<br />
der Zürcher Paar- und Familienberater Jean-Luc Guyer<br />
Interview: Nik Niethammer und Eveline von Arx Fotos: Désirée Good / 13 Photo<br />
Der erfahrene Paarberater<br />
Jean-Luc Guyer weiss, was<br />
Eltern bewegt – auch wenn<br />
es um Konflikte zwischen<br />
den Generationen geht.<br />
Das Toni-Areal in Zürich. Hochschulcampus<br />
für 5000 Studenten, Dozenten,<br />
Mitarbeiter. Der 8. Stock hat den<br />
Charme eines Zivilschutzkellers. Kahle<br />
Wände, Betonverputz, Kabelstränge an<br />
den Decken, Kunstlicht. Das Büro von<br />
Jean-Luc Guyer liegt am Ende des Flurs.<br />
Klein und hell und freundlich. Mit atemberaubendem<br />
Ausblick. Ein Schreibtisch,<br />
drei Stühle, eine schwarze Couch.<br />
Guyer trägt Jeans und Pullover. Fester<br />
Händedruck, angenehme Stimme, die<br />
Augen schauen wach und neugierig hinter<br />
der Brille hervor.<br />
Herr Guyer, welche Erinnerungen<br />
haben Sie an Ihre Grosseltern?<br />
Zwei ganz unterschiedliche: Bei meinen<br />
Grosseltern mütterlicherseits,<br />
die im Welschland zu Hause waren,<br />
ging es jeweils sehr unkompliziert<br />
zu, wie in einer Grossfamilie, mit<br />
vielen Cousins. Es herrschte eine<br />
lockere Atmosphäre, und es war<br />
immer etwas los. In der Uhrmacher-<br />
Familie meines Vaters im Tösstal<br />
hingegen standen Ordnung und<br />
Genauigkeit an erster Stelle. Für<br />
mich als Kind war es spannend, mich<br />
in beiden Welten zurechtzufinden.<br />
Wie war das Verhältnis zwischen Ihren<br />
Grosseltern und Ihren Eltern? Erinnern<br />
Sie sich an Konfliktsituationen?<br />
Ja – in erster Linie zwischen meiner<br />
Mutter und meiner Grossmutter<br />
väterlicherseits. Ihre Erziehungsvorstellungen,<br />
etwa auch davon, wie<br />
man sich zu kleiden hatte, deckten<br />
sich nicht mit den Ansichten meiner<br />
Mutter.<br />
Wie ist sie damit umgegangen?<br />
Sie suchte Unterstützung bei meinem<br />
Vater, und wenn sie diese nicht<br />
erhielt, kam es schon einmal zu einer<br />
Auseinandersetzung zwischen der<br />
Mutter und der Grossmutter. Mir<br />
und meinen Geschwistern gab sie zu<br />
verstehen, dass wir die etwas veralteten<br />
Vorstellungen unserer Grossmutter<br />
nicht so ernst nehmen sollten.<br />
Heute kommen Eltern zu Ihnen, wenn<br />
sie Schwierigkeiten mit den Grosseltern<br />
haben. Was sind die häufigsten<br />
Gründe, warum jemand dann Ihre Hilfe<br />
sucht?<br />
Ich kann Ihnen ein paar Beispiele<br />
schildern: Da kommen junge Eltern<br />
mit dem Problem, dass sich ihre<br />
Eltern oder Schwiegereltern zu sehr<br />
>>><br />
in die Kindererziehung oder<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 31
Monatsinterview<br />
>>> auch in die Partnerschaft einmischen.<br />
Die Grosseltern möchten<br />
etwa bestimmen, welche Spielgruppe<br />
oder Freizeitgestaltung die beste<br />
für die Enkelkinder ist. Oder die<br />
Eltern stören sich daran, weil die<br />
Gross-eltern die Enkel zu sehr verwöhnen,<br />
vor allem auch in materieller<br />
Hinsicht, sie damit sozusagen<br />
«kaufen». Die meisten Eltern suchen<br />
dann Hilfe, weil dieser Konflikt auch<br />
ihre Partnerschaft beeinträchtigt.<br />
Die Schwiegertochter oder der<br />
Schwiegersohn wünscht sich mehr<br />
Loyalität vom Partner, während dieser<br />
sich vielleicht den eigenen Eltern<br />
gegenüber zu wenig abgrenzen oder<br />
durchsetzen kann.<br />
Rühren Konflikte zwischen Grosseltern<br />
und Eltern auch häufig daher,<br />
dass man sich beim Erlauben und<br />
Verbieten widerspricht?<br />
Mir fällt in diesem Zusammenhang<br />
auf, dass die Beziehung der Ratsuchenden<br />
zu ihren Eltern oft als sehr<br />
freundschaftlich empfunden und<br />
beschrieben wird. Die eigene Mutter<br />
ist quasi die beste Freundin, und nun<br />
macht sie plötzlich Dinge im<br />
Umgang mit den Enkelkindern, die<br />
man selber oder vor allem auch der<br />
Partner nicht gutheisst. Dabei kann<br />
es durchaus auch darum gehen, dass<br />
die Grosseltern den Enkeln etwas<br />
erlauben, dem die Eltern widersprechen.<br />
Es ist für die Tochter dann<br />
jedoch schwierig, sich gegenüber der<br />
eigenen Mutter zu behaupten, weil<br />
sie ambivalent ist: Sie hat einerseits<br />
das Bedürfnis nach Abgrenzung,<br />
verspürt aber auch den Wunsch nach<br />
Bestätigung und Unterstützung<br />
durch die eigene Mutter. Deshalb<br />
werde ich jeweils hellhörig, wenn es<br />
heisst, die Beziehung zu den eigenen<br />
Eltern sei sehr freundschaftlich.<br />
Das heisst, die Generationengrenze ist<br />
heute weniger ausgeprägt.<br />
Ganz klar, ja. Doch sie ist wichtig für<br />
die Eigenständigkeit der Eltern, auch<br />
in ihrer Rolle als Erziehende. So wird<br />
der Ablösungsprozess – notgedrungen<br />
– oft erst spät in Gang gesetzt,<br />
dann, wenn man eigene Kinder hat.<br />
Wie helfen Sie, wenn ein Paar unter<br />
der Dominanz der Eltern oder Schwiegereltern<br />
– gerade auch in Bezug auf<br />
die Erziehung der Kinder – leidet?<br />
Zuerst einmal möchte ich hervorheben,<br />
dass es eine Illusion ist, davon<br />
auszugehen, die Beziehung zwischen<br />
dem Paar und den Eltern bzw.<br />
Schwiegereltern müsse konfliktfrei<br />
sein. Spannungen zwischen den<br />
Generationen sind nichts Aussergewöhnliches<br />
– und es ist eine grosse<br />
Herausforderung, immer wieder<br />
gemeinsam herauszufinden, was für<br />
beide stimmt. In meiner Beratungstätigkeit<br />
ist es in solchen Situationen<br />
auf jeden Fall zentral, das<br />
Elternpaar zu stärken. Denn sie<br />
haben die Verantwortung für ihre<br />
«Manche Eltern<br />
fallen in jene<br />
Erziehungsmuster<br />
zurück, unter<br />
denen sie als Kind<br />
gelitten haben.»<br />
Kinder und sollten auch entscheiden,<br />
wie sie diese erziehen möchten.<br />
Je bewusster sie sich dessen sind,<br />
desto klarer können sie ihre Vorstellungen<br />
auch nach aussen, gegenüber<br />
den eigenen Eltern oder Schwiegereltern,<br />
vertreten. Wichtig ist dabei<br />
natürlich, dass das Paar gemeinsam<br />
nach Lösungen sucht und am selben<br />
Strick zieht.<br />
Wenn man Mutter oder Vater wird, verändert<br />
sich auch die Beziehung zu den<br />
eigenen Eltern. Einerseits kann das<br />
bedeuten, dass man eine grosse Wertschätzung<br />
dafür verspürt, was die<br />
eigenen Eltern alles mit einem durchgemacht<br />
und für einen geleistet<br />
haben. Oder es kann auch heissen,<br />
dass einem bewusst wird, was man<br />
mit dem eigenen Kind nicht so<br />
machen möchte, wie man es selbst<br />
erfahren hat.<br />
Ja – und meist erleben Eltern ein<br />
Entweder-oder, selten beides. Einerseits<br />
wäre es ja schön, diese erwähnte<br />
Wertschätzung zu empfinden,<br />
aber auch zu merken, was man nun<br />
als Mutter oder Vater anders, auf die<br />
eigene Art, machen möchte. Manche<br />
Eltern fallen jedoch, besonders in<br />
Stresssituationen, genau in die Erziehungsmuster<br />
zurück, unter denen<br />
sie selbst als Kind gelitten hatten.<br />
Dann ist es sicher sinnvoll, genauer<br />
hinzuschauen und diese vergangenen<br />
Erfahrungen aufzuarbeiten.<br />
Oma und Opa sind nach Eltern und<br />
Erziehenden im Kindergarten die<br />
wichtigsten Bezugspersonen für Kinder<br />
unter sechs Jahren. Was macht die<br />
Beziehung zwischen Enkeln und<br />
Grosseltern so besonders?<br />
Grosseltern müssen in der Regel<br />
nicht täglich mit dem Nachwuchs<br />
zusammen sein. Sie können mit den<br />
Enkeln etwas unternehmen, sie aber<br />
nach einer gewissen Zeit wieder<br />
«abgeben» – ohne dieselbe Verantwortung<br />
zu haben, die man als Mutter<br />
oder Vater trägt. Ich spreche aus<br />
eigener Erfahrung, da ich selber vier<br />
Enkelkinder habe.<br />
Enkel vermitteln ihren Grosseltern oftmals<br />
das Gefühl, jung zu bleiben,<br />
gebraucht zu werden, ein sinnvolles<br />
Leben zu führen.<br />
Das ist richtig. Ich persönlich staune<br />
immer wieder, wie sehr sich meine<br />
Enkelkinder für meine Eltern und<br />
meine Grosseltern interessieren, für<br />
die Familiengeschichte also. Und es<br />
ist schön, dass ich ihnen Dinge, die<br />
ich gerne mag und die mir wichtig<br />
sind, weitergeben kann. Ich bin und<br />
war zum Beispiel schon immer sehr<br />
gerne auf dem Wasser unterwegs: als<br />
Ruderer, Segler, im Kanu. Und diese<br />
Aktivitäten bringe ich nun auch meinen<br />
Enkelkindern näher.<br />
Und was können Grosseltern von ihren<br />
Enkeln lernen?<br />
Vieles! Ich erlebe die Neugierde, die<br />
die Enkelkinder mitbringen, als sehr<br />
inspirierend. Zudem finde ich es<br />
heutzutage bemerkenswert, wie<br />
schon kleine Kinder mit den neuen<br />
Technologien umgehen, wie schnell<br />
sie das alles kapieren. Man ist als<br />
32 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Grosseltern oft entspannter im<br />
Umgang mit den Enkeln, als man es<br />
vielleicht mit den eigenen Kindern<br />
war. Viele sind nun weniger im<br />
Stress, besonders wenn sie als Eltern<br />
damals auch beruflich sehr eingespannt<br />
waren und nicht so viel Zeit<br />
für die Kinder aufwenden konnten.<br />
Wie unterscheidet sich die Beziehung<br />
Grosseltern – Kind von der Beziehung<br />
Eltern – Kind?<br />
Ein wesentlicher Unterschied besteht<br />
darin, dass die Hauptverantwortung<br />
und -kompetenz für die Erziehung<br />
bei den Eltern liegt. Erziehung ist<br />
Elternsache. Die Grosseltern sind<br />
eine wichtige Ergänzung und Be-<br />
reicherung. Sie betreuen die Enkel,<br />
aber sie erziehen sie nicht. Konflikte<br />
entstehen dort, wo Grosseltern massgeblich<br />
in die Erziehung<br />
der<br />
Enkelkinder einwirken.<br />
Ich empfehle<br />
manchmal,<br />
dass das Paar<br />
zusammen mit<br />
den Grosseltern<br />
in die Beratung<br />
kommt.<br />
Ein oft gehörter Satz von Kindern lautet:<br />
«Bei den Grosseltern gibt es mehr<br />
Süsses, mehr Fernsehen, mehr Aufmerksamkeit.»<br />
Ist es wirklich<br />
«Grosseltern sind<br />
mit den Enkeln oft<br />
entspannter, als sie<br />
es mit den eigenen<br />
Kindern waren.»<br />
Monatsinterview<br />
«Jugendlichen fällt<br />
es oft leichter, sich<br />
statt den Eltern<br />
den Grosseltern<br />
anzuvertrauen.»<br />
>>> so schlimm, wenn die Grosseltern<br />
ihre Enkel verwöhnen?<br />
Im gesunden Mass sicher nicht. Ich<br />
erinnere mich gerne daran zurück,<br />
wie wir zu unserer Grossmutter ins<br />
Bett durften, wenn wir bei ihr in den<br />
Ferien waren, und sie uns mit bunten<br />
Bonbons fütterte. Das gab es bei meinen<br />
Eltern nicht. Anders sieht es, um<br />
beim Beispiel zu bleiben, aus, wenn<br />
Kinder übergewichtig sind, und sie<br />
von den Grosseltern<br />
entgegen<br />
dem Willen der<br />
Eltern immer<br />
wieder viele<br />
Süssigkeiten<br />
bekommen. Das<br />
ist sicher problematisch.<br />
Haben Sie schon<br />
erlebt, dass ein Time-out, also ein<br />
Kontaktstopp oder -unterbruch zwischen<br />
Grosseltern und Enkeln, notwendig<br />
wurde?<br />
Selten. Aber wenn die Dominanz der<br />
Grosseltern so überhandnimmt, dass<br />
die Konflikte zwischen dem Elternpaar<br />
zunehmen, kann es allenfalls<br />
sinnvoll sein, zu einer solchen Beziehungspause<br />
zu raten, in welcher der<br />
Kontakt zu den Grosseltern dann<br />
eben nicht stattfindet.<br />
Um mehr als die Hälfte der Kinder im<br />
Vorschulalter, die fremdbetreut sind,<br />
kümmern sich die Grosseltern. Eltern<br />
sind also auch angewiesen auf diese<br />
Unterstützung. Was aber geschieht,<br />
wenn die Kinder grösser sind und die<br />
Grosseltern nicht mehr so<br />
«gebraucht» werden?<br />
Ich beobachte oft, dass genau darüber<br />
im Vorfeld viel zu wenig<br />
gesprochen wird. Man ist als Eltern<br />
zwar für eine bestimmte Zeit oft sehr<br />
abhängig von dieser grosselterlichen<br />
Hilfe, doch wenn die Enkel dann<br />
selbständiger sind, haben die Grosseltern<br />
manchmal fast das Gefühl,<br />
überflüssig zu sein und keine grosse<br />
Rolle mehr zu spielen. Das ist nicht<br />
einfach, für beide Seiten, und ich<br />
empfehle deshalb, rechtzeitig auch<br />
über solche bevorstehenden Verän-<br />
derungen zu sprechen und zu klären,<br />
wie sich die Beziehung zwischen den<br />
Grosseltern und den Enkelkindern<br />
zukünftig gestalten könnte.<br />
Wie könnte sich denn die Beziehung<br />
zwischen Grosseltern und Enkeln sinnvollerweise<br />
verändern, wenn die Kinder<br />
älter werden?<br />
Gelingt es den Grosseltern, sich auf<br />
die gewandelten Bedürfnisse der<br />
heranwachsenden Enkel einzustellen,<br />
kann eine vertrauensvolle Beziehung<br />
mit neuen Qualitäten daraus<br />
hervorgehen: Dann können die<br />
Enkel mit den Grosseltern zum Beispiel<br />
auch Themen besprechen, über<br />
die sie mit den Eltern nicht unbedingt<br />
reden möchten, wie Liebeskummer<br />
oder schlechte Noten.<br />
Manchmal sind Grosseltern auch<br />
hilfreich, wenn es um die Unterstützung<br />
bei den Schulaufgaben geht. Im<br />
Idealfall kann eine Beziehung auch<br />
daran wachsen, indem sie zunehmend<br />
auf Gegenseitigkeit beruht;<br />
wenn zum Beispiel das Enkelkind<br />
Aufgaben im Haus oder im Garten<br />
übernimmt, die für die Grosseltern<br />
beschwerlich geworden sind.<br />
Grosseltern sind nicht selten Vertrauenspersonen<br />
der Enkel. Wie geht man<br />
als Grossmutter oder Grossvater<br />
damit um, wenn einem das Enkelkind<br />
ein Geheimnis oder auch Problem<br />
anvertraut, von dem die Eltern des<br />
Kindes nichts wissen?<br />
Das kommt sicher auf den Inhalt des<br />
Geheimnisses an: Wenn es etwas<br />
sehr Schwerwiegendes ist, das eine<br />
grosse Bedeutung im Leben des Kindes<br />
hat, kann es angebracht sein, mit<br />
dem Enkel zusammen zu schauen,<br />
ob man die Eltern nicht doch involvieren<br />
möchte. Manchen Kindern<br />
und insbesondere Jugendlichen fällt<br />
es tatsächlich leichter, sich dem Opa<br />
oder der Oma anzuvertrauen, weil<br />
die Beziehung zu ihnen weniger eng<br />
und somit auch weniger konfliktanfällig<br />
ist als zu den eigenen Eltern.<br />
Und das ist oft viel wert.
Psychologie & Gesellschaft<br />
Geld selber verwalten<br />
und einteilen<br />
Mit dem Jugendlohn erhalten Kinder nicht einfach Geld. Es werden ihnen<br />
damit vor allem Kompetenzen und Verantwortung übertragen.<br />
Dadurch verringert sich die Gefahr, später in der Schuldenfalle zu landen.<br />
Text: Susan Edthofer<br />
Oftmals sind sich Kinder gar nicht bewusst,<br />
wie viel alles kostet. Denn die meisten<br />
Bedürfnisse sind gedeckt, und viele Alltagswünsche<br />
werden von Mama und<br />
Papa erfüllt. Dass eine Wohnung, ein<br />
gefüllter Kühlschrank, Kleider, Ferien und Freizeitaktivitäten<br />
Geld kosten, geht leicht unter. Nicht selten gibt<br />
es ein böses Erwachen, wenn junge Erwachsene plötzlich<br />
finanziell auf eigenen Füssen stehen sollen. Zu<br />
Beginn des Erwerbslebens ist der Lohn noch klein und<br />
steht unter Umständen in einem krassen Missverhältnis<br />
zu dem von Haus aus gewohnten Lebensstandard. Wer<br />
schon in der Jugend lernt, Geld selber zu verwalten,<br />
kommt mit den eigenen Finanzen später besser klar.<br />
Bestimmte Auslagen selber bestreiten<br />
Älterwerden bedeutet mehr Verantwortung übernehmen.<br />
Diese Tatsache liegt dem Modell Jugendlohn<br />
zugrunde. Der gleichnamige Verein (www.jugendlohn.<br />
ch), dem auch Pro Juventute angehört, propagiert dieses<br />
Modell: Das Taschengeld ist für nicht zwingend Nötiges<br />
bestimmt, mit dem Jugendlohn hingegen werden echte<br />
Lebenskosten bestritten, die im Voraus mit dem Kind<br />
festgelegt werden.<br />
Ein fiktives, aber realistisches Beispiel: Zu Beginn des<br />
neuen Jahres hat Familie Müller beschlossen, für ihre<br />
zwölfjährige Tochter das Modell Jugendlohn einzuführen.<br />
Die Eltern haben Sara darauf vorbereitet. Nachdem<br />
sie ein eigenes Bankkonto eröffnet hat, überweisen ihr<br />
die Eltern monatlich einen Betrag. Mit diesem Geld<br />
muss Sara gemäss Absprache für Kleider, Schuhe, ÖV-<br />
Tickets, auswärtiges Essen und Freizeitvergnügen aufkommen.<br />
So lernt sie, mit einem bestimmten Budget<br />
auszukommen. Damit dieser Schritt in die finanzielle<br />
Selbständigkeit gelingt, braucht es offene Gespräche,<br />
gemeinsame Planung und Fingerspitzengefühl bei der<br />
Begleitung. Frau und Herr Müller unterstützen ihr Kind,<br />
lassen es jedoch auch eigene Erfahrungen<br />
machen. Als sich Sara von einem ersten Jugendlohn<br />
ein Paar schicke, doch nicht so wintertaugliche<br />
Stiefel kauft, lassen die Eltern sie<br />
gewähren. Kurz darauf wurde in der Schule ein<br />
Schlittelausflug angesagt. Da nun die passenden<br />
Schuhe fehlten, ergab sich eine natürliche<br />
Gelegenheit für ein Gespräch über notwendige<br />
und nicht notwendige Anschaffungen.<br />
Übungsfeld Alltag<br />
Der zwölfte Geburtstag ist laut Experten ein idealer<br />
Zeitpunkt, den Jugendlohn einzuführen: Das Kind ist<br />
bereits in der Lage, seine Bedürfnisse abzuwägen, und<br />
für elterlichen Rat noch empfänglich. Bis es ganz auf<br />
eigenen Füssen steht, bleibt genug Zeit, den Umgang<br />
mit Geld im Alltag zu üben. Heranwachsende erhalten<br />
neue Verpflichtungen, aber auch neue Freiheiten. Der<br />
Betrag kann beliebig angepasst, Kompetenzen und Verantwortung<br />
können erhöht werden. Auch für Familien<br />
mit knappem Budget ist der Jugendlohn meist weniger<br />
belastend als das Taschengeld oder die Ansprüche, die<br />
stetig gestellt werden. Dieses Modell eignet sich also für<br />
Familien aller Einkommensklassen.<br />
«Der Jugendlohn<br />
ist meist weniger<br />
belastend als<br />
das Taschengeld<br />
oder die Ansprüche,<br />
die stetig gestellt<br />
werden.»<br />
Susan Edthofer ist<br />
Redaktorin im Bereich<br />
Kommunikation<br />
von Pro Juventute.<br />
Pro Juventute Elternberatung<br />
Die Elternberatung ist ein Angebot von Pro Juventute für alle Eltern und<br />
Bezugs personen von Kindern und Jugendlichen. Fragen zum Familienalltag wie zu<br />
schwierigen Situationen können jederzeit telefonisch unter 058 261 61 61 oder<br />
per Mail auf www.projuventute-elternberatung.ch gestellt werden, ebenso<br />
Erziehungsfragen oder Fragen zum Umgang mit Konsum. Ausser den normalen<br />
Telefongebühren fallen keine Kosten an.<br />
Zum Thema Finanzkompetenz erhalten Eltern zudem an Elternabenden und<br />
Workshops von Pro Juventute Unterstützung bei ihrer Erziehungsaufgabe.<br />
Mehr Infos www.projuventute.ch<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 35
Die Alles-ist-möglich-Lüge<br />
Über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />
Zwei Journalistinnen waren überzeugt, dass Karriere und Elternsein problemlos unter einen<br />
Hut passen, bis sie erfahren mussten: Das ist eine Lüge. Ein Abdruck aus ihrem Buch.<br />
36 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Abgedruckt<br />
Illustration: P&P, Portraits: Susanne Garsoffky © Gudrun Senger<br />
Sonntagabend an<br />
einem Küchentisch in<br />
Hamburg-Eimsbüttel.<br />
Auf dem Tisch zwei<br />
Kalender, ein Laptop,<br />
der Familienplaner.<br />
«Morgen ist Elternabend<br />
in der Ballettschule, ich<br />
habe um sieben noch ein Treffen<br />
mit einem Kunden», sagt sie. «Kein<br />
Problem», sagt er und wirft einen<br />
Blick in seinen Computer. «Ich<br />
muss am Donnerstag für zwei Tage<br />
nach Madrid, bestellst du die Babysitterin?<br />
Du bist ja Freitagabend<br />
beim Schulverein.» – «Vergiss<br />
nicht, dass am Samstag Kita-Fest<br />
ist.» – «Oh Mann, wird das wieder<br />
eine Woche.»<br />
Eine Szene, wie sie sich Sonntag<br />
für Sonntag in vielen Familien<br />
abspielt. Es wird gefeilscht und<br />
gestritten, verteilt und verhandelt<br />
wie sonst nur im Büro: Wer macht<br />
was wann? Von der Antwort auf<br />
diese zentrale Frage hängt das<br />
Wohlergehen einer ganzen Familie<br />
ab. Die Kinder erfahren beim<br />
Frühstück, wie die Woche läuft.<br />
Wann die Ersatzoma kommt,<br />
welche andere Mutter sie in die<br />
Schule bringt, welcher Nachbar sie<br />
zum Fussball mitnimmt und dass<br />
Mama und Papa die Aufführung<br />
beim Schulfest leider verpassen<br />
werden. Aber nächstes Mal ganz<br />
bestimmt kommen.<br />
Der Alltag als ewiger Kraftakt.<br />
Für viele Paare ist das Normalität.<br />
Vor allem für solche, die gleichberechtigter<br />
leben wollen als die<br />
Generation ihrer Eltern. Bei denen<br />
beide im Beruf stehen und sich<br />
versprochen haben, die Familienaufgaben<br />
zu teilen. Die man gemeinhin<br />
als «moderne» Familie<br />
bezeichnet. Aber was ist das, eine<br />
«moderne» Familie? Ist es modern,<br />
wenn man nach getaner Arbeit,<br />
nach Abwasch und Abendbrot vor<br />
Erschöpfung kaum noch seinen<br />
Namen sagen kann? (...)<br />
Wir haben das eine Zeit lang<br />
auch so gemacht. Weil wir dachten,<br />
das müsse so sein. Auch wir haben lange geglaubt:<br />
Das ist alles nur eine Frage der Organisation. Wer<br />
will, der kann auch! Der einzige Haken war: Unvorhergesehenes<br />
durfte nicht passieren, denn wenn doch,<br />
dann führte das direkt in die Orga-Katastrophe. Das<br />
Kind den Arm gebrochen, die Kinderfrau krank, die<br />
Grosseltern 500 Kilometer entfernt, sie auf Dienstreise,<br />
er in einer vermeintlich wichtigen Konferenz.<br />
Wenn das geschah, brach alles zusammen, war<br />
Schluss mit «modern». Zum Glück passierte das nicht<br />
allzu häufig. Und irgendwie ging es dann am Ende<br />
ja doch immer. Ja, es ging. Aber es ging, ohne dass<br />
wir es merkten, auch immer ein klein wenig in uns<br />
kaputt. Irgendwann kamen die ersten Zweifel. Ein<br />
gemeinsames Wochenende wäre schön. Zeit, in der<br />
alle vier zusammen sein können, und nicht wieder ein<br />
zerstückeltes, weil er am Samstag und sie am Sonntag<br />
arbeitet. (...)<br />
Wir verboten uns unsere Zweifel. Romantische<br />
Träumereien waren das, die in der modernen Arbeitswelt<br />
keinen Platz haben. Hatten wir nicht eben noch<br />
gepredigt, dass jede Leistung bringen müsse, um<br />
genug Geld zum Leben zu verdienen, um unabhängig<br />
zu sein, auch vom Partner? Also weiter wie bisher:<br />
Eltern-Netzwerke schaffen, Freunde einspannen, die<br />
Oma in den Zug setzen. Doch die Zweifel blieben, sie<br />
wuchsen sogar. Zum Beispiel an jenem Tag, als der<br />
Erstgeborene mit gut einem Jahr seinen ersten Fünf-<br />
Wort-Satz sagte. Er lautete: «Mama da. Papa auch da?»<br />
Es war der erstaunte Unterton, der aufhorchen liess.<br />
Was sollte das, was wollte dieses Kind? Wuchs es nicht<br />
in einer «modernen» Familie auf? In einer, die beinahe<br />
perfekt organisiert war. So perfekt, dass zumindest<br />
in den ersten Lebensjahren des Kleinen oft einer der<br />
Eltern da war – und einer von ihnen weg. Irgendwann<br />
wurde die Frage unausweichlich: Wie lange wollen<br />
wir dieses Klinke-in-die-Hand-Leben noch betreiben?<br />
Wollen wir wirklich so leben?<br />
Als wir uns auf das Abenteuer Familie einliessen,<br />
war uns nichts fremder als der Gedanke, ein «klassisches<br />
Familienleben» zu führen, (...) bei dem er<br />
das Geld verdient und sie mit den Kindern zu Hause<br />
bleibt – wir fanden es nicht nur abwegig, sondern beinahe<br />
anstössig. Bis wir nach ein paar Jahren merkten,<br />
dass wir uns verrechnet hatten. Verkalkuliert. Unser<br />
modernes Familienbild kollidierte immer öfter und<br />
immer heftiger mit dem bismarckschen Gerüst. Denn<br />
wenn beide verdienen, wird es schnell teuer. Plötzlich<br />
müssen er und sie sich getrennt krankenversichern.<br />
Der Kindergarten verlangt den Höchstbeitrag. Die<br />
Kosten für die Kinderbetreuung steigen und steigen.<br />
Und die Steuerrückerstattung fällt aus, weil der Vorteil<br />
durch das Ehegattensplitting dahinschmilzt. Am<br />
Ende arbeitet der, der weniger verdient – meist ist es<br />
die Frau – nur gegen diese Kostenlawine<br />
an. Übrig bleibt fast nichts<br />
– ausser Stress. Absurd.<br />
In der Diskussion darüber,<br />
wie wir leben wollen, wie wir uns<br />
innerhalb unserer Familien organisieren<br />
und wer letztlich das Geld<br />
in welchem Umfang verdient, ist<br />
uns jede Gelassenheit abhandengekommen.<br />
(...)<br />
Wie viel wäre gewonnen, wenn<br />
wir, statt uns in Grabenkämpfen zu<br />
verlieren, daran arbeiten würden,<br />
bessere Bedingungen für alle zu<br />
schaffen. (...)<br />
Schon die nächste Generation<br />
könnte es leichter haben. Wenn<br />
wir jetzt die richtigen Schlüsse aus<br />
unseren Erfahrungen ziehen. Und<br />
dabei das Wichtigste nicht aus den<br />
Augen verlieren – unsere Kinder.<br />
Susanne Garsoffky<br />
und Britta Sembach:<br />
«Die Alles-ist-möglich-Lüge.<br />
Wieso<br />
Familie und Beruf<br />
nicht zu vereinbaren<br />
sind»<br />
Pantheon Verlag<br />
2<strong>01</strong>4, 256 Seiten,<br />
Fr. 27.90<br />
Susanne Garsoffky<br />
Jahrgang 1968, studierte Geschichte und<br />
Politikwissenschaften. Sie ist Journalistin,<br />
verheiratet und Mutter zweier Söhne.<br />
Britta Sembach<br />
Jahrgang 1968, studierte Politikwissenschaft,<br />
Geografie und Portugiesisch. Sie ist<br />
als Journalistin und Kommunikationstrainerin<br />
tätig, verheiratet und hat zwei Söhne.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 37
Alexander Volz wohnt in<br />
Burgdorf BE, seine drei<br />
Kinder aus erster Ehe in<br />
Glückstadt bei Hamburg.<br />
Besonders die zwei Buben<br />
kommen den Vater gerne<br />
besuchen. Dann wird<br />
nachgeholt, was sonst<br />
nicht möglich ist: Zeit<br />
gemeinsam verbringen,<br />
wie hier in Wengen<br />
im Berner Oberland.<br />
38 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Familie auf Distanz<br />
Am Wochenende Familienleben, während der Woche in der Single-Wohnung. Immer<br />
mehr Väter arbeiten weit weg von Frau und Kindern und führen ein Leben zwischen<br />
Abschied, Sehnsucht und der Vorfreude auf das nächste Wiedersehen. Kann so<br />
Familie gelingen? Zwei Väter ziehen Bilanz.<br />
Text: Evelin Hartmann Fotos: Raffael Waldner / 13 Photo<br />
>>><br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 39
Psychologie & Gesellschaft<br />
Marc Wittwer fährt seinen Computer<br />
runter und schaltet das Licht seiner<br />
Schreibtischlampe aus. Die Welt vor<br />
den grossen Fensterscheiben des<br />
Büro-Hochhauses in Rotkreuz ZG<br />
liegt im Dunklen. Es ist 19 Uhr, der Produktmanager<br />
macht sich auf den Weg nach Hause.<br />
350 Kilometer weiter nordöstlich deckt seine Frau<br />
gerade den Tisch, seine Zwillinge Lara (9) und Mario<br />
(9) waschen sich die Hände, setzen sich an den Esszimmertisch.<br />
Von Montag bis Freitagmittag bleibt der Stuhl<br />
ihres Vaters leer. Marc Wittwers Familie wohnt in München,<br />
er in Sattel, Schwyz.<br />
Am Wochenende Familienleben, während der<br />
Woche leben und arbeiten in einer anderen Stadt oder<br />
einem anderen Land: Immer mehr Familien führen ein<br />
Leben auf Distanz, meistens sind es die Väter, die pendeln,<br />
weil sie von ihrer Firma versetzt werden, in ihrer<br />
Umgebung keinen vergleichbaren Job finden. Umarmungen,<br />
herumtollen, gemeinsam einschlafen, aufwachen,<br />
Sex, all das, was Partnerschaft und Familie<br />
ausmacht, wird dann in 48 Stunden gepackt.<br />
Bei Marc Wittwer (42) war es anders geplant. «Im<br />
Januar 2<strong>01</strong>4 habe ich in Rotkreuz angefangen, weil mich<br />
das Jobangebot gereizt hat», erinnert er sich. In den<br />
Sommerferien sollte die Familie nachkommen. Aber<br />
einige seiner Projekte liefen nicht optimal, es gab viele<br />
Wechsel im Team. «Die Kinder aus der Schule nehmen,<br />
der grosse Umzug – und mich dann nach einem halben<br />
«Die Qualität des Wochenendes entscheidet sich während der Woche»<br />
Der Familien- und Paartherapeut Peter Wendl über das Phänomen «mobile Familie» und warum<br />
es so wichtig ist, schon während der Woche immer wieder zu Hause anzurufen.<br />
Herr Wendl, wir leben und arbeiten in<br />
einer zunehmend globalisierten Welt.<br />
Nimmt die Zahl an Familien, die eine<br />
Fernbeziehung leben, zu?<br />
Konkrete Zahlen gibt es nicht, was aber<br />
definitiv zugenommen hat, ist die<br />
Bereitschaft zu pendeln, da die digitalen<br />
Kommunikationsmedien, wie Skype oder<br />
FaceTime, es ermöglichen, auch über eine<br />
grosse Distanz hinweg am Alltag des<br />
anderen teilzunehmen, ihn in Echtzeit zu<br />
sehen. Es ist heute also eine Selbstverständlichkeit,<br />
bilokal leben zu können und<br />
trotzdem eine Familie zu haben.<br />
Was würden Sie Eltern, die diese<br />
Lebensform wählen, raten?<br />
Es gibt drei Grundregeln zu beachten. Zum<br />
einen sollte das Paar klären, ob es für beide<br />
Sinn macht, während der Woche an zwei<br />
verschiedenen Orten zu leben. Wenn sich<br />
dem Vater beispielsweise zurzeit nur in<br />
Zürich ein Jobangebot mit einer solch<br />
interessanten Stellenbeschreibung bietet<br />
und die Mutter der Kinder wegen die Nähe<br />
zu ihren Eltern in Stuttgart nicht missen<br />
will, macht dieses Modell für beide Sinn,<br />
und sie können die Belastungen einer Fernbeziehung<br />
leichter aushalten. Ausserdem<br />
sollte der Zeithorizont spätestens nach<br />
zwei Jahren geklärt werden: Wie geht es<br />
uns? Wie lange wollen wir so leben und<br />
arbeiten? Und nicht zuletzt müssen es<br />
beide Partner schaffen, während der<br />
Woche auch alleine einen erfüllenden<br />
Alltag zu leben. Wenn sich einer dauerhaft<br />
als Verlierer fühlt, ist dieses Lebensmodell<br />
40 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Auf die Plätze, fertig, Schnee! Bettina Wittwer und die<br />
Zwillinge Lara und Mario zu Besuch in Sattel SZ. Beim Vater<br />
gibt es coole Wintersportgebiete, finden die beiden.<br />
Die Kinder aus der Schule<br />
nehmen, den grossen Umzug,<br />
das wollte Marc Wittwer nicht.<br />
Jahr möglicherweise wieder umorientieren zu müssen,<br />
das wollte ich auf keinen Fall», erinnert er sich.<br />
Dafür sind Wittwers in München zu verwurzelt,<br />
seine Eltern wohnen ganz in der Nähe, die Schwiegereltern<br />
nur 40 Kilometer entfernt, betreuen an zwei<br />
Nachmittagen die Kinder, wenn seine Frau als Augenoptikerin<br />
arbeitet. «Also haben wir die Entscheidung<br />
um ein weiteres halbes Jahr vertagt.»<br />
Alexander Volz (43) schaut aus dem Zugfenster. Um<br />
5.30 Uhr ist er in Burgdorf BE losgefahren, sein Ziel: der<br />
Bahnhof in Kassel-Wilhelmshöhe, Deutschland. Dort<br />
holt er seine drei Kinder ab. Anders als Marc Wittwer<br />
ist der Kommunikationsexperte mit der Mutter seiner<br />
Kinder nicht mehr zusammen. Die Buben aus erster Ehe<br />
sind 12 und 14, die Tochter 16. Alle drei Monate sind<br />
Dennis, Matti und Caro* bei ihm, wenn möglich eine<br />
Woche und jedes zweite Weihnachtsfest.<br />
Zurück in Burgdorf gibt es ein grosses Wiedersehen<br />
mit den beiden kleinen Halbgeschwistern – und >>><br />
sehr wahrscheinlich zum Scheitern<br />
verurteilt.<br />
Das leuchtet ein, betrifft aber auch<br />
kinderlose Paare in einer Fernbeziehung.<br />
Was ist bei Familien so speziell?<br />
Das Konstrukt wird um ein Vielfaches<br />
komplexer. Bei kinderlosen Paaren ist das<br />
Ziel, trotz Distanz und wenig Zeit zu zweit<br />
das Bestmögliche aus dieser Situation zu<br />
machen. Kommen Kinder hinzu, geht es<br />
hauptsächlich um Schadensbegrenzung.<br />
Das hört sich dramatisch an.<br />
Wie dramatisch das ist, ist von Fall zu Fall<br />
verschieden. Es gibt keine wissenschaftlichen<br />
Belege dafür, dass die Beziehung<br />
zwischen Vater und Kindern zwangsläufig<br />
leidet. Sicher ist aber, dass Väter gut daran<br />
tun, sich auch während der Woche via<br />
Telefon oder Skype aktiv am Familienalltag<br />
zu beteiligen. Wer sich schon Dienstagabend<br />
die Zeit und Ruhe nimmt, sich bei<br />
seinem Sohn nach dem Ausgang der<br />
Klassenarbeit zu erkundigen, hat am<br />
Samstag Zeit für andere Themen. Je älter<br />
die Kinder sind, desto leichter ist dieser<br />
Austausch natürlich. Die Qualität des<br />
Wochenendes entscheidet sich demnach<br />
nicht am Wochenende selbst, sondern<br />
während der Woche – ebenso wie die<br />
Qualität der Beziehung zwischen Vater und<br />
Kindern.<br />
Trotzdem stellt man sich in diesen<br />
Familien die Erwartung an das<br />
Wochenende extrem hoch vor.<br />
Sicher. Da sind die Erwartungen an die Zeit<br />
als Paar, die Bedürfnisse der Kinder, und<br />
nicht zuletzt braucht es auch Zeit, die man<br />
nur für sich gestaltet. Kein leichter Spagat.<br />
Darüber sollte man reden: Wer braucht was,<br />
und wie viel davon kann ich geben? Auch<br />
Kinder haben Verständnis dafür, dass die<br />
Eltern auch mal Zeit zu zweit verbringen<br />
möchten, wenn sie dann wieder an der<br />
Reihe sind. Alle brauchen das Wochenende<br />
als Kernzeit der Familie, als Qualitime,<br />
in der Papa wirklich da ist.<br />
Dr. Peter Wendl<br />
ist wissenschaftlicher Projektleiter an der<br />
Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt<br />
und erforscht, wie sich Mobilitätsanforderungen<br />
auf die Familie auswirken.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 41
Psychologie & Gesellschaft<br />
>>> überbackene Nachos. «Die sind obligatorisch»,<br />
sagt der gebürtige Norddeutsche und lacht.<br />
Dass das Leben manchmal anders spielt, als man es<br />
von seinen Eltern kennt, weiss er spätestens seit 2007.<br />
Damals trennte er sich von seiner Frau. Nach der Scheidung<br />
lernte er eine Schweizerin kennen. Der Schritt in<br />
die Schweiz sei ihm nicht schwergefallen. «Meine Ex-<br />
Frau ist mit den Kindern oft umgezogen, so dass ich<br />
immer pendeln musste», erinnert er sich. Zwischen den<br />
Besuchen skypen sie.<br />
Marc Wittwer telefoniert lieber mit seiner Familie.<br />
«Hallo Lara, wie geht’s, habt ihr schon gegessen?»<br />
Am anderen Ende berichtet eine Mädchenstimme<br />
von der Schule, darüber, dass ihre beste Freundin übermorgen<br />
neun wird. Marc Wittwer lächelt. Dass abends<br />
keiner auf einen wartet, verleitet schon dazu, mehr zu<br />
arbeiten, sagt er. Zumindest die ersten Monate. Mittlerweile<br />
bemüht er sich um eine gute Balance, sitzt an<br />
Sommerabenden auf seinem Balkon, geht biken.<br />
Manchmal lädt er Kollegen zum Kochen ein. «Ansonsten<br />
führe ich hier das Leben eines Einsiedlers», sagt der<br />
Familienvater und lacht. Wirklich witzig findet er das<br />
aber nicht.<br />
Natürlich freuen sich die Kinder, wenn er freitagnachmittags<br />
die Wohnungstür in München aufsperrt<br />
– wenn sie da sind. «Fussballtraining, Tanzen, sie haben<br />
mittlerweile auch ihr eigenes Programm.» Und dass die<br />
Mutter jetzt in vielen Dingen die erste Ansprechperson<br />
ist, sei für ihn nur verständlich. Daher fragt er auch<br />
beim Abendessen oft gar nicht ab, wie es in der Schule<br />
war. Marc Wittwer: «Wir machen lieber Pläne für die<br />
gemeinsame Zeit am Wochenende – alles andere ergibt<br />
sich in den nächsten Tagen.» Er weiss, dass es wichtiger<br />
ist, am Samstag kein Fussballmatch seines Sohnes zu<br />
verpassen und dass danach seine Tochter dran ist, denn<br />
die Kinder führen gedanklich genau Buch. Manchmal<br />
bleibt auch Zeit für ein Abendessen zu zweit. Die<br />
Gespräche mit seiner Frau Bettina (44) fehlen ihm.<br />
Nähe geht verloren.<br />
Alexander Volz lädt mit seinen Söhnen die Einkaufstaschen<br />
ins Auto. Alltag leben, das ist ihm wichtig mit<br />
seinen Kindern, neben Ausflügen in den Zoo oder in<br />
die Berge. Für die Buben muss es nicht das grosse Unterhaltungsprogramm<br />
sein, sie sind einfach gern beim<br />
Vater und umso trauriger, wenn sie sich wieder trennen<br />
müssen. «Zu Hause denke ich jeden Tag an Papa», sagt<br />
Dennis. Dann schaut er sich Fotos an und wird trotzdem<br />
traurig, wenn er beim Blick in den Kalender sieht,<br />
wie viele Tage noch vergehen müssen bis zum nächsten<br />
Wiedersehen.<br />
Deshalb hat sich Alexander Volz etwas überlegt, eine<br />
Geschichte erfunden, in der drei Jugendliche in der<br />
Schweiz Abenteuer bestehen. «Es ist unschwer zu erkennen,<br />
wer diese drei sind», sagt er und schmunzelt. Bisher<br />
ist eine dieser Geschichten als Buch erschienen (Alexander<br />
Volz, «Rustico Vecchio – das Erbe Andrins»,<br />
Band I, Spick Verlag, 2<strong>01</strong>4, 29 Franken). Fünf Bände<br />
sollen es insgesamt werden, für jedes seiner Kinder<br />
einer. Das hilft auch ihm, mit der Distanz umzugehen<br />
und über sie hinweg seinen Kindern nah zu sein.<br />
Wie Marc Wittwers Zwillinge mit der räumlichen<br />
Trennung umgehen, bewertet er unterschiedlich.<br />
«Lara macht das gut, sie erzählt gerne, ihr macht es<br />
Spass zu telefonieren. Bei Mario ist das anders, er<br />
braucht die gemeinsame Aktion, um sich seinem Vater<br />
nah zu fühlen», sagt er. Er sei leichter reizbar geworden,<br />
gerät schneller in Streit. «Dem Buben fehlt der Vater»,<br />
sagt seine Lehrerin. Im März soll daher endgültig eine<br />
Entscheidung fallen: Wer zieht zu wem?<br />
«Ich habe das Pendeln unterschätzt», gesteht auch<br />
Bettina Wittwer sich selbst und ihrer Familie ein. «Mir<br />
fehlt die Nähe meines Mannes vor Ort.» Hausaufgaben<br />
abfragen, die Kinder zum Sport oder zu den Freunden<br />
fahren, Elternsprechtage, Arztbesuche, Einkaufen, Putzen,<br />
ihre Tage sind randvoll. Unterstützung holt sie sich<br />
bei den Eltern und Schwiegereltern. «Aber es gibt Dinge,<br />
die kann ich nicht allein entscheiden», sagt sie. Diese<br />
Dinge schreibt sie auf einen Zettel. Ihre To-do-Liste<br />
fürs Wochenende.<br />
«Mario, gegen wen spielt ihr am Samstag? ... Oh toll,<br />
ich freu mich schon!», sagt Marc Wittwer und nimmt<br />
sich vor, seine Tasche fürs Wochenende schon heute<br />
Abend zu packen. Dann ist er am Freitag schneller<br />
daheim.<br />
>>><br />
* Namen von der Redaktion geändert<br />
Evelin Hartmann<br />
Wenn Dennis an seinen<br />
Vater denkt, schaut er sich<br />
zum Trost Fotos an.<br />
ist der Liebe wegen in die Schweiz gezogen. Sie wollte keine Familie<br />
auf Distanz – aber wissen, wie es anderen in diesem Modell ergeht.<br />
Buchtipp<br />
Dr. Peter Wendl:<br />
«Gelingende Fern-Beziehung.<br />
Entfernt zusammen wachsen»<br />
Herder Verlag, 6., erweiterte Auflage,<br />
2<strong>01</strong>3. 144 Seiten, Fr. 19.90<br />
42 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Stiftung Elternsein<br />
2<strong>01</strong>5 gibt es viel zu tun!<br />
Ellen Ringier über die Auswirkungen materialistischer und egonzentrischer Ziele<br />
Foto: Vera Hartmann / 13Photo<br />
Dr. Ellen Ringier präsidiert<br />
die Stiftung Elternsein.<br />
Sie ist Mutter zweier Töchter.<br />
Ich bin eigentlich eine Optimistin. Ja,<br />
mein Glas ist halbvoll und Unangenehmes<br />
gehe ich meist unternehmungslustig,<br />
frontal und unverzüglich an: Was<br />
sein muss, muss sein! Meine Umgebung<br />
schätzt mich als resilient ein.<br />
Doch dieses Jahr ist etwas anders<br />
als all die Jahre davor ... Statt von der<br />
lebendigen Stadt Marseille, in der ich<br />
ein warmherziges, fröhliches Neujahr feierte, zu<br />
schwärmen, fällt mir zum Neujahr nur ein Wort ein:<br />
«mistral»! Der Mistral ist laut Wikipedia «ein kalter,<br />
oft starker Fallwind aus nordwestlicher Richtung, der<br />
sich im unteren Rhônetal (und darüber hinaus)<br />
bemerkbar macht.» Ich fürchte, in meiner Erinnerung<br />
an Neujahr 2<strong>01</strong>5 wird nur eines bleiben: In Marseille<br />
habe ich vier Tage lang grenzenlos gefroren.<br />
Da passt es gut, dass ich Mario Vargas Llosas Buch<br />
«Alles Boulevard» im Gepäck mit dabei hatte, Tenor:<br />
Die globale Zerstreuungskultur, die Dreistigkeit der<br />
Politik, die frivole Banalisierung nahezu aller Lebensbereiche<br />
seien der Feind jeglichen Wertebewusstseins:<br />
«Was einmal Kultur war, ist heute Spektakel!» Dabei<br />
fällt mir ein, dass der Papst in seiner Rede vor dem<br />
EU-Parlament in Strassburg Ende November vom<br />
wachsenden Partikularismus der einzelnen Länder<br />
gesprochen hat, vom Verlust der politischen Kultur.<br />
Nach dem westlichen Wertekodex leben<br />
Liebe Leserinnen und Leser, ich muss gestehen, dass<br />
der literarische Nobelpreisträger und der Stellvertreter<br />
Gottes auf Erden, wie ich finde, für uns alle wichtige<br />
Feststellungen gemacht haben: Wenn wir unser Leben<br />
nicht mehr nach dem westlichen Wertekodex ausrichten,<br />
sondern an überwiegend materialistischen<br />
und egozentrischen Zielen orientieren, verlieren wir<br />
die wichtigste Errungenschaft der westlichen Philosophie,<br />
den Wertekodex judäo-christlicher Religionen,<br />
die allen Menschen garantierten Grundrechte,<br />
die tatsächliche Eigenverantwortlichkeit der Bürger in<br />
demokratischen Systemen und vieles mehr.<br />
Wenn wir unseren Politikern, unseren Wirtschaftsführern,<br />
allen für die Gestaltung des Systems<br />
«Schweiz» Verantwortlichen weiterhin gestatten,<br />
immer mehr eine Politik der Eigen- und Partikularinteressen<br />
zu betreiben, statt das übergeordnete Interesse<br />
des Landes und seiner Bürger im Fokus zu haben,<br />
kommt das System aus der Balance. Wenn wir es nicht<br />
schaffen, alle Bürger, auch die weniger Tüchtigen, die<br />
weniger Begüterten und die Minderheiten, mitzunehmen,<br />
verlieren wir an demokratischer Kultur. Dann<br />
brauchen wir uns auch nicht zu wundern, wenn asiatische,<br />
aber auch orientalische Essayisten weltweit zusehends<br />
Gehör finden mit der Behauptung, «der Westen»<br />
habe mit dem Kollaps des Kommunismus<br />
jegliche Schranke zum rein Materiellen verloren und<br />
damit habe die westliche Kultur auch jeglichen sinnstiftenden<br />
Modellcharakter verspielt. Trotz scheinbarem<br />
wirtschaftlichem Erfolg.<br />
Ich für meinen Teil schätze mich überglücklich,<br />
nicht im kommunistischen China oder im kastenregierten<br />
hinduistischen Indien oder im islamischen<br />
Einflussgebiet geboren worden zu sein! Persönlich<br />
glaube ich, «der Westen» hat für die Freiheit des Einzelnen<br />
so lange gekämpft und über Jahrhunderte so<br />
viel Blut vergossen, dass es für uns existenziell ist, uns<br />
für unsere kulturellen Werte mit allen Freiheitsrechten<br />
und der demokratischen Partizipation an der Gesellschaft<br />
intensiver als bisher einzusetzen!<br />
Und ja, ich will auch, dass unsere Kinder von uns<br />
Eltern lernen, dass den Rechten des Einzelnen die<br />
Verpflichtung gegenübersteht, für diese kulturellen<br />
Errungenschaften zu kämpfen!<br />
Im 2<strong>01</strong>5 gibt es viel zu tun. Ich wünsche Ihnen, uns<br />
allen von Herzen gutes Gelingen!<br />
STIFTUNG ELTERNSEIN<br />
«Eltern werden ist nicht schwer,<br />
Eltern sein dagegen sehr.» Frei nach Wilhelm Busch<br />
Oft fühlen sich Eltern alleingelassen in ihren Unsicherheiten,<br />
Fragen, Sorgen. Hier setzt die Stiftung Elternsein<br />
an. Sie richtet sich an Eltern von schulpflichtigen Kindern<br />
und Jugendlichen. Sie fördert den Dialog zwischen Eltern,<br />
Kindern, Lehrern und die Vernetzung der eltern- und<br />
erziehungsrelevanten Organisationen in der deutschsprachigen<br />
Schweiz. Die Stiftung Elternsein gibt das Schweizer<br />
ElternMagazin Fritz+Fränzi heraus. www.elternsein.ch<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 43
Erziehung & Schule<br />
Die Welt auf<br />
einem Fleck<br />
Jugendliche aus über 50 Nationen lernen am United<br />
World College in Swasiland gemeinsam. Wie funktioniert<br />
das? Ein Schulbesuch im südlichen Afrika.<br />
Text: Jeannette Otto Fotos: Marc Shoul<br />
Viele Kulturen auf<br />
kleinem Raum –<br />
der Diskussionsstoff<br />
geht nie aus. In der<br />
Mitte Leonie aus<br />
Deutschland.<br />
44 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Laurence Nodder,<br />
13 Jahre Schulleiter<br />
in Swasiland, jetzt<br />
für UWC in<br />
Deutschland tätig.<br />
Vom Hausberg<br />
aus können die<br />
Schüler ihren<br />
Campus und die<br />
Hauptstadt<br />
Mbabane sehen.<br />
Der weisse Schulbus kriecht die Serpentinen<br />
hinauf, vorbei an Wellblechhütten.<br />
Auf 1600 Metern hat man für junge Idealisten<br />
eine besondere Schule gebaut. 600<br />
Schüler aus 54 Nationen lernen in Waterford<br />
Kamhlaba, einem von weltweit zwölf United World<br />
Colleges. Tezzy aus Swasiland will Mädchen helfen,<br />
ihrem vorbestimmten Lebensweg<br />
zu entkommen. Fanele ist hier,<br />
weil er einmal UN-Generalsekretär<br />
werden will. Lerato kommt aus<br />
einer Township in Südafrika, Jenny<br />
aus Norwegen. Der 17-jährigen<br />
Leonie aus Deutschland schien<br />
die UWC-Werbung im Internet<br />
ziemlich dick aufgetragen: eine<br />
Schule für alle Hautfarben, Ethnien,<br />
Religionen, für mehr Völkerverständigung,<br />
Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit.<br />
«Ich wollte wissen, ob das funktionieren kann.» Jetzt<br />
sitzt sie im Unterricht, mitten in Swasiland. Verrückt<br />
kommt ihr das immer noch vor.<br />
«Theory of Knowledge» heisst das Fach, das alles<br />
infrage stellt – zur Schulung des kritischen Denkens.<br />
Leonie fällt mit den blonden Haaren zwischen ihren<br />
schwarzen Mitschülern auf. 22 Fragen werden aufgeregt<br />
diskutiert: Ist es gut oder schlecht, jemanden als Soldat<br />
im Krieg zu töten? Oder aus Wut? Ist es gut oder<br />
schlecht, Fleisch zu essen? Sexuelle Beziehungen zu seinen<br />
Geschwistern zu haben, zu einem gleichgeschlecht-<br />
«Einige meiner<br />
Mitschüler sind<br />
so homophob, da<br />
kann man nicht still<br />
danebensitzen.»<br />
Leonie (17) Deutschland<br />
lichen Partner, zu seinem Lehrer? Leonie gefällt es, wenn<br />
die Weltbilder aufeinanderprallen. In ihrer Klasse in<br />
Deutschland wäre man sich sicher schnell einig geworden,<br />
aber hier? Keine Antwort ist ausgeschlossen. Sex<br />
mit dem Lehrer? Warum nicht, sagt einer ihrer afrikanischen<br />
Mitschüler. Aber mit einem gleichgeschlechtlichen<br />
Partner? Niemals! «Einige meiner Mitschüler sind<br />
so homophob», sagt Leonie, «da kann man nicht still<br />
danebensitzen.» Aber eines hat sie in Waterford gelernt:<br />
Es hilft nichts, beleidigt wegzurennen. «Ich hör mir das<br />
an, will wissen, warum sie so denken, und erwarte, dass<br />
man auch nach meiner Meinung fragt.»<br />
Sind Respekt und Toleranz am Ende wirklich nur<br />
eine Frage von Bildung und Reflexionsvermögen? «Entscheidend<br />
ist der Moment, in dem es plötzlich unwichtig<br />
wird, ob einer aus Deutschland, Mosambik, Ruanda,<br />
Iran oder Nordkorea kommt. Wenn die Persönlichkeiten<br />
spannender werden als die Nationalitäten», sagt<br />
Laurence Nodder. Seit 13 Jahren leitet der weisse Südafrikaner<br />
das Waterford College.<br />
Die Schule in Swasiland gehört<br />
vor allem bei westlichen Eltern<br />
nicht gerade zu den ersten Adressen<br />
auf der Landkarte der UWCs.<br />
Das Königreich am Rand von<br />
Südafrika hat die höchste HIV-<br />
Rate der Welt. Ein Viertel der<br />
Erwachsenen ist mit dem Virus<br />
infiziert. Die durchschnittliche<br />
Lebenserwartung liegt bei 31 Jahren.<br />
Eine offene Aufklärung ist in der meist christlichen<br />
Bevölkerung eine heikle Angelegenheit.<br />
Laurence Nodder kennt die Ängste der Eltern und<br />
weiss, dass der Ruf seiner Schule an der Sicherheit hängt,<br />
die er hier gewährleisten kann. Keinen Sex, keine Drogen,<br />
keinen Alkohol – das sind die Regeln, die unter den<br />
Schülern für Diskussionsstoff sorgen. Innerhalb der<br />
United World Colleges hat Waterford den Ruf, die konservativste<br />
und strengste Schule zu sein. Für die afrikanischen<br />
Jugendlichen ist sie dagegen die liberalste, die<br />
sie je besucht haben. Für Nodder ist es ein permanenter<br />
Balanceakt, den Freiheitsdrang seiner europäi- >>><br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 45
«Man wird sehr<br />
bescheiden, wenn man<br />
sieht, worüber sich die<br />
Kinder hier freuen.»<br />
Jenny (18), Norwegen<br />
>>> schen Schüler nicht zu stark einzuschränken,<br />
gleichzeitig aber die religiösen Befindlichkeiten der afrikanischen<br />
Familien nicht zu verletzen.<br />
«Wir werden für eine Woche von der Schule suspendiert,<br />
wenn wir nachts bei den Jungs entdeckt werden»,<br />
erzählt Leonie und verdreht dabei die Augen. Sie sitzt<br />
im Gemeinschaftsraum ihres<br />
Wohnheims. Hier werden Pläne<br />
für das Wochenende geschmiedet,<br />
Gerüchte gestreut, Liebesgeschichten<br />
erzählt und Musik<br />
getauscht. Es war ein schönes<br />
Gefühl, als Leonie gemerkt hat,<br />
dass sie sich mit ihren Mitschülern<br />
aus aller Welt vertraut fühlt<br />
wie mit ihrer Familie. Ihre Eltern<br />
zahlen 9000 Euro für die zwei Jahre am United World<br />
College. 29 000 würde der Schulplatz in Swasiland eigentlich<br />
kosten. Die Familien sollen aber nur das zahlen, was<br />
sie wirklich aufbringen können. Den Rest deckt die<br />
Deutsche Stiftung UWC über Spendengelder.<br />
Die Erwartungen der Eltern sind hoch. Aufgeschlossene<br />
Weltbürger sollen ihre Kinder werden und sich auf<br />
das International Baccalaureate vorbereiten, einen Schulabschluss,<br />
mit dem sie danach an jeder Universität der<br />
Welt studieren können. Es kann anstrengend sein, zwei<br />
Jahre lang allem und jedem gerecht werden zu müssen,<br />
Leonie Regina Twerte kam aus<br />
Dortmund nach Swasiland.<br />
immer offen und verständnisvoll zu sein, gleichzeitig<br />
für Prüfungen zu lernen und Essays zu schreiben.<br />
Am Anfang hat sich der 18-jährige Sebastian aus<br />
Deutschland darüber gewundert, dass viele afrikanische<br />
Schüler über externe Programme nach Waterford kommen,<br />
ohne sich mit den Idealen der UWCs so stark verbunden<br />
zu fühlen wie er selbst. «Für sie ist die Schule<br />
vor allem ein Sprungbrett in eine vielversprechende<br />
Karriere», sagt er. Inzwischen aber weiss er, dass er gerade<br />
durch diese Mitschüler viel gelernt hat über das wirkliche<br />
Afrika. Tezzy aus Swasiland etwa hat ihm gezeigt,<br />
dass so eine Schule nicht nur Haltung und Einstellung<br />
verändern kann, sondern ganze Lebenswege.<br />
Das UWC war in Tezzys Wahrnehmung eine Art<br />
fremde Galaxie, obwohl es nur eine Autostunde von<br />
ihrem Zuhause entfernt lag. Sie hätte nie gewagt, sich<br />
für ein Stipendium zu bewerben, hätte ihre Lehrerin<br />
nicht so hartnäckig darauf bestanden. Heute steht Tezzy<br />
an der Spitze der Schülervertretung, sie fährt auf<br />
internationale UWC-Kongresse, nimmt an Wettbewerben<br />
im Debattieren teil. Wie sehr sie sich verändert hat,<br />
spürt sie vor allem, wenn sie nach Hause zu ihren Grosseltern<br />
und der alleinerziehenden Mutter kommt. «Dann<br />
werde ich ganz still, weil ich Angst habe, arrogant und<br />
Tengetile «Tezzy»<br />
Nhlengethwa möchte<br />
die Rolle der Frauen<br />
in ihrem Heimatland<br />
Swasiland verändern.<br />
46 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Erziehung & Schule<br />
intellektuell zu wirken.» Sie hat in Waterford gelernt,<br />
Fragen zu stellen, das ist an den Schulen und in den<br />
Familien in Swasiland nicht üblich. Sie weiss nun Dinge,<br />
die andere nicht wissen. «Wenn mir meine Freunde zu<br />
Hause erzählen, dass man HIV heilen kann, wenn man<br />
mit einer Jungfrau schläft, dann wird mir ganz schlecht»,<br />
sagt Tezzy. Sie versuche zwar, mit ihnen zu diskutieren,<br />
gebe aber auf, wenn sie spüre,<br />
«Mir wird schlecht,<br />
wenn Freunde sagen,<br />
man könne HIV<br />
durch Sex mit<br />
Jungfrauen heilen.»<br />
dass sie gegen die Macht der<br />
traditionellen Weltbilder keine<br />
Chance habe.<br />
Rund 30 Prozent der afrikanischen<br />
Schüler kommen<br />
mit einem Stipendium nach<br />
Waterford. Laurence Nodder<br />
ist stolz auf diese Zahl, weil<br />
sich durch diese Jugendlichen,<br />
die oft aus Townships und<br />
Waisenhäusern stammen, die soziale Zusammensetzung<br />
der Schule verändert. Er hofft, dass es ihnen später<br />
gelingt, ihr Land zum Besseren zu verändern.<br />
Der Auseinandersetzung mit einer anderen als der<br />
eigenen Realität entkommt in Waterford niemand.<br />
Jeden Dienstag steht der Dienst an der Gemeinschaft<br />
auf dem Stundenplan. In Waisenhäusern, Flüchtlingslagern,<br />
öffentlichen Schulen. «Jenny, Jenny», rufen die<br />
Kinder im Sandra Lees Orphanage, einem Waisenhaus,<br />
wenn sie das norwegische Mädchen entdecken. «Für<br />
mich sind das die schönsten Stunden der Woche», sagt<br />
Jenny. «Man wird sehr bescheiden, wenn man sieht, wie<br />
wenig diese Kinder brauchen, um sich zu freuen.»<br />
Abends um halb elf müssen alle im Wohnheim sein.<br />
Zwei Lehrer haken jeden Namen auf einer Liste ab. Eine<br />
Tezzy (17), Swasiland<br />
schnelle Umarmung, dann gehen die Jungs nach rechts,<br />
die Mädchen nach links. Bis zum Morgen werden die<br />
Türen verschlossen sein. Dahinter beginnt jetzt die zweite<br />
Hälfte des Tages. Zu spannend ist es, auf dem Flur<br />
oder in der kleinen Küchen zusammenzustehen und in<br />
die Nacht hinein zu reden. Leonie hofft, dass ihre Eltern<br />
ihr verzeihen, dass sie nur einmal im Monat mit ihnen<br />
skypt. Der Tag hat auch in Afrika nur 24 Stunden – das<br />
ist an einer Schule wie Waterford schlimm.<br />
>>><br />
Dieser Beitrag ist in «Schule & Familie» erschienen.<br />
Gekürzt von der Redaktion Fritz+Fränzi. Abdruck mit<br />
freundlicher Genehmigung des ZEIT-Verlags.<br />
United World Colleges –<br />
ein weltweites Netz junger Menschen<br />
Weltweit gibt es zwölf United World Colleges (UWCs) auf<br />
fünf Kontinenten. Die Bewerber werden von 126 UWC-<br />
National komitees ausschliesslich nach Eignung und<br />
Begabung aus gewählt. Stipendien sollen sicherstellen,<br />
dass jeder ausgewählte Schüler das zweijährige Oberstufenprogramm<br />
absolvieren kann, selbst wenn sich die<br />
Eltern nur minimal oder nicht am Schulgeld beteiligen<br />
können. Die UWCs gehen auf den deutschen Reformpädagogen<br />
Kurt Hahn zurück, der nach der Erfahrung zweier<br />
Weltkriege junge Menschen international vernetzen<br />
wollte. 1962 gründete er das erste UWC in Wales, weitere<br />
gibt es zum Beispiel in Norwegen, Kanada, Singapur und<br />
Indien, das jüngste seit 2<strong>01</strong>4 in Freiburg im Breisgau.<br />
Weitere Informationen unter www.uwc.de.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 47
Erziehung & Schule<br />
Wenn am Morgen<br />
das Bett nass ist<br />
Obwohl es unter Schulkindern mehr Bettnässer gibt, als man denken würde, verheimlichen<br />
die meisten Eltern dieses nächtliche Problem ihres Kindes – aus Scham- und Schuldgefühlen.<br />
Und so leiden viele für sich alleine im Stillen. Dabei kann man das Bettnässen relativ einfach<br />
in den Griff bekommen. Text: Susanne Kurz<br />
«Zeigen Sie Verständnis<br />
und Geduld. Das Problem<br />
des Bettnässens belastet<br />
Ihr Kind schon genug.»<br />
Susanne Kurz, Master of Science (MSc), ist Psychologin am<br />
Institut für Familienforschung und -beratung der Universität<br />
Freiburg und arbeitet dort in der Fachstelle Triple P.<br />
Macht ein Kind nach Erreichen des<br />
fünften Lebensjahres mindestens<br />
einmal pro Woche und während<br />
mindestens drei Monaten regelmässig<br />
nachts das Bett nass, spricht<br />
man von Bettnässen. In der Fachsprache heisst das<br />
Enuresis nocturna.<br />
Am Anfang der Grundschule hat immer noch eines<br />
von zehn Kindern Schwierigkeiten mit der Kontrolle<br />
seiner Blasenfunktion. In der Gruppe der Zehnjährigen<br />
macht ungefähr noch eines von 20 Kindern das<br />
Bett nass, bei den 12- bis 15-Jährigen leidet noch ein<br />
Jugendlicher unter 50 Altersgenossen unter Bettnässer-Problemen.<br />
Diese Zahlen verdeutlichen zwei Dinge:<br />
Erstens ist Bettnässen ein verbreitetes Phänomen,<br />
und zweitens verschwindet dieses Problem in den<br />
meisten Fällen nach einiger Zeit von alleine.<br />
Trotzdem ist Bettnässen etwas Unangenehmes für<br />
die ganze Familie – insbesondere für das betroffene<br />
Kind. Es schämt sich für sein vermeintliches Versagen.<br />
Klassenfahrten oder Übernachtungen auswärts<br />
werden zur Tortur, und deshalb versucht das Kind,<br />
sich vor solchen Unternehmungen zu drücken. Zu<br />
Hause kann es dadurch zu Spannungen und Streitereien<br />
kommen.<br />
Bettnässen kann unterschiedliche Ursachen haben.<br />
Wenn das Kind noch nie einige Monate lang trocken<br />
war, hat es wahrscheinlich einfach noch nicht gelernt,<br />
seine Blasenfunktion zu kontrollieren. Es kann aber<br />
auch organische oder hormonelle Gründe geben.Vielleicht<br />
hat die Blase kein ausreichendes Fassungsvermögen,<br />
oder es mangelt am antidiuretischen Hormon<br />
ADH, das nachts die Harnproduktion reduziert. Manche<br />
Kinder sind auch einfach Tiefschläfer, die trotz<br />
starkem Harndrang nicht aufwachen.<br />
Die Gründe herausfinden<br />
Wenn das Kind bereits trocken war und plötzlich<br />
wieder einnässt, können auch psychische Ursachen<br />
wie akuter Stress oder Ärger vorliegen, zum Beispiel<br />
durch Ereignisse wie eine Scheidung der Eltern, ein<br />
Schulwechsel oder ein traumatisches Erlebnis. Keinesfalls<br />
sollte man vermuten, dass bei einem Bettnässer<br />
ein Mangel an Hygieneerziehung oder ein Hang zur<br />
Faulheit besteht.<br />
Um die Therapie individuell anzupassen, muss also<br />
zunächst die Ursache des Bettnässens herausgefunden<br />
48 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Foto: Jan David Günther / Sodapix<br />
Bettnässen ist<br />
kein Vergehen –<br />
bleiben Sie<br />
geduldig und<br />
optimistisch!<br />
werden. Dabei hilft der Kinderarzt, der eventuell das<br />
Kind an einen Spezialisten weiterverweisen wird.<br />
Nur so lassen sich auch ernsthafte organische Erkrankungen<br />
ausschliessen.<br />
Kleine Tricks<br />
Ist eine zu kleine Blase oder ein ADH-Mangel die<br />
Ursache für das Bettnässen, kann eine medikamentöse<br />
Behandlung helfen. Bei ausgeprägter und starker<br />
Schlafintensität können sogenannte Klingelhosen<br />
oder Klingelmatten auf mechanischem Weg Abhilfe<br />
schaffen. Diese Geräte erzeugen einen Signalton,<br />
sobald das Einnässen einsetzt. Das Signal ist sozusagen<br />
ein Trainingsinstrument, mit dem sich das Kind<br />
angewöhnen kann, rechtzeitig zur Toilette zu gehen.<br />
Eltern sollten zudem auf äussere Umstände achten,<br />
die es dem Kind erschweren könnten, nachts trocken<br />
zu bleiben. Falls es tagsüber etwa zu wenig trinkt und<br />
zum Ausgleich am Abend viel Flüssigkeit zu sich<br />
nimmt, ist diese Ursache leicht zu beheben: Die Eltern<br />
können darauf hinwirken, dass das Kind sein Wasser<br />
über den Tag verteilt zu sich nimmt. Und: Bevor man<br />
ins Bett steigt, geht es noch einmal zur Toilette.<br />
Bloss nicht strafen<br />
Sind es momentane Stress- oder Angstzustände, die<br />
das Kind belasten, hilft nur eines: liebevoll auf die<br />
Anliegen des Kindes eingehen. Eltern sollten sich Zeit<br />
nehmen, zuhören, Teilnahme zeigen und ihre Unterstützung<br />
anbieten.<br />
Grundsätzlich braucht das Kind ganz gewiss keinen<br />
zusätzlichen, durch Strafen oder Beschimpfungen verursachten<br />
Stress. Sein Bettnässer-Problem ist schon<br />
belastend genug. Massregelungen oder Druck bringen<br />
keine positive Veränderung, sondern eher eine Verschlimmerung<br />
des Zustandes. Zeigen Sie stattdessen<br />
Verständnis und bleiben Sie geduldig.<br />
Wenn das Kind nachts eingenässt hat, reagieren Sie<br />
so ruhig und gelassen wie nur möglich, wechseln Sie<br />
die Bettwäsche, und lassen Sie das Kind gleich mithelfen.<br />
So spürt es, dass es sich nützlich machen kann<br />
und fähig ist, die Auswirkungen seines Problems teilweise<br />
selber zu lösen. Eine Gummimatte unter dem<br />
Bettlaken oder speziell saugfähige Bettauflagen sind<br />
auf jeden Fall hilfreich. Nicht zu vergessen: Hat das<br />
Kind eine Nacht «trocken» hinter sich gebracht, verdient<br />
es Lob und Ermutigung.<br />
Eltern erweisen dem Kind einen Dienst, wenn sie<br />
das Bettnässen weder als Krankheit noch als schlimmes<br />
Vergehen bewerten, sondern möglichst optimistisch,<br />
gelassen und geduldig bleiben. Das Kind<br />
braucht Zuversicht und Selbstvertrauen: Das sind die<br />
besten Voraussetzungen für die erfolgreiche Bewältigung<br />
der unliebsamen Bettnässer-Phase.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 49
Aufgeklärt<br />
HILFE!<br />
Ich mach’s mir<br />
gerne selbst …<br />
Zur Sexualität gehört auch die Selbst befriedigung –<br />
auch bei Jugendlichen. Warum die Lust mit sich<br />
selbst Vorteile bringt. Text: Eveline von Arx<br />
Eveline von Arx<br />
Dr. phil. Pädagogin<br />
Foto: Geri Born, Illustration: AdÃo Iturrusgarai<br />
In der Adoleszenz – der Zeit also, in<br />
der Jugendliche körperlich und seelisch<br />
zu einem erwachsenen Menschen<br />
heranwachsen und «reifen»<br />
– stellt sich mitunter eine wichtige<br />
Entwicklungsaufgabe: der Umgang<br />
mit der Sexualität. Die Veränderungen<br />
in der Pubertät zu akzeptieren, insbesondere<br />
wenn es um das eigene Äussere geht, und<br />
sich mit dem gewandelten Körper anzufreunden,<br />
ist dabei zentral und bestimmt keine<br />
leichte Anforderung.<br />
Der Körper muss quasi neu «bewohnt»<br />
werden, und er wird auch neu entdeckt. Fast<br />
alle Jugendlichen befriedigen sich dabei selbst<br />
und probieren aus, was gefällt. Bei Jungs<br />
geschieht dies oft mit mehr Selbstverständlichkeit<br />
als bei Mädchen, da diese nicht immer<br />
auf Anhieb wissen, wie sie sich selber anfassen<br />
können.<br />
Besetzt von Scham und Tabus<br />
Als ehemalige Leiterin des «Dr.-Sommer-<br />
Teams» bei der Zeitschrift «Bravo» kann ich<br />
bestätigen, dass sich viele Fragen der jugendlichen<br />
Leserinnen und Leser um das Thema<br />
Selbstbefriedigung drehen. Auch wenn wir<br />
heute in einer Gesellschaft leben, in der Sexualität<br />
omnipräsent ist, sind die Fragen dazu<br />
nicht selten scham- und tabubesetzt. Die<br />
Angst, bei der Selbstbefriedigung etwas<br />
Schändliches, Schädliches oder sogar Ungesundes<br />
zu tun, kommt oft zum Ausdruck. Ich<br />
erinnere mich zum Beispiel an ein Mädchen,<br />
das unter Menstruationsbeschwerden litt und<br />
das Gefühl hatte, diese hingen damit zusammen,<br />
dass sie sich selbst befriedige.<br />
Aufklärung tut not, und in manchen Fällen<br />
ist es besonders wichtig, den Jugendlichen eine<br />
entlastende Antwort mit auf den Weg zu<br />
geben, mit dem Hinweis, dass man sich bei<br />
der Selbstbefriedigung sowohl angenehme<br />
Was spricht dagegen, es sich<br />
öfters gut gehen zu lassen?<br />
Gefühle verschaffe als auch lerne, welche<br />
Berührungen einem besonders guttun. Wer<br />
nämlich das weiss, kann dies dann auch seiner<br />
Partnerin oder seinem Partner mitteilen, was<br />
viel zu einer erfüllenden Sexualität beiträgt.<br />
Die Befürchtung, «es» zu häufig zu tun,<br />
bewegt ebenfalls viele Jugendliche. Doch auch<br />
da gilt: Was sollte schon dagegen sprechen, es<br />
sich des Öfteren – mit sich selbst – gut gehen<br />
zu lassen?<br />
50 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Hilft Ihrem Kind sich...<br />
GRossartig<br />
Rubrik<br />
Rund um die uhr<br />
zu fühlen!<br />
Unübertroffener<br />
Schutz bei<br />
Bettnässen<br />
bestellen Sie jetzt<br />
ihr Gratismuster<br />
auf drynites.ch<br />
Nachthöschen<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 51<br />
® Registered trademark Kimberly-Clark Worldwide, Inc. © 2<strong>01</strong>4 KCWW
Erziehung & Schule<br />
Beim Zaubern<br />
lernt sich’s leichter<br />
Genaue Reihenfolgen einhalten, fleissig üben und Misserfolge<br />
überwinden. Die Rede ist hier nicht vom Erlernen des Einmaleins,<br />
sondern vom Zaubern. Mit Hilfe des Zauberns üben<br />
Kinder vieles, das ihnen auch beim Lernen hilft. Die magische<br />
Welt des Zauberns ist den Kindern oft viel näher als die Welt der<br />
Zahlen und Buchstaben. Text: Franziska Peterhans<br />
«Bei einem Zaubertrick<br />
gelingt es auch leicht<br />
ablenkbaren Kindern,<br />
konzentriert zu arbeiten.»<br />
Franziska Peterhans ist Zentralsekretärin<br />
des Dachverbandes Lehrerinnen<br />
und Lehrer Schweiz LCH und Mitglied<br />
der Geschäftsleitung.<br />
Zaubern fasziniert Kinder.<br />
Ein spezieller<br />
Lichteffekt, ein Zauberstab,<br />
der richtige Zauberspruch<br />
– und schon<br />
tauchen sie ein in die magische Welt.<br />
Dass Zauberei viel Arbeit bedeutet<br />
und Übung braucht, stört die Kinder<br />
nicht. Über das Zaubern lernen sie,<br />
in Strukturen zu arbeiten, Reihenfolgen<br />
einzuhalten und ihr Handeln<br />
zu kommentieren.<br />
Diese Kompetenzen kommen<br />
den Kindern auch im normalen<br />
Schulalltag zugute. Schwierigkeiten<br />
in der Sprache, in der Grob- oder<br />
Feinmotorik, in der Mathematik<br />
oder im sozialen Umgang können<br />
über die hohe Motivation der Kinder<br />
für das Zaubern erfolgreich<br />
angegangen werden. Denn beim<br />
Zaubern merken die Kinder gar<br />
nicht, dass sie lernen, und genau das<br />
ist der Trick, mit dem die Zauberpädagogik<br />
arbeitet.<br />
Zauberpädagogik<br />
Kindern ist die magische Welt noch<br />
sehr nahe. Sie lassen sich gerne verzaubern<br />
und interessieren sich brennend<br />
für den Trick. Sobald sie wissen,<br />
wie er funktioniert, beginnen<br />
sie zu üben und lassen nicht mehr<br />
locker, bis sie ihn beherrschen. Voll<br />
Stolz schlüpfen sie dann in die Rolle<br />
der Zauberkünstlerin oder des Zauberkünstlers<br />
und führen ihrem Publikum<br />
den Trick vor.<br />
Im Rahmen eines Zaubertricks<br />
gelingt es auch leicht ablenkbaren<br />
Kindern, konzentriert zu arbeiten.<br />
Die vorlauten und aufgeweckten<br />
Kinder bekommen eine Bühne, auf<br />
der sie moderierend das Publikum<br />
durch das Zauberkunststück führen.<br />
Da können Fähigkeiten und Talente,<br />
die im normalen Unterricht oft als<br />
störend empfunden werden, zentrale<br />
Elemente sein.<br />
In der Zauberpädagogik geht es<br />
nicht darum, die Schwächen eines<br />
Kindes zu erkennen und es entsprechend<br />
zu fördern. Im Vordergrund<br />
steht die Freude am Tun. Da spielen<br />
sprachliche, soziale oder motorische<br />
Defizite keine Rolle. Jedoch steckt<br />
viel Lernpotenzial in der Zauberei.<br />
Kinder stärken damit ohne Druck<br />
ihre Konzentration, ihre Wahrnehmung,<br />
ihr Körper- und Selbstwertgefühl<br />
und erweitern ihre sozialen<br />
und sprachlichen Kompetenzen.<br />
Damit aus einem Trick ein wirkliches<br />
Zauberkunststück werden<br />
52 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
kann, braucht es auch schauspielerische<br />
Fähigkeiten. In der Form des<br />
darstellenden Spiels oder der «Jeux<br />
Dramatiques» können Kinder diese<br />
üben. Beides sind wertfreie, einfache,<br />
nonverbale und prozessorientierte<br />
Formen des Theaterspiels.<br />
Fantasie ist gefragt<br />
Die Lehrperson gibt eine Situation<br />
vor, in die sich die Kinder hineindenken<br />
und -fühlen. So sind sie etwa<br />
als mürrische Zauberin unterwegs,<br />
die schlecht geschlafen hat und alles<br />
verzaubert, was ihr nicht in den<br />
Kram passt. Oder sie sind der weltbeste<br />
Zauberer, dem alles gelingt und<br />
den alle bewundern. Oder: Wie ist<br />
es, ein schüchterner, junger Zauberlehrling<br />
zu sein?<br />
In einer zweiten Stufe kommt die<br />
Sprache ins Spiel. Beim Zaubern<br />
werden nicht nur Zaubersprüche<br />
aufgesagt, sondern oft auch das eigene<br />
Handeln kommentiert. Manchmal<br />
werden die Rollen auch aufgeteilt:<br />
Ein Kind übernimmt die Rolle<br />
des Moderators, das andere zaubert.<br />
Auch sprachlich dürfen die Kinder<br />
ihrer Fantasie freien Lauf lassen.<br />
Mit grossem Spass erfinden sie sinnige<br />
und unsinnige Zaubersprüche<br />
oder freuen sich über selbst erfundene<br />
Wörter. Der Zauberspruch für<br />
ihren Trick lautet dann vielleicht so:<br />
«Spinnenbein und Rattenschwanz,<br />
zaubere das Papier nun ganz!»<br />
Zaubern im Unterricht<br />
Das Praxisbuch «Hokus, Pokus, Fidibus»<br />
greift das Lernpotenzial des<br />
Zauberns im Unterricht auf. Es zeigt,<br />
wie Zaubern anschaulich und nachhaltig<br />
in den Unterricht mit Vier- bis<br />
Achtjährigen einfliessen kann.<br />
Geschrieben hat es Andrea-Katja<br />
Blondeau. Die ausgebildete Kindergärtnerin,<br />
Lehrerin für Deutsch als<br />
Zweitsprache und Erwachsenenbildnerin<br />
lernte das Zaubern bei ihrem<br />
Vater, mit dem sie schon früh auf der<br />
Bühne stand.<br />
Das Zauberhafte und Magische<br />
versuchte sie als Lehrerin immer<br />
wieder in den Unterricht einzubauen.<br />
Der besondere Wert der Zauberpädagogik<br />
wurde ihr als Lehrerin<br />
für Deutsch als Zweitsprache<br />
bewusst. Sie brachte den Kindern im<br />
Unterricht ab und zu einen Trick<br />
bei. So erhielten diese besonderes<br />
Ansehen in ihrer Klasse. Da war<br />
Medina nicht mehr das Mädchen,<br />
das nicht so gut Deutsch spricht,<br />
sondern das Mädchen, das einen<br />
Zaubertrick vorführen kann.<br />
Wer zaubert, zieht Menschen in<br />
den Bann. Das gilt auf einem Familienfest<br />
ebenso wie im Schulzimmer.<br />
Eine Lehrerin oder ein Lehrer, der<br />
zwischendrin mit einem Zaubertrick<br />
aufwartet, gewinnt die Herzen<br />
der Kinder im Flug.<br />
Wie begeistert Lehrerinnen und<br />
Lehrer vom Zaubern sind, war im<br />
Herbst 2<strong>01</strong>4 an der Didacta in Basel<br />
zu erleben. An dieser Bildungsmesse<br />
hatte sich der LCH ganz dem Zaubern<br />
verschrieben. An zwei Tagen<br />
war auch Andrea-Katja Blondeau<br />
vor Ort und verzauberte mit ihrer<br />
Vorführung das Publikum.<br />
Zwischen den Vorführungen<br />
waren die Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter des LCH-Zentralsekretariats<br />
mit den Standbesuchern am<br />
Zaubern. Sie zeigten ihnen beispielsweise,<br />
wie sie – dank einer selbstgebastelten<br />
Zaubertüte – eine Feder<br />
verschwinden lassen und wieder<br />
hervorzaubern können.<br />
Den «Gwunder» wecken<br />
Am Beispiel des Zauberns kann einmal<br />
mehr wunderschön aufgezeigt<br />
werden, dass Lehrpersonen im<br />
Schulalltag für die Kinder viel mehr<br />
bereithalten als nur Zahlen und<br />
Buchstaben. Sobald das Lernen mit<br />
Musik, mit Bewegung, mit Improvisation<br />
oder Experimenten verbunden<br />
ist, fällt es den Kindern oft leichter.<br />
Das Ziel jeder Lehrerin und jedes<br />
Lehrers ist es darum, immer wieder<br />
die Neugier oder eben den «Gwunder»<br />
der Kinder zu wecken. Wie<br />
könnte dies einfacher gelingen als<br />
mit einem tollen Zaubertrick?<br />
Zum Praxisbuch<br />
«Hokus, Pokus, Fidibus»<br />
Bekannt ist Andrea-Katja Blondeau<br />
als Zauberkünstlerin Andy Mayno. Für<br />
den Verlag LCH – Lehrmittel 4bis8 hat<br />
sie das Praxisbuch «Hokus, Pokus,<br />
Fidibus» geschrieben. Die Leserinnen<br />
und Leser erfahren viel Wissenswertes<br />
rund ums Zaubern. Es gibt einen Blick<br />
zurück in die Geschichte der<br />
Zauberkunst, aber auch die magischen<br />
Grundeffekte und die verschiedenen<br />
Sparten der Magie werden<br />
erklärt. Ein Praxisteil mit 19 Zaubertricks<br />
sowie Anleitungen zum Basteln<br />
von Requisiten und Utensilien runden<br />
das Buch ab.<br />
«Hokus, Pokus, Fidibus» ist als<br />
Lehrmittel für Lehrpersonen<br />
geschrieben. Es eignet sich aber<br />
durchaus auch für Eltern, die mit<br />
ihren Kindern zaubern möchten.<br />
Andrea-Katja<br />
Blondeau: Hokus,<br />
Pokus, Fidibus,<br />
Zaubern mit<br />
Kindern im Alter<br />
von 4 bis 8 Jahren.<br />
Verlag LCH – Lehrmittel<br />
4bis8, 2<strong>01</strong>4.<br />
120 Seiten, Fr. 49.–, LCH-Mitglieder<br />
Fr. 44.10. Zu bestellen unter<br />
www.lehrmittel4bis8.ch<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 53
Erziehung & Schule<br />
Über pädagogische<br />
Beziehungen<br />
Kleine Klassen bringen nichts, offener Unterricht auch nicht.<br />
Entscheidend ist: der Lehrer, die Lehrerin. Das sagt John Hattie,<br />
Superstar der internationalen Bildungsforschung.<br />
Aber was macht einen guten Lehrer aus?<br />
Es ist eine Tatsache, dass<br />
wir laufend Beziehungen<br />
zu anderen Menschen<br />
gestalten, von<br />
Beziehungen zu anderen<br />
Menschen abhängig sind und ohne<br />
Beziehungen nicht leben könnten.<br />
Das zeigt sich eindrücklich in der<br />
Metapher des Tanzes: Bewegungen<br />
werden ausgeführt, aber nie ganz<br />
gleich, es ist ein ständiges Nehmen<br />
und Geben, man geht aufeinander<br />
ein, spürt den anderen, nimmt<br />
Impulse auf. Tanzen ist performativ,<br />
Tanzen soll Freude bereiten.<br />
Auch zwischen pädagogisch tätigen<br />
Erwachsenen und Kindern oder<br />
Jugendlichen, die sie erziehen und<br />
unterrichten, bestehen Beziehungen.<br />
Arbeitsbeziehungen, die aus<br />
Gesprächen und Handlungen in<br />
pädagogischen Situationen entstehen.<br />
Der Begriff pädagogische<br />
Beziehung bezeichnet diese Arbeitsbeziehung.<br />
In allen Kulturen werden Beziehungen<br />
anders gestaltet und im Laufe<br />
der Zeit verändert. Über die Qualität<br />
der pädagogischen Beziehungen<br />
wird weltweit debattiert, denn das,<br />
was als gelingende Entwicklung<br />
oder als Ungerechtigkeit empfunden<br />
wird, beruht wiederum auf eigenen<br />
Erfahrungen. Doch drei Bereiche<br />
bilden den kleinsten gemeinsamen<br />
Nenner aller pädagogischen Beziehungstheorien:<br />
Anerkennung, Fürsorge<br />
und Scham.<br />
Kinder brauchen von Anfang an<br />
persönliche Bindungen, um sich zu<br />
entwickeln. Die Qualität der frühen<br />
Bindungen prägt die Entwicklung<br />
der inneren Strukturen und ist entscheidend<br />
dafür, was wir von anderen<br />
Menschen erwarten und wie wir<br />
uns ihnen und den Umweltanforderungen<br />
annähern. Bindungsmuster<br />
sind das Resultat aus Beziehungserfahrungen,<br />
die das Kind mit seinen<br />
primären Bezugspersonen macht.<br />
Das unsichtbare Band<br />
Eine Theorie des britischen Psychoanalytikers<br />
und Kinderpsychiaters<br />
John Bowlby (1907–1990) besagt:<br />
Zwischen einem Kind und einem<br />
ihm vertrauten Menschen besteht<br />
ein unsichtbares, enges, gefühlvolles<br />
Band. Dieses hat eine grundlegende<br />
Bedeutung für die Entwicklung des<br />
Kindes und besteht über Raum und<br />
Zeit hinweg.<br />
Derart sicher gebundene Kinder<br />
sind besser fähig, affektive Stressmomente<br />
zu bewältigen und Probleme<br />
zu lösen, sie wenden sich aufmerksamer<br />
Aufgaben zu und besitzen ein<br />
stärkeres Selbstwertgefühl als unsicher<br />
gebundene Kinder. Je mehr ein<br />
Kind sich auf seine Fürsorgeperson<br />
verlassen kann, desto mehr kann es<br />
sich Neugierde, Erkundungsdrang<br />
und dem Spiel hingeben.<br />
Daniel wurde 1997 geboren. Er<br />
absolviert eine Anlehre als Maler,<br />
ich unterrichte ihn im ersten Ausbildungsjahr<br />
in der Allgemeinbildung.<br />
Daniel ist motiviert, will gute<br />
Leistungen erbringen, aber nichts<br />
gelingt. Er wirkt verunsichert und<br />
traut sich nichts zu. In der Lernberatung<br />
sprechen wir über seine<br />
Schulerfahrungen.<br />
Daniel schreibt: «Ich kann mir<br />
Mühe geben, wie ich will, aber nichts<br />
wird anerkannt. Bei Rückmeldungen<br />
wurde mir nie etwas Positives<br />
gesagt oder geschrieben, ich konnte<br />
es niemandem recht machen.» –<br />
«Ich bin sehr enttäuscht wegen der<br />
Beurteilung meiner Sachkompetenzen<br />
und überfachlichen Kompetenzen.<br />
Ich kann mir nicht vorstellen,<br />
dass ich in keinem Fach etwas geleistet<br />
habe, das kann doch nicht sein!»<br />
Weitere Gespräche ergeben, dass<br />
er den Ansprüchen seines Vaters<br />
und seiner Lehrpersonen nie entsprechen<br />
konnte. Zudem provozierte<br />
sein «schlaksiges» Äusseres erste<br />
Mobbingerfahrungen.<br />
Text: Urs Meier<br />
54 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Fehlende Anerkennung, Beschämungen<br />
und verletzende Beziehungen<br />
haben in ihm Abwehrmechanismen<br />
ausgelöst, er begann sich zu<br />
schützen: Er war zunehmend demotiviert,<br />
überhaupt noch eine Leistung<br />
zu erbringen, in den Pausen und in<br />
der freien Zeit grenzte er sich aus; er<br />
klagt über Herzprobleme und psychische<br />
Leiden. Er traut sich überhaupt<br />
nichts mehr zu.<br />
Meine Aufgabe ist es, in ihm wieder<br />
das Vertrauen aufzubauen, dass<br />
er an seiner Zukunft arbeiten kann.<br />
Und ich frage mich: Wie muss ich<br />
meinen Unterricht gestalten, um<br />
Daniel zu motivieren und zum Mitdenken<br />
anzuregen? Wie muss ich<br />
mich verhalten, damit er wieder<br />
Selbstwirksamkeit entwickeln kann?<br />
den, dass sie die Lernenden zum<br />
Nachdenken, also zur aktiven<br />
mentalen Auseinandersetzung<br />
mit dem behandelten Thema<br />
führt.<br />
Konstruktive Unterstützung: Eine<br />
Lehrperson gibt den Lernenden<br />
regelmässige und individuelle<br />
Rückmeldungen zum Lernfortschritt.<br />
Und was kann ich nun als Lehrer<br />
tun? Hattie unterscheidet sechs<br />
Merkmale einer guten Lehrperson:<br />
Eine gute Lehrperson versteht es,<br />
ein Arbeitsbündnis mit ihren<br />
Schülern herzustellen, eine Übereinkunft<br />
über gegenseitig akzeptierte<br />
Rechte und Pflichten.<br />
Sie weiss, dass einige ihrer Aufgaben<br />
in sich und zueinander in<br />
Widerspruch geraten können<br />
(z.B. die Fürsorgepflicht gegenüber<br />
dem Einzelnen im Gegensatz<br />
zur gerechten Behandlung aller).<br />
Aber sie versteht es, die Widersprüche<br />
auszubalancieren.<br />
Sie hat breites und tiefes Fachwissen<br />
und beherrscht ihr didaktisches<br />
und methodisches Handwerkszeug.<br />
Anzeige<br />
22<br />
Feb<br />
2<strong>01</strong>5<br />
10–17 Uhr<br />
Sie begegnet jedem Schüler mit<br />
Respekt und versucht, im Klassenzimmer<br />
eine demokratische<br />
Unterrichtskultur zu entwickeln.<br />
Sie kann ihr eigenes Handeln und<br />
seine Wirkungen gründlich überdenken<br />
und es auf Basis der Reflexion<br />
stetig weiterentwickeln.<br />
Sie arbeitet gern im Team und<br />
versteht sich als Mitglied einer<br />
professionellen Gemeinschaft.<br />
Kurz, das Gegebene, die Lernenden,<br />
sind das uns Aufgegebene: das persönliche<br />
Engagement für die Lernenden,<br />
das unbedingte Ja ihnen gegenüber,<br />
die Anerkennung ihrer Stärken<br />
und Schwächen, die Fürsorge für<br />
ihre Entwicklung und der Humor,<br />
wenn es einmal nicht passt.<br />
Urs Meier<br />
Was den guten Unterricht ausmacht<br />
John Hattie ist ein Superstar der<br />
internationalen Bildungsforschung.<br />
Der Neuseeländer publizierte 2009<br />
ein Buch, in dem er die Ergebnisse<br />
von über 50 000 weltweit veröffentlichten<br />
empirischen Studien zur Frage<br />
«Wie gelingt erfolgreiches Lernen<br />
in der Schule?» zusammengetragen<br />
hat. Hatties Credo auf der Basis der<br />
vielen Befunde ist: Es kommt auf die<br />
Lehrkraft und die von ihr verantwortete<br />
Unterrichtsqualität an. Macht<br />
sie guten Unterricht, so lernen die<br />
Schüler auch viel.<br />
Gut ist ein Unterricht dann, so<br />
Hattie, wenn er die folgenden drei<br />
Bedingungen erfüllt:<br />
Effiziente Klassenführung: Sie<br />
trägt dazu bei, einen hohen Anteil<br />
an echter Lernzeit herbeizuführen.<br />
Kognitive Aktivierung: Die Aufgabenstellung<br />
soll so ausgewählt<br />
und so geschickt präsentiert werist<br />
Lehrbeauftragter an der Interkantonalen<br />
Hochschule für Heilpädagogik Zürich (HfH)<br />
und Dozent an der Hochschule für Gestaltung<br />
und Kunst Zürich (ZHdK).<br />
Familiensonntag in der Ausstellung GELD<br />
Wie lernen Kinder einen<br />
verantwortungsvollen<br />
Umgang mit Geld?<br />
Für Kinder Spiel und Spass, für Eltern Tipps und Tricks<br />
Anmeldung und weitere Infos: www.stapferhaus.ch<br />
«GELD. Jenseits von Gut und Böse» Eine Ausstellung des<br />
Stapferhauses Lenzburg bis 29.11.2<strong>01</strong>5 im Zeughaus Lenzburg<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5<br />
STH_Geld_Inserat_FritzFraenzi_Familiensonntag_400.indd 1 21.<strong>01</strong>.15<br />
55<br />
16:52
Kolumne<br />
Anatomie einer<br />
Trennung<br />
Text: Michèle Binswanger<br />
Michèle Binswanger<br />
Die studierte Philosophin<br />
ist Journalistin und Buchautorin.<br />
Sie schreibt zu Gesellschaftsthemen,<br />
ist Mutter zweier Kinder<br />
und lebt in Basel.<br />
Niemand weiss, wann der richtige Zeitpunkt zur Trennung<br />
ist. Hat man Kinder, schiebt man diesen Gedanken ohnehin<br />
gern zur Seite. Man erhöht die Schmerzgrenze, schluckt<br />
vieles, nimmt auch das eigene Unglück in Kauf. Und fragt sich<br />
immer: Wie lange noch? Hört es nie auf? Werde ich je<br />
wieder glücklich? Man hält durch für die Kinder. Weil jede andere Lösung<br />
ebenso unbefriedigend wäre. Denn auch getrennt hat man ja die Kinder<br />
zusammen. There’s no easy way out.<br />
Ich habe mich dann trotzdem getrennt, nach langem Leiden. Jahrelanger<br />
Beziehungskrise. Weil ich permanent gestresst und unglücklich war und<br />
dieser Stress mich krank machte. Ich hätte trotzdem nicht aufgegeben –<br />
bis er eines Tages sagte: «Ich ziehe aus.» Ich war erleichtert. Selber hätte ich den<br />
Schritt nie gewagt. Jetzt konnte ich ihm in seiner Entscheidung folgen.<br />
Wir teilten die Kinderbetreuung hälftig, und die Kinder nahmen es gelassen,<br />
freuten sich sogar über den zweiten Wohnsitz. Auch mir ging es die erste<br />
Zeit gut, sogar blendend. Freiheit, süsse, süsse Freiheit. Sie war wie ein frischer<br />
Lufthauch, der in ein seit über zehn Jahren nicht mehr gelüftetes Zimmer dringt.<br />
Nach und nach sank die Realität in meinen magisch verzückten Freiheitsrausch<br />
ein. Es zeigte sich, dass wir keine gütliche Trennung fertigbringen<br />
würden. Wir stritten permanent per E-Mail und Chats. Ich versuchte, das<br />
tägliche Leben zu meistern, meinen Job, meine Kinder, meine Freundschaften<br />
auf die Reihe zu kriegen. Und den Frieden zu wahren. Aber eine Trennung<br />
ohne schlechte Gefühle ist wahrscheinlich so, als wollte man einen Körper<br />
schneiden, ohne dass er blutet. Nur bei einer Leiche möglich.<br />
Meine beiden Kinder waren sehr auf Ausgleich bedacht. Kam die Rede<br />
auf den Vater, betonten sie, sie hätten uns beide genau gleich gern. Aber manchmal<br />
fragte ich mich heimlich, ob sie ihn nicht vielleicht sogar noch lieber<br />
hatten. Zu den Schamgefühlen kam jetzt gelegentlich noch Eifersucht. Wahrscheinlich<br />
war er sogar der bessere Vater, als ich ihnen eine Mutter war. Doch<br />
ich wusste, dass solche Gedanken Gift sind und keinen Sinn machten, und<br />
versuchte tunlichst, mir nichts anmerken zu lassen.<br />
Ich schützte Normalität vor in der Hoffnung, dass sich irgendwann Normalität<br />
einstellen würde. Aber das dauerte. Und es zeigten sich zahlreiche<br />
Probleme: Da die Freunde alle zu ihm hielten, musste ich mir ein neues Umfeld<br />
aufbauen. Mein Sozial-, mein Erwerbs- und mein Leben als Mutter und Single<br />
zu synchronisieren, erwies sich als schwieriger, als ich gedacht hatte.<br />
Der Druck, die Versagensängste, die Scham und die Schuldgefühle – das<br />
alles konnte ich mit der Zeit überwinden. Nur eines nicht: ein fundamentales,<br />
unwiderrufliches Gefühl des Scheiterns. Die Trauer um meine zerbrochene<br />
Familie, die niemals wieder ganz sein wird. War die Trennung richtig? Ich<br />
glaube ja. Es geht mir heute besser als vorher, und zurück möchte ich auch nicht.<br />
Die Kinder sind glücklich und ich auch. Diesen Vorteil immerhin hat eine<br />
Trennung gegenüber einer Beziehung. Beziehungen fangen irgendwann an zu<br />
bröckeln, aber eine Trennung wird immer besser, von Jahr zu Jahr.<br />
Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren<br />
56 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Schulen<br />
&<br />
Institute<br />
Siewerdtstrasse 7<br />
8050 Zürich<br />
T 044 315 15 75<br />
www.bke.ch<br />
Berufs- und Weiterbildung<br />
Kinderbetreuung<br />
• Berufsvorbereitungsjahr<br />
Kinderbetreuung BVJ<br />
• Fachperson Betreuung FaBeK<br />
3-jährige Grundaus bildung zum EFZ<br />
• Nachholbildung FaBeK<br />
Für Erwachsene (nach Art. 32 BBV)<br />
• Berufliche Weiter bildung<br />
für Fach personen<br />
In familien- und<br />
schul ergänzenden<br />
Kinderbetreuungs -<br />
einrichtungen<br />
SPRACHFERIEN FÜR<br />
JUGENDLICHE<br />
IM SOMMER<br />
2 WOCHEN<br />
AB 1850,-<br />
14 CAMPS Cudrefin,<br />
Malta, Leysin England, Frankreich<br />
INKLUSIVE Unterricht in 6er<br />
Gruppen, Kost & Logis, Ausflüge,<br />
Workshops, Abendprogramm,<br />
Material<br />
www.frilingue.ch<br />
info@frilingue.ch<br />
Das Beste<br />
für Ihr Kind<br />
International Bilingual School<br />
Kindergarten, Primarund<br />
Sekundarstufe in<br />
Küsnacht & Feldmeilen<br />
Tel 044 910 43 00<br />
www.terra-nova.ch<br />
Augmented Reality<br />
in Fritz+Fränzi<br />
ar<br />
1. Herunterladen<br />
Videos, Interviews, Spiele oder Grafiken:<br />
Mit Augmented Reality erleben Sie eine<br />
neue digitale Dimension in Fritz+Fränzi.<br />
Laden Sie die Fritz+Fränzi-App kostenlos herunter:<br />
Dieses Icon steht für<br />
die Fritz+Fränzi-App<br />
2. Aktivieren<br />
Öffnen Sie die Fritz+Fränzi-App.<br />
Die Daten werden aus dem Internet geladen.<br />
ar<br />
3. Scannen<br />
Sie finden den Eltern-Ratgeber<br />
und Augmented Reality in einer App.<br />
Jetzt wird die Kamera Ihres Smartphones benötigt:<br />
Halten Sie diese auf die Seite, die mit unserem ar-Logo<br />
gekennzeichnet ist.<br />
Und schon sehen Sie zum Beispiel<br />
ein Video. Wie das mit unserem Chefredaktor<br />
Nik Niethammer auf unserer<br />
aktuellen Titelseite. Viel Spass damit!<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 57
Ernährung & Gesundheit<br />
Gedächtnistraining für<br />
frühgeborene Schulkinder<br />
Wie wirkt sich eine zu frühe Geburt langfristig auf die geistige<br />
Entwicklung eines Kindes aus? Die Forschung zeigt, dass<br />
bei Frühgeborenen im Schulalter häufig die Gedächtnisleistungen<br />
besonders beeinträchtigt sind. Wie gut, dass sich durch<br />
intensives Üben das Gedächtnis verbessern lässt!<br />
Text: Regula Everts und Barbara Ritter Fotos: Vera Hartmann / 13 Photo<br />
Die Anzahl frühgeborener Kinder<br />
wächst weltweit. Mittlerweile<br />
kommt jedes neunte Kind zu<br />
früh zur Welt. Ein Hauptgrund<br />
für diese Zunahme ist das steigende<br />
Alter der Mütter. Denn<br />
bei älteren Schwangeren kommt<br />
es öfter zu medizinischen Komplikationen. Oder es<br />
werden bei ihnen reproduktionsmedizinische Massnahmen<br />
nötig, wodurch die Wahrscheinlichkeit für<br />
Mehrlinge steigt, welche wiederum häufiger zu früh<br />
zur Welt kommen.<br />
Von Frühgeburt spricht man, wenn ein Kind vor<br />
der 37. Schwangerschaftswoche geboren wird. «Ab der<br />
24. Schwangerschaftswoche ist der Fötus so weit entwickelt,<br />
dass er mithilfe intensivmedizinischer Betreuung<br />
ausserhalb des Mutterbauches überleben kann»,<br />
sagt Dr. Mathias Nelle, Leiter der Neonatologie des<br />
Inselspitals Bern. «Das leichteste Frühgeborene, das<br />
bei uns in Bern zur Welt kam und überlebte, wog bei<br />
der Geburt knapp 400 Gramm», erzählt Nelle. «Dank<br />
des medizinischen Fortschrittes überleben diese Kinder<br />
immer häufiger.»<br />
Kinder, die vor der 32. Schwangerschaftswoche<br />
geboren werden, gelten als «sehr» frühgeboren. Und<br />
ihre Überlebensrate in der Schweiz ist beeindruckend:<br />
Ab der 26. Schwangerschaftswoche überleben rund<br />
82 Prozent, ab der 28. Schwangerschaftswoche sind es<br />
bereits 93 Prozent. Je unreifer aber ein Kind geboren<br />
wird, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit langfristiger<br />
Beeinträchtigungen wie beispielsweise Lernschwierigkeiten,<br />
welche oft auf Probleme im Bereich<br />
des Gedächtnisses, der Sprache oder der Aufmerksamkeit<br />
zurückzuführen sind.<br />
Das Gehirn – plastisch und anpassungsfähig<br />
Das Gehirn der Föten wächst während des letzten<br />
Schwangerschaftsdrittels rasant. Ein Unterbruch dieser<br />
zentralen Entwicklungsphase durch eine zu frühe<br />
Geburt hat oft ein kleineres Hirnvolumen und eine<br />
leicht veränderte Gehirnstruktur zur Folge. Das heisst<br />
nun aber nicht, dass alle Frühgeborenen beeinträchtigt<br />
sind. Die meisten der sehr frühgeborenen Kinder<br />
verfügen trotz kleinerem Hirnvolumen über eine<br />
Intelligenz im durchschnittlichen Bereich und besuchen<br />
die Regelschule. Das Gehirn ist plastisch: Es<br />
kann sich trotz ungünstigen Startbedingungen weiterentwickeln<br />
und an äussere und innere Gegebenheiten<br />
anpassen.<br />
Die Intelligenz alleine ist jedoch noch kein Garant<br />
für den Schulerfolg. In den letzten Jahren ist das sogenannte<br />
Arbeitsgedächtnis in den Fokus der Schulerfolgsforschung<br />
gerückt. Das Arbeitsgedächtnis<br />
erlaubt es uns, über Sekunden bis Minuten Informationen<br />
im Kopf zu behalten und mit diesen zu arbeiten.<br />
Wer sich eine Telefonnummer merken, die >>><br />
58 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Rubrik<br />
In der Schweiz werden<br />
jährlich rund 4500<br />
Kinder zu früh geboren.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 59
Ernährung & Gesundheit<br />
>>> Position von Memory-Karten behalten oder eine<br />
Rechnung im Kopf lösen will, beansprucht also sein<br />
Arbeitsgedächtnis.<br />
Kinder, welche über ein leistungsstarkes Arbeitsgedächtnis<br />
verfügen, haben deutlich bessere Schulnoten<br />
als jene mit einem leistungsschwachen. Der<br />
enge Zusammenhang zwischen Arbeitsgedächtnis<br />
und Schulnoten verwundert natürlich nicht. Denn<br />
wer sich viele Dinge auf einmal merken kann, dem<br />
fällt das Lernen leichter.<br />
Sehr frühgeborene Kinder zeigen im Schulalter<br />
häufig schlechtere Leistungen im Arbeitsgedächtnis<br />
als ihre termingeborenen Mitschüler – und das unabhängig<br />
von der Intelligenz. Besonders tragisch<br />
dabei ist, dass aufgrund des schlechteren Arbeitsgedächtnisses<br />
viele frühgeborene Kinder nicht zeigen<br />
können, was wirklich in ihnen steckt. Und im ungünstigsten<br />
Falle werden sie vom Umfeld sogar als<br />
weniger intelligent wahrgenommen, als sie eigentlich<br />
sind.<br />
Der Apfel macht «pomme»<br />
Nicht selten stellt sich frühgeborenen Schulkindern<br />
noch eine zweite Hürde vor den Lernerfolg. Denn oft<br />
können sie Informationen nicht nur im Arbeitsgedächtnis,<br />
sondern auch im Langzeitgedächtnis weniger<br />
gut behalten. In diesem speichern wir Informationen<br />
über Stunden, Tage oder gar Jahre. Dank dem<br />
Langzeitgedächtnis sind etwa die kurzfristig auswendig<br />
gelernten Französischwörter auch während der Vokabelprüfung<br />
am nächsten Tag und auch später noch<br />
abrufbar.<br />
Gegen langfristiges Vergessen hilft vor allem eines:<br />
Gedächtnistricks anwenden. Beim Einprägen von<br />
Nummern ist es beispielsweise hilfreich, sich die<br />
Nummern im Geiste zigmal nacheinander aufzusagen.<br />
Ein anderer Trick ist, eine Eselsbrücke zu suchen.<br />
Zum Beispiel beim Französischlernen: Wenn der<br />
Apfel vom Baum fällt, macht es «pomme».<br />
Kurzes Training mit grosser Wirkung<br />
Ob Arbeits- und Langzeitgedächtnis in einem kombinierten<br />
Training verbessert werden können, erforschen<br />
wir am Inselspital in Bern. Während drei Jahren<br />
intensiver Forschungstätigkeit entstand das «MEMO-<br />
Training» (siehe auch Box Seite 61). Das sechswöchige<br />
Training findet mit Bleistift und Papier am Schreibtisch<br />
statt und richtet sich an alle Kinder ab sieben<br />
Jahren, ob frühgeboren oder termingeboren. Die Personen,<br />
die das Training leiten, brauchen keine Ausbildung<br />
und keine wissenschaftlichen Vorkenntnisse –<br />
vorausgesetzt sind einzig ein gutes Gespür für die<br />
Fähigkeiten des Kindes und Freude am Spielen und<br />
Geschichtenerzählen.<br />
Unsere Forschungsgruppe hat die Wirksamkeit des<br />
MEMO-Trainings wissenschaftlich geprüft. Inner-<br />
Ein Frühchen<br />
wiegt im<br />
Durchschnitt<br />
weniger als<br />
2500 Gramm.<br />
60 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Das MEMO-Training<br />
Das MEMO-Training ist ein Instrument, um die Entwicklung<br />
und den Schulerfolg frühgeborener, aber auch termingeborener<br />
Kinder zu begünstigen. Es richtet sich an Eltern,<br />
Lehrpersonen und Therapeuten und kann zu Hause, in der<br />
Schule oder während einer Therapie durchgeführt werden.<br />
Es vermittelt Kindern Gedächtnistricks, die beim Lernen<br />
und beim Wiedergeben von Gelerntem hilfreich sind und<br />
in der Schule und bei den Hausaufgaben angewendet<br />
werden können. Das MEMO-Training gibt es in Buchform.<br />
Alle Übungen werden im Buch sowie online zur Verfügung<br />
gestellt (www.verlag-hanshuber.com > Suchbegriff: Memo).<br />
«Memo, der vergessliche Elefant. Mit Gedächtnistraining<br />
spielerisch zum Lernerfolg», Regula Everts, Barbara<br />
Ritter; Huber-Verlag Bern. 283 Seiten, reich illustriert,<br />
Fr. 39.90<br />
halb dieser Studie kamen die Kinder während vier<br />
Wochen einmal wöchentlich zu einem begleiteten<br />
Training an die Kinderklinik in Bern. Dazwischen<br />
übten sie zu Hause mit ihren Eltern. Vor und nach<br />
dieser Phase wurden die Kinder in verschiedenen<br />
kognitiven Bereichen getestet, und im Magnetresonanztomografen<br />
wurde eine Aufnahme des Gehirns<br />
während einer Gedächtnisaufgabe gemacht.<br />
Das Lernklima entspannen<br />
Nach Abschluss des Trainings zeigten die Kinder im<br />
Vergleich zu einer Kontrollgruppe, welche kein Training<br />
bekommen hatte, bedeutsame Verbesserungen<br />
sowohl im Arbeitsgedächtnis als auch im Langzeitgedächtnis.<br />
Interessanterweise verbesserten sich auch<br />
Hirnfunktionen, welche im Training gar nicht direkt<br />
trainiert wurden, wie etwa die Aufmerksamkeit und<br />
das Kopfrechnen – zwei äusserst wichtige Bereiche für<br />
schulische Leistungen. Ausserdem verkleinerte sich<br />
bei den Kindern, welche das MEMO-Training durchführten,<br />
das Gedächtnisnetzwerk deutlich, bei den<br />
Kontrollkindern jedoch nicht.<br />
Eine solche Verkleinerung des Gedächtnisnetzwerkes<br />
kann für eine erhöhte Effizienz dieses Gehirnbereiches<br />
sprechen. Diese Resultate zeigen also, dass<br />
bereits ein kurzes Gedächtnistraining einige Leistungsbereiche<br />
zu verbessern vermag und Veränderungen<br />
im Gehirn auslöst.<br />
Für Eltern und Lehrpersonen von sehr frühge-borenen<br />
Kindern klingen diese Resultate wie Musik<br />
in den Ohren. Natürlich richtet sich das MEMO-Training<br />
nicht nur an frühgeborene Kinder, sondern an<br />
sämtliche Kinder mit schwacher Gedächtnisleistung<br />
und überhaupt alle Kinder, die ihr Gedächtnis trainieren<br />
wollen. Natürlich kann das Training bestehende<br />
Lernschwierigkeiten nicht immer komplett in Luft<br />
auflösen. Aber es ermöglicht den betroffenen Kindern,<br />
die Hilflosigkeit beim Lernen zu überwinden. Wenn<br />
ein Kind weiss, dass es mithilfe von Gedächtnistricks<br />
den Lernerfolg beeinflussen kann, hat es das Gefühl<br />
der Kontrolle und dadurch weniger Angst vor dem<br />
Lernen und mehr Spass am Lernen – und damit ist<br />
viel gewonnen.<br />
>>><br />
Dr. Regula Everts<br />
ist Neuropsychologin an der Universitäts-<br />
Kinderklinik des Inselspitals Bern und leitet<br />
eine Forschungsgruppe.<br />
Dr. Barbara Ritter<br />
arbeitete in der Forschungsgruppe Everts,<br />
ist heute Kinderneuropsychologin am<br />
Ostschweizer Kinderspital St. Gallen.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 61
Ernährung & Gesundheit<br />
Morgens gut starten<br />
Über Nacht leeren sich die Energiespeicher des Körpers. Sie müssen am Morgen wieder<br />
aufgefüllt werden, um mit Schwung in den Vormittag zu starten. Text: Regula Thut Borner<br />
Die nahrungsfreie<br />
Zeit während der<br />
Nacht liegt bei zehn<br />
bis vierzehn Stunden.<br />
Das Frühstück<br />
beendet diese längste Fastenperiode<br />
des Tages. Fällt es aus, verlängert<br />
sich dementsprechend die<br />
Fastenzeit. Dies ist vor allem für<br />
Kinder kritisch, da sie über weniger<br />
und kleinere Energiespeicher<br />
verfügen als Erwachsene. Für Kinder<br />
und Jugendliche ist das Frühstück<br />
deshalb die wichtigste Mahlzeit<br />
des Tages.<br />
Auch Erholung kostet Kalorien<br />
Die nächtliche Ruhe ist für den<br />
Körper lebenswichtig, dann laufen<br />
zahlreiche Stoffwechselprozesse<br />
ab. Das Immunsystem arbeitet<br />
ebenso auf Hochtouren wie die<br />
Zellerneuerung. Schlafen fördert<br />
bei Kindern das Wachstum. Die<br />
Schlafforschung zeigt zudem, dass<br />
die Nachtruhe offenbar der Wiederherstellung<br />
der Energiereserven<br />
des Gehirns dient. Im Schlaf<br />
verbraucht der Körper zwar weniger<br />
Energie für seine Körperfunktionen<br />
als im Wachzustand – allerdings<br />
nur minimal.<br />
Reserven wiederherstellen<br />
Die erste Mahlzeit des Tages, sei es<br />
das Frühstück oder ein reichhaltiges<br />
Znüni, hat vor allem die Aufgabe,<br />
die über Nacht verbrauchten<br />
Energiereserven wieder aufzufüllen<br />
und die Leistungsfähigkeit am<br />
Vormittag zu unterstützen. Frühstück<br />
und Znüni machen idealerweise<br />
rund ein Drittel der täglich<br />
benötigten Kalorienmenge aus.<br />
Die Basis bilden Obst und Gemüse<br />
sowie ein Milchprodukt. Je nach<br />
Gewohnheit und Appetit kommen<br />
Vollkornbrot oder -flocken, Nüsse,<br />
Butter, Konfitüre oder Honig dazu.<br />
Einheimische, saisonale und möglichst<br />
wenig verarbeitete Lebensmittel<br />
sichern eine gute Nährstoffzusammensetzung.<br />
Teenager ticken anders<br />
Viele Jugendliche kommen frühmorgens<br />
kaum in die Gänge. Sie<br />
haben keinen Hunger und zeitweise<br />
ist ihnen übel. Sie sind wortkarg<br />
und verweigern das Familienfrühstück.<br />
Das gilt es zu respektieren.<br />
Mit etwas Toleranz und zwei<br />
Regeln können Eltern für Entspannung<br />
sorgen:<br />
– Kein Familienmitglied geht mit<br />
leerem Bauch aus dem Haus. Wer<br />
nichts essen mag, trinkt ein Glas<br />
Milch.<br />
– Wer nicht frühstückt, nimmt ein<br />
gesundes Znüni mit in die Schule<br />
oder an den Arbeitsplatz.<br />
Regula<br />
Thut Borner<br />
ist dipl. Ernährungsberaterin<br />
HF und<br />
Projektleiterin<br />
Fachbereich<br />
Ernährung<br />
bei Swissmilk.<br />
ernaehrungsberatung@<br />
swissmilk.ch<br />
www.swissmilk.ch<br />
ar<br />
So frühstückt Laura.<br />
Starten Sie die<br />
Fritz+Fränzi-App, scannen<br />
Sie diese Seite und<br />
schauen Sie sich<br />
den Video-Clip an.<br />
62 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Ernährung & Gesundheit<br />
Medikamente –<br />
wenn wirklich nötig<br />
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Das ist besonders auch dann zu beachten,<br />
wenn man ihnen ein Arzneimittel geben möchte. Problematisch ist, dass zahlreiche<br />
Arzneimittel nur an Erwachsenen getestet werden. Text: Petra Seeburger<br />
Schreiende, wild um sich<br />
schlagende Kinder, die den<br />
Hustensaft ausspucken:<br />
Dem Sprössling Medikamente<br />
zu geben, kann für<br />
die Eltern zur Tortur werden. «Für<br />
Medikamente bei Kindern gilt: So<br />
wenig wie möglich, so viel wie nötig.<br />
Ganz besonders für Schmerzmittel<br />
und Antibiotika», sagt die Churer<br />
Kinderärztin Heidi Zinggeler Fuhrer.<br />
«Vor allem bei unter Zwölfjährigen<br />
sind korrekte Einnahme und<br />
dem Alter und Gewicht angepasste<br />
Dosierung wichtig.»<br />
Eine längere Medikamententherapie<br />
bei Kindern sollte ärztlich<br />
überwacht werden. Deshalb stellt<br />
Heidi Zinggeler keine Jahresrezepte<br />
aus: «Kinder mit einer länger dauernden<br />
Therapie, etwa mit Asthmamedikamenten<br />
oder Kortisonsalben,<br />
kontrolliere ich regelmässig.»<br />
Und: Medikamente sollten unter<br />
Verschluss, sicher vor Kinderhand<br />
aufbewahrt werden.<br />
Medikamentenmissbrauch bei<br />
Kindern und Jugendlichen sei selten,<br />
sagt Dr. Markus Lampert, Spitalapotheker<br />
im Basler Bruderholzspital.<br />
«Problematisch hingegen<br />
kann die Indikation sein.» Etwa die<br />
Verschreibung von Ritalin. Lampert<br />
erwähnt noch einen Aspekt: «Kranke<br />
Kinder haben keinen Platz in der<br />
Gesellschaft, weil die Eltern dann<br />
nicht arbeiten können.» So seien<br />
berufstätige Eltern manchmal dazu<br />
gezwungen, ihrem Kind schon bei<br />
banalen Erkältungen schneller einmal<br />
ein Medikament zu geben, statt<br />
es zu Hause zu behalten.<br />
Andere Wirkung bei Kindern<br />
Ein grosses Problem sieht Lampert<br />
bei der Forschung, «weil viele Medikamente<br />
nicht an Kindern getestet<br />
oder nicht speziell für diese Altersgruppen<br />
zugelassen sind. 80 Prozent<br />
aller hospitalisierten Kinder bekommen<br />
solche Medikamente.» Im Fachjargon<br />
spricht man dabei von Off-<br />
Label-Use. Das bedeutet, dass ein<br />
Medikament anders eingesetzt wird,<br />
als es dessen Zulassung vorsah.<br />
Laut einer Studie des «British<br />
Medical Journal» können Off-Label-<br />
Anwendungen bei Kindern zu<br />
unvorhergesehenen Nebenwirkungen<br />
führen. Professor Johannes van<br />
den Anker vom Universitäts-Kinderspital<br />
beider Basel bestätigt Wissensdefizite<br />
in der Kinderpharmakologie:<br />
«Dies weil Medikamente<br />
meist nur an Erwachsenen getestet<br />
werden.» Nicht nur seien aber die<br />
Stoffwechselprozesse bei Kindern<br />
anders, es gebe auch wenige Daten<br />
von gesunden Kindern. Studien<br />
erfolgten nur an kranken Kindern,<br />
was die Resultate verändern könne.<br />
«Es geht um ethische Fragen,<br />
inwieweit Medikamente überhaupt<br />
an Kindern getestet werden dürfen<br />
und wer die Einwilligung dazu gibt»,<br />
sagt der Kinderarzt und Pharmakologe<br />
van den Anker, der mit seinem<br />
Institut auf diesem Gebiet forscht.<br />
Hausapotheke für Kinder<br />
Fiebersenkendes und schmerzstillendes<br />
Mittel als Sirup oder<br />
Zäpfchen<br />
Nasentropfen, z. B. auf<br />
Kochsalzbasis<br />
Fieberthermometer<br />
Desinfektionsmittel (auf<br />
Wasserbasis, das brennt kaum)<br />
Verbandmaterial für kleine<br />
Verletzungen<br />
Liste mit den wichtigsten<br />
Notfallnummern (Kinderarzt,<br />
nächstes Spital, nächste<br />
Apotheke, Tox-Zentrum)<br />
Was tun bei Verdacht auf<br />
Medikamentenvergiftung?<br />
Bei komatösen Zuständen und/<br />
oder Atemstillstand:<br />
Sanität-Notruf 144<br />
In anderen Fällen oder zusätzlich:<br />
Schweizer Tox-Zentrum:<br />
24-Stunden-Notfallnummer 145;<br />
www.toxi.ch<br />
Notfallstation des nächsten<br />
Spitals oder nächste Notfallpraxis<br />
anrufen<br />
Hausarzt kontaktieren<br />
Petra Seeburger<br />
ist Intensivpflegefachfrau, Journalistin und<br />
Kommunikationsspezialistin. Sie arbeitet<br />
seit 30 Jahren im Gesundheitswesen.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 63
Digital & Medial<br />
Chatroom<br />
im Hosensack<br />
Die beliebteste Smartphone-App der Jugendlichen heisst WhatsApp.<br />
91 von 100 Messenger-Nutzern chatten in der Schweiz mit diesem<br />
Dienst. Was Eltern über Chat-Programme wissen und mit ihren<br />
Kindern besprechen sollten. Text: Bianca Fritz<br />
Das Handy vibriert<br />
nonstop. Bis zu 300<br />
Nachrichten tummeln<br />
auf Anina<br />
Merz Handy, wenn<br />
die 17-Jährige einmal eine Stunde<br />
lang nicht auf den Bildschirm<br />
schaut. Besonders wenn in Gruppenchats<br />
Bilder und Witze verschickt<br />
werden, kommt diese Zahl<br />
schnell zusammen.<br />
«Für Jugendliche gilt: raus aus<br />
dem Schulbus, rein in den Chat.<br />
Unterhaltungen, die im realen<br />
Leben begonnen wurden, werden<br />
nun mit Messenger-Diensten fortgesetzt»,<br />
sagt der Vater von Anina,<br />
Professor Thomas Merz, Medien -<br />
pädagoge an der Pädagogischen<br />
Hochschule Thurgau.<br />
Dass Messenger-Programme wie<br />
WhatsApp, Threema und Snapchat<br />
so beliebt sind, ist nicht verwunderlich:<br />
Flugs wie eine SMS landen die<br />
Kurznachrichten auf dem Handy<br />
des gewünschten Empfängers – aber<br />
ohne die hohe Gebühr für jede einzelne<br />
Nachricht. Ein Foto oder eine<br />
Sprachnachricht werden kinderleicht<br />
mitangehängt. Und da diese<br />
Form der Datenübertragung häufig<br />
über eine Internetflat abgedeckt ist,<br />
denken viele gar nicht mehr nach,<br />
bevor sie auf «Senden» drücken.<br />
Besonders für Jugendliche geht es<br />
bei WhatsApp und anderen Messenger-Programmen<br />
längst nicht mehr<br />
darum, Informationen auszutauschen<br />
– sondern einfach darum, zu<br />
plaudern – in Kontakt zu bleiben. Das<br />
moderne Chatten eben.<br />
WhatsApp? Frei ab 16 Jahren!<br />
«Wir nutzen neue Medien so, wie es<br />
unseren Alltagsgewohnheiten entspricht<br />
– gleichzeitig prägen die<br />
Medien durch ihre Möglichkeiten<br />
natürlich auch unser Nutzverhalten»,<br />
sagt Thomas Merz. Den Chat-Programmen<br />
kann er viel Positives<br />
abgewinnen: «Es findet wertvolle<br />
Kommunikation statt – Freundschaftspflege.<br />
Und die schliesst auch<br />
jene mit ein, die weiter weg wohnen.»<br />
Gleichzeitig seien aber Ausgrenzung<br />
und Belästigung ein Thema.<br />
«Was viele Eltern und Jugendliche<br />
nicht wissen oder gern wieder vergessen:<br />
Der beliebteste Messenger<br />
WhatsApp wird laut den eigenen<br />
Geschäftsbedingungen erst ab 16<br />
Jahren empfohlen. Und das nicht zu<br />
Unrecht: Denn die Messenger-Programme<br />
sind, was die Nutzer mit<br />
ihnen machen. Es gibt keine eingebauten<br />
Filter, die beispielsweise das<br />
Verschicken von pornografischem<br />
oder gewaltverherrlichendem<br />
Material verhindern. Es gibt niemanden,<br />
der kontrolliert, wie, wie<br />
viel oder über was kommuniziert<br />
wird.<br />
Die Jugendlichen sollten also<br />
bereits über eine sehr hohe Kommunikationskompetenz<br />
verfügen,<br />
bevor sie drauflostippen. «Wenn ich<br />
weiss, wie ich menschliche Beziehungen<br />
führe und pflege, kann ich<br />
neue Medien als Hilfsmittel nutzen<br />
und auch erkennen, wann sie mich<br />
mehr am Leben hindern, statt mich<br />
zu unterstützen», sagt Merz.<br />
Er plädiert dafür, dass es für<br />
Eltern wichtiger ist, die Kommuni-<br />
64 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Wenn das Handy<br />
ständig vibriert,<br />
pflegt Ihr Kind<br />
Kontakte. Das<br />
kann aber auch<br />
Stress auslösen.<br />
richten. Fotos, Audiodateien und<br />
Videos sind nach wie vor nicht verschlüsselt<br />
und können beim Anbieter<br />
gespeichert werden. Und da bei<br />
den meisten Anbietern, Threema<br />
und iO einmal ausgenommen, die<br />
Server nicht in der Schweiz liegen,<br />
unterliegen die Fotos von Kater Ruedi<br />
und der betrunkenen Kollegin<br />
auch nicht dem strengen Schweizer<br />
Datenschutzgesetz.<br />
Sicherheitsexperten bemängeln<br />
zudem, dass nur wenige Messenger<br />
ihre Programmcodes offenlegen. So<br />
ganz sicher kann man sich also nicht<br />
sein, dass das Programm nicht doch<br />
auch filmt und fotografiert, ohne<br />
dass ich es will.<br />
Klare Sicherheitsregeln für Familien<br />
Bei Kindern und Jugendlichen muss<br />
abgewogen werden: «Die sicherste<br />
Messenger-App hilft nichts, wenn sie<br />
ausser mir niemand benutzt», sagt<br />
Seitz. Ein Verbot von beliebten Apps<br />
bringe überhaupt nichts. «Und Kinder<br />
kationsfähigkeit ihrer Kinder<br />
grundsätzlich zu stärken, als sich<br />
mit jeder einzelnen neuen Technik<br />
auszukennen. Dazu gehörten eine<br />
gute, offene Gesprächsatmosphäre<br />
zu Hause und das Interesse der<br />
Eltern für Erlebnisse und Gedanken<br />
ihrer Kinder. Grundsätzlich sei es<br />
natürlich gut, wenn Eltern ebenfalls<br />
Erfahrung mit Messengern sammelten.<br />
Merz: «Damit erlebe ich Faszination<br />
wie auch Fragen und Herausforderungen<br />
direkt und kann meine<br />
Kinder auch viel besser begleiten.»<br />
verschicken. «Ein sicherer Messengerdienst<br />
hat eine End-to-End-Verschlüsselung»,<br />
sagt Medienpädagoge<br />
und Sicherheitsexperte Daniel<br />
Seitz.<br />
Das, heisst: Die Daten werden für<br />
den Übertragungsweg von Smartphone<br />
zu Smartphone verschlüsselt<br />
– selbst der Betreiber der App hat<br />
keinen Zugriff auf die Daten. Mit<br />
End-to-End-Verschlüsselung kann<br />
zum Beispiel verhindert werden,<br />
dass ein Dritter die privaten Unterhaltungen<br />
über ein Crack-Programm<br />
verschicken ja im Normalfall<br />
auch keine Staatsgeheimnisse.»<br />
Eltern sollten mit ihnen aber über<br />
mögliche Sicherheitslücken sprechen,<br />
damit sie ein Bewusstsein<br />
dafür entwickeln, dass die Kommunikation<br />
von Handy zu Handy eben<br />
nicht immer privat bleibt.<br />
Intime Bilder oder Fotos, die den<br />
Aufenthaltsort erkennen lassen, sollten<br />
nie mit Messenger-Programmen<br />
verschickt werden. Zudem empfiehlt<br />
Seitz, immer zu prüfen, ob man den<br />
Absender einer Nachricht wirklich<br />
Die Unterhaltung ist nicht privat<br />
ausliest – zum Beispiel der kennt. «So oft wie junge Menschen<br />
WG-Mitbewohner oder sonst die Handynummer wechseln, kann<br />
Zudem herrscht bei Messenger-Programmen<br />
eine grosse Unsicherheit<br />
darüber, wie sicher verschickte Texte,<br />
Bilder und Videos sind. Und das<br />
nicht erst, seit Facebook im vergangenen<br />
jemand, der im selben WLAN eingeloggt<br />
ist. «Das ist unter Jugendlichen<br />
durchaus ein Thema», sagt<br />
Seitz. Einfache Anleitungen, wie<br />
man eine Unterhaltung crackt, gebe<br />
es gut einmal sein, dass plötzlich ein<br />
anderer behauptet, mein Freund XY<br />
zu sein. Und schon hat man einem<br />
Fremden etwas gezeigt oder erzählt,<br />
was ihn gar nichts angeht.»<br />
Jahr WhatsApp erworben hat. es sogar bei YouTube.<br />
«Es wird eine Privatheit der Nachrichten<br />
Dass der Wunsch nach einer solchen<br />
Auch Schulklassen chatten<br />
suggeriert, die so nicht<br />
stimmt», sagt Merz. Um sicherzugehen,<br />
dass Verschicktes wirklich nur<br />
den Empfänger erreicht, sollte man<br />
wissen, wie Messenger die Daten<br />
Verschlüsselung gross ist, hat<br />
nun auch Marktführer WhatsApp<br />
erkannt und Ende 2<strong>01</strong>4 eine Endto-End-Verschlüsselung<br />
eingeführt.<br />
Allerdings bisher nur für Textnach-<br />
Ausserdem kann durch die ständige<br />
Berieselung mit Nachrichten bei<br />
Jugendlichen das Gefühl entstehen,<br />
dass sie immer erreichbar sein müssten.<br />
Insbesondere wenn nicht >>><br />
Foto: Mint Images<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 65
Digital & Medial<br />
>>> nur Freunde untereinander<br />
Nachrichten austauschen, sondern<br />
per WhatsApp auch Klassenchats<br />
geführt werden. Mit und ohne die<br />
Lehrperson diskutieren die Schüler<br />
via Messenger zum Beispiel die<br />
Hausaufgaben. «Gruppen zu bilden<br />
ist bei WhatsApp noch leichter als<br />
bei Facebook – daher bietet sich diese<br />
Kommunikationsform geradezu<br />
an», meint Merz.<br />
Unter Experten wird die Angst,<br />
etwas zu verpassen, FOMO genannt,<br />
kurz für «Fear of missing out». Merz<br />
relativiert: «Man nutzt etwas, man<br />
findet es spannend und schliesslich<br />
entsteht ein Druck – aber langfristig<br />
bemerken das viele Jugendliche<br />
selbst und diskutieren darüber, wie<br />
schnell und worauf man antworten<br />
muss.» Seine Tochter sehe das inzwischen<br />
recht locker. Selbst 300 Nachrichten<br />
pro Stunde stressen Anina<br />
nicht mehr, weil sie gut entscheiden<br />
kann, wann sie offline ist und was sie<br />
danach beantworten muss.<br />
Bianca Fritz<br />
>>><br />
hat ihre SMS-Flat abbestellt und dafür ihr<br />
monatliches Smartphone-Datenvolumen<br />
hochgeschraubt – für WhatsApp und Co.<br />
Warum<br />
Alle reden von FOMO – der<br />
jugendlichen Angst, etwas<br />
zu verpassen. Alles Blödsinn,<br />
sagt die 17-jährige Tina Zeinlinger.<br />
Dass Jugendliche so<br />
schnell auf Kurznachrichten<br />
antworten, hat einen<br />
anderen Grund.<br />
Text: Tina Zeinlinger<br />
Messenger-Apps:<br />
WhatsApp: Nach wie<br />
vor der beliebteste<br />
Messenger hierzulande.<br />
Jugendlichen ist<br />
WhatsApp sogar wichtiger als die<br />
Facebook-App. Weltweit über 500<br />
Millionen Nutzer. Seit Kurzem eine<br />
End-to-End-Datenverschlüsselung<br />
– aber nur für den Text. Die Server<br />
stehen in den USA und gehören zu<br />
Facebook. Preis: kostenlos.<br />
Textsecure: Von Sicherheitsexperten<br />
empfohlen,<br />
da der Programmiercode<br />
öffentlich ist<br />
und eine sehr sichere End-to-End-Verschlüsselungsmethode<br />
gewählt wurde.<br />
Das Programm steht allerdings nicht<br />
für das iOS-Betriebssystem zur Verfügung.<br />
Preis: kostenlos.<br />
Threema: Bei Threema<br />
sind die Sicherheitslevel<br />
verschiedener User einsehbar<br />
und man muss<br />
keine Handynummer angeben. Zudem<br />
liegen die Daten auf Schweizer Servern<br />
und werden verschlüsselt versendet.<br />
Nur Einblick in den Quellcode gibt es<br />
nicht. Preis: 2 Franken.<br />
Snapchat: Verschickte<br />
Fotos erscheinen nur<br />
für wenige Sekunden<br />
auf dem Handy des<br />
Empfängers. Das gaukelt Nutzern<br />
falsche Sicherheit vor: Die Fotos<br />
werden unverschlüsselt verschickt<br />
und der Empfänger kann sie sehr wohl<br />
speichern – z. B. als Screenshot.<br />
Preis: kostenlos.<br />
Swisscom iO: Telefonieren,<br />
Daten verschicken<br />
und Livechat – all das<br />
funktioniert mit iO<br />
verschlüsselt und über die Server der<br />
Swisscom in der Schweiz. Zwei Haken<br />
gibt es: die noch geringe Nutzerzahl<br />
(unter einer Million) und der verborgene<br />
Programmcode. Preis: kostenlos.<br />
Surftipp, um noch mehr Messenger<br />
auf Sicherheit zu testen:<br />
www.eff.org/secure-messagingscorecard<br />
Je mehr grüne Häkchen bei einer<br />
App angezeigt werden, umso sicherer<br />
sind die verschickten Daten.<br />
Fear of missing out» – die<br />
«Angst, etwas zu verpassen»,<br />
sobald eine Nachricht<br />
über einen längeren<br />
Zeitraum – aus jugendlicher<br />
Sicht sind das etwa zehn Minuten<br />
– ungelesen bleibt, ist ohne<br />
Zweifel vorhanden. Doch ernsthaft:<br />
Was sollte man denn da fürchten zu<br />
verpassen? Zumindest, wenn man<br />
bedenkt, dass der typische Chatverlauf<br />
wie folgt aussieht:<br />
17:53<br />
17:53<br />
17:54<br />
17:57<br />
hey:)<br />
gut dir<br />
wm?<br />
g N8<br />
hey:)<br />
wg?<br />
auch<br />
nix<br />
17:52<br />
17:53<br />
17:53<br />
17:54<br />
Im Normalfall endet hier die Konversation.<br />
Zumindest für eine Stunde,<br />
dann wiederholt sich der ganze<br />
Vorgang. Chatfrei hat man für diese<br />
Stunde natürlich nicht. Denn ist die<br />
66 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Alles klar. Du kannst mich mal.<br />
20:15<br />
man sofort antworten muss<br />
eine Unterhaltung beendet, leuchtet<br />
schon das nächste «hey:)» am Bildschirm<br />
auf. Konversationshungrig<br />
wird dann tiefgründig bis zum finalen<br />
«gn8» (Gute Nacht) gechattet, bis<br />
man von dem vertrauten Whats-<br />
App-Ton und einem «Moagn» (Morgen)<br />
sanft aus dem Schlaf geholt<br />
wird.<br />
Der Begriff FOMO hinkt also<br />
etwas. Es geht gar nicht darum, dass<br />
man «etwas» verpassen könnte, sondern<br />
eher «jemanden». FOMF<br />
bringt es schon eher auf den Punkt.<br />
Die «Fear of missing friends» steckt<br />
tatsächlich hinter dem jugendlichen<br />
Drang, im Minutentakt auf Nachrichten<br />
zu antworten. Die Angst, die<br />
Freunde zu verpassen.<br />
Bleibt eine Nachricht für mehrere<br />
Minuten unbeantwortet, löst das<br />
eine Kettenreaktion mit verheerenden<br />
Konsequenzen aus. Engere<br />
Freunde werden erst einmal fragen<br />
«Haaalloooo?!!», «Alles ok?!!!» oder<br />
«Was los?!!!!». Bleibt die Antwort<br />
weitere Minuten aus, beginnen sich<br />
Selbstzweifel beim Konversationspartner<br />
breitzumachen. «Bist böse<br />
auf mich?», «Nerv ich dich?», «Hab<br />
ich was falsch gemacht?» werden zu<br />
zentralen Fragen. Die Situation<br />
spitzt sich zu, wenn noch immer<br />
jegliche Reaktion ausbleibt, denn<br />
dann fühlt sich der Gesprächspartner<br />
bestätigt in seiner Annahme,<br />
selbst schuld zu sein. Auf Enttäuschung<br />
folgt bekanntlich Wut – so<br />
auch in der Welt von WhatsApp:<br />
Alles klar. Du kannst mich mal.<br />
Ignorier mich ruhig, kommt alles zurück.<br />
Hast wohl wen Besseren zum Schreiben.<br />
Glaubst du bist wer oder was?<br />
Sry, dass ich der Dame nicht<br />
gut genug bin.<br />
20:15<br />
Man sieht, es kann aus dem Vollen<br />
geschöpft werden, auf welche Art<br />
man seiner Empörung Platz machen<br />
will. Übrigens: Entfernte Bekannte<br />
überspringen gerne die Phase des<br />
Selbstzweifels und kommen gleich<br />
zum Wut-Part.<br />
Ist man nun selbst unglücklicher<br />
Empfänger von Wut-Nachrichten,<br />
ist jede Ausrede sinnlos. Und in<br />
solch einem Fall gibt es aus Fremdsicht<br />
nur Ausreden. Beantwortet<br />
man Nachrichten für mehrere<br />
Minuten oder sogar Stunden nicht,<br />
rasselt man auf sozialer Ebene in<br />
den Keller. Man gilt als eingebildet,<br />
egoistisch, eitel, selbstverliebt, asozial<br />
und kann sich schon mal an die<br />
Arbeit machen, neue Freundschaftsanfragen<br />
zu verschicken.<br />
Das grundlegende Problem<br />
dahinter ist womöglich, dass unsere<br />
Welt durch das Internet aus kommunikationstechnischer<br />
Sicht immer<br />
mehr zusammenschrumpft. «The<br />
world is a village» – das erkannte der<br />
Medientheoretiker Marshall<br />
McLuhan schon in den frühen<br />
1960er-Jahren. Und genauso verhält<br />
es sich auch mit WhatsApp: Die<br />
Kommunikationsplattform gleicht<br />
einer Live-Übertragung, einer<br />
Unterhaltung in Echtzeit. Die Chatpartner<br />
sitzen sich quasi wie im echten<br />
Leben gegenüber und können<br />
sogar mitverfolgen, wann der<br />
Gesprächspartner online ist – also<br />
im übertragenen Sinne anwesend.<br />
Klingt seltsam für Sie? Wie würden<br />
Sie sich aber fühlen, wenn Sie<br />
Ihre Arbeitskollegen grüssen, und<br />
keiner grüsst zurück? Oder Sie sich<br />
beim gemeinsamen Mittagessen<br />
nach dem Befinden erkundigen, und<br />
Ihr Gegenüber zeigt nicht die<br />
geringste Reaktion?<br />
Vermutlich würden Sie zuerst<br />
einmal die Stimme heben – in<br />
WhatsApp geschieht das mit vielen<br />
Ausrufezeichen. Im nächsten Schritt<br />
würden Sie sich ignoriert fühlen und<br />
sich fragen, ob Ihr Bekannter vielleicht<br />
Gründe hat, böse auf Sie zu<br />
sein. Und letzten Endes würden<br />
auch Sie es aufgeben und sich denken:<br />
«Du kannst mich mal». Und<br />
der Person in Zukunft aus dem Weg<br />
gehen. Auch das funktioniert in<br />
WhatsApp prima. Dafür gibt es die<br />
Funktion: «Kontakt blockieren».<br />
Ersichtlich wird, dass die Dimension<br />
Zeit in unserer digitalen Welt<br />
eine andere ist, und sich dadurch<br />
auch die Erwartungshaltung auf<br />
Kommunikationsplattformen verändert.<br />
Wir sind so ungeduldig, wie<br />
es vor einigen Jahren noch nicht<br />
möglich gewesen wäre.<br />
Deswegen mein eigens kreiertes<br />
Akronym FOMF. Und weil Abkürzungen<br />
und Wortneuschöpfungen<br />
auf Plattformen wie WhatsApp boomen,<br />
schliesse ich mit WISP: Whats-<br />
App is social pressure. Und das dürfen<br />
Sie jetzt selber übersetzen.<br />
Tina Zeinlinger<br />
ist Schülerin (17) und schaut oft auf ihr<br />
Handy. Und wenn sie mal aufblickt, sieht sie,<br />
dass andere kaum besser sind als sie.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 21:02<br />
67<br />
egoistic hoch 10<br />
20:23<br />
20:35<br />
21:02<br />
21:15<br />
Ignorier mich ruhig, kommt alles zurück.<br />
Hast wohl wen Besseren zum Schreiben.<br />
Glaubst du bist wer oder was?<br />
Sry, dass ich der Dame nicht<br />
gut genug bin.<br />
egoistic hoch 10<br />
20:23<br />
20:35<br />
21:02<br />
21:02<br />
21:15
Digital & Medial<br />
Süchtig nach<br />
Online-Games?<br />
Bei vielen Jungs sind Online-Games sehr beliebt – vor<br />
allem Rollenspiele wie etwa «League of Legends», bei<br />
denen sie in Gruppen spielen. Aber wann ist es zu<br />
viel? Und was dann? Ein Gespräch mit Isabel<br />
Willemse, Psychologin und Onlinesucht-Beraterin.<br />
Interview: Michael In Albon<br />
Frau Willemse, Eltern kennen die<br />
Situation: Zigmal haben sie ihren Teenager<br />
aufgefordert, das Online-Game zu<br />
beenden. Aber es nützt nichts, der Sohn<br />
spielt und spielt. Das ärgert einen mit<br />
der Zeit ganz gewaltig und man möchte<br />
am liebsten den Stecker ziehen.<br />
Ich verstehe zwar die Not der Eltern,<br />
aber so einzugreifen ist eine schlechte<br />
Lösung. Das endet meist in Streit<br />
und Aggression. Viele Jugendliche<br />
spielen sogenannte Multiplayer-Games,<br />
das heisst, sie schliessen sich<br />
mit anderen zu einer Gruppe zusammen<br />
und erledigen die Spielaufträge<br />
gemeinsam. Dabei übernimmt jeder<br />
bestimmte Rollen, die mit Verpflichtungen<br />
verbunden sind. Wer sich<br />
plötzlich aus dem Spiel verabschiedet,<br />
macht eine Aufgabe zunichte,<br />
welche die Gruppe vielleicht während<br />
längerer Zeit aufgebaut hat. Die<br />
Spielkollegen fühlen sich verraten,<br />
im Stich gelassen. Eltern ist diese<br />
Wirkung oft nicht bewusst.<br />
Was empfehlen Sie stattdessen?<br />
Sinnvoll ist es zu verstehen: Was<br />
spielt mein Kind, wie funktioniert<br />
das Spiel? Und einen Zeitpunkt<br />
zu vereinbaren, ab wann kein<br />
Durchgang mehr gestartet werden<br />
darf. Bei meinen Klienten ist im<br />
Moment «League of Legends» das<br />
meistgespielte Game, hier dauert ein<br />
Durchgang 40 bis 60 Minuten. Wenn<br />
also um 22 Uhr Medienschluss sein<br />
soll, heisst das: Ihr Kind darf nach<br />
21 Uhr kein Spiel mehr starten.<br />
Und das akzeptieren Jugendliche?<br />
Es ist wichtig, die Rollen zu klären:<br />
Wer macht was, wie wird kontrolliert?<br />
In der Beratung investiere ich<br />
dafür viel Zeit: Eltern und Jugendliche<br />
sollen zusammen Regeln<br />
aufstellen; definieren, wer sie durchsetzt<br />
und wie; Folgen bei Nichteinhalten<br />
festlegen. Viele Jugendliche<br />
sind froh, wenn ihnen jemand<br />
Grenzen setzt. Und wenn sie die<br />
Grenzen selber vorschlagen und<br />
mitgestalten, nehmen sie diese besser<br />
an.<br />
Hilft Gamen nicht auch, Druck ab zu -<br />
bauen und sich zu entspannen?<br />
Doch. Aber es darf keine Flucht sein.<br />
Fast jeder Jugendliche kennt Stress:<br />
in der Schule oder mit Kollegen,<br />
Lehrstellensuche, Prüfungen, Eltern,<br />
die viel fordern. Beim Gamen erleben<br />
Teenager ein Gruppengefühl,<br />
sind erfolgreich, erhalten Anerkennung.<br />
Sie vergessen dabei den Druck.<br />
Das hilft, gibt positive Gefühle. Aber<br />
eben nur für kurze Zeit. Denn gleichsam<br />
steigt der Druck, je häufiger sie<br />
in die Spielwelt flüchten. Und das<br />
wiederum lässt sie noch häufiger<br />
flüchten. Es ist ein Teufelskreis.<br />
Wie helfe ich als Mutter oder Vater<br />
meinem Kind da heraus?<br />
Indem Sie genau hinsehen und wenn<br />
nötig helfen, Alternativen zu schaffen.<br />
Es ist einfacher, andere Interessen zu<br />
stärken, damit Mediennutzung an<br />
Gewicht verliert. Unterstützen Sie Ihr<br />
Kind, ein Hobby wiederaufzunehmen,<br />
Kollegen wieder zu treffen –<br />
so bauen Sie die Stellung des Gamens<br />
langsam ab.<br />
Michael in Albon<br />
ist Jugendmedienschutz-Beauftragter von Swisscom<br />
Isabel Willemse<br />
ist Psychotherapeutin und Beraterin für Onlinesucht<br />
am IAP und an der ZHAW, Zürcher Hochschule<br />
für Angewandte Wissenschaften unter anderem<br />
Mit autorin der JAMES-Studie.<br />
Neu finden Sie auf der Onlineplattform Medienstark<br />
auch das Thema «Gamesucht» mit weiteren Aspekten<br />
und Tipps, wie Sie im Familienalltag damit umgehen<br />
können. swisscom.ch/medienstark<br />
68 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Service<br />
Abonnieren Sie Das Schweizer<br />
ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />
Sichern Sie sich jetzt Ihre Abonnenten-Vorteile:<br />
Hefte im Abonnement günstiger als im Einzelverkauf!<br />
Lieferung bequem und pünktlich frei Haus!<br />
Sparen Sie<br />
17 %<br />
1 Jahr (10 Ausgaben) 62 Franken<br />
Sparen Sie<br />
35 %<br />
2 Jahre (20 Ausgaben) 98 Franken<br />
Bestellen Sie unter:<br />
www.fritzundfraenzi.ch<br />
Telefon: 0800 814 813<br />
Sparen Sie<br />
47 %<br />
Gratis <br />
Schnupperabo (5 Ausgaben) 20 Franken<br />
1 Ausgabe zum Kennenlernen
Digital & Medial<br />
Auch Girls mögen Games<br />
Lange Zeit waren Videospiele «Bubensache», doch nun<br />
sind auch die jungen Damen am Drücker – und diese<br />
haben ihre eigenen Vorlieben. Text: Marc Bodmer<br />
Sims 4<br />
In den letzten Jahren habe ich<br />
über den Daumen gepeilt mit<br />
über 1200 Schülerinnen und<br />
Schülern in Medienkompetenz-Workshops<br />
gesprochen.<br />
Wenn ich ihnen die Frage stellte:<br />
«Wer von euch ist ein Gamer?»,<br />
schnellten die Hände der Jungs in<br />
die Höhe, während die Mädels die<br />
Schultern zuckten. Keine Gamerinnen?<br />
Kaum zu glauben, denn laut<br />
der US-Entertainment Software<br />
Association kommen auf 52 spielende<br />
Herren nun 48 Damen.<br />
Schiebt man nach, dass nicht nur<br />
«Fifa» und «Call of Duty» Videospiele<br />
sind, sondern alle interaktiven<br />
Unterhaltungsinhalte, die auf einem<br />
Bildschirm gespielt werden – also<br />
auch Handygames zum Beispiel –,<br />
sieht es plötzlich anders aus. Dann<br />
fallen Namen wie «2048», «Temple<br />
Run», «Hay Day» und «Sims».<br />
Hätscheln am Handy<br />
Letztgenannter Titel, der vornehmlich<br />
auf PC gespielt wird, hat viele<br />
Jahre die Auszeichnung «meist verkaufte<br />
Spielserie» innegehabt – und<br />
das bei einer damals noch unüblichen<br />
Spielerdemografie: Das interaktive<br />
Puppenhaus wird zu über 60<br />
Prozent von Spielerinnen gestaltet.<br />
Bei «Sims» gilt es, Beziehungen<br />
anzubahnen oder Jobs zu bewältigen<br />
– Dinge des Alltags eben. «Sims 4»<br />
bietet Spieltiefe. Man verweilt im<br />
Szenario und probiert Lebensentwürfe<br />
aus. Das letzte Kapitel der<br />
«Sims»-Reihe wurde mit dem Prädikat<br />
«pädagogisch wertvoll» ausgezeichnet.<br />
Mädchen-Games müssen keineswegs<br />
pink sein. Doch so klischeehaft<br />
es klingen mag: Viele Mädchen<br />
mögen soziale Aspekte in einem<br />
Spiel. Sie mögen es, ihre Figuren zu<br />
hegen. Während Jungs ihre Kriegsbasen<br />
in «Clash of Clans» hochrüsten,<br />
schätzen Mädchen die ländliche<br />
Variante und bewirtschaften in «Hay<br />
Day» einen Bauernhof. Die Kräfte im<br />
Wettbewerb zu messen, ist für viele<br />
weibliche Gamer eher zweitrangig.<br />
Während Jungen sich gerne im Konsolenspiel<br />
profilieren, nutzen junge<br />
Damen vorzugsweise ihr Handy als<br />
Plattform. Dort lösen sie gerne knifflige<br />
Zahlenrätsel wie «2048».<br />
Aber selbstverständlich gibt<br />
es auch Spiele, die von beiden<br />
Geschlechtern gern gespielt werden.<br />
Bei «Temple Run» ist auf der Flucht<br />
vor einem Monster schnelle Reaktionsfähigkeit<br />
gefragt. Das macht Jungen<br />
wie Mädchen Spass und sorgt für<br />
den gemeinsamen Gesprächsstoff in<br />
der grossen Pause.<br />
Marc Bodmer<br />
schreibt seit über 20 Jahren über Videospiele<br />
und ist Vater eines zehnjährigen<br />
Sohnes. Mehr unter www.marcbodmer.com<br />
Fotos: ZVG<br />
Spassfaktor<br />
Sims hat sich über die Jahre zur<br />
interaktiven Soap-Opera gemausert,<br />
in der auf witzige Weise verschiedene<br />
Lebenssituationen<br />
ausprobiert werden können.<br />
Entwickler<br />
Electronic Arts<br />
Altersempfehlung<br />
ab 12 Jahren<br />
Plattform<br />
PC<br />
Preis<br />
ab 70 Franken<br />
2048<br />
Spassfaktor<br />
Die Grundidee des Puzzlespiels ist<br />
einfach: Auf einem Gittermuster<br />
müssen Vielfache der Zahl 2 miteinander<br />
kombiniert werden, bis<br />
die Endsumme 2048 entsteht. Die<br />
Lösung: schwierig.<br />
Entwickler<br />
Ketchapp<br />
Altersempfehlung<br />
ab 4 Jahren<br />
Plattform<br />
iOS/Android<br />
Preis<br />
kostenlos<br />
70 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Digital & Medial<br />
Patenkind (7): «Hmm, du riechst so gut!»<br />
«Oh, danke. Wonach?» «Pommes.»<br />
Tweet von @tussirella<br />
«Die Schweizer sind offener für<br />
digitales Lernen» Interview: Bianca Fritz<br />
Stephan Bayer (31) ist Gründer und Geschäftsführer<br />
der Online-Lernhilfeplattform sofatutor.com<br />
mit mehr als 11 000 Videos. Diese hat nun auch<br />
einen Schweizer Auftritt.<br />
Fotos: ZVG<br />
Herr Bayer, wie kommen die in Deutschland<br />
produzierten Lernvideos in der Schweiz an?<br />
Sehr gut! Schon auf der deutschen Website<br />
hatten wir fünf bis zehn Prozent Kundschaft aus<br />
der Schweiz. Aber sie mussten sich die Videos<br />
mühsam zusammensuchen. Jetzt haben wir die<br />
Schweizer Lehrpläne studiert und die Videos so<br />
sortiert, dass jede Klassenstufe das findet, was<br />
sie wirklich gerade braucht. Seither haben wir<br />
etwa 7500 Abos in der Schweiz. Da wir auch Nachhilfesessions<br />
anbieten – mit Lehrpersonen in Deutschland und deutschen<br />
Preisen –, sind wir eine günstige Alternative zum Nachhilfeangebot<br />
in der Schweiz.<br />
Die Videos und Lehrpersonen aus Deutschland können<br />
doch sicher nicht alles vermitteln, was an hiesigen Schulen<br />
wichtig ist ...<br />
Sofatutor kümmert sich vor allem um die Fächer, bei denen es<br />
die grössten Probleme in der Schule gibt: Das sind Mathematik,<br />
Englisch, Deutsch und die Naturwissenschaften.<br />
Diese sind in Deutschland und der Schweiz gleich. Fächer, die<br />
von den Diskussionen in der Klasse leben, wie Politik und auch<br />
Geografie, behandeln wir mit unseren Videos noch nicht. Weder<br />
in Deutschland noch in der Schweiz. Insgesamt erlebe ich, was<br />
das digitale Lernen angeht, die Schweizer als viel offener als die<br />
Deutschen.<br />
Kann digitales Lernen den Nachhilfelehrer ersetzen?<br />
Ich sehe uns nicht in erster Linie als Nachhilfeplattform,<br />
sondern vor allem als Wissensportal. Wer sich verbessern<br />
will, etwas nachsehen oder in den Expertenchats nachfragen,<br />
oder wer nur ein geringes Budget hat, ist auf einer digitalen<br />
Lernplattform gut aufgehoben. Schwierig ist das digitale Lernen<br />
für die, die sich leicht ablenken lassen. Denn da ist die Gefahr<br />
im Internet natürlich gross. Mit den digitalen Nachhilfestunden<br />
kann man sich tatsächlich verbessern und kontinuierlich mit<br />
einer Lehrperson an einer Schwierigkeit arbeiten. Grundvoraussetzung<br />
dafür ist natürlich ein schneller Internetanschluss.<br />
www.sofatutor.ch<br />
ar<br />
Filmtipp: Dora oder die<br />
sexuellen Neurosen unserer<br />
Eltern<br />
Am 19. Februar startet der Film «Dora oder<br />
die sexuellen Neurosen unserer Eltern» der<br />
Schweizer Regisseurin Stina Werenfels. Die<br />
Geschichte: Die junge, geistig behinderte Frau<br />
Dora blüht sexuell auf, doch ihr neuer Freund<br />
Peter (Lars Eidinger) ist ein zwielichtiger Typ.<br />
Das stellt die Beziehung von Dora zu ihrer<br />
Mutter auf eine harte Probe. Vor allem, als<br />
Dora schwanger wird. Wird ihre Mutter Dora<br />
die Chance geben, ein Kind selbständig zu<br />
erziehen? Es ist der erste Film der Regisseurin<br />
Stina Werenfels nach dem Erfolg ihres<br />
Spielfilmdebuts «Nachbeben» 2006 auf der<br />
Berlinale. «Dora oder die sexuellen Neurosen<br />
unserer Eltern» beruht auf<br />
einem Theaterstück von<br />
Starten Sie die<br />
aktuelle<br />
Fritz+Fränzi-App,<br />
scannen Sie diese<br />
Seite und sehen Sie<br />
Dora im Trailer des<br />
Kinofilms.<br />
Lukas Bärfuss. Ein<br />
bewegender Film für<br />
Eltern über die<br />
Liebe und das<br />
Beschützen der<br />
Kinder.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 71
Digital & Medial<br />
70 %<br />
der Eltern kennen die Passwörter, die ihre Teenager<br />
auf dem Mobiltelefon benutzen – und können somit einsehen,<br />
was ihre Kinder auf dem Handy und im Internet tun.<br />
Das ergab eine aktuelle Umfrage der Sicherheitssoftware- Firma AVG unter knapp 4000 Jugendlichen<br />
zwischen 11 und 16 Jahren in neun Ländern.<br />
Fotos: ZVG<br />
Schattenmonster entdecken<br />
Auf der ersten Seite klebt eine echte kleine Taschenlampe.<br />
Sie ist das wichtigste Utensil, um in diesem<br />
Buch gruselige Monster aufzustöbern. Seite für Seite<br />
zeigen sich dann unterschiedliche Zimmer eines<br />
Hauses: Schränke und Spülbecken stellen sich auf. All<br />
das sieht ganz harmlos aus, bis man die Möbelstücke<br />
– am besten im Dunkeln – mit der Taschenlampe<br />
beleuchtet. Dann tauchen plötzlich die Schatten auf<br />
von Theo mit den Riesenfüssen oder Esmeralda, der<br />
Möchtegernsängerin. Sie alle wirken monströs im<br />
Dunkeln. Aber schon nicht mehr so sehr, wenn sie<br />
hinterher im Buch von Kindern gemalt und vorgestellt<br />
werden. Eine tolle Methode, um spielerisch die Angst<br />
vor dem Dunkeln zu verlieren. Die Schattenspiele<br />
machen aber auch mutigeren, älteren Kindern Spass.<br />
Johannes Vogt und Felicitas Horstschäfer:<br />
Schattenmonster. Ein Such-Pop-Up.<br />
Beltz & Gelberg, 2<strong>01</strong>4. Fr. 28.90, ab 5 Jahren<br />
Schatzkiste<br />
mit viel «Sch»<br />
Der «Sch»-Laut ist kein ganz einfacher<br />
im Spracherwerb – besonders<br />
schwer tun sich lispelnde Kinder<br />
damit. Medienpädagogen und<br />
eine Kinderlogopädin haben daher<br />
die App «Schatzkiste» entwickelt,<br />
die es kostenlos für iOS- und<br />
Android-Geräte gibt. Mit Schlange,<br />
Frosch und Schmetterling sowie<br />
vielen weiteren liebevoll gezeichneten<br />
Figuren mit einem «Sch» im<br />
Namen wird gelesen, gepuzzelt<br />
und gesucht. Die App wurde von<br />
verschiedenen deutschen Ministerien<br />
gefördert und soll den Spass<br />
am kreativen Umgang mit der<br />
Sprache fördern.<br />
Mehr unter www.edulingu.de<br />
ar<br />
Direkt zum<br />
aktuellen Film?<br />
Fritz+Fränzi-App<br />
laden, diese Seite<br />
scannen und den<br />
Film über Angst<br />
starten.<br />
Der neue<br />
Film: Angst mit Mut<br />
begegnen<br />
Das neue Video der Serie «Lebensmutig<br />
und einfühlsam» von Psychologe Fabian<br />
Grolimund und Fritz+Fränzi beschäftigt<br />
sich mit der Angst. Welche gut gemeinten<br />
Reaktionen können Ängste verschlimmern?<br />
Warum hilft gutes Zureden<br />
nicht? Und wie können Eltern ihre Kinder<br />
unterstützen? Der kleine Biber hat im<br />
Film schreckliche Angst vor seinem<br />
Vortrag in der Schule. Die Eltern sind<br />
ratlos. Zum Glück ist seine Tante Biberberaterin<br />
und hat einige hilfreiche Tipps<br />
auf Lager. Diesen und alle bisherigen<br />
Filme der Serie finden Sie auf der<br />
Website www.fritzundfraenzi.ch unter<br />
Eltern-Info > Podcasts.<br />
72 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Pro & Kontra<br />
Soll man Kindern das<br />
Fernsehen verbieten?<br />
Foto: Vera Hartmann / 13 Photo<br />
Nik Niethammer (53),<br />
Vater eines Sohnes (5)<br />
und einer Tochter (3)<br />
Pro<br />
Der Held meiner Kindheit hiess Cowboy Jim. Die<br />
Trickfilmfigur aus dem Guetnachtgschichtli gehört<br />
zu meinen frühesten TV-Erinnerungen. Ich war vier<br />
und wusste: Zimmer aufräumen, Zähne putzen, rein<br />
ins Tigerpyjama – dann durfte ich vor die Flimmerkiste.<br />
Bei guter Führung gabs Lassie, Flipper, Fury.<br />
Ungebührliches Benehmen wurde sanktioniert: eine<br />
Woche ohne Raumschiff Enterprise, Daktari, Familie<br />
Feuerstein. Mit sieben sah ich die Mondlandung,<br />
mit neun Ali gegen Frazier boxen: «Fight of the<br />
Century». Nach meinem Empfinden blieb der frühkindliche<br />
TV-Konsum ohne Folgeschäden. Trotzdem:<br />
Für unseren fünfjährigen Sohn und unsere<br />
dreijährige Tochter gilt heute die 0,0-Konsum-<br />
Grenze. Kein Smartphone. Kein TV. Spiele auf dem<br />
Tablet? Fehlanzeige. Warum? Weil meine Frau und<br />
ich davon überzeugt sind: Eine Kindheit ohne elektronische<br />
Berieselung ist möglich. Und sinnvoll. Frei<br />
nach dem Motto: mehr Matsch, weniger Medien.<br />
Unsere Kinder sollen springen, balancieren, auf<br />
Bäume klettern. Die eigene Fantasie entwickeln,<br />
eigene Köpererfahrungen machen. Die holen sie<br />
nicht vor dem Bildschirm. Ich halte es mit dem<br />
deutschen Neurobiologen Gerald Hüther, der sagt:<br />
«Fernsehen ist gestohlene Körperlernzeit.»<br />
Marc Bodmer (51),<br />
Vater eines Sohnes<br />
(10½ Jahre)<br />
Kontra<br />
Unsere Familie hatte den ersten Farbfernseher im<br />
Quartier. Man konnte ihn sogar abschliessen. Das<br />
kam zum Glück nie vor, aber das Schlüsselchen<br />
diente als Mahnmal. Unsere TV-Zeit hielt sich<br />
sowieso in Grenzen, war doch das Angebot auf 4,5<br />
Sender beschränkt: die drei Schweizer Kanäle und<br />
ARD. Beim ZDF gabs visuelles Schneegestöber.<br />
Diese spärliche Auswahl aber hinderte meine Schulfreunde<br />
nicht, sich beim schönsten Wetter vor die<br />
Glotze zu setzen. Da wurde einfach alles geschaut:<br />
Telekolleg, Werbung, Basteln mit Gerda Conzetti …<br />
Damals war es noch etwas Besonderes, heute sind<br />
Bildschirmmedien alltäglich. Wer Abstinenz predigt,<br />
schafft die gleiche Begehrlichkeit wie vor 40<br />
Jahren und weist TV und Games eine besondere<br />
Rolle zu, die sie längst nicht mehr haben. Mein<br />
Sohn, inzwischen 10 Jahre alt, konnte sich stets mit<br />
altersgerechten Inhalten beschäftigen. Nach Möglichkeit<br />
teilten wir dieses Erlebnis, so wussten meine<br />
Frau und ich immer, wie er darauf reagiert. Wir<br />
haben ihm auch keine Medienzeit vorgeschrieben,<br />
sondern auf seinen Tag geachtet: War er draussen?<br />
Hat er sich bewegt? Hat er seine Schularbeiten<br />
erledigt? … In einem ausgeglichenen Alltag haben<br />
Medien Platz – in jedem Alter.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 73
Leserbriefe<br />
«Aggressivere Kinder brauchen<br />
nicht engere Grenzen»<br />
Realitätsferner Tipp<br />
(Marc Bodmer: Gefahr aus der Spielkonsole? Heft 9/14)<br />
Als Medienpädagogin war ich entsetzt<br />
über diesen Artikel! Dieses hochaktuelle<br />
Thema auf so niedrigem Niveau bearbeitet<br />
zu sehen, ist wirklich schade! Der<br />
Artikel suggeriert, dass keine Bedenken<br />
anzubringen sind bei First Person Shooter<br />
– ohne seriösen Nachweis. Die Empfehlung,<br />
während einer Game-Pause<br />
das Gespräch mit den Kindern über<br />
Lösungsmöglichkeiten zu suchen, ist<br />
nichts wert und genauso realitätsfern<br />
wie die Welt, in der die Jugendlichen sich<br />
beim Gamen bewegen. Der Thrill besteht<br />
darin, sich beim Gamen zu konditionieren,<br />
bis die vorprogrammierte<br />
Lösung gefunden ist.<br />
Zu allen bislang publizierten Studien,<br />
die dem Gamen einen Mehrwert attestieren,<br />
muss gesagt werden, dass die<br />
Nachweise nur auf computergestützten<br />
Ergebnissen beruhen. Ob Aggressivität,<br />
die mittels Gewalt-Game abgebaut wird,<br />
auch in der «Offline-Welt» abgebaut ist,<br />
bleibt noch nachzuweisen.<br />
Ihre Empfehlung, die Inhalte der Games<br />
an den ethischen Normen des Elternhauses<br />
zu messen, würde nur zu einem<br />
führen: Games löschen, Gerät abschalten<br />
und mit der ganzen Familie einen<br />
Outdoor-Event machen oder ein gutes<br />
Essen kochen und gemütlich zusammensitzen<br />
(Gesprächskompetenz!).<br />
Katinka Penert (per E-Mail)<br />
Kinder wollen kooperieren<br />
(Ronnie Gundelfinger: Asperger-Syndrom. Heft 10/14)<br />
Mit der Aussage, dass Kinder nicht als<br />
soziale Wesen auf die Welt kommen, bin<br />
ich überhaupt nicht einverstanden!<br />
Kinder kommen sehr wohl als soziale<br />
Wesen auf die Welt. Kinder wollen<br />
kooperieren! Manchmal können sie dies<br />
nicht mehr, und das hat Gründe. Im<br />
Artikel steht, dass «wilde» Kinder davon<br />
profitieren, wenn sie in einer Umgebung<br />
mit klaren Regeln und Grenzen aufwachsen<br />
und dass gerade bei diesen<br />
Kindern auf die Einhaltung der Regeln<br />
geachtet werden muss. Zurück zum<br />
Gehorsam?<br />
Ich finde, dass aggressive Kinder nicht<br />
engere Grenzen benötigen. Sie benötigen<br />
gute Beziehungen mit empathischen<br />
Erwachsenen, die ihre eigenen<br />
Grenzen kennen, jene der Kinder achten<br />
und mit den Kindern und Jugendlichen<br />
darüber sprechen. Eltern und Lehrpersonen,<br />
die mit den Kindern Wege finden,<br />
wie sie mit ihren Gefühlen so umgehen<br />
können, dass es die andern mit ihnen<br />
aushalten. Die Kinder haben ihre Integrität,<br />
die es zu achten gilt. Aber stattdessen<br />
gilt es laut dem Artikel, möglichst<br />
früh auf «Alarmzeichen» zu achten, um<br />
intervenieren zu können, bevor ein Verhalten<br />
sich verfestigt und die Kinder im<br />
Jugendalter zunehmend auf die «schiefe<br />
Bahn» geraten.<br />
Hört und spürt man die ganze Kindheit,<br />
wie falsch und schwierig man sei,<br />
welche Regeln man nicht eingehalten,<br />
welchen Blödsinn man nun wieder gemacht<br />
habe, welche Therapien jetzt<br />
nötig seien …, da entwickelt man als junger<br />
Mensch tatsächlich ein «gestörtes<br />
Sozialverhalten»!<br />
Tonia von Gunten (per E-Mail)<br />
Illustration: P&P<br />
74 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Keine Religionsdiktatur<br />
(Florian Bissig: Wie viel Religion braucht das Kind? Titelthema Heft 10/14)<br />
Sie greifen ein wichtiges Thema auf. Familie<br />
Feuz hat erkannt, dass sie eines<br />
Tages keinen entscheidenden Einfluss<br />
auf ihre Kinder hat. Sie bietet die Möglichkeit,<br />
in der Gemeinschaft eine «Verwurzelung»<br />
zu finden. Das ist ein Grundbedürfnis<br />
des sozialen Wesens Mensch.<br />
Sie paart dieses Angebot nicht mit der<br />
Drohung: Falls ihr euch nicht für unsere<br />
Religion entscheidet, werdet ihr für uns<br />
geistig tot sein.<br />
Ganz anders verhält sich die Familie<br />
der Zeugen Jehovas. Sie vermittelt den<br />
Kindern, dass es «der Wille Jehovas» ist,<br />
täglich in der Bibel zu lesen. Hier haben<br />
Kinder keine Wahlfreiheit, denn einem<br />
göttlichen Willen kann man sich nicht<br />
widersetzen. Dabei ist Bibel in ihrer<br />
Sprache gleichbedeutend mit den<br />
Schriften der «Wachtturm Bibel- und<br />
Traktat-Gesellschaft». Diese enthalten<br />
eine bedenkliche Fülle an Drohbotschaften,<br />
gerade auch die Kinderbücher, die<br />
den Kindern jeden Mut zu eigenverantwortlichem<br />
Handeln nehmen.<br />
Ein Unterrichtsfach Religionskunde<br />
an den Schulen wäre sehr empfehlenswert,<br />
wenn dabei religionsneutral vermittelt<br />
würde, ob die Grundwerte nur<br />
«christlich» sind oder ob nicht auch<br />
Menschen anderer Kulturen oder religiöser<br />
Orientierung nach ethischen und<br />
moralischen Grundwerten handeln. Aus<br />
meiner persönlichen, leidvollen Erfah-<br />
rung mit fehlgeleitetem Glauben wünsche<br />
ich mir eine trennscharfe Definition der<br />
Bedeutung von Glauben und Spiritualität,<br />
die dem individuellen Bedürfnis des Menschen<br />
nützt, seinen Selbstwert und Mut<br />
zu Eigenverantwortung stärkt.<br />
Der Gegensatz dazu ist die Religionsdiktatur.<br />
Sie basiert auf der Forderung von<br />
Gehorsam, Verzicht auf Eigenverantwortung<br />
unter Androhung der schlimmsten<br />
Strafen und ewiger Verdammnis.<br />
Barbara Kohout (per E-Mail)<br />
Zu neutral dargestellt<br />
Anzeige<br />
Wir schätzen Ihr Elternmagazin sehr<br />
und sind froh, dass es Fritz+Fränzi gibt.<br />
Uns gefiel auch die letzte Nummer über<br />
Religion gut. Allerdings halten wir die<br />
neutrale Darstellung der Zeugen-Jehovas-Familie<br />
für problematisch. Der Glaube,<br />
den die Wachtturm-Gesellschaft<br />
vorgibt, ist für Kinder in vielerlei Hinsicht<br />
mehr als problematisch (siehe<br />
Darstellung auf: www.infosekta.ch/media).<br />
Wir finden es wichtig, dass, bei allem<br />
Bemühen um eine ausgewogene und<br />
neutrale Darstellung, benannt werden<br />
kann, wenn religiöse Vorstellungen<br />
schädlich für Menschen und insbesondere<br />
für Kinder sind.<br />
Regina Spiess, Fachstelle für Sektenfragen<br />
infoSekta (per E-Mail)<br />
« Mein Ausgleich: Bei den PZZ kann<br />
ich meinen ursprünglichen Pflegeberuf<br />
und Familie optimal vereinbaren. »<br />
Schreiben Sie uns!<br />
Ihre Meinung ist uns wichtig. Sie erreichen uns über:<br />
leserbriefe@fritzundfraenzi.ch oder<br />
Redaktion Fritz+Fränzi, Dufourstrasse 97, 8008 Zürich<br />
Bereit für den Wiedereinstieg? Jetzt testen auf:<br />
gerontologieblog.ch/wiedereinsteigerinnen-quiz<br />
Oder kontaktieren Sie uns per Telefon: 044 412 41 56<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 75
Service<br />
2 3<br />
Was tun im Februar?<br />
1 Werde zum Experten<br />
Du willst eine Band gründen, ein kleines Festival auf die Beine<br />
stellen oder gar einen Skatepark eröffnen und weisst nicht,<br />
wie du deine Idee auf den Punkt bringst? Geschweige<br />
denn einen Projektplan erstellst? Wer eine tolle Idee hat,<br />
braucht manchmal Hilfe bei der Umsetzung. Die finden<br />
Jugendliche im Kurs «So wird meine Idee zum Projekt», eine<br />
Initiative der Juniorexperts.ch, und die einmalige Chance für<br />
alle jungen Kreativen, Entdecker und Unternehmer, etwas<br />
Grosses auf die Beine zu stellen und Spass zu haben.<br />
Ort: Passepartout-ch, Sandstrasse 5, Moosseedorf Datum:<br />
24. Februar Zeit: 8.30 Uhr bis 17 Uhr Preis: 25 Franken<br />
Anmeldung: www.infoklick.ch/juniorexperts<br />
3 Solarimpulse: Ohne Treibstoff um die Welt<br />
Ohne einen einzigen Tropfen Treibstoff wollen Bertrand Piccard und André<br />
Broschberg mit einem Solarflugzeug die Welt umrunden – und Sie können dabei<br />
sein! Denn das Verkehrshaus Luzern begleitet ihr Abenteuer mit einer Ausstellung<br />
und einer Live-Übertragung. In der Eingangshalle des Museums wird ein Modell<br />
des Solarflugzeugs im Masstab 1:10 zu bewundern sein und im nachgebauten<br />
Cockpit entdecken Besucher den Arbeitsplatz der Piloten. Dem Lausanner Wissenschaftler<br />
Betrand Piccard ist eine Weltumrundung schon einmal per Heissluftballon<br />
gelungen. Sein Solarflugzeug startet Ende Februar oder Anfang März in Abu<br />
Dhabi – sein zweites grosses Abenteuer. Ort: Verkehrshaus der Schweiz, Lidostrasse<br />
5, Luzern Datum: ab 28. Februar Preis: Kinder bis 6 Jahre gratis, Kinder<br />
und Jugendliche unter 16 Jahre 15 Franken, Erwachsene 30 Franken Informationen<br />
und Übertragungstermin: www.verkehrshaus.ch<br />
2 Der König der Löwen – zum ersten<br />
Mal in der Schweiz!<br />
«Diese Kostüme!» ist der Standardausruf begeisterter<br />
König-der-Löwen-Besucher. Und erst noch der Stoff der<br />
Geschichte: Simba, Sohn von Mufasa, dem König der Löwen,<br />
soll seinem Vater eines Tages auf den Thron folgen. Weil<br />
Mufasas böser Bruder Scar aber auch an die Macht will, sorgt<br />
er für den Tod Mufasas, stellt Simba als Schuldigen hin und<br />
reisst die Herrschaft an sich. Simba flüchtet in den<br />
Dschungel. Als er aber erfährt, wie Scar das Königreich<br />
immer weiter zugrunde richtet, muss er handeln ... Erstmals<br />
kommt Walt Disneys «König der Löwen» in die Schweiz. Ein<br />
fantastisches Bühnenerlebnis für die ganze Familie.<br />
Ort: Musical Theater Basel, Feldbergstrasse 151, Basel<br />
Datum: März 2<strong>01</strong>5 bis August 2<strong>01</strong>5 Preis: 48 Franken bis 148<br />
Franken Informationen und Tickets: www.thelionking.ch<br />
4 Auf in die Schatzkammer der Römer<br />
In den Depots des riesigen Freilichtmuseums Augusta Raurica<br />
ruhen weit über eine Million Objekte wie Tonkrüge, Werkzeuge<br />
und Waffen. Alle stammen aus archäologischen Ausgrabungen<br />
der berühmten Römerstadt am Rhein. Normalerweise<br />
bleiben ihre Türen verschlossen, doch bei<br />
dieser Führung können grosse und kleine<br />
Entdecker einen Blick in die archäologischen<br />
Schatzkammern werfen und sich von<br />
Experten zeigen und erklären lassen, wie sie<br />
gelagert und für Ausstellungen vorbereitet<br />
werden. Eine einmalige Gelegenheit!<br />
Ort: Römerstadt Augusta Raurica,<br />
Giebenacherstrasse 17, Augst Datum: 22. Februar<br />
Zeit: 13.30 Uhr bis 14.15 Uhr Preis: 5 bis 10 Franken<br />
Informationen: www.augustaraurica.ch<br />
1<br />
5 6<br />
2 Basel<br />
4 Augusta R<br />
Moosseedorf<br />
Bern<br />
76 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
4 6<br />
Fotos: © Disney, Chammartin/Rezo/Solar Impulse, Susanne Schenker –<br />
Augusta Raurica, Kindermuseum Creaviva, PR<br />
Ob in der Steppe der Serengeti, im<br />
Solarflugzeug rund um die Welt oder<br />
bei den alten Römern: Im Februar/<br />
März wird viel geboten. Sie stehen<br />
eher auf Blues und Jazz? Na, dann<br />
gehen Sie doch mit Ihren Kindern auf<br />
musikalische Weltreise …<br />
ar<br />
Starten Sie<br />
die aktuelle<br />
Fritz+Fränzi-App,<br />
scannen Sie diese Seite<br />
und erleben Sie die<br />
Arbeit der jungen<br />
Video-Künstler.<br />
5 Videokünstler gesucht!<br />
Wer Interesse an Videos, Web und Animation hat, dem<br />
sei creaTiV! empfohlen. Das Angebot des Kindermuseums<br />
Creaviva richtet sich an Jugendliche zwischen 11 bis 18<br />
Jahren, die ihre Ideen in animierte Bilder verwandeln wollen. Im Kurs kreieren<br />
die Teilnehmer eigene Trickfilme, Videoarbeiten oder Multimedia-Animationen<br />
und lernen verschiedene Gestaltungstechniken kennen. CreaTiV! möchte Kunst<br />
mit Animationstechniken verbinden und die Grenzen zwischen Handgemachtem<br />
und digitaler Kultur erkunden. Die produzierten Werke werden auf YouTube,<br />
im Loft des Creaviva oder auf der CreaTiV-Website präsentiert. Ort: Im Atelier 3<br />
des Kindermuseums Creaviva im Zentrum Paul Klee, Monument im Fruchtland<br />
3, Bern Datum: 14. Februar, 14. März Zeit: 10.30 Uhr bis 16.30 Uhr Preis: 30<br />
Franken Informationen und Anmeldung: www.creaviva-zpk.org<br />
6 Auf musikalischer Weltreise<br />
Serena Fisseau hat eine wunderschöne Stimme und einen<br />
eigenwilligen Stil, beeinflusst von Gospel, Blues, Jazz, Latin<br />
und Rock. Aber sind ihre Konzerte auch für Kinder geeignet?<br />
Auf jeden Fall, wenn der Veranstalter «Bee-Flat im PROGR» zu<br />
einem Nachmittagskonzert für die ganze Familie einlädt: Im<br />
März singt die Französin mit asiatischen Wurzeln traditionelle<br />
Melodien und Wiegenlieder aus fernen Ländern. Preis,<br />
Lautstärke und Verpflegung an der Bar sind bei dieser<br />
musikalischen Weltreise auf Familienbedürfnisse abgestimmt.<br />
Ort: Café-Bar Turnhalle, Speichergasse 4, Bern<br />
Datum: 1. März Zeit: 15:30 Uhr Preis: Kinder 5, Erwachsene<br />
15 Franken Informationen: www.bee-flat.ch<br />
aurica<br />
3 Luzern<br />
Wo ist was? Unsere<br />
Freizeit-Tipps auf der<br />
Schweizer Karte.<br />
Eine Box für deine Talente<br />
«Bist du ein absoluter Teamplayer und zählt Kreativität zu<br />
deinen Stärken? Welche anderen Talente hast du?» Keine<br />
leichten Fragen. Dabei stellen die rasanten Entwicklungen einer<br />
globalisierten Welt hohe Anforderungen an junge Menschen und<br />
ihre individuellen Fähigkeiten und Kompetenzen. Die Initiative<br />
Boostbox hat es sich zur Aufgabe gemacht, über verschiedene<br />
Kanäle die Ideen, die Kreativität und das Potenzial von Jugendlichen<br />
sichtbar zu machen und die Einzigartigkeit jedes<br />
Einzelnen herauszustreichen. Im Zentrum der Initiative steht das<br />
neue Online-Portal boostbox.ch, das sowohl als Reflexionsinstrument<br />
als auch als Schaufenster der eigenen Interessen und<br />
Stärken dient. Ziel ist es, zu zeigen, wie kleine Begebenheiten<br />
des Alltags Grosses bewegen und wie unterschiedlich Biografien<br />
aussehen können. Informationen: www.boostbox.ch<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 77
Service<br />
Vielen Dank der<br />
an die Partner und Sponsoren<br />
Stiftung Elternsein:<br />
Finanzpartner Hauptsponsoren Heftsponsoren<br />
Dr. iur. Ellen Ringier<br />
Walter Haefner Stiftung<br />
Rozalia Stiftung<br />
Credit Suisse AG<br />
UBS AG<br />
Aon Risk Solution Schweiz AG<br />
UBS AG<br />
Impressum<br />
15. Jahrgang. Erscheint 10-mal jährlich<br />
Inhaltspartner<br />
Stiftungspartner<br />
Herausgeber<br />
Stiftung Elternsein,<br />
Seehofstrasse 6, 8008 Zürich<br />
www.elternsein.ch<br />
Präsidentin des Stiftungsrates:<br />
Dr. Ellen Ringier, ellen@ringier.ch,<br />
Tel. 044 400 33 11<br />
(Stiftung Elternsein)<br />
Geschäftsführer: Thomas Schlickenrieder,<br />
ts@fritzundfraenzi.ch, Tel. 044 261 <strong>01</strong> <strong>01</strong><br />
Verlag<br />
Fritz+Fränzi,<br />
Dufourstrasse 97, 8008 Zürich,<br />
Tel. 044 277 72 62,<br />
info@fritzundfraenzi.ch,<br />
verlag@fritzundfraenzi.ch,<br />
www.fritzundfraenzi.ch<br />
Verlagsadministration: Brigitte Guerra,<br />
b.guerra@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 62<br />
Verlagsassistentin: Éva Berger,<br />
e.berger@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 67<br />
Redaktion<br />
redaktion@fritzundfraenzi.ch<br />
Chefredaktor: Nik Niethammer,<br />
n.niethammer@fritzundfraenzi.ch<br />
Leo Truniger (Stv.),<br />
l.truniger@fritzundfraenzi.ch<br />
Bianca Fritz,<br />
b.fritz@fritzundfraenzi.ch<br />
Evelin Hartmann,<br />
e.hartmann@fritzundfraenzi.ch<br />
Dr. Eveline von Arx (wissenschaftliche Beratung),<br />
e.vonarx@fritzundfraenzi.ch<br />
Onlineredaktion:<br />
Irena Ristic, i.ristic@fritzundfraenzi.ch<br />
Redaktionelle Mitarbeit<br />
Gregor Berger, Michèle Binswanger, Marc<br />
Bodmer, Susan Edthofer, Elisabeth Eggenberger,<br />
Regula Everts, Susanne Garsoffky,<br />
Kerstin Hödlmoser, Michael In Albon, Patrizia<br />
Kilburger, Susanne Kurz, Claudia Landolt,<br />
Jeannette Otto, Franziska Peterhans, Barbara<br />
Ritter, Petra Seeburger, Britta Sembach,<br />
Regula Thut Borner, Tina Zeinlinger<br />
Art Direction/Produktion<br />
Partner & Partner, Winterthur,<br />
www.partner-partner.ch<br />
Bildredaktion<br />
13 Photo AG, Zürich, www.13photo.ch<br />
Korrektorat<br />
Brunner AG, Kriens, www.bag.ch<br />
Anzeigen<br />
Anzeigenverkauf: Brigitte Killias,<br />
b.killias@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 60 (vormittags erreichbar)<br />
Jacqueline Zygmont,<br />
j.zygmont@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 65<br />
Bettina Müller,<br />
b.mueller@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 577 06 88<br />
Anzeigenadministration: Brigitte Guerra,<br />
b.guerra@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 62<br />
Druck<br />
Oberndorfer Druckerei, Circle Printers,<br />
www.oberndorfer-druckerei.com,<br />
www.circleprinters.eu<br />
Auflage<br />
(WEMF/SW-beglaubigt 2<strong>01</strong>3)<br />
total verbreitet 103 381<br />
davon verkauft 17 206<br />
Preis<br />
Jahresabonnement Fr. 62.–<br />
Einzelausgabe Fr. 7.50<br />
iPad Fr. 3.–<br />
Abo-Service<br />
Galledia Verlag AG Berneck<br />
Karin Schwarz<br />
Tel. 0800 814 813, Fax 058 344 92 54<br />
abo.fritzundfraenzi@galledia.ch<br />
Für Spenden<br />
Stiftung Elternsein, 8008 Zürich<br />
Postkonto 87-447004-3<br />
IBAN: CH40 0900 0000 8744 7004 3<br />
Institut für Familienforschung und -beratung<br />
der Universität Freiburg, www.unifr.ch/iff<br />
Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz,<br />
www.lch.ch<br />
Jacobs Foundation,<br />
www.jacobsfoundation.org<br />
Forum Bildung, www.forumbildung.ch<br />
Elternnotruf, www.elternnotruf.ch<br />
Pro Juventute, www.projuventute.ch<br />
Hochschule für Heilpädagogik, Zürich, www.hfh.ch<br />
Schweizerisches Institut für Kinder- und<br />
Jugendmedien SIKJM, www.sikjm.ch<br />
DIE ZEIT, www.zeit.de<br />
Schweizerische Vereinigung der Elternorganisationen<br />
SVEO, www.sveo.ch<br />
Marie-Meierhofer-Institut für das Kind,<br />
www.mmizuerich.ch<br />
Schule und Elternhaus Schweiz,<br />
www.schule-elternhaus.ch<br />
Pädagogische Hochschule Zürich, www.phzh.ch<br />
Schweizerischer Verband alleinerziehender Mütter<br />
und Väter, SVAMV, www.svamv.ch<br />
Ein ElternForum, www.einelternforum.ch<br />
Pro Familia, www.profamilia.ch<br />
Kinderlobby Schweiz, www.kinderlobby.ch<br />
78 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Buchtipps<br />
Foto/Illustration: Nilsson/Spee, Kommissar Gordon – Der erste Fall,<br />
Moritz Verlag, Frankfurt am Main 2<strong>01</strong>4<br />
Das erfolgreiche<br />
Duo in Ulf Nilssons<br />
Krimi: Kommissar<br />
Gordon und<br />
Assistentin Buffy,<br />
faszinierend<br />
gezeichnet von<br />
Gitte Spee.<br />
Leise Angst<br />
In Severin<br />
Schwendeners<br />
Krimi können<br />
sich für einmal<br />
Jugendliche in<br />
der Schweiz wiederfinden:<br />
Vier<br />
Zürcher Sekschülerinnen und<br />
-schüler machen sich auf die Spur<br />
eines Mörders im Milieu von<br />
Fussball-Hooligans.<br />
Gulliver 2<strong>01</strong>4, Fr. 19.90,<br />
ab 13 Jahren<br />
Spuren sichern und Bösewichte stellen: Kriminalromane<br />
sind auch bei Kindern und Jugendlichen ungemein beliebt.<br />
Dabei muss es nicht immer TKKG und Co. sein.<br />
Krimis für<br />
kleine Detektive<br />
Wer nur hat die Nüsse des Eichhörnchens gestohlen?<br />
Kröten-Kommissar Gordon macht sich auf die Suche.<br />
Geheimsache<br />
Labskaus<br />
Erst ist in der<br />
Geschichte von<br />
Ina Rometsch und<br />
Martin Verg nur ein<br />
wertvoller Pudel<br />
verschwunden,<br />
doch dann nimmt ein rasantes und<br />
ziemlich verrücktes Detektivabenteuer<br />
seinen Lauf mit den zwei<br />
Freunden Oskar und Zack mittendrin.<br />
Residenz 2<strong>01</strong>3, Fr. 18.90,<br />
ab 10 Jahren<br />
Seit Erich Kästners «Emil<br />
und die Detektive» sind<br />
Krimis nicht mehr aus der<br />
Kinderliteratur wegzudenken.<br />
Dabei gelten gewisse<br />
Regeln: Kinder dürfen Diebstähle<br />
oder Einbrüche aufklären – Morde<br />
oder Gewalttaten werden ihnen<br />
bzw. den kindlichen Lesern nicht<br />
zugemutet (anders sieht das inzwischen<br />
im Jugendbuch aus).<br />
Für den Einstieg ins Detektiv-<br />
Genre bietet sich zum Vor- oder<br />
Selbserlesen «Kommissar Gordon<br />
– Der erste Fall» von Ulf Nilsson an.<br />
Hier ist das Verbrechen wirklich<br />
harmlos: Einem Eichhörnchen wurden<br />
Nüsse gestohlen! Die Waldtiere<br />
sind in heller Aufregung. Viel zu<br />
viel Aufregung für Kommissar Gordon.<br />
Die gemütliche Kröte sitzt<br />
meist bei Tee und Muffin in der<br />
Polizeistation und mag am liebsten,<br />
dass gar nichts geschieht. Neu erhält<br />
Gordon Unterstützung von der eifrigen<br />
Maus Buffy, die er flugs zu<br />
seiner Assistentin befördert. Davon<br />
profitieren beide: Buffy klettert<br />
blitzschnell zum Tatort im Baum<br />
hoch, dafür kann sie von Kommissar<br />
Gordons langjähriger Erfahrung<br />
und seiner Weisheit lernen. Und<br />
seine Muffins essen, natürlich. Zum<br />
Schluss gelingt es den beiden so tatsächlich,<br />
den Fall zu lösen, und zwar<br />
ohne dass jemand eingesperrt werden<br />
muss oder gar die Pistole zum<br />
Einsatz kommt – ganz zur Freude<br />
von Kommissar Gordon.<br />
Liebevoll erzählt und von Gitte<br />
Spee illustriert, hat diese Geschichte<br />
eine klare Botschaft: Kriminelle<br />
jagen ist gut, keine Kriminalität ist<br />
besser.<br />
Ulf Nilsson:<br />
«Kommissar<br />
Gordon – Der<br />
erste Fall»,<br />
mit Bildern von<br />
Gitte Spee,<br />
Moritz Verlag<br />
2<strong>01</strong>4, Fr. 18.90,<br />
ab 6 Jahren<br />
Herr und Frau<br />
Hase – die<br />
Superdetektive<br />
Ein Hasenpaar<br />
beschliesst,<br />
Detektive zu<br />
werden, just als<br />
ein Menschenmädchen<br />
dringend Hilfe benötigt,<br />
weil seine Eltern von Füchsen entführt<br />
wurden. Polly Horvath beweist<br />
hier ihren herrlich schrägen Humor.<br />
Aladin 2<strong>01</strong>3, Fr. 19.90, ab 11 Jahren<br />
Verfasst von Elisabeth Eggenberger,<br />
Mitarbeiterin des Schweizerischen<br />
Instituts für Kinder- und Jugendmedien<br />
SIKJM. Auf www.sikjm.ch sind<br />
weitere Buchempfehlungen zu finden.<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 79
Bonbons<br />
Wo sich Kinder und Eltern<br />
wohlfühlen<br />
Fritz+Fränzi verlost 4 Gutscheine* im Wert von je 500 Franken für Reka-Ferien in der Schweiz.<br />
Reka – die Nr. 1 für Familienferien. Auch für Eltern.<br />
Erleben Sie traumhafte Ferien mit der ganzen Familie – mit Reka! Ob Streichelzoo oder Zirkuswelt, Gold waschen<br />
oder Energiespielplatz, jedes der 13 Reka-Feriendörfer entführt Sie in seine eigene Erlebniswelt. In allen Feriendörfern<br />
sorgen Hallenbäder für Badespass, die Kinderspielanlagen für viel Abwechslung und das Rekalino-Kinderprogramm<br />
für unvergessliche Ferienerlebnisse. Neu im Angebot ist das Reka-Feriendorf in Blatten-Belalp. Mitten<br />
in der UNESCO-Weltnaturerbe-Region Jungfrau-Aletsch gelegen, ist es ein idealer Ausgangspunkt für viele<br />
spannende Ausflüge.<br />
Weitere Informationen finden Sie unter: www.reka.ch<br />
* Die Gutscheine sind 2 Jahre ab Ausstelldatum gültig.<br />
Wettbewerbsteilnahme auf www.fritzundfraenzi.ch/bonbons<br />
Teilnahmeschluss: 8. März 2<strong>01</strong>5<br />
Teilnahme per SMS: Stichwort FF REKA an 959 senden (30 Rp./SMS)<br />
80 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Service<br />
10<strong>01</strong> Adressen<br />
Die wichtigsten Institutionen, Stellen und Vereine, die Eltern informieren<br />
und unterstützen – von Kinderbetreuung über Rechtshilfe bis Suchtberatung<br />
TELEFONNUMMERN<br />
FÜR DEN NOTFALL<br />
143<br />
•Die Dargebotene<br />
Hand<br />
agredis.ch –<br />
gewaltberatung<br />
Unterlachenstrasse 12<br />
6005 Luzern<br />
Tel. 041 362 23 33<br />
Hotline 078 744 88 88<br />
Fax 041 361 20 30<br />
gewaltberatung@agredis.ch<br />
www.agredis.ch<br />
Elternnotruf Aargau<br />
Beratungsstelle bei<br />
Erziehungsfragen,<br />
Überforderung<br />
und Kindsmisshandlung<br />
Tel. 0848 35 45 55<br />
24h@elternnotruf.ch<br />
www.elternnotruf.ch<br />
Elternnotruf<br />
Region Zug<br />
Beratungsstelle bei<br />
Erziehungsfragen,<br />
Überforderung<br />
und Kindsmisshandlung<br />
Tel. 0848 35 45 55<br />
24h@elternnotruf.ch<br />
www.elternnotruf.ch<br />
Elternnotruf +<br />
Beratungsstelle<br />
Region Zürich<br />
Beratungsstelle bei<br />
Erziehungsfragen,<br />
Überforderung<br />
und Kindsmisshandlung<br />
Weinbergstrasse 135<br />
8006 Zürich<br />
Tel. 0848 35 45 55<br />
24h@elternnotruf.ch<br />
www.elternnotruf.ch<br />
Internet- und<br />
SMS-Seelsorge<br />
per SMS an 767<br />
per E-Mail an<br />
seelsorge@seelsorge.net<br />
www.seelsorge.net<br />
Kinder- und Jugendnotruf<br />
St. Gallen<br />
Kinderschutzzentrum<br />
St. Gallen<br />
Tel. 071 243 77 77<br />
www.kjn.ch<br />
Pro Juventute<br />
Beratung<br />
+ Hilfe 147<br />
Telefon, SMS, Chat,<br />
Thurgauerstrasse 39<br />
Postfach, 8050 Zürich<br />
Tel. 147, www.147.ch<br />
Schweizerisches<br />
Toxikologisches<br />
Informationszentrum<br />
Tel. 044 251 51 51<br />
Hotline 145<br />
www.toxi.ch<br />
Sorgentelefon<br />
Tel. 044 261 21 21<br />
Verein<br />
Tele-Hilfe Basel<br />
Bruderholzallee 167<br />
4059 Basel<br />
NOTRUF 143<br />
Tel. 061 367 90 90<br />
Fax 061 367 90 95<br />
basel@143.ch<br />
www.basel.143.ch<br />
OPFERHILFESTELLEN<br />
BENEFO-STIFTUNG<br />
•Fachstelle Opferstelle<br />
Thurgau<br />
Zürcherstrasse 149<br />
8500 Frauenfeld<br />
Tel. 052 723 48 26<br />
(Erwachsene)<br />
Tel. 052 723 48 23<br />
(Kinder)<br />
benefo@benefo.ch,<br />
www.benefo.ch<br />
Beratungsstelle<br />
Frauenhaus Region Biel<br />
Für weibliche Opfer von<br />
häuslicher Gewalt<br />
Kontrollstrasse 12<br />
2503 Biel<br />
Tel. 032 322 03 44<br />
info@solfemmes.ch<br />
www.solfemmes.ch<br />
Beratungsstelle<br />
Gewaltbetroffene<br />
Frauen<br />
•Fachstelle der<br />
Stiftung Opferhilfe<br />
SG/AI/AR<br />
Teufenerstrasse 11<br />
90<strong>01</strong> St. Gallen<br />
Tel. 071 227 11 44<br />
beratungsstelle.frauen@<br />
opferhilfe-sg.ch<br />
www.opferhilfe-sg.ch<br />
Beratungsstelle<br />
Nottelefon für<br />
Frauen – gegen<br />
sexuelle Gewalt<br />
Postfach, 8026 Zürich<br />
Tel. 044 291 46 46<br />
Fax 044 242 82 14<br />
info@frauenberatung.ch<br />
www.frauenberatung.ch<br />
Beratungsstelle<br />
Opferhilfe<br />
•Fachstelle der<br />
Stiftung Opferhilfe<br />
SG/AI/AR<br />
Teufenerstrasse 11<br />
90<strong>01</strong> St. Gallen<br />
Tel. 071 227 11 00<br />
Fax 071 227 11 09<br />
beratungsstelle.opfer<br />
hilfe@opferhilfe-sg.ch<br />
www.opferhilfe-sg.ch<br />
Beratungsstelle<br />
für Opfer von<br />
Straftaten<br />
Seftigenstrasse 41,<br />
3007 Bern<br />
Tel. 031 372 30 35<br />
beratungsstelle@opfer<br />
hilfe-bern.ch<br />
www.opferhilfe-bern.ch<br />
bif<br />
•Beratungs- und<br />
Informationsstelle<br />
für Frauen. Gegen<br />
Gewalt in der Ehe<br />
und Partnerschaft<br />
Postfach 9664<br />
8036 Zürich<br />
Tel. 044 278 99 99<br />
info@bif-frauenberatung.ch<br />
www.bif-frauenberatung.ch<br />
Castagna<br />
•Beratungs- und<br />
Informationsstelle<br />
für sexuell ausgebeutete<br />
Kinder,<br />
weibliche Jugendliche<br />
und in der<br />
Kindheit ausgebeutete<br />
Personen<br />
Universitätsstrasse 86<br />
8006 Zürich<br />
Tel. 044 360 90 40<br />
mail@castagna-zh.ch<br />
www.castagna-zh.ch<br />
Fachstelle für<br />
Gewaltbetroffene<br />
•Beratung für<br />
Frauen, Kinder<br />
und Jugendliche<br />
Neustadt 23,<br />
8200 Schaffhausen<br />
Tel. 052 625 25 00<br />
Fax 052 625 60 68<br />
fachstelle@fsgb-sh.ch<br />
www.fsgb-sh.ch<br />
Fachstelle OKey<br />
•Kinderklinik Kantonspital<br />
Winterthur<br />
Opferhilfeberatung<br />
und Kinderschutz<br />
Postfach 834<br />
84<strong>01</strong> Winterthur<br />
Tel. 052 266 41 56<br />
(Bürozeiten)<br />
Tel. 079 780 50 50<br />
(Wochenende)<br />
www.okeywinterthur.ch<br />
Fachstelle OKey<br />
•Jugendsekretariat<br />
Winterthur<br />
Opferhilfeberatung<br />
und Kinderschutz<br />
St. Gallerstrasse 42<br />
8400 Winterthur<br />
Tel. 052 266 90 90<br />
(Bürozeiten)<br />
Tel. 079 780 50 50<br />
(Wochenende)<br />
www.okey-winterthur.ch<br />
Frauen Nottelefon<br />
•Beratungsstelle<br />
für gewaltbetroffene<br />
Frauen<br />
Technikumstrasse 38<br />
Postfach<br />
84<strong>01</strong> Winterthur<br />
Tel. 052 213 61 61<br />
info@frauennottelefon.ch<br />
www.frauennottelefon.ch<br />
Lantana<br />
•Fachstelle Opferhilfe<br />
bei sexueller Gewalt<br />
Information,<br />
Beratung,<br />
Begleitung<br />
Aarbergergasse 36<br />
3<strong>01</strong>1 Bern<br />
Tel. 031 313 14 00<br />
Fax 031 313 14 <strong>01</strong><br />
info@lantana-bern.ch<br />
www.lantana-bern.ch<br />
Sie finden noch<br />
mehr Adressen auf<br />
www.fritzundfraenzi.ch<br />
Gesunde und nachhaltige<br />
Kinderverpflegung…<br />
menuandmore steht als führende Verpflegungsanbieterin<br />
den Mittagstischen kompetent und gerne zur Seite.<br />
• Einzige kindergerechte Anbieterin mit Gold-Zertifizierung<br />
• Kinderspezifische Menüplanung<br />
• Frische und schonende Zubereitung für optimalen Erhalt der Vitalstoffe<br />
• Belieferung mit hauseigener Kühllogistik in die ganze Deutschschweiz<br />
• Umfangreiche Gesundheitsförderung und vielfältige Serviceleistungen<br />
• Allergie-Gütesiegel für besonders allergikerfreundliche Dienstleistungen<br />
• Höchste Verpflegungssicherheit zu günstigen Konditionen<br />
• Nachhaltiges und klimaneutrales Unternehmen<br />
Menu and More AG<br />
Sihlquai 340<br />
8005 Zürich<br />
Tel. 044 448 26 11<br />
info@menuandmore.ch<br />
www.menuandmore.ch<br />
Ein Unternehmen<br />
der Eldora-Gruppe
Im Mittelpunkt<br />
Ganz gross auf<br />
kleiner Bühne<br />
Text: Patrizia Kilburger<br />
Sophie liebt die Bretter, die die Welt bedeuten: Seit<br />
der 1. Klasse steht die 14-Jährige aus Niederhasli<br />
ZH auf der Bühne des Kindertanztheaters Doris<br />
Sturzenegger und spielte beispielsweise schon<br />
den Elefanten Tantor in Tarzan. Für solche<br />
Grossaufführungen probt sie mit über 100<br />
Kindern und Jugendlichen vor den Sommerferien<br />
fast täglich. Und auch sonst trifft sich die<br />
Gymnasiastin jeden Freitagabend mit Gleichgesinnten<br />
zwischen 13 und 18 Jahren im Baräggli in<br />
Bülach zum «Musical Highlights Jugendtheater».<br />
Kurz vor Beginn der Proben werden die Neuigkeiten<br />
der Woche ausgetauscht. Für Sophie ist das<br />
Theater ein wichtiger Brückenbauer und eine<br />
Stütze. Sie fand gute Freunde und profitiert in der<br />
Schule. «Das Theaterspielen und das Improvisieren<br />
erleichtern es mir, vor Leuten zu sprechen.<br />
Man gewöhnt sich daran und wird sicherer», sagt<br />
sie. Sophies Talent beschränkt sich aber nicht nur<br />
auf das Rezitieren, Theaterspielen und Singen. Sie<br />
schreibt auch Tagebuch und liest sehr viel. Obwohl<br />
sie diese Leidenschaft aufgrund des straffen<br />
Lehrplans oft in ihre Ferien vertagen muss, gehen<br />
ihr die Ideen nicht aus. Lesen inspiriert, sagt sie.<br />
Und so hat die Leseratte mit drei Theaterfreundinnen<br />
einen Mundart-Krimi auf Papier gebracht. Er<br />
handelt vom Leben und von der Liebe. Was Sophie<br />
neben der Literatur und dem Theater sonst noch<br />
liebt? Tiere, sagt sie.<br />
www.kindertanztheater.ch<br />
Foto: Cortis & Sonderegger/13Photo<br />
82 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5
Im Mittelpunkt<br />
Komm, wir trinken<br />
noch keins.<br />
Helfen Sie mit!<br />
Senden Sie ein SMS mit<br />
dem Text IOGT an 488<br />
und spenden Sie so<br />
10 Franken.<br />
Dankeschön!<br />
Gewohnheiten lassen sich ändern.<br />
Seit über 120 Jahren helfen wir Menschen<br />
mit einem Alkoholproblem.<br />
www.iogt.ch<br />
FEBRUAR 2<strong>01</strong>5 83
Im Mittelpunkt<br />
Endlich bekomme ich,<br />
was ich von einer<br />
Anlageberatung erwarte.<br />
Credit Suisse Invest – die neue Anlageberatung<br />
Bei unserer Anlageberatung können Sie sich einbringen, wann Sie wollen. Und Sie diskutieren<br />
direkt mit global vernetzten Experten. Dabei profitieren Sie von vielfältigen Anlagevorschlägen –<br />
immer sorgfältig ausgewählt. Dies alles mit tiefen Transaktionsgebühren.<br />
Erfahren Sie mehr über unsere individuellen Anlagelösungen:<br />
credit-suisse.com/invest<br />
Diese Anzeige stellt weder ein Angebot noch eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf von Finanzinstrumenten oder Bankdienstleistungen dar und entbindet den Empfänger nicht von seiner eigenen Beurteilung.<br />
Copyright © 2<strong>01</strong>5 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.<br />
84 FEBRUAR 2<strong>01</strong>5