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Militaer_Aktuell_3_2015

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WELTGESCHEHEN<br />

<strong>Aktuell</strong>e Konflikte,<br />

Krisen und<br />

Analysen — S. 8<br />

AUFRÜSTUNGSPLÄNE<br />

Der Iran will seine<br />

Armee umfassend<br />

modernisieren — S. 14<br />

militär<br />

TRUPPENBESUCH<br />

Bei der Garde in der<br />

Maria-Theresien-<br />

Kaserne — S. 24<br />

DAS NEUE<br />

ÖSTERREICHISCHE<br />

MILITÄRMAGAZIN<br />

AUSGABE 3|15<br />

EURO 3,80<br />

AKTUELL<br />

GENERALLEUTNANT FRANZ REISSNER:<br />

„Die Sympathiewerte des<br />

Bundesheeres sind zuletzt<br />

deutlich gestiegen!“ — S. 28<br />

BUNDESPRÄSIDENT HEINZ FISCHER:<br />

„Unser System mit Berufssoldaten,<br />

Grundwehrdienern und Miliz ist<br />

perfekt!“ — S. 38<br />

Militär <strong>Aktuell</strong> analysiert<br />

die Fortschritte bei der<br />

Wehrdienstreform.<br />

Verteidigungsminister<br />

Gerald Klug: „Wir sind<br />

auf einem guten Weg.“<br />

DAS BUNDESHEER AUF REFORMKURS<br />

Blick nach vorne


Kriege<br />

Museum<br />

gehören ins<br />

Das Heeresgeschichtliche Museum erweiterte um eine zusätzliche Außenstelle!<br />

Bunkeranlage Ungerberg<br />

Die Schauanlage Ungerberg (U3) wurde 1959/1960<br />

als eine der ersten Anlagen eines breiten Sperrriegels<br />

errichtet. Diese hatte im Zusammenwirken mit<br />

anderen im Abschnitt befindlichen Anlagen und<br />

Waffensystemen den Zweck, feindliche, mechanisierte<br />

Kräfte entlang der Bundesstraße 10 (B10) in<br />

Richtung Wien aufzuhalten. Hierfür wurden starke<br />

Sperrriegel zwischen Leitha und Neusiedlersee errichtet.<br />

Die Bunkerlinie, nach dem damaligen Verteidigungsminister<br />

Karl Schleinzer (Verteidigungsminister<br />

von 1961 bis 1964) auch Schleinzerwall<br />

genannt, war mit ihren festen Anlagen und sonstigen<br />

Befestigungen bis 1964 in ihren Grundzügen<br />

fertiggestellt. Während des »Kalten Krieges« galt<br />

der Wall als Bollwerk und erste Verteidigungslinie<br />

bei Angriffen aus dem Osten. Die Schauanlage<br />

Ungerberg zeigt heute noch die umfassenden Anstrengungen,<br />

die unternommen wurden, um Angriffen<br />

möglichst lange standzuhalten.<br />

Konzipierte Waffensysteme<br />

» Vier CENTURION – Panzertürme mit 10,5 cm<br />

Kanonen<br />

» Zwei 10,5 cm Feldhaubitzen als Artillerie bzw.<br />

» Grabengeschütz<br />

» Fünf MG-Kuppeln<br />

» Panzerabwehrrohr-Kuppeln und<br />

» 10 befestigte Zwei-Mann-Kampfdeckungen<br />

Zufahrt über B10 durch<br />

Bruck/Leitha und Bruckneudorf<br />

B10<br />

Bruck an der Leitha<br />

Bahnhof<br />

A4 - Ost Autobahn<br />

B10 - Budapester Straße<br />

Leitha Leitha<br />

Parkplatz vor<br />

Bahnschranken<br />

Anfahrtsplan<br />

Bunkeranlage<br />

Ungerberg<br />

Knoten<br />

Bruckneudorf<br />

A4 - Ost Autobahn<br />

Abfahrt<br />

Parndorf<br />

B10<br />

A6 - Nordost Autobahn<br />

Zufahrt über A4<br />

Abfahrt Parndorf<br />

Parndorf<br />

B10 - Budapester Straße<br />

Zufahrt über B10<br />

durch Parndorf<br />

Fixe Öffnungszeiten<br />

Die Anlage kann von September bis Juni jeden<br />

letzten Freitag und Samstag des Monats um 10:00,<br />

12:00 und 14:00 Uhr besichtigt werden. Gruppen<br />

bis maximal 15 Personen können an diesen Tagen<br />

auch außerhalb der Zeiten eine Führung buchen.<br />

Variable Öffnungszeiten<br />

Voranmeldung bei: OStv Josef Hatos<br />

Tel: 05020114 42051 / Mobil: 0699 196 61 807<br />

Email: tuepl.bruckneudorf@bmlvs.gv.at<br />

HGM-Außenstelle<br />

Bunkeranlage<br />

Ungerberg<br />

www.hgm.at


E D I T O R I A L<br />

0 0 3<br />

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER<br />

K<br />

önnen Sie sich an die 15,5 schwere Feldhaubitze<br />

MA1 und den Panzer M60 A3<br />

erinnern? Oder an den Schützenpanzer<br />

Saurer? Jahrelang bildeten sie das Rückgrat<br />

der rot-weiß-roten Streitkräfte und<br />

waren bei den österreichischen Soldaten<br />

ebenso beliebt wie berüchtigt. Anlässlich des Nationalfeiertags<br />

und „60 Jahre Bundesheer“ werden diese historischen<br />

Gerätschaften nun am Wiener Heldenplatz im<br />

Rahmen einer Fahrzeugschau ebenso wie der Steyr-Lkw<br />

680M und der Jeep aus der Garage und der Saab Draken<br />

aus dem Hangar geholt. Natürlich wird bei der Leistungsschau<br />

auch der aktuelle Bundesheer-Fuhrpark mit<br />

Ulan und Leopard, Black Hawk und Eurofighter ins<br />

Rampenlicht gerückt, dynamische Vorführungen runden<br />

das Programm ab. Details dazu und zu „60 Jahre Bundesheer“<br />

ab Seite 42 und im großen Interview mit Bundespräsident<br />

Heinz Fischer ab Seite 40.<br />

Erstmals kommt damit der Oberbefehlshaber des<br />

Bundesheeres ausführlich in Militär <strong>Aktuell</strong> zu Wort.<br />

Und erstmals haben wir unser Magazin anlässlich des<br />

Nationalfeiertags auch um eine Beilage erweitert. In<br />

Bundesheer Inside finden sich – wie der Titel vermuten<br />

lässt – vertiefende Meldungen aus der Welt des Bundesheeres.<br />

Wir berichten darin ausführlich über den Assistenzeinsatz<br />

und aktuelle Beschaffungsvorgänge (Husar,<br />

Duellsimulatoren). Aber auch über Angelobungen,<br />

internationale Einsätze und kommende Veranstaltungen<br />

wie den Ball der Offiziere im Jänner.<br />

Thema in der vorliegenden Ausgabe von Militär <strong>Aktuell</strong><br />

ist auch die Wehrdienstreform: In einem Round-Table-<br />

Gespräch mit Streitkräftekommandant Generalleutnant<br />

Franz Reißner und dem Milizbeauftragten Brigadier<br />

Erwin Hameseder (ab Seite 28) erörtert unser Autor<br />

Oberst Dieter Muhr den Stand der Dinge und weitere<br />

Entwicklungsschritte. Verteidigungsminister Gerald<br />

Klug zeigt sich im Interview (ab Seite 36) mit den<br />

Fortschritten zufrieden. „Die Attraktivierung des<br />

Wehrdienstes läuft gut. Wir haben über 75 Prozent<br />

der geplanten Maßnahmen umgesetzt.“<br />

Weniger gut gelaufen sind – trotz prinzipieller Einigung<br />

– die Atomverhandlungen mit dem Iran. Wie<br />

unser Autor Georg Mader herausgefunden hat, steckt<br />

der Teufel wie so oft im Detail; laut seiner Analyse wird<br />

Teheran mit dem Abkommen (ab Seite 14) in wenigen<br />

Jahren die Umsetzung seiner lang gehegten Aufrüstungspläne<br />

erlaubt. Außerdem haben wir Chinas Landgewinnungsprogramm<br />

im Südchinesischen Meer analysiert<br />

(Seite 16) und den (auch militärischen) Wettlauf<br />

Russlands, der USA, Kanadas, Norwegens und Dänemarks<br />

um die Rohstoffe der Arktis (ab Seite 18).<br />

Wir wünschen interessante Lesestunden<br />

COV E R FOTO : TO M W E B E R / M I L P I C T U R E S .CO M FOTO S : B U B U D U J M I C , G E O R G M A D E R<br />

Einblicke in US-Strategien<br />

Auf der IQPC-Fighter-Conference<br />

hat der amerikanische 3-Stern-General<br />

und „Aviator One“ des US Marines<br />

Corps Jon Davis über die Einführung<br />

von F-35B, MV-22 Osprey<br />

und CH-53K beim Corps gesprochen.<br />

Militär <strong>Aktuell</strong>-Autor Georg<br />

Mader hat genauer nachgefragt –<br />

nachzulesen ist sein interessantes<br />

Interview auf Seite 55.<br />

Habt Acht bei der Garde<br />

Die Garde wird oft als Visitenkarte<br />

des Heeres bezeichnet und muss<br />

dementsprechend bei Staatsempfängen<br />

und offiziellen Anlässen viel<br />

Stehvermögen beweisen. Autor<br />

Walter Meister hat einen Blick hinter<br />

die Kulissen des Jägerverbands<br />

geworfen und stieß dort neben<br />

höchster Professionalität auch<br />

auf erfrischend viel Humor.<br />

imprESSUm<br />

medieninhaber und Herausgeber:<br />

QMM Quality Multi Media GmbH,<br />

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m i l i t ä r A k t U E l l


0 0 4 I N H A L T<br />

INHALT<br />

042<br />

Vom<br />

Saab Draken bis hin zum Kampfpanzer M60 A3. Bei<br />

der Leistungsschau am Heldenplatz ist anlässlich „60 Jahre<br />

Bundesheer“ auch allerhand historisches Gerät zu sehen.<br />

010<br />

Neuorienierung notwendig! Vor einem Jahr begannen die USA<br />

gemeinsam mit internationalen Partnern Angriffe auf IS-Stellungen<br />

zu fliegen. Durchschlagende Erfolge blieben aber bislang aus.<br />

050<br />

Sportlich fokussiert:<br />

Rekrut Tobias Schott will<br />

mit seinen Kameraden die<br />

Leistungslimits des Österreichischen<br />

Sport- und<br />

Turnabzeichens schaffen.<br />

003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />

006 MOMENTUM<br />

Fallschirmspringen in Australien.<br />

008 WELTGESCHEHEN<br />

<strong>Aktuell</strong>e Kurzmeldungen<br />

aus aller Welt.<br />

010 NEUE STRATEGIEN GEFRAGT<br />

Eine erfolgreiche Bekämpfung<br />

des Islamischen Staates erfordert<br />

umfassendere Ansätze als bisher.<br />

014 AUFRÜSTUNG STEHT BEVOR<br />

Nach der Einigung im Atomstreit<br />

plant der Iran eine Modernisierung<br />

seines Waffenarsenals.<br />

016 INSELKONFLIKT<br />

China schafft im Südchinesischen<br />

Meer weiter Tatsachen.<br />

018 AUF EINEN BLICK<br />

Wettlauf um die Arktis.<br />

020 PRESSESCHAU<br />

Internationale Medien über den<br />

anhaltenden Libyen-Konflikt.<br />

022 NEUES AUS DEM HEER<br />

<strong>Aktuell</strong>e Kurzmeldungen aus<br />

dem Bundesheer.<br />

024 TRUPPENBESUCH<br />

Die Garde – der Paradeverband<br />

des Bundesheeres.<br />

028 RUNDER TISCH<br />

Generalleutnant Franz Reißner<br />

und Brigadier Erwin Hameseder<br />

diskutieren die Attraktivierung<br />

von Miliz und Grundwehrdienst.<br />

036 INTERVIEW<br />

Verteidigungsminister Gerald<br />

Klug über die Budgetsituation<br />

und seine Beschaffungspläne.<br />

038 KONTROVERSE<br />

Geht der Assistenzeinsatz des<br />

Bundesheeres weit genug?<br />

040 INTERVIEW<br />

Bundespräsident Heinz Fischer:<br />

„Wir leben in einer Zeit der<br />

Umbrüche.“<br />

042 NATIONALFEIERTAG <strong>2015</strong><br />

60 Jahre Bundesheer bei der<br />

Leistungsschau am Heldenplatz.<br />

048 ORDENTLICH AUF DRAHT<br />

Ein Pionierzug demonstriert uns<br />

den ordnungsgemäßen Aufbau<br />

einer Stolperdrahtfalle.<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R , G E T T Y I M AG E S , J Ü R G E N Z AC H A R I AS , P I C T U R E D E S K , P E T E R L E C H N E R / H B F, B U N D E S H E E R / F LO R A S C H E I B E N B AU E R<br />

M I L I T ä R A K T U E L L


I N D I E S E M H E F T<br />

050 SPORTSKANONE<br />

Wir besuchen mit Rekrut Tobias<br />

Schott das Wahlmodul „Sport“.<br />

052 MILITÄRSEELSORGE<br />

Imam Abdulmedzid Sijamhodzic<br />

hat seinen Dienst aufgenommen.<br />

054 RÜSTUNGSNEWS<br />

Neuheiten aus der Welt der<br />

Rüstungs- und Sicherheitstrechnik.<br />

056 LUFT-SPEZIALIST<br />

Airborne Technologies<br />

reüssiert mit Luftfahrzeug- und<br />

Sensorplattformen am Weltmarkt.<br />

058 KARRIERETURBO<br />

Top-Manager Michael Krammer<br />

profitiert auch heute noch von<br />

seiner Zeit als Berufsoffizier.<br />

060 INTERVIEW<br />

DND-Geschäftsführer Wolfgang<br />

Böttger im Gespräch.<br />

062 RÜSTUNGSWELT<br />

Produktnews & Beschaffungen.<br />

064 BUCHMARKT<br />

Neuheiten im Überblick.<br />

066 SCHLUSSPUNKT<br />

Was kann Österreich zur<br />

nuklearen Abrüstung beitragen?<br />

Ein Ausblick von Thomas Roithner.<br />

067 INFOGRAFIK<br />

Die Leistungsmerkmale des<br />

Truppenfunksystems CONRAD.<br />

CONRAD eins an CONRAD zwei! Bitte melden! Das Bundesheer sichert seine<br />

067 Kommunikationswege mit einem leistungsfähigen Truppenfunksystem.<br />

„Es wird künftig<br />

mehr Schieß- und<br />

Gefechtsausbildung<br />

geben!“<br />

Verteidigungsminister Gerald Klug<br />

im Gespräch mit Militär <strong>Aktuell</strong>.<br />

036<br />

024<br />

In<br />

Reih und Glied: Bei der Parade-Grundausbildung der<br />

Garde wird nichts dem Zufall überlassen. Der Kommandant<br />

höchstpersönlich nimmt schlussendlich die Übungsparade ab.<br />

040<br />

Bundespräsident Heinz Fischer im Interview: Der<br />

Oberbefehlshaber des Bundesheeres im Gespräch<br />

über die Nationaltagsfeierlichkeiten und was er<br />

dem Heer für die nächsten 60 Jahre wünscht.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 0 6 P A N O R A M A<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


M O M E N T U M<br />

Blick nach<br />

Down Under<br />

Das 1st Commando regiment ist die<br />

älteste einheit innerhalb des australischen<br />

Special Operations Command<br />

und kam in den vergangenen Jahren<br />

unter anderem im irak, in afghanistan<br />

und in kambodscha zum einsatz.<br />

im Bild zu sehen sind Soldaten der<br />

Spezialeinheit während der Übung<br />

„Diamond Strike“ im Juni dieses Jahres<br />

in der Shoalwater Bay military<br />

training area im Nordosten australiens.<br />

Ziel der Übung gemeinsam mit<br />

der 7th Brigade war es, den kampf<br />

mit verbundenen Waffen und die<br />

koordination zwischen unterschied -<br />

lichen truppenteilen und Waffen -<br />

gattungen zu perfektionieren.<br />

FOTO : CO M M O N W E A LT H O F AU ST R A L I A / D E PA R T M E N T O F D E F E N C E<br />

m i l i t ä r a k t u e l l


0 0 8 W E L T & S T R A T E g I E<br />

40.000 ZUSÄTZLICHE<br />

BLAUHELME IM EINSATZ<br />

FÜR DEN FRIEDEN<br />

VEREINTE NATIONEN<br />

Nach UN-Angaben sind derzeit weltweit rund 125.000 Blauhelm -<br />

soldaten, Polizisten und ziviles Personal aus mehr als 120 Ländern bei<br />

UN-Missionen im Einsatz. In Zukunft sollen es aber deutlich mehr werden,<br />

rund um die Vollversammlung der Vereinten Nationen in New<br />

York wurde die Entsendung von weiteren 40.000 Blauhelmsoldaten<br />

angekündigt. „Wir wissen, dass Friedenseinsätze nicht die Lösung<br />

jeden Problems sind“, so US-Präsident Barack Obama. „Aber sie<br />

bleiben eines der weltweit wichtigsten Instrumente im Umgang mit<br />

bewaffneten Konflikten.“ Die USA wollen jedenfalls die Zahl ihrer<br />

Blauhelmsoldaten verdoppeln, mehr als 50 Staaten sollen die 40.000<br />

zusätzlichen Soldaten stellen. „Die Last ist derzeit noch auf zu wenige<br />

Länder verteilt“, so Obama. In Zukunft würden damit rund 160 US-<br />

Soldaten weltweit im UN-Einsatz stehen. Zum Vergleich: Der größte<br />

Truppensteller ist derzeit Bangladesch mit 9.400 Soldaten.<br />

IM FOKUS<br />

STREITKRÄFTE<br />

BRASILIENS<br />

IM ÜBERBLICK<br />

330.000<br />

Soldaten<br />

486<br />

Kampfpanzer<br />

92<br />

Kampfflugzeuge<br />

BRASILIEN<br />

Nach der Fußball-Weltmeisterschaft ist vor den Olympischen Spielen:<br />

Rund um die beiden Großveranstaltungen und zum Schutz seiner<br />

Ressourcen, Landesgrenzen und strategisch wichtigen Industriean -<br />

lagen haben die brasilianischen Streitkräfte in den vergangenen Jahren<br />

einen radikalen Modernisierungsweg eingeschlagen. Zwischen<br />

2003 und 2011 vervierfachte sich das Verteidigungsbudget laut dem<br />

Friedensforschungsinstitut SIPRI von 7,5 Milliarden Euro auf 33 Milliarden<br />

Euro. Zwar gingen in Folge der Wirtschaftskrise die Ausgaben<br />

im Vorjahr wieder leicht auf etwas mehr als 28 Milliarden Euro zurück,<br />

was dem Investitionsprogramm aber keinen großen Abbruch tat. So sollen in den kommenden Jahren<br />

36 Saab Gripen (siehe Bericht auf Seite 54) in Dienst gestellt werden, unmittelbar vor Vertragsabschluss steht auch<br />

der Ankauf des russischen Kurzstrecken-Luftabwehrraketen-Systems Panzir-S1. Neben Drohnen dürfte der<br />

Beschaffungs-Fokus vor allem auf dem U-Boot-Bereich liegen: Laut einem Bericht von IHS Jane’s soll die U-Boot-<br />

Flotte in den kommenden zehn Jahren auf 15 konventionelle und sechs atomgetriebene Schiffe ausgebaut werden.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


W E LT G E S C H E H E N<br />

AFGHANISTAN: KEINE<br />

HOFFNUNG AUF FRIEDEN<br />

seit dem us-einmarsch 2001 waren<br />

kaum noch militärische erfolge der<br />

taliban zu verzeichnen: ende<br />

september gelang den Islamisten –<br />

nach mehreren regionalen anschlägen<br />

und angriffen in den monaten<br />

davor – mit der eroberung von kundus<br />

allerdings ein massiver schlag gegen<br />

die afghanischen sicherheitskräfte,<br />

der eine neue welle der Gewalt<br />

befürchten lässt. trotz rascher<br />

rückeroberung durch die armee ist<br />

in den kommenden monaten wohl mit weiteren offensiven der taliban zu rechnen.<br />

damit dürften ein knappes Jahr nach dem abzug der nato-soldaten (im<br />

land sind nur noch 12.000 nato-soldaten zur Beratung und ausbildung der<br />

afghanischen truppen) auch die zaghaften Friedensgespräche von anfang<br />

sommer endgültig ad acta gelegt werden. damals initiierte Pakistan Friedensgespräche<br />

zwischen afghanistan und den taliban, auch china saß mit am tisch.<br />

TOP 3<br />

DIE UNSICHERSTEN<br />

LÄNDER DER WELT<br />

1 es gab auf der welt im vergangenen<br />

Jahr weniger konflikte als 2013, aber<br />

mehr tote. Zu diesem ergebnis kommt<br />

der aktuelle Global Peace Index, der<br />

die sicherheitslage in 162 ländern der<br />

welt beschreibt. demnach wurden im<br />

vorjahr 180.000 menschen bei<br />

kämpfen getötet, die meisten davon in<br />

syrien, dem laut Global Peace Index<br />

„unsichersten land der welt“.<br />

2 auf Platz zwei der rangliste liegt mit<br />

dem Irak ein direkter nachbar syriens.<br />

3 das laut Global Peace Index drittunsicherste<br />

land der welt ist afghanistan,<br />

in dem es wieder vermehrt zu<br />

kämpfen mit den taliban kommt.<br />

NORWEGEN SETZT AUF<br />

WEHRPFLICHT FÜR FRAUEN<br />

Die skandinavischen Länder gelten gemeinhin als Vorreiter bei der Gleichberechtigung<br />

von Männern und Frauen. Norwegen hat daher Anfang des<br />

Jahres auch in seinen Streitkräften für vollständige Gleichstellung gesorgt<br />

und als erstes NATO-Land – entgegen dem internationalen Trend hin zu professionellen<br />

Freiwilligen-Armeen – die Wehrpflicht für Frauen eingeführt.<br />

Ab Sommer 2016 können<br />

Frauen dann genauso wie<br />

Männer zum Wehrdienst herangezogen<br />

werden, es werden<br />

aber nur die Motiviertesten<br />

und Besten ausgewählt. Ungeachtet<br />

dessen absolvieren<br />

auch jetzt schon jährlich rund<br />

750 Frauen – freiwillig – ihren<br />

Grundwehrdienst.<br />

„Es ist ein großer Fehler,<br />

die syrische Regierung<br />

und ihre Armee infrage<br />

zu stellen.“<br />

Wladimir Putin, russischer Präsident<br />

An seiner Unterstützung des syrischen Machthabers Baschar<br />

al-Assad ließ Wladimir Putin nie Zweifel. Rund um die jüngste<br />

UN-Vollversammlung in New York stärkte Russlands Präsident dem<br />

Verbündeten im Nahen Osten aber einmal mehr demonstrativ den Rücken und forderte<br />

zugleich ein gemeinsames Vorgehen einer internationalen Allianz gegen den Islamischen<br />

Staat. Wenige Tage später ließ Putin den Worten Taten folgen und befahl – ausgehend vom<br />

ausgebauten Luftwaffenstützpunkt in Latakia – die Bombardierung von Assad-Gegnern.<br />

Neben der Terrororganisation wurden auch Rebellen-Gruppen unter Beschuss genommen.<br />

Foto s : G e t t y I m aG e s , st I a n n o r u m H e r lo F s e n / Fo r sva r e t/ n o rw e G I a n a r m e d Fo r c e s , w I k I m e d I a co m m o n s<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />

NACH DEM<br />

JASMINA RUPP<br />

KAMPFText:<br />

IST VOR DEM KAMPF<br />

V<br />

or einem Jahr begannen<br />

die USA gemeinsam<br />

mit internationalen<br />

Partnern mit<br />

Luftangriffen auf<br />

Truppen und Einrichtungen<br />

des Islamischen Staates<br />

(IS). Trotz anhaltender Bemühungen<br />

sind die Erfolge bislang überschaubar,<br />

die jüngsten Gebietsgewinne des IS im<br />

Westirak verdeutlichen vielmehr die<br />

nur begrenzte Wirksamkeit der internationalen<br />

Bemühungen. Zur erfolgreicheren<br />

Bekämpfung ist wohl ein<br />

umfassenderer Ansatz notwendig, um<br />

den bestehenden extremistischen Tendenzen<br />

gezielt entgegenzuwirken.<br />

Hierbei gilt es: 1. die staatlichen Strukturen<br />

des IS zum Zerfall zu bringen 2.<br />

den IS als Terrororganisation militärisch<br />

zu zerschlagen und 3. die Ideologie<br />

des IS zu dekonstruieren.<br />

1. Bekämpfung des IS als „Staat“<br />

Das Motto des IS „maintain and expand“<br />

verdeutlicht, dass die Erhaltung<br />

des Kalifates im Mittelpunkt seiner<br />

Anstrengungen steht. Sein größter<br />

Schwachpunkt liegt dabei in der langfristigen<br />

Finanzierung und Bereitstellung<br />

von sozialen und wirtschaftlichen<br />

Dienstleistungen. Der IS benötigt<br />

nachhaltige Ressourcen, um den Zu-<br />

FOTO : G E T T Y I M AG E S<br />

Trotz intensiver Luftschläge der internationalen<br />

Allianz gelang es dem Islamischen Staat (IS), seine<br />

Gebietskontrolle auszuweiten und zahlreiche neue<br />

Ableger in verschiedenen Staaten zu gründen. Das<br />

Vorgehen gegen die Terrororganisation erfordert<br />

daher neue Wege.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L<br />

US-BEMÜHUNGEN Mit Luftangriffen wollen die USA den Islamischen Staat und seine Kämpfer<br />

einbremsen, bislang fehlt es ihnen aber an Nachhaltigkeit und Durchschlagskraft.


I S L A M I S C H E R S T A A T<br />

sammenbruch seiner staatsähnlichen<br />

Strukturen zu verhindern, und genau<br />

da könnte die Internationale Koalition<br />

ansetzen. Gemeinsam mit den zentralen<br />

Akteuren Türkei, Irak und der kurdischen<br />

Regionalregierung sollten verstärkt<br />

Maßnahmen gesetzt werden, um<br />

Versorgungsnetzwerke zu unterbrechen.<br />

Diese bilden die Grundlage der<br />

militärischen Potenz des IS sowie der<br />

Besoldung seiner Kämpfer. Die Ausweitung<br />

gezielter Luftschläge würde es<br />

dem IS außerdem erschweren, die<br />

Kontrolle über lukrative Ölfelder zu<br />

übernehmen.<br />

ga als Verbündete die Wirkung der<br />

Luftschläge auf dem Boden nützen<br />

können. Die größte Schwäche der Gegenoffensive<br />

ist eine fehlende konfessionsübergreifende<br />

Armee, die im sunnitischen<br />

Kernland positiv wahrgenommen<br />

wird. Die Aufstellung einer schlagkräftigen<br />

irakischen Armee erfordert<br />

allerdings Zeit. Aufgrund schleppender<br />

Mobilisierung gelang es bisher nur<br />

7.000 der insgesamt geplanten 24.000<br />

Soldaten auszubilden. Zudem schürt<br />

die wachsende schiitisch-iranische Präsenz<br />

die Ängste vor einer weiteren Diskriminierung<br />

der sunnitischen Bevölkerung.<br />

Aus diesem Grund ist ein umfassender<br />

politisch-militärischer Plan<br />

notwendig, der die Übertragung von<br />

Kompetenzen und Ressourcen auf Provinzebene<br />

sowie die Errichtung einer<br />

Nationalgarde, um sunnitische Stammesmilizen<br />

in den irakischen Sicherheitsapparat<br />

zu integrieren, vorsieht.<br />

Angesichts des starken Einflusses des<br />

Iran für die nachhaltige Entwicklung<br />

eines multikonfessionellen Irak ist die<br />

internationale Staatengemeinschaft angehalten,<br />

Teheran zu überzeugen, dass<br />

eine ausbleibende Beteiligung der sunnitischen<br />

Bevölkerung die Zersplitterung<br />

des Landes vertieft.<br />

Der syrische Konflikt ist im Grunde<br />

ein politischer, jede Initiative, die über<br />

eine politische Lösung hinwegsieht, ist<br />

somit zum Scheitern verurteilt. Es ist<br />

daher ein Fehler, sich lediglich auf die<br />

Bekämpfung des IS zu fokussieren. Vielmehr<br />

ist es notwendig eine Alternative<br />

zum Assad-Regime zu unterstützen,<br />

da sich der IS bisher als „Schutzmacht“<br />

der Sunniten präsentierte. Das Ziel in<br />

Syrien, wie auch im Irak, sollte eine<br />

Regierung der nationalen Einheit sein,<br />

die künftig selbstständig Extremisten<br />

auf ihrem Boden bekämpfen kann. Der<br />

Westen, wie auch regionale Verbündete<br />

– einschließlich der Türkei, Saudi-Arabiens<br />

und Katars – würden dieser Strategie<br />

wahrscheinlich zustimmen. Die<br />

Ausweitung der Luftschläge in Syrien<br />

erfordert daher auch die Stärkung<br />

moderater Oppositionskräfte und<br />

gleichzeitig eine abgestimmte Unterstützungsstrategie<br />

mit verbündeten<br />

Staaten. Der Aufbau einer einheitlichen<br />

syrischen Kommandostruktur, die von<br />

ausländischen Staaten gezielt materiell<br />

2. Bekämpfung des IS<br />

als Terrororganisation<br />

Auch wenn die vermeintlich staatlichen<br />

Strukturen des IS zerschlagen werden,<br />

könnte der IS seine Strategien anpassen<br />

und ähnlich einer traditionellen Terrororganisation<br />

weiterbestehen. Durch die<br />

„Irak-First-Strategie“ von US-Präsident<br />

Barack Obama sind die militärischen<br />

Bemühungen derzeit im Irak ausgeprägter<br />

als in Syrien, zumal die irakischen<br />

Sicherheitskräfte (ISF), schiitische<br />

Milizen und kurdische Peschmerund<br />

militärisch unterstützt wird und<br />

auch zur Rechenschaft gezogen werden<br />

kann, könnte eine neue Dynamik einleiten.<br />

Zudem ist es notwendig, den in<br />

der Türkei angesiedelten, als „bürgerfremd“<br />

wahrgenommenen SNC (Syrian<br />

National Council) auf syrischem Boden<br />

zu stärken und Glaubwürdigkeit unter<br />

der Bevölkerung zu schaffen. Diese<br />

Maßnahme könnte einer möglichen<br />

Entwicklung, wonach Extremisten ein<br />

entstehendes Vakuum nach dem Sturz<br />

Assads füllen könnten, entgegenwirken.<br />

Die Errichtung von Schutzzonen würde<br />

es nicht nur dem SNC ermöglichen,<br />

erste administrative Erfahrungen auf<br />

syrischem Boden zu sammeln, sondern<br />

auch gemäßigte Rebellen effizient<br />

schützen. Eine weitere wichtige Maßnahme<br />

ist die Stützung destabilisierter<br />

Nachbarstaaten – vor allem Libanon,<br />

Jordanien und die Türkei. Diese Staaten<br />

haben rund vier Millionen Flüchtlinge<br />

aus der Region aufgenommen und benötigen<br />

internationale Unterstützung,<br />

um einen sogenannten „Spill-over“ zu<br />

verhindern.<br />

3. Bekämpfung der<br />

Ideologie des IS<br />

Unabhängig vom langfristigen Erfolg<br />

der Anti-IS-Allianz und der Zerschlagung<br />

als Terrororganisation kann die<br />

Ideologie des IS militärisch nicht bekämpft<br />

werden. Indem IS-Stellungen<br />

bombardiert und gleichzeitig die anhaltenden<br />

Luftschläge des syrischen Regimes<br />

ignoriert werden, wird die jihadistisch-konspirative<br />

Weltanschauung<br />

sogar gestärkt: der Kampf „des Westens“<br />

gegen den Islam. Wie keine andere<br />

Terrororganisation nützt der IS soziale<br />

Medien, um seine Propaganda zu<br />

verbreiten, zu radikalisieren, neue Anhänger<br />

zu rekrutieren und auch potenzielle<br />

Einzeltäter im Westen für Terroranschläge<br />

zu gewinnen. Eine besser<br />

koordinierte digitale Bekämpfungsstrategie<br />

ist erforderlich, die auch wichtige<br />

Partner in der Privatwirtschaft (wie<br />

Google, YouTube) und NGOs einbindet.<br />

Maßnahmen, die IS-Ideologie „onund<br />

offline“ zu diskreditieren und die<br />

IS-Propaganda zu entlarven, sollten<br />

auch die Verbreitung moderater Stimmen<br />

innerhalb des Islams sowie die<br />

Einbindung geläuterter Syrienkämpfer<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 2 W E L T & S T R A T E G I E<br />

KURDISCHE KÄMPFER Peschmerga-Einheiten leisten<br />

dem Islamischen Staat Widerstand, sind in ihrem<br />

Kampf aber auf Unterstützung von außen angewiesen.<br />

beinhalten. Bisher konzentrierte sich<br />

die Bekämpfung des IS weitgehend auf<br />

seine militärische Zerschlagung und<br />

vernachlässigte die Ursachen seiner<br />

Entstehung und Erfolges. Das Aufkommen<br />

des IS ist ein Symptom der Ausgrenzung<br />

der Sunniten und des daraus<br />

resultierenden Bürgerkriegs, keine alleinstehende<br />

Bedrohung! Ohne den<br />

Wiederaufbau staatlicher Institutionen<br />

und ohne den Versuch die Regionalmächte<br />

zu einer politischen, wirtschaftlichen<br />

und sozialen Lösung zu bewegen,<br />

würden nach der erfolgreichen<br />

Zerschlagung des IS wohl andere Terrorgruppen<br />

versuchen, das Projekt der<br />

Etablierung eines Kalifates wieder aufzunehmen<br />

und weiterzubetreiben.<br />

Die Autorin ist wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin am Institut für Friedenssicherung<br />

und Konfliktmanagement<br />

an der Landesverteidigungsakademie.<br />

Ihre Forschungsfelder sind<br />

der politische Islam, Extremismus<br />

und Terrorismus in Syrien und Irak.<br />

Ihr aktueller Forschungsschwerpunkt<br />

ist der Islamische Staat.<br />

„Die Karten werden neu gemischt im Nahen Osten“<br />

BRIGADIER WALTER<br />

FEICHTINGER ist seit<br />

2002 Leiter des Instituts<br />

für Friedenssicherung und<br />

Konfliktmanagement (IFK)<br />

an der Landesverteidigungsakademie.<br />

Die Unterzeichnung des Nuklearabkommens<br />

mit dem Iran, die Krise um die<br />

Ukraine, die Aufkündigung des Friedensprozesses<br />

innerhalb der Türkei und die<br />

rasant steigende Bedrohung durch das<br />

Terrorregime Islamischer Staat (IS) haben<br />

binnen weniger Monate die Situation im<br />

Nahen und Mittleren Osten dramatisch<br />

verändert.<br />

Obwohl die Türkei nach langem Drängen<br />

einige Flughäfen für die Angriffsflüge auf<br />

den IS geöffnet und sich der Koalition angeschlossen<br />

hat, gilt ihr eigentlicher Kampf<br />

der kurdischen PKK. Während sich die militärische<br />

Lage im Irak zu stabilisieren scheint<br />

und der IS dort zumindest vorerst nicht weiter<br />

vorrücken kann, verschärft sich die Lage<br />

in Syrien dramatisch. Assads Truppen geraten<br />

immer stärker in Bedrängnis und Russland<br />

fühlt sich genötigt, noch mehr zu seiner<br />

Unterstützung zu tun und greift mit<br />

Kampfflugzeugen und Raketenangriffen<br />

direkt in die Kämpfe ein. Auch Teheran hält<br />

an Assad fest und schlägt gemeinsam mit<br />

Russland eine Koalition der Gleichgesinnten<br />

zur Bekämpfung des IS, der nunmehr<br />

stärksten Kriegspartei, vor. Das Nuklearabkommen<br />

hat dem Iran politisch den Rücken<br />

gestärkt – wohl auch in der US-Hoffnung,<br />

dadurch einen konstruktiven iranischen Beitrag<br />

zur Stabilisierung der Region erwarten<br />

zu können.<br />

Erzrivale Saudi-Arabien führt inzwischen<br />

mit arabischen Verbündeten einen Interventionskrieg<br />

im Jemen, um dort einer<br />

iranischen Einflussnahme vorzubeugen.<br />

Es sieht sich vermutlich genötigt, seine<br />

Außenpolitik zu überdenken und allenfalls<br />

zum gegebenen Zeitpunkt auch vom sofortigen<br />

Rückzug Assads abzurücken. Europa<br />

spielt dabei keine entscheidende Rolle,<br />

auch wenn sich einige Staaten an den Luftschlägen<br />

beteiligen. Allerdings leistet es<br />

einen großen Beitrag bei der Unterstützung<br />

der völlig überforderten Nachbarstaaten<br />

Libanon und Jordanien.Die Flüchtlingsströme,<br />

die sich nun über die Türkei in Richtung<br />

Europa ergießen, sind auch Ausdruck<br />

der Perspektivenlosigkeit in dieser Kriegsregion.<br />

Ob allerdings die sich abzeichnenden<br />

Veränderungen in absehbarer Zeit<br />

eine bessere Zukunft für die geschundene<br />

Bevölkerung bringen können, bleibt<br />

dahingestellt.<br />

FOTO S : G E T T y I M AG E S , N A D J A M E I ST E R<br />

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0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />

KOMMT NUN DIE GROSSE<br />

AUFRÜSTUNG?<br />

Der jahrelange Atomstreit mit dem Iran scheint diplomatisch endlich<br />

gelöst. Militärisch verspricht die Einigung für die kommenden Jahre aber<br />

trotzdem gehöriges Konfliktpotenzial. Eine Analyse von Georg Mader.<br />

A<br />

m 14. Juli wurde nach<br />

eineinhalb Jahren Verhandlung<br />

eine Übereinkunft<br />

um das Nuklearprogramm<br />

des Iran erzielt.<br />

Die Mehrheit der<br />

Staatengemeinschaft feierte diese als<br />

Sieg der Diplomatie über militärische<br />

Gewalt, (noch) einen Krieg bräuchte die<br />

Region, in der die Islamische Republik<br />

mit Saudi-Arabien um regionale Dominanz<br />

ringt, nicht. Und daher knüpfen<br />

sich auch große Hoffnungen daran, dass<br />

der Plan mit seinen Fristen und deren<br />

komplexen Verifikationen durch die<br />

Atomenergie-Behörde IAEA hält. Auch<br />

in Teheran – schließlich geht es für<br />

Irans Sicherheitskräfte, abseits nuklearer<br />

Details, auch um eine Art „materieller<br />

Wiedergeburt“. Während der 18 Monate<br />

dauernden Verhandlungen wurde<br />

in vielen Bereichen (etwa bei der Stepby-step-Freigabe<br />

eingefrorener iranischer<br />

Gelder) Übereinkunft erzielt,<br />

Irans beträchtliches Arsenal ballistischer<br />

Raketen war allerdings nie Teil<br />

der Gespräche. Diese seien „militärische<br />

Ausrüstung“ und „Verteidigungsmittel“<br />

und stünden „nicht zur Debatte“,<br />

so der iranische Außenminister Jawad<br />

Dscharif. Tage vor dem Durchbruch im<br />

Juli brachte dann Irans Vize-Außenminister<br />

Abbas Araqchi auch die Aufhe-<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , B E I G E ST E L LT<br />

MILITÄRISCHE STÄRKE<br />

Die Potenz der iranischen Streitkräfte äußert sich auch in<br />

dieser zivilen Orbitalträgerrakete Safir, die der militärischballistischen<br />

Raketenserie Shahab entstammt.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I R A N<br />

bung des UN-Waffenembargos als<br />

Bedingung ins Spiel, explizit auch jenes<br />

gegen Beschaffungen der iranischen<br />

Raketenrüstung. Jene Embargos seien<br />

„im Kontext der Verdächtigungen wegen<br />

des rein zivilen Atomprogramms<br />

verhängt worden und müssten daher<br />

nun fallen“, so Araqchi.<br />

Das Erstaunliche: Sie fielen wirklich. Die<br />

USA und Europa gingen tatsächlich<br />

darauf ein, wenn auch mit dem Einbau<br />

von – angesichts der Dauer heutiger<br />

Beschaffungsprozesse eher kurzen –<br />

Übergangsfristen von fünf Jahren für<br />

konventionelle Großwaffensysteme wie<br />

Kampfflugzeuge und acht Jahren für die<br />

ballistische Raketenrüstung. Schon am<br />

20. Juli wurde in New York jene neue<br />

UN-Sicherheitsratsresolution 2231 einstimmig<br />

beschlossen, so viel war die<br />

Konfliktvermeidung dem Westen wert.<br />

Russland und – etwas verhaltener –<br />

China hatten das schon länger gefordert.<br />

Präsident Wladimir Putin hatte<br />

gleich nach der Genfer Interims-Vereinbarung<br />

die embargobedingt sistierte<br />

Lieferung von S-300PMU-2 Langstrecken-Luftabwehrraketen<br />

an Teheran für<br />

wiederbelebt erklärt. Tatsächlich dürfte<br />

die Auslieferung noch heuer starten.<br />

Möglich macht das ein Passus in der<br />

UN-Resolution 2231, der einzelne Lieferungen<br />

zur expliziten Verteidigung per<br />

Sondergenehmigung auch innerhalb der<br />

Sperrfrist ermöglicht.<br />

Weitere Beschaffungen dürften folgen.<br />

Schon jetzt rennen russische und chinesische<br />

Rüstungsfirmen und Regierungsbeamte<br />

Teheran die Tür ein, der sich<br />

auftuende, bis zu 150 Milliarden US-<br />

Dollar schwere iranische Markt soll<br />

bestmöglich abgesaugt werden. Schwer<br />

dürften sich die internationalen Firmen<br />

bei den Rüstungsgesprächen nicht tun,<br />

der Bedarf bei den iranischen Streitkräften<br />

und den Revolutionsgarden ist groß.<br />

Am Luftsektor wird in Fachkreisen etwa<br />

die geplante Beschaffung 100 russischer<br />

Su-30SM-Jets diskutiert, auch chinesische<br />

J-10B dürften Thema sein. Laut der<br />

iranischen Nachrichtenagentur FARS<br />

soll mit Russland außerdem ein Abkommen<br />

zur gemeinsamen Produktion von<br />

Helikoptern geschlossen worden sein.<br />

Auch wolle man die Gründung russisch-iranischer<br />

Ingenieurszentren und<br />

Industrieparks in beiden Ländern anstoßen.<br />

Zudem werden in einigen Jahren<br />

wohl auch größere Investitionen in<br />

Teherans Raketenprogramm fließen.<br />

Schon jetzt dienen weltweit Dutzende<br />

Tarnfirmen der Beschaffung dafür benötigter<br />

Materialien wie Kurskreisel<br />

und Metalle wie Wolfram. Ob vor den<br />

anstehenden Investitionen auch an längeren<br />

Reichweiten geforscht wird, ist<br />

allerdings fraglich. Die im Internet kursierenden,<br />

gar England inkludierenden<br />

Reichweitenkreise möglicher Shahab 4-<br />

oder Shahab 5-Raketen sind eher Fiktion,<br />

über neue Tests dazu ist seit der<br />

Explosion von 2011 in Alghadir (bei der<br />

Raketen-Mastermind und Revolutionsgarden-General<br />

Hassan Moghaddam<br />

ums Leben kam) nichts bekannt. Damals<br />

wurde der israelische Geheimdienst<br />

Mossad als Drahtzieher verdächtigt,<br />

wenig verwunderlich zählt Israel zu<br />

den schärfsten Kritikern des kürzlich<br />

geschlossenen Abkommens. Premierminister<br />

Benjamin Netanjahu sprach<br />

von einem „historischen Fehler“ und befürchtet<br />

eine Aufrüstung der von Teheran<br />

alimentierten Terrororganisation<br />

Hisbollah. Die 150 Milliarden US-Dollar<br />

werden aber wohl auch der iranischen<br />

Wirtschaft zugutekommen, Nutznießer<br />

dürfte speziell der Energiesektor sein.<br />

LESETIPP:<br />

RAKETEN-<br />

BEDROHUNG 2.0<br />

Im deutschen E.S. Mittler & Sohn Verlag ist<br />

im Frühjahr ein 400-seitiges Fachbuch zu<br />

technischen und politischen Grundlagen<br />

der internationalen Raketenrüstung erschienen,<br />

in dem auch die iranischen Entwicklungen<br />

berücksichtigt werden. Die Autoren<br />

Robert Schmucker und Markus Schiller legen<br />

die technischen Grundlagen ernst zu<br />

nehmender Raketensysteme dar und verknüpfen<br />

diese mit politischen Motiven zur<br />

Beschaffung. Das Buch, das im länderspezifischen<br />

Teil stark in die Tiefe geht, räumt mit<br />

gängigen Vorurteilen auf, zur Analyse von<br />

Bedrohungsszenarien wird ein konsistentes<br />

Instrumentarium<br />

erarbeitet, das<br />

zusammen mit<br />

einem geschichtlichen<br />

Rückblick<br />

ein unfassendklares<br />

Bild der<br />

heutigen Lage<br />

um ballistische<br />

Raketen ergibt.


0 1 6 W E L T & S T R A T E G I E<br />

CHINAS<br />

N EU E<br />

M AU E R<br />

Wer „A“ sagt, muss auch<br />

„A“ machen? Mitnichten.<br />

Die Weltgeschichte zeigt eindrucksvoll,<br />

dass eine solche<br />

Schlussfolgerung nicht immer<br />

zwingend ist, und China liefert<br />

dafür ein aktuelles Beispiel. Obwohl<br />

Peking nach internationalem<br />

Druck im Frühjahr vesichert<br />

hatte, auf weiteren Landgewinn<br />

im Südchinesischen Meer<br />

verzichten zu wollen, zeigen<br />

jüngst veröffentlichte Satellitenbilder<br />

des US-Thinktanks<br />

Center for Strategic and International<br />

Studies (CSIS) genau<br />

das: chinesische Schiffe,<br />

die auf dem zu den Spratly-<br />

Inseln gehörenden Mischief-<br />

Riff Land aufschütten. Laut<br />

CSIS ist auf den Aufnahmen<br />

der Bau einer Stützmauer, einer<br />

Start- und Landebahn sowie<br />

diverser Hafenanlagen zu sehen.<br />

Zuvor hatte China Stützpunkte bereits<br />

auf den Riffen Subi und Fiery Cross<br />

geschaffen, um die Reichweite seiner<br />

(Flug-)Streitkräfte auszubauen und<br />

den Machtanspruch im Südchinesischen<br />

Meer zu untermauern. Angesprochen<br />

auf Chinas Landgewinne<br />

meinte US-Flottenadmiral Harry Harris<br />

im März, dass China an einer neuen<br />

„Großen Mauer aus Sand“ baue.<br />

Neben China erheben auch Vietnam,<br />

Taiwan, Malaysia, Brunei und die Philippinen<br />

Anspruch auf die Inselgruppe,<br />

Peking zeigt sich in dem Konflikt<br />

allerdings wenig diskussionsbereit.<br />

Vizeadmiral Yuan Yubai unterstrich<br />

jüngst auf einer Konferenz in London<br />

einmal mehr die Absichten der Volksrepublik:<br />

„Das Südchinesische Meer<br />

gehört schon allein deshalb zu China,<br />

Nächstes Kapitel im Inselstreit<br />

mit seinen Nachbarn: Trotz<br />

anderslautender Beteuerungen baut<br />

China auf den Riffen der Spratly-<br />

Inseln eine weitere Landebahn.<br />

weil es China im Namen trägt“. Als<br />

Grund für das hohe Interesse an den<br />

rund 150 Felsen, Atollen und Riffen<br />

der Inselgruppe gelten die dort vermuteten<br />

Öl- und Gasvorkommen, von<br />

dort lässt sich mit Hafenanlagen und<br />

Landebahnen aber auch die Region<br />

kontrollieren – und die gilt als wohl<br />

wichtigste Aorta der Weltwirtschaft.<br />

Über die Hälfte des weltweiten Tankerverkehrs<br />

führt durch das Südchinesische<br />

Meer und auch der Handel zwischen<br />

Europa und Ostasien<br />

verläuft zum<br />

größten Teil durch<br />

die Region. Störungen<br />

dort könnten die<br />

chinesische Wirtschaft<br />

massiv schädigen, und das will Peking<br />

natürlich um jeden Preis verhindern.<br />

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KALTER KRIEG U<br />

0 1 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />

USA<br />

RUSSLAND<br />

KANADA<br />

NORDPOL<br />

DÄNEMARK<br />

NORWEGEN<br />

FOTO S : FOTO L I A , 1 2 3 R F<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


A U F E I N E N B L I C K<br />

Es geht um Rohstoffe, es geht um Schiffsrouten und nicht<br />

zuletzt auch um Machtdemonstrationen: Der Kampf um die<br />

Vorherrschaft in der Arktis spitzt sich immer mehr zu.<br />

n der Arktis werden riesige<br />

I<br />

Öl- und Gasvorkommen sowie<br />

große Mengen an Gold<br />

und Diamanten vermutet.<br />

Nicht erst seit gestern, dank<br />

steigender Temperaturen,<br />

dem immer schneller schmelzenden Eis<br />

und besserer Fördertechniken werden<br />

die Lagerstätten aber nun immer zugänglicher<br />

und rücken so zusehends<br />

ins Visier der Anrainerstaaten. Neben<br />

Dänemark, Norwegen, Kanada und<br />

den USA macht sich vor allem Russland<br />

Hoffnungen auf die Bodenschätze.<br />

Bereits 2001 hat Moskau bei der Festlandsockelgrenzkommission<br />

in New<br />

York einen Antrag eingereicht, um<br />

seine riesigen Gebietsansprüche durchzusetzen.<br />

Erfolglos, die USA und Japan<br />

hatten dagegen protestiert, und die<br />

UN-Kommission forderte daraufhin<br />

weitere geologische Daten über das<br />

Eismeer.<br />

Die hat Russland nun nachgereicht. In<br />

dem vor wenigen Wochen abgegebenen<br />

2.000 Seiten starken Antrag argumentiert<br />

Moskau mit seinem weit über den<br />

200-Seemeilen-Radius hinaus ragenden<br />

Festlandsockel und beansprucht damit<br />

die Hoheitsrechte über eine Fläche von<br />

1,2 Millionen Quadratkilometern. Das<br />

Gebiet umfasst den Nordpol ebenso<br />

wie den Zugang zu 4,9 Milliarden Tonnen<br />

fossiler Brennstoffe. Das entspricht<br />

etwa der Hälfte der in der Arktis vermuteten<br />

Bodenschätze. Zudem würde<br />

Moskau dann die Nordmeer-Passage<br />

als See-Handelsweg zwischen Europa<br />

und Asien kontrollieren. Die UN-<br />

Grenzkommission will sich im Frühjahr<br />

mit Russlands Antrag befassen, bis<br />

eine Entscheidung fällt, dürften aber<br />

Jahre vergehen.<br />

DÄNEMARK Ende des vergangenen Jahres hat die dänische<br />

Regierung in einem Antrag bei den Vereinten Nationen Anspruch auf<br />

knapp 900.000 Quadratkilometer der Arktis erhoben, die sich in großen<br />

Teilen mit den russischen Gebietsansprüchen überschneiden.<br />

RUSSLAND „Die Arktis gehört uns.“ Artur Tschilingarow,<br />

Sondervertreter des russischen Präsidenten für internationale Zusammenarbeit<br />

in der Arktis, lässt keinen Zweifel an den gigantischen Gebietsansprüchen<br />

Moskaus. Zwar spricht sich Wladimir Putin für eine<br />

friedliche Lösung aus, im Notfall – und das unterstreicht Moskau bei<br />

jeder Gelegenheit – sei man aber auch bereit, die Armee einzusetzen. Schon vor Jahren hat<br />

Russland damit begonnen, die militärische Präsenz in der Region zu stärken.<br />

Eine erste „arktische Brigade“ von 3.000 Infanteristen wurde auf der Halbinsel Kola stationiert,<br />

eine zweite Brigade soll auf der westsibirischen Halbinsel Jamal Stellung beziehen. Außerdem<br />

wurden Abwehrraketensysteme vom Typ Panzir in die Region verlegt, stillgelegte sowjetische<br />

Flughäfen werden sukzessive wieder instand gesetzt – so nahm der Luftwaffenstützpunkt<br />

Temp auf den Neusibirischen Inseln Ende 2013 den Flugbetrieb wieder auf. Weitere Flughäfen<br />

sind geplant, Russland will die Arktis zudem mit einem Netz unbemannter Radarstationen<br />

überziehen.<br />

KANADA Ähnlich wie Dänemark und Russland hat auch Kanada<br />

einen Antrag bei der UN-Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels<br />

zur Erweiterung seines Seegebiets eingereicht. Eine Entscheidung<br />

darüber steht aber ebenfalls noch aus.<br />

NORWEGEN Als besonnen kann das Vorgehen Oslos im<br />

Streit um die arktischen Gebiete zusammengefasst werden. Das Land<br />

ringt zwar seit Jahren mit Russland um Rechte auf wirtschaftliche Tätig -<br />

keiten in der Barentssee und dem Gebiet rund um die Insel Spitzbergen,<br />

setzt dabei aber ebenso wie im Konflikt um Einflusszonen in der Arktis<br />

auf eine politische Lösung.<br />

USA Während Russland seine Militärpräsenz in der Arktis kontinuierlich<br />

ausbaut, halten sich die USA bislang noch zurück. Zwar schlugen im<br />

vergangenen März US-Soldaten ein Übungslager auf einer in der Arktis<br />

treibenden Eisscholle auf, größere Truppenverlegungen oder der Aufbau<br />

von Militärbasen sind vorläufig aber nicht geplant. Washington setzt<br />

vielmehr auf eine politische Lösung – aus gutem Grund, werden US-Firmen doch auch vom<br />

Rohstoffabbau anderer Nationen in der Arktis massiv profitieren, da nur sie dafür dringend<br />

benötigtes Know-how liefern können. Ein weiteres Ziel der USA ist es, die Nordost- und die<br />

Nordwestpassage so weit wie möglich zu internationalisieren, um eine wirtschaftliche<br />

Nutzung des Seeweges für US-Firmen zu ermöglichen.<br />

UM DIE ARKTIS<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 0 P R E S S E S C H A U<br />

WA S PA S SI E RT M I T<br />

Infolge der NATO-Angriffe<br />

2011 wurde der libysche<br />

Machthaber Gaddafi<br />

gestürzt. Anstelle von<br />

Frieden und Stabilität<br />

beherrscht nun aber<br />

ein unüberschauberer<br />

Bürgerkrieg das Land.<br />

eingehen oder raushalten?<br />

Mit dieser Schlagzeile<br />

hat die deutsche<br />

Wochenzeitung Zeit<br />

Anfang Oktober ein<br />

großes Interview mit<br />

der syrischen Journalistin Rasha Abbas<br />

und dem libyschen Reporter Salah<br />

Zater übertitelt. Bezogen war die Headline<br />

auf Libyen, wo die Lage seit den<br />

NATO-Angriffen ein Desaster sei.<br />

„Kann sein, dass Gaddafi eine Menge<br />

Leute umgebracht hätte (Anm.: Die Rede<br />

ist von der Absicht Gaddafis, in der<br />

Aufständischen-Hochburg Bengasi ein<br />

Blutbad anzurichten). Aber er hätte das<br />

Land auch kontrolliert. Und heute?“,<br />

fragt Salah Zater: „Heute sterben mehr<br />

Menschen, weil die Leute, die die Revolution<br />

unterstützt haben, oft noch üblere<br />

Typen waren als er.“<br />

Die Schuld an den jüngsten Entwicklungen<br />

(seit Monaten macht sich ein IS-<br />

Ableger in Libyen breit, immer wieder<br />

kommt es zu teils heftigen Kämpfen<br />

zwischen Milizen und Regierungstruppen)<br />

sieht Salah Zater bei den USA: „Es<br />

weiß doch jeder, wer al-Kaida und den<br />

IS erschaffen hat. Der internationalen<br />

Gemeinschaft kam es nur darauf an,<br />

Gaddafi zu töten, das Land zu teilen<br />

und an Öl und Gas zu kommen.“ Frieden<br />

sei vor diesem Hintergrund schwierig<br />

bis unmöglich. Trotzdem haben die<br />

Vereinten Nationen mit Vertretern der<br />

libyschen Konfliktparteien in den vergangenen<br />

Monaten einen Friedensplan<br />

formuliert; dessen Unterzeichnung<br />

stand zu Redaktionsschluss allerdings<br />

noch aus.<br />

ANHALTENDE<br />

KÄMPFE<br />

Libyen kommt auch<br />

vier Jahre nach<br />

dem Sturz des<br />

einstigen Staatschefs<br />

Muammar al-Gaddafi<br />

nicht zur Ruhe.<br />

Y MAGAZIN<br />

Wie wird man bei der Bundeswehr<br />

Minentaucher? Das aktuelle<br />

Y Magazin gibt darauf eine<br />

Antwort und unterzieht außerdem<br />

den Eurofighter-Simulator<br />

ASTA einem Realitätscheck.<br />

www.y-punkt.de<br />

QUERGELESEN<br />

Was schreiben andere Militärmagazine?<br />

SOLDIER<br />

Das Magazin der britischen<br />

Armee berichtet ausführlich<br />

über die „Airborne Engineers“<br />

und wirft einen<br />

Blick zurück auf 70 Jahre<br />

Kriegsende im Pazifik.<br />

www.army.mod.uk<br />

TRUPPENDIENST<br />

Neben einem Rückblick auf die<br />

„Handwerk <strong>2015</strong>“ wird das<br />

Midlife-Update der Agusta Bell<br />

212 thematisiert und der neue<br />

Leo 2 A7 der Bundeswehr analysiert.<br />

www.bmlv.gv.at/<br />

truppendienst<br />

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) sieht<br />

in dem Plan die „letzte Chance für eine<br />

Verhandlungslösung“. Laut dem UN-<br />

Sondergesandten für Libyen, Bernardino<br />

León, müssten die Parteien und alle<br />

Libyer verstehen, dass dies ihre einzige<br />

Option auf Frieden sei. Mattia Toaldo,<br />

Libyen-Forscher vom European Council<br />

on Foreign Relations, sieht – ebenfalls<br />

in der NZZ – allerdings schwere<br />

Zeiten auf das Land zukommen und<br />

rechnet mit „weiteren Sabotageversuchen<br />

der Hardliner“ in den kommenden<br />

Wochen. Den Friedensprozess vorantreiben<br />

soll nun der deutsche Ex-Leiter<br />

der UN Mission MONUSCO Martin<br />

Kobler, der laut einem Bericht des Handelsblatts<br />

zum Nachfolger von Bernardino<br />

León bestimmt wurde und damit<br />

neuer Sondervermittler der UN für<br />

das Bürgerkriegsland ist. Keine leichte<br />

Aufgabe, ist das Land doch auf bestem<br />

Wege, sich in einem mehrjährigen<br />

Bürgerkrieg zu verlieren.<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , B E I G E ST E L LT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


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0 2 2 h E E r & M E h r<br />

ASSISTENZEINSATZ<br />

MALI: VERSTÄRKTES<br />

ENGAGEMENT GEPLANT<br />

Ab Anfang 2016 wird sich das Bundesheer mit zehn<br />

Stabsoffizieren und fünf Militärbeobachtern an der UN-<br />

Mission MINUSMA in Mali beteiligen. Seit August ist das<br />

Bundesheer vor Ort bereits Teil einer EU-Trainingsmission<br />

zum Aufbau der malischen Armee. Verteidigungsminister<br />

Klug zum Engagement: „Wir müssen die Flüchtlingskrise,<br />

die Europa derzeit so massiv fordert, auch an ihrer<br />

Wurzel angehen und in den Krisenstaaten für Stabilität<br />

und Sicherheit sorgen, damit Menschen nicht länger<br />

gezwungen sind zu fliehen. Mit der Beteiligung bei<br />

MINUSMA leisten wir genau dazu einen Beitrag.“<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />

FOtO S : H B F/ J u L I A N S c H A R p F, B u N D E S H E E R / G E R N Ot H E R B St,<br />

B u N D E S H E E R - G u N t E R p u S c H , B E I G E St E L Lt<br />

Beim Assistenzeinsatz und im<br />

Zuge der bereits seit August<br />

laufenden Unterstützungsleistung<br />

hilft das Bundesheer Sicherheitsbehörden<br />

und Hilfsorganisationen<br />

bei der Bewältigung der<br />

Flüchtlings krise (siehe auch Bericht<br />

in unserer Beilage Bundesheer<br />

Inside). Bis zu 2.200 Soldaten<br />

werden dazu bei Kontrollen im<br />

Grenzraum, bei der Aufnahme<br />

von Flüchtlingen, bei der<br />

Bereitstellung von Verpflegung,<br />

Bekleidung und Unterkunft<br />

sowie beim Transport von<br />

Flüchtlingen und bei der<br />

Grenzraumüberwachung<br />

eingesetzt.<br />

KOOPERATION MIT<br />

DEM ROTEN KREUZ<br />

Seit September sind Notärzte und Notfallsanitäter<br />

des Bundesheeres gemeinsam<br />

mit Kollegen des Wiener Roten<br />

Kreuzes im Rettungs- und Ambulanzeinsatz.<br />

Basis dieser neuen Form der Zusammenarbeit<br />

ist ein im Juni unterzeichneter<br />

Kooperationsvertrag, der eine intensivere<br />

Vernetzung der Organisationen zum Ziel<br />

hat. Langfristig soll dadurch das Miteinander<br />

von zivilen und militärischen Einsatzkräften<br />

bei etwaigen Krisensituationen<br />

weiter optimiert werden. Außerdem soll<br />

das Kontingent an verfügbaren Notfall -<br />

sanitätern und Notärzten in Wien erhöht<br />

werden, um die Sicherheit vor allem bei<br />

Großveranstaltungen zu steigern. Im Bild:<br />

Karl Dieter Brückner (Landesrettungskommandant-Stellvertreter),<br />

Alexander Lang<br />

(Landesgeschäftsleiter Rotes Kreuz Wien)<br />

und Generalleutnant Norbert Gehart.<br />

„DIE EINSATZWAHRSCHEINLICHKEIT<br />

IST DEUTLICH GESTIEGEN“<br />

Nach 2011 und 2012 ist Österreich 2016 zum dritten Mal Teil der EU-<br />

Battlegroup. Die Vorbereitungen dafür laufen seit dem Jahr 2013, Ende<br />

Juni <strong>2015</strong> fand die erste gemeinsame Übung im Rahmen der nationalen<br />

Einsatzvorbereitung statt. Wir haben mit Oberst Michael Lippert,<br />

dem Kommandanten des österreichischen Kontingents, gesprochen.<br />

Herr Oberst, Österreich stellt im zweiten Halbjahr 2016 das Logistikelement<br />

der EU-Battlegroup. Wie laufen die Vorbereitungen?<br />

Sehr gut. Nach Abschluss der persönlichen<br />

Einsatzvorbereitung fand zu Sommerbeginn<br />

die erste Zusammenziehung statt. Dabei wurden<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten überprüft,<br />

außerdem diente die Zusammenziehung<br />

einem ersten Kennenlernen. Mit 1. Jänner<br />

beginnt dann die internationale Einsatzvorbereitung<br />

mit unseren Battlegroup-Partnern<br />

Deutschland, Tschechien, Kroatien, Belgien,<br />

Irland und Luxemburg. Höhepunkt ist im<br />

April eine Volltruppenübung im Raum Hamburg<br />

und am Truppenübungsplatz Bergen.<br />

OBERST MICHAEL<br />

LIPPERT ist Kommandant<br />

des österreichischen<br />

Kontingents der EU-<br />

Battlegroup 2016-2.<br />

Bei dieser Volltruppenübung kommen alle<br />

an der Battlegroup 2016-2 beteiligten Nationen zusammen?<br />

Genau. Das wird so erstmals praktiziert und soll eine noch bessere<br />

Vorbereitung für den Einsatzfall ermöglichen.<br />

Wie wahrscheinlich schätzen Sie diesen Einsatzfall ein? In zehn<br />

Jahren Battlegroup blieb es bislang schließlich immer bei der Theorie.<br />

Das stimmt, im Zuge der jüngsten Entwicklungen in Osteuropa, im<br />

Nahen Osten und der anhaltenden Flüchtlingskrise am Balkan ist die<br />

Einsatzwahrscheinlichkeit aus meiner Sicht aber deutlich größer als<br />

bisher. Es zeigt sich zusehends, dass die Flüchtlingsströme auf lange<br />

Sicht nur vor Ort beherrschbar sind. Und da die EU-Battlegroup überall<br />

in einem Umkreis von 6.000 Kilometer um Brüssel zum Einsatz<br />

gebracht werden kann, sind natürlich auch Einsätze in der Region –<br />

etwa zum Schutz eines Flüchtlingslagers – nicht auszuschließen.<br />

Welche Erkenntnisse konnten aus Österreichs Battlegroup-Teil -<br />

nahmen 2011 und 2012 für die aktuelle Vorbereitung genützt werden?<br />

Wir haben gesehen, dass wir sehr gut ausgebildet sind, allerdings<br />

war 2012 unser Kontingent zu klein, um im Einsatzfall alle Aufgaben<br />

abdecken zu können. Deshalb haben wir unser Kontingent nun um<br />

150 Leute aufgestockt. Gemeinsam mit temporären Kräften wie dem<br />

Luftumschlag könnten deshalb bei der EU-Battlegroup 2016-2 im<br />

stärksten Fall bis zu 610 Österreicher zum Einsatz kommen.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 4 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

EHRE<br />

HABE DIE<br />

Von Stehvermögen, doppeltem Auftrag und scharlachroten Baretts:<br />

Besuch bei der Garde des Österreichischen Bundesheeres in der<br />

Maria-Theresien-Kaserne zu Wien. Text: WALTER MEISTER Fotos: BUBU DUJMIC<br />

O<br />

berst Kirchebner<br />

zeigt seine ganze<br />

menschliche Größe,<br />

wuchtet stolze 193<br />

Zentimeter aus einem<br />

Bürosessel, begrüßt<br />

mit krachendem Händedruck<br />

und knorrigem Tiroler Akzent. Die<br />

Memorabilien an der Wand bestätigen<br />

die Herkunftsvermutung, unter<br />

anderem hängen da ein Wegweiser<br />

Richtung Pitztal, ein Bild von einer<br />

Tiroler Schützenkompanie sowie ein<br />

Foto der Oma beim Kühemelken.<br />

Hinter dem Schreibtisch des Garde-<br />

Kommandanten hängt eine Kopie der<br />

altehrwürdigen Traditionsfahne, vormals<br />

Fahne der k.k. Trabantenleibgarde.<br />

Das Original Jahrgang 1790 ist<br />

natürlich längst ein Museumsstück,<br />

aber auch die Kopie erinnert mit der<br />

Madonna Immaculata auf der Avers<br />

und dem dreifach gekrönten Doppeladler<br />

des mittleren Reichswappens<br />

am Revers an die lange Tradition, auf<br />

die sich die Garde beruft. Kirchebner<br />

ist freilich nicht nur Tiroler, sondern<br />

auch ein Mann des Hier und Jetzt:<br />

In der Garde herrscht ein moderner,<br />

professionell-höflicher Umgangston,<br />

B E I G E ST E L LT E S FOTO : B U N D E S H E E R / F LO R A S C H E I B E N B AU E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

ZUR GESCHICHTE<br />

DER GARDE<br />

VORZEIGE-TRUPPE Wachtmeister Christopher Drakulic gerät bei der Garde ins Schwärmen:<br />

„Jeder, der ein bisschen Engagement mitbringt, kann hier eine spannende Zeit erleben.”<br />

GUT GELAUNT Oberst Stefan Kirchebner<br />

erzählt im Gespräch mit unserem Autor aus<br />

dem Alltag seiner Einheit.<br />

der alte Kasernendrillgeist hat hier<br />

schon lange ausgedient. Zum Gespräch<br />

gibt es Kaffee und viel Witz.<br />

Seit dem 1. September 2006 leitet Stefan<br />

Kirchebner die Garde, und damit<br />

den wohl öffentlichkeitswirksamsten<br />

Truppenteil des Bundesheeres. Wenn<br />

Soldaten abseits von Großübungen<br />

oder Assistenzeinsätzen im Fernsehen<br />

zu sehen sind, handelt es sich mit<br />

größter Wahrscheinlichkeit um eine<br />

Garde-Kompanie: In Ehrenformation<br />

bei Staatsempfängen oder bei den<br />

Angelobungen am Heldenplatz zum<br />

Beispiel, als Gardemusik bei Bällen<br />

oder Benefizkonzerten, aber auch als<br />

Assistenzkräfte bei Katastropheneinsätzen<br />

oder, deutlich entspannter, an<br />

den Spendentelefonen der jährlichen<br />

„Licht ins Dunkel“-Gala. Die Garde<br />

ist, in vielerlei Hinsicht, die Vorzeige-<br />

Truppe des Heeres.<br />

„Unsere Aufgabe beschränkt sich aber<br />

keineswegs nur auf die Repräsentation“,<br />

betont Kirchebner beim Besuch<br />

von Militär <strong>Aktuell</strong> in der Maria-Theresien-Kaserne,<br />

vormals Fasangartenkaserne,<br />

Spitzname Maresi. „Unser<br />

Auftrag ist ein doppelter: Repräsentation<br />

und Einsatz. Die Garde ist auch<br />

eine hochausgebildete Jägertruppe.<br />

Kein Soldat verbringt seinen Grundwehrdienst<br />

nur mit Exerzierübungen<br />

in der Kaserne. Unsere vier Kompanien<br />

sind eigentlich ständig im Einsatz.“<br />

Das beginnt schon bei der<br />

Grundausbildung. Am Kasernenhof<br />

machen sich Dutzende Rekruten gerade<br />

bereit für ihre Verlegung in die<br />

Radetzky-Kaserne in Horn. Die ersten<br />

sieben Wochen der Grundausbildung<br />

werden in Niederösterreich absolviert,<br />

ab der fünften Woche wird<br />

parallel die Parade-Grundausbildung<br />

eingeschliffen, nach neun Wochen<br />

wird die Repräsentationsfähigkeit der<br />

Rekruten schließlich überprüft: Der<br />

Kommandant höchstpersönlich<br />

nimmt dann eine Übungsparade ab;<br />

wird diese zur Zufriedenheit absolviert,<br />

erhalten die Rekruten das scharlachrote<br />

Barett der Garde-Uniform<br />

(die in der Ehrenkompanie auch die<br />

Gardeschnur sowie den scharlachroten<br />

Kragenspiegel umfasst).<br />

„Wen man sich an dem Tag an den<br />

Ausgang stellt, wird man sehen,<br />

dass achtzig, neunzig Prozent<br />

der Soldaten die Kaserne<br />

nach Dienst mit Uniform und<br />

Barett verlassen. Das zeigt schon,<br />

wie sehr sie sich mit ihrer Einheit<br />

Die historischen<br />

militärischen<br />

Wurzeln der heutigen<br />

Garde liegen<br />

in der k.k.<br />

Hofburgwache,<br />

die 1802 unter<br />

Kaiser Franz II.<br />

errichtet wurde,<br />

sowie bei der<br />

1884 unter Kaiser Franz Josef I. aufgestellten<br />

k.k. Leibgarde-Infanteriekompagnie.<br />

Beide Truppenkörper<br />

waren insbesondere im Personenund<br />

Objektschutz in der kaiserlichen<br />

Residenz eingesetzt. In der<br />

Ersten Republik wurde mit 1. März<br />

1935 das „Österreichische Gardebataillon“<br />

aufgestellt, das den Sicherheitsdienst<br />

für den Bundespräsidenten<br />

und die Regierung in Wien<br />

übernahm und auch deren Repräsentation<br />

beziehungsweise den<br />

Ehrendienst für die Regierungsspitzen.<br />

Nach dem „Anschluss“ Österreichs<br />

an Hitlerdeutschland wurde<br />

das Gardebataillon im April 1938<br />

aufgelöst und nach Ende des Zweiten<br />

Weltkriegs und der Besatzungszeit<br />

mit 1. Mai 1956 zunächst als<br />

„Heereswachbataillon“ wieder eingesetzt<br />

(aus der damaligen provisorischen<br />

Grenzschutz-Abteilung 1).<br />

Am 15. Mai 1957 erfolgte schließlich<br />

die feierliche Umbenennung zum<br />

„Gardebataillon“. Dessen erster<br />

öffentlicher Auftritt erfolgte schon<br />

wenige Tage später bei der Angelobung<br />

des Bundespräsidenten Adolf<br />

Schärf am 22. Mai 1957. Seit dem 15.<br />

Mai 2000 heißt das Gardebataillon<br />

ganz offiziell: die Garde.<br />

Oberösterreich<br />

Salzburg<br />

Kärnten<br />

Niederösterreich<br />

Steiermark<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 6 h E E r & M E h r<br />

IN OFFIZIELLER MISSION Die Garde ist die wichtigste Repräsentationseinheit des<br />

Bundesheeres und kommt vor allem bei offiziellen Anlässen wie Staatsempfängen zum Einsatz.<br />

verbunden fühlen“, erzählt Kirchebner.<br />

Wer Teil dieser Einheit werden<br />

möchte, muss übrigens voll tauglich<br />

und mindestens 176 Zentimeter groß<br />

sein, darf keine Vorstrafen haben und<br />

auch kein Brillenträger sein. Dafür<br />

kommt er – Frauen sind bei der Garde<br />

ungefähr so häufig wie in anderen<br />

Heeres-Gattungen – in eine der abwechslungsreichsten<br />

und intensivsten<br />

Grundausbildungen, die das Bundesheer<br />

zu bieten hat. Auch wenn sie in<br />

der Öffentlichkeit vor allem dafür berühmt<br />

sind, stundenlang sehr stumm<br />

und sehr gerade stehen zu können,<br />

leiden Gardisten im Soldatenalltag<br />

nur äußerst selten an Langeweile.<br />

Neben der Grund- und Paradeausbil-<br />

dung werden laufend infanteristische<br />

und Schieß-Übungen absolviert,<br />

praktisch jederzeit ist zumindest eine<br />

Garde-Kompanie irgendwo im Einsatz,<br />

auch jede Großübung wird mit<br />

Gardesoldaten beschickt. Wachtmeister<br />

Christopher Drakulic, Gruppenkommandant<br />

in der ersten Gardekompanie,<br />

beschreibt die Vorteile<br />

des Gardesoldatseins: „Wir arbeiten<br />

hier sehr zukunftsorientiert. Es gibt<br />

bei uns keine Schinderei, keinen<br />

sinnlosen Zeitvertreib. Jeder, der ein<br />

bisschen Engagement mitbringt,<br />

kann hier eine spannende Zeit erleben.<br />

Und außerdem immer wieder<br />

direkten Kontakt zur Bevölkerung<br />

erleben, von der wir stets eine tolle<br />

Resonanz bekommen. Dementsprechend<br />

hoch ist auch die Motivation<br />

der Truppe.“<br />

An sechs Terminen pro Jahr rücken<br />

bei der Garde je 230 bis 270 Grundwehrdiener<br />

ein, das macht sie zu<br />

„Es ist ein gutes Gefühl, Österreich zu repräsentieren“<br />

REKRUT DMITRY OSOKIN<br />

absolviert seinen Grundwehrdienst<br />

aktuell in der 1. Gardekompanie.<br />

Seit wann sind Sie bei der Garde?<br />

Ich bin im Juli dieses Jahres zum<br />

Grundwehrdienst eingerückt.<br />

Wollten Sie diesen denn dezidiert<br />

bei der Garde absolvieren?<br />

Ja, schon bei meiner Stellung im<br />

März habe ich ganz klar formuliert,<br />

dass ich zur ersten Gardekompanie<br />

möchte.<br />

Woher stammt dieser Wunsch?<br />

der Bruder meiner Freundin hat hier<br />

seinen Wehrdienst abgeleistet. Er<br />

hat mir von der Truppe erzählt, und<br />

was er erzählt hat, hat mir sehr<br />

gefallen.<br />

Haben Sie Ihre Entscheidung je<br />

bereut?<br />

nein, der Grundwehrdienst hier ist<br />

eine tolle, spannende und sicher<br />

auch charakterbildende Erfahrung.<br />

Ich bin ja mit 32 Jahren schon deutlich<br />

älter als die meisten meiner Kameraden.<br />

Im Zivilberuf arbeite ich<br />

als Senior Marketing Manager bei<br />

einem internationalen Pharmakonzern.<br />

auch als Führungskraft ist der<br />

dienst bei der Truppe für mich eine<br />

sehr wertvolle Erfahrung. Es ist<br />

spannend zu sehen, welche organisationskultur<br />

hier gepflegt wird. Ich<br />

habe mich auch als Soldatensprecher<br />

für die 1. Gardekompanie aufstellen<br />

lassen.<br />

Der Leitspruch der Garde lautet:<br />

Pflicht und Ehre. Was überwiegt<br />

für Sie bis dato?<br />

Wir werden in wenigen Tagen unsere<br />

Paradeprüfung absolvieren<br />

und sie, das wage ich schon vorauszusagen,<br />

auch bestehen. dann werden<br />

wir das rote Barett verliehen<br />

bekommen und rücken damit auch<br />

schon zwei Tage später zum ersten<br />

Einsatz aus. der Gedanke erfüllt<br />

mich mit Stolz. Ich stamme ursprünglich<br />

aus russland und bin erst<br />

seit März österreichischer Staatsbürger.<br />

Es ist ein gutes Gefühl, Österreich<br />

zu repräsentieren. Ja, es ist<br />

eine Ehre.<br />

B E I G E ST E L LT E S FoTo : B u n d E S h E E r / h a r a L d G . M . M I n I c h<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

einem der größten, wenn nicht dem<br />

größten Ausbildungsverband des<br />

Bundesheeres. Das wird sich übrigens<br />

auch mit der Heeresreform<br />

nicht ändern, die Garde bleibt von<br />

Einsparungen weitgehend verschont<br />

und bekommt sogar zusätzliche<br />

Kompetenzen im Milizbereich. Bloß<br />

die – von Kommandant Kirchebner<br />

seit Jahren gern auch öffentlich<br />

beklagten – infrastrukturellen und<br />

baulichen Zustände in der Maria-<br />

Theresien-Kaserne (kurz MTK)<br />

„haben nach wie vor Potenzial nach<br />

oben“, so Kirchebner, der jetzt aber<br />

keinen Gedanken mehr an veraltete<br />

Sanitäranlagen verschwenden mag,<br />

sondern lieber ein Prunkstück präsentiert:<br />

den Traditionsraum der<br />

Garde, den jeder Soldat, der hier<br />

Dienst tut, zumindest einmal ausführlich<br />

zu Gesicht bekommt. Der<br />

Raum atmet Geschichte, gemeinsam<br />

mit seinem Stabsoffizier Major Thomas<br />

Hirschmann erzählt Kirchebner<br />

HISTORISCHE EINBLICKE Im Traditionsraum der Garde wird mit Abzeichen und Originaldokumenten<br />

die Geschichte der Einheit spürbar. Im Zentrum gut sichtbar: Die Traditionsfahne.<br />

die passenden Geschichten: Über<br />

einen Brief des Bundespräsidenten<br />

etwa, der sich in warmen Worten<br />

für den Zapfenstreich zu seinem 75.<br />

Geburtstag bedankt (und übrigens<br />

keine der jährlichen Garde-Vorweihnachtsfeiern<br />

auslässt); über die Garde-Traditionsfahne,<br />

vor der sich<br />

schon alle möglichen Persönlichkeiten<br />

verneigt hätten, die mit der Muttergottes<br />

garantiert eher nichts zu<br />

tun hatten; über Auslandseinsätze<br />

bei der Parade zum 14. Juli auf der<br />

Champs-Élysées oder im Vatikan bei<br />

den Kollegen von der päpstlichen<br />

(Schweizer) Garde. Historische Abzeichen,<br />

Waffen oder Originaldokumente<br />

aus der Geschichte der Truppe<br />

vervollständigen das Bild einer<br />

Einheit, die fürs Stillstehen bekannt<br />

ist und doch eine sehr bewegte Geschichte<br />

hat – und einen ziemlich<br />

zukunftsträchtigen Job macht.<br />

Vorwärts marsch!


0 2 8<br />

H E E R & M E H R<br />

err Brigadier<br />

H<br />

Hameseder, Sie<br />

wurden vor einem<br />

halben Jahr zum<br />

Milizbeauftragten<br />

bestellt. Wie sehen<br />

Sie die geplante Attraktivierung?<br />

Hameseder: Ich bin Berater des<br />

Bundesministers in Milizangelegenheiten<br />

und sehe mich zugleich als<br />

Ombudsmann der Miliz. Auch in<br />

dieser Position kann ich der Attraktivierung<br />

nur Positives abgewinnen:<br />

Je attraktiver der Wehrdienst ist<br />

und je attraktiver er wird, desto<br />

mehr Freiwillige melden sich auch<br />

für die Miliz. Den neuen Grundwehrdienst<br />

sehe ich dahingehend<br />

als wesentlichen Fortschritt.<br />

Herr Generalleutnant Reißner,<br />

Sie sind als Streitkräftekommandant<br />

für die Umsetzung des attraktiven<br />

Wehrdienst verantwortlich.<br />

Wie steht es damit?<br />

Reißner: Für die Umsetzung sind<br />

die Streitkräfte und für die Rahmenbedingungen<br />

sind das Ministerium,<br />

die Politik und die Gesellschaft<br />

zuständig. Die Truppe engagiert<br />

sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen<br />

im bestmöglichen<br />

Ausmaß. Durch einen eigenen<br />

Controllingprozess wird das<br />

Arbeiten an rund 180 Zielen laufend<br />

überprüft und nachgesteuert.<br />

Kann man die oft noch vorherrschende<br />

Skepsis dem Heer gegenüber<br />

irgendwie aufbrechen?<br />

Hameseder: Ja. Gerade jetzt ist der<br />

Ruf wieder erschallt und als Sicherheitsdienstleister<br />

der Republik hat<br />

das Bundesheer in kürzester Zeit<br />

gehandelt. Und das ist gut so. Die<br />

Skepsis können wir nur durch<br />

Transparenz nehmen, durch Aufklärung<br />

und möglichst viele Rekruten,<br />

die einen attraktiven Wehrdienst<br />

geleistet haben. Und da müssen<br />

wir auch bei der Sinnhaftigkeit<br />

des Grundwehrdiensts ansetzen.<br />

Genau dabei hat es bislang oft<br />

gehapert, wenn Grundwehrdiener<br />

etwa rein als Systemerhalter<br />

eingesetzt wurden und die Zeit<br />

AUF<br />

DEM<br />

WEG<br />

ZUM<br />

SEHR GUT<br />

GESPRÄCHSRUNDE<br />

Generalleutnant Franz<br />

Reißner, Militär <strong>Aktuell</strong>-<br />

Autor Oberst Dieter<br />

Muhr und Brigadier<br />

Erwin Hameseder.<br />

FOTO : S E B AST I A N F R E I L E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


R O U N D T A B L E<br />

Nach der Volksbefragung 2013 wurden<br />

zahlreiche Maßnahmen zur Attraktivierung<br />

des Wehrdienstes beschlossen. Ob sich<br />

diese mittlerweile positiv auswirken?<br />

Wir haben mit Streitkräftekommandant<br />

Generalleutnant Franz Reißner und<br />

dem Milizbeauftragten Brigadier Erwin<br />

Hameseder eine Zwischenbilanz gezogen.<br />

Redaktion: OBERST DIETER MUHR<br />

daher als wenig sinnhaft empfanden.<br />

Wie kann man dem Grundwehrdienst<br />

vor diesem Hintergrund<br />

mehr Sinnhaftigkeit geben?<br />

Hameseder: Indem die Zielsetzungen<br />

des Bundesheeres mit denen der<br />

jungen Leute übereinstimmen. Die<br />

Jugend will etwas erleben und einen<br />

Mehrwert haben, für den Beruf oder<br />

für das Private. Viele Rekruten engagieren<br />

sich bei Feuerwehr, diversen<br />

NGOs wie der Caritas, dem Österreichischen<br />

Roten Kreuz oder beim<br />

Hilfswerk und können beim Bundesheer<br />

davon profitieren. Der Unterschied<br />

zu ihrer Tätigkeit bei Hilfs -<br />

organisationen und Freiwilligenverbänden<br />

ist jedoch, dass man in der<br />

Miliz juristische Konsequenzen tragen<br />

muss, wenn man unentschuldigt<br />

seiner Pflicht nicht nachkommt.<br />

Jeder Dienstgeber sollte ein Engagement<br />

daher hoch anrechnen.<br />

Reißner: Als sinnhaft wird ein<br />

Grundwehrdienst auch dann empfunden,<br />

wenn Rekruten die Ausbildungsziele<br />

erreichen können. Sie interessiert<br />

eine militärische Ausbildung,<br />

die vom alltäglichen zivilen<br />

Leben abweicht, erwachsenengerecht<br />

und interessant ist, mit einem<br />

vernünftigen Umgangston. Der<br />

Zweck dienstlicher Maßnahmen<br />

muss erkennbar sein. Über die drei<br />

„M“ – Meinungsträger, Meinungsbilder<br />

und Multiplikatoren – verbreitet<br />

sich dann die Sinnhaftigkeit<br />

in die Gesellschaft.<br />

Neben dem Grundwehrdienst<br />

soll in Zukunft auch die Miliz<br />

attraktiver und neue Verbände<br />

aufgestellt werden. Welche Fak -<br />

toren müssen erfüllt sein, damit<br />

ein Engagement in der Miliz als<br />

attraktiv empfunden wird?<br />

Hameseder: Die Miliz ist aktuell in<br />

einem „Change-Prozess“ und steht<br />

unmittelbar vor einem gewaltigen<br />

Aufwuchs. Die dafür notwendigen<br />

Freiwilligen sollen aus dem Grundwehrdienst<br />

heraus gewonnen werden.<br />

Das ist die politische Vorgabe,<br />

obwohl es das Gesetz auch anders<br />

zuließe. Finanzielle Anreize soll es<br />

geben, doch Geld ist bekanntlich<br />

nicht alles. So kann man auch mit<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 0 H E E R & M E H R<br />

GEGENSEITIGES VERSTÄNDNIS „Das Zwei-Klassen-Denken muss weg”, so Brigadier Erwin<br />

Hameseder. Generalleutnant Franz Reißner ergänzt: „Wir werden die Verzahnung erhöhen.“<br />

organisatorischen Maßnahmen<br />

motivieren und fördern. Schon<br />

jetzt werden daher Gruppen, die<br />

im Wehrdienst kameradschaftlich<br />

zusammengefunden haben, auf<br />

Wunsch gemeinsam in die Miliz<br />

übernommen. Das kostet kein Geld,<br />

nur konstruktives Nachdenken.<br />

Reißner: Einen wichtigen Punkt sehe<br />

ich auch im Aus- und Weiterbildungsangebot<br />

für die Miliz, aus dem<br />

auch die Wirtschaft Synergien ziehen<br />

kann. Kurse in Rhetorik oder<br />

Menschenführung, wie wir sie<br />

anbieten, wären da sehr gefragt.<br />

Hameseder: Es braucht zudem eine<br />

klare Auftragslage für die Miliz.<br />

Derzeit ist der Objektschutz die<br />

Schwerpunktsetzung, die Ultima<br />

Ratio bleibt die Landesverteidigung.<br />

Die Miliz hat ihre militärische Heimat<br />

nun bei den präsenten Verbänden<br />

der Brigaden, die Militärkommanden<br />

führen in Einsätzen. Gut ist<br />

auch, dass mit den präsenten Verbänden<br />

geübt wird und die Leute<br />

von dort, wo sie den Grundwehrdienst<br />

geleistet haben, in die Miliz<br />

übernommen werden.<br />

Reißner: Diese Neuzuordnung bringt<br />

Synergien im Dreiklang von präsenten<br />

Kräften, Grundwehrdienern<br />

und Miliz. Die Miliz ist eine Bereicherung<br />

für die Berufssoldaten und<br />

diese profitiert von den Erfahrungen<br />

der präsenten Verbände aus nationalen<br />

und internationalen Einsätzen.<br />

Die Zwei-Klassen-Armee ist<br />

somit Geschichte?<br />

Reißner: Hier Präsenz, da Miliz – so<br />

sollte es nicht gesehen werden. Im<br />

Einsatz sind wir ein Bundesheer. Die<br />

Integration wäre weiter voranzutreiben,<br />

auch Kadersoldaten wären in<br />

die Miliz zu beordern.<br />

Hameseder: Das Zwei-Klassen-Denken<br />

muss weg. Das gibt es ja auch<br />

nicht bei den Einsätzen. Die Politik<br />

ist verantwortlich, dass wir gemeinsam<br />

die bestmögliche Ausrüstung<br />

bekommen. Die Miliz darf die<br />

schweren Waffen nicht verlieren,<br />

sonst ist dieses Know-how weg.<br />

Was spricht dagegen, sich in der<br />

Miliz zu engagieren?<br />

Hameseder: Es gibt Ängste, etwa<br />

dass man Nachteile beim Arbeitgeber<br />

hat. Daher müssen wesentliche<br />

Institutionen wie die Sozialpartner<br />

davon überzeugt werden, dass man<br />

die Miliz unterstützt. Den Arbeitgebern<br />

muss der Mehrwert erklärt<br />

werden. In naher Zukunft werden<br />

sich Herr Bundesminister Gerald<br />

Klug und der Vizepräsident der<br />

Wirtschaftskammer, Richard<br />

Schenz, zum Thema treffen, wie<br />

man die Verknüpfung mit der<br />

Wirtschaft vorantreiben kann.<br />

Von diesem Treffen erhoffen wir<br />

uns langfristig sehr viel, die Kontaktaufnahme<br />

wurde beim Präsidenten<br />

der Wirtschaftskammer<br />

auch sehr wohlwollend aufgenommen.<br />

Wie steht es mit der Finanzierung<br />

des neuen Systems?<br />

Hameseder: Das neue System wird<br />

von einem Sonderinvest flankiert.<br />

Das ist ein neues Signal. In zwei<br />

Phasen werden rund 80 Millionen<br />

Euro zweckgebunden in die Ausrüstung<br />

der Miliz investiert. Es geht um<br />

die Verbesserung des persönlichen<br />

Schutzes, der Kommunikationsund<br />

Nachtsichtfähigkeit.<br />

Reißner: Der Sonderinvest ist ein<br />

NEUAUSRICHTUNG DER<br />

MILIZ BIS 2018<br />

Die Miliz mit mehreren Zehntausend Wehrpflichtigen und Frauen in<br />

Milizverwendung, besteht derzeit aus den Experten der Miliz in Beratungsfunktionen,<br />

den Milizanteilen bei den Verbänden und der selbstständig<br />

strukturierten Miliz mit zehn Jägerbataillonen und neun Pionierkompanien.<br />

In der „Phase 1“ der Neuausrichtung bis 2018 werden<br />

zwölf Kompanien für die Sicherung von Schutzobjekten und in der „Phase<br />

2“ die dritten Kompanien der präsenten Verbände von der Miliz neu aufgestellt.<br />

Die „Phase 3“ sieht die Stärkung der selbstständig strukturierten Miliz<br />

vor. Zur personellen Aufbringung könnte auf das Wehrgesetz zurückgegriffen<br />

werden, wonach 12 Prozent eines Jahrgangs zur Ableistung von Milizübungen<br />

verpflichtet werden können. Gegenüber der Zeitschrift Der Offizier<br />

hat Brigadier Erwin Hameseder diese Möglichkeit jedoch als „politisch<br />

tot“ bezeichnet. Daher müssen Freiwillige für ein Engagement in der Miliz<br />

gefunden werden. Für die Ausstattung ist ein Sonderinvest vorgesehen.<br />

FOTO : S E B AST I A N F R E I L E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


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Die „Salzburger Nachrichten“ digital:


0 3 2 H E E R & M E H R<br />

großer Schritt. Die Politik nimmt<br />

selbst die konkreten Schwerpunktsetzungen<br />

vor. Dies kann zur stärkeren<br />

Befassung und Identifikation<br />

von politische Gremien führen<br />

und schärft so die Verzahnung<br />

sicherheitspolitischer Notwendigkeiten<br />

mit militärischen Erfordernissen.<br />

Hameseder: Die Verhandlungen<br />

sind nicht einfach. Doch auch in<br />

Zeiten, wo man spart, muss man<br />

präventiv in Sicherheit investieren.<br />

Wenn ich sehe, was sich gerade<br />

rundherum abspielt, dann weiß ich,<br />

dass Wirtschaft und Gesellschaft<br />

dafür Verständnis haben.<br />

Ist der Wehrdienst heute <strong>2015</strong><br />

attraktiver, als er es 2013 war?<br />

Reißner: Wir investieren jährlich 30<br />

Millionen Euro in die Optimierung<br />

des Wehrdienstes und messen die<br />

Zufriedenheit über Befragungen. Die<br />

wesentlichen Parameter haben sich<br />

dabei zuletzt um durchschnittlich<br />

acht Prozent ins Positive entwickelt.<br />

Den Punkt „Planbarkeit der Freizeit“<br />

sehen nun deutlich mehr Grundwehrdiener<br />

positiv, beim „Lösen von<br />

Probleme der Rekruten“ haben wir<br />

nun hohe Zustimmung und bei der<br />

„Sinnvermittlung der Ausbildung“<br />

stieg die Zustimmung stark an. Die<br />

Sympathiewerte des Bundesheeres<br />

sind parallel dazu stark gestiegen.<br />

Hameseder: Diese Entwicklungen<br />

bemerken wir auch schon in der<br />

Miliz, trotzdem muss man geduldig<br />

sein. Eine positive Entwicklung kann<br />

nachhaltig nicht über Nacht passieren.<br />

Für mich ist nicht Geschwindigkeit,<br />

sondern Qualität entscheidend,<br />

und dazu ist es wichtig, dass die<br />

Kommandanten aller Ebenen hinter<br />

dem neuen Weg stehen.<br />

Reißner: Der Erfolg stellt sich ein<br />

und kommt nicht von ungefähr. Die<br />

Streitkräfte haben einen Corporate-<br />

Behaviour-Prozess gestartet, bei<br />

dem Soldatinnen und Soldaten mit<br />

Expertinnen und Experten an Verbesserungen<br />

arbeiten. Die Ergebnisse<br />

werden über Kader- und Ausbilderkonferenzen<br />

und über die Seminarreihe<br />

Lenken-Leiten-Führen in<br />

die Streitkräfte weitergetragen.<br />

ATTRAKTIVIERUNG DES<br />

GRUNDWEHRDIENSTS<br />

Nach der Volksbefragung zur Wehrpflicht hat das Bundesheer 180 Maßnahmen<br />

zur Attraktivierung in Angriff genommen, von denen die<br />

meisten bereits umgesetzt sind. Ein Grundwehrdiener kann sich heute<br />

zwischen den Ausbildungsgängen Funktionssoldat oder Einsatzsoldat<br />

für Inland oder Ausland entscheiden. Für Einsatzsoldaten sind die Module<br />

Militärische Spezialisierung sowie Schutz und Hilfe und für Funktionssoldaten<br />

Militärisches Berufspraktikum und Cybersicherheit<br />

vorgesehen. Darüberhinaus werden Wahlpflichtmodule angeboten,<br />

von denen eines zu wählen ist. Es sind dies Schießen, Sport, vertiefende<br />

Selbst- und Kameradenhilfe, sprich Erste Hilfe, und Sprachausbildung in<br />

Deutsch. Das Pflichtmodul Katastrophenhilfe müssen alle durchlaufen.<br />

Weitere Maßnahmen zielen darauf ab, das Verhalten gegenüber den<br />

Grundwehrdienern zu verbessern, die Infrastruktur zu modernisieren<br />

oder das Kaderpersonal zu motivieren. Das Führungskräftefeedback,<br />

ein bereits eingeführtes Verfahren, wurde dahingehend adaptiert, den<br />

Erfolg der Maßnahmen zu messen.<br />

Welche Note würden Sie dem<br />

neuen Grundwehrdienst vor dem<br />

Hintergrund dieser Entwicklung<br />

geben?<br />

Hameseder: Note 3, und es geht weiter<br />

Richtung Sehr gut, das muss das<br />

Ziel sein.<br />

Reißner: Es ist „en vogue“, staatliche<br />

Institutionen zu kritisieren, aber wir<br />

sind definitiv am richtigen Weg und<br />

auf der richtigen Schiene. Im Übrigen<br />

rechne ich in nächster Zeit mit<br />

einem neuen Sicherheitsbewusstsein.<br />

Was ist noch zu tun?<br />

Hameseder: Anlässlich meiner<br />

Amtsübernahme hat der Herr<br />

Bundesminister zu mir gesagt: „Die<br />

Miliz ist für den Einsatz da.“ Dieser<br />

Auftrag ist ernst zu nehmen, vielleicht<br />

stehen wir sogar mittelfristig<br />

davor. Auch das bringt uns langfristig<br />

Wertschätzung, wenn wir Aufträge<br />

erledigen und wenn uns in der<br />

öffentlichen Wahrnehmung zugetraut<br />

wird, dass wir einen Auftrag<br />

sauber erfüllen können.<br />

Reißner: Wir sollten in eine weitere<br />

Phase der Attraktivierung treten,<br />

damit der Grundwehrdienst noch<br />

mehr mit der Lebenssituation der<br />

jungen Leute vereinbar wird. Es geht<br />

weiter entsprechend meinem Motto:<br />

Entweder wir finden einen Weg,<br />

oder wir schaffen einen.<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / M A R C E L PA I L<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Fotos: Bundesheer/Harald Minich/Julia Fenyvesi<br />

Hubschrauberpilot<br />

Soldat<br />

im Auslandseinsatz<br />

Truppenärztin<br />

Panzergrenadier<br />

Entminungsdienstexperte<br />

Textiltechnikerin<br />

Unser<br />

Heer<br />

Grundwehrdiener<br />

bei der ABC-Abwehr<br />

Milizsoldat<br />

Gebirgsjäger<br />

hat viele<br />

Gesichter<br />

Die Menschen sind die größte Stärke und<br />

das wertvollste Gut des Bundesheeres.<br />

Ihre Qualität, Professionalität und<br />

Motivation sind ausschlaggebend für<br />

die Erfüllung der Aufträge und Aufgaben<br />

des Bundesheeres.<br />

Lehrling<br />

Heeresleistungssportler<br />

Pionier<br />

www.facebook.com/bundesheer


0 3 6<br />

H E E R & M E H R<br />

DIE<br />

TALSOHLE<br />

HABEN WIR HINTER UNS<br />

K<br />

ktuell stehen rund<br />

1.500 Soldaten im<br />

Assistenzeinsatz,<br />

bis zu 2.200 könnten<br />

es werden. Wie<br />

viel Image- und<br />

Erfahrungsgewinn ergibt sich<br />

daraus für das Bundesheer?<br />

Der laufende Einsatz zeigt einmal<br />

mehr: Das Österreichische Bundesheer<br />

ist unverzichtbar, wenn der<br />

Ernstfall eintritt. Die Armee ist das<br />

Sicherheitsnetz der Republik. Wenn<br />

andere Organisationen an ihre<br />

Grenzen stoßen, stehen unsere<br />

Soldatinnen und Soldaten bereit,<br />

um zu helfen.<br />

Lassen sich darüber hinaus aus<br />

dem Assistenzeinsatz weitere<br />

positive Auswirkungen für das<br />

Bundesheer ableiten?<br />

Der Assistenzeinsatz ist eine ausgezeichnete<br />

Gelegenheit, um unsere<br />

Zusammenarbeit mit anderen Einsatzorganisationen<br />

auf den Prüfstand<br />

zu stellen. Die Zusammenarbeit<br />

mit der Polizei und mit der Rettung<br />

funktioniert wie ein fein abgestimmtes<br />

Uhrwerk. Man sieht das<br />

in Nickelsdorf und in Salzburg sehr<br />

gut. Aber es gibt immer Dinge, die<br />

man verbessern kann. Darum<br />

profitieren wir von jedem Einsatz.<br />

Trotz aller Vorteile ist im Zuge des<br />

aktuellen Assistenzeinsatzes auch<br />

die Budgetknappheit wieder Thema.<br />

Ist mittlerweile klar, wer die<br />

entstehenden Mehrkosten tragen<br />

muss, beziehungsweise wann rechnen<br />

Sie hier mit einer Regelung?<br />

Verteidigungsminister Gerald Klug blickt „vorsichtig<br />

optimistisch“ in die Zukunft des Bundesheeres. Ein<br />

Gespräch über den Assistenzeinsatz, die Budgetlage<br />

und den Status quo der Wehrdienstreform.<br />

Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

In erster Linie geht es jetzt einmal<br />

darum, dass rasch und spürbar geholfen<br />

wird. Das tun wir jetzt. Die<br />

Frage nach der Finanzierung werden<br />

wir zum geeigneten Zeitpunkt beantworten.<br />

Klar ist, dass sowohl für<br />

die Polizei als auch für das Bundesheer<br />

ein Mehraufwand entsteht.<br />

Ich gehe davon aus, dass der auch<br />

gedeckt wird.<br />

Wie würden Sie die aktuelle<br />

Budgetsituation des Bundesheeres<br />

insgesamt beschreiben?<br />

Ich bin vorsichtig optimistisch. Wir<br />

setzen Reformen und werden uns so<br />

Spielraum für Investitionen erarbeiten.<br />

Gleichzeitig hat die Regierung<br />

ein großes Investitionspaket beschlossen.<br />

Wir nehmen 616 Millionen<br />

Euro für neues Gerät, die Infrastruktur<br />

und den neuen Grundwehrdienst<br />

in die Hand. Die Truppe<br />

wird dieses Geld spüren. Wir werden<br />

in die Ausrüstung unserer Soldatinnen<br />

und Soldaten investieren,<br />

Fahrzeuge beschaffen und die Luftstreitkräfte<br />

modernisieren. Es geht<br />

wieder bergauf.<br />

Es ist also eine Entspannung und<br />

keine Verschärfung der Lage gegenüber<br />

dem Vorjahr feststellbar?<br />

Unser Budget wird in den kommenden<br />

Jahren wieder ansteigen und<br />

sich wieder über zwei Milliarden<br />

Euro einpendeln. Die Talsohle haben<br />

wir also hinter uns.<br />

Sind von der Budgetknappheit<br />

Maßnahmen zur Attraktivierung<br />

des Grundwehrdiensts betroffen,<br />

oder läuft dabei alles planmäßig?<br />

Der neue Grundwehrdienst war für<br />

mich von Anfang an tabu. Wir investieren<br />

zusätzliche 30 Millionen<br />

Euro pro Jahr, damit er abwechslungsreicher,<br />

sinnvoller und damit<br />

attraktiver wird. Dieses Geld ist fix<br />

eingeplant und wird zielgerichtet<br />

investiert.<br />

Inwieweit läuft auch bei der<br />

Attraktivierung und dem geplanten<br />

Aufwuchs der Miliz alles nach<br />

Plan?<br />

Die Attraktivierung des Wehrdienstes<br />

läuft gut. Wir haben über<br />

75 Prozent aller geplanten Maßnahmen<br />

umgesetzt. Da fällt ein<br />

breiteres Sportangebot genauso<br />

darunter wie Wahlmodule in der<br />

Ausbildung und Änderungen im<br />

Dienstbetrieb. Der Rest wird Stück<br />

für Stück abgearbeitet. Teilweise<br />

sind das Langzeitprojekte, die meh-<br />

FOTO : B U B U D U J M I C<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

„Die Attraktivierung des<br />

Wehrdienstes läuft<br />

gut. Wir haben über<br />

75 Prozent aller geplanten<br />

Maßnahmen umgesetzt.“<br />

rere Jahre in Anspruch nehmen<br />

werden. Bei der Verbesserung der<br />

Infrastruktur etwa. Bei der neuen<br />

Miliz passieren derzeit mehrere<br />

Dinge gleichzeitig: Wir üben verstärkt<br />

nach dem neuen Grundauftrag,<br />

also dem Schutz kritischer Infrastruktur.<br />

Gleichzeitig verbessern<br />

wir die Ausrüstung. Dafür nehmen<br />

wir in den kommenden Jahren 77<br />

Millionen Euro in die Hand. Und<br />

die Rekrutierung für neue Milizkompanien<br />

läuft an. Wir wollen<br />

zwölf zusätzliche Kompanien bis<br />

2018 auf die Beine stellen. Ein ambitioniertes<br />

Programm, das wir mit<br />

voller Kraft in Angriff nehmen.<br />

Zuletzt wurden neue Duellsimulatoren<br />

angeschafft. Mit welchen<br />

weiteren Beschaffungen und Maßnahmen<br />

ist in den kommenden<br />

Monaten zu rechnen?<br />

Die Duellsimulatoren sind ein wichtiger<br />

Mosaikstein. Ich bin froh darüber,<br />

dass wir das unter Dach und Fach haben.<br />

Alle unsere Befragungen haben<br />

gezeigt: Wenn sich die Burschen für<br />

das Militär entscheiden, dann wollen<br />

sie auch Militär erleben. Darum wird<br />

es künftig mehr Schieß- und Gefechtsausbildung<br />

geben. Wir wollen<br />

aber auch in die Infrastruktur investieren.<br />

Abgewohnte Kasernen sind<br />

natürlich ein Problem, das sich nicht<br />

von heute auf morgen lösen lässt.<br />

Aber wir werden auch hier Schritt für<br />

Schritt Verbesserungen machen.<br />

Kommen wir abschließend noch zur<br />

Zentralstellenreform: Wie ist hier<br />

der Stand der Dinge und wie sehen<br />

die nächsten Schritte aus?<br />

Die Zentralstellenreform hat ein klares<br />

Ziel: Wir wollen ein modernes<br />

Management für die Armee schaffen.<br />

Klare Verantwortlichkeiten, weniger<br />

Bürokratie und ein schlankeres Ministerium,<br />

da wollen wir hin. Mein<br />

Generalstabschef, General Commenda,<br />

arbeitet jetzt an den Details. Mitte<br />

2016 soll die neue Struktur stehen.


0 3 8 k o n t r o V<br />

GASTKOMMENTAR<br />

MISSBRAUCH DES<br />

BUNDESHEERES<br />

e r s e<br />

?<br />

Im September wurde zur Bewältigung der Flüchtlingskrise ein<br />

Assistenzeinsatz des Bundesheeres beschlossen. Wir haben<br />

die Wehrsprecher der Parteien befragt, inwieweit der Einsatz<br />

aus ihrer Sicht weit genug geht. Umfrage: HANS SCHNEEWEISS<br />

Geht der<br />

Assistenzeinsatz<br />

weit genug?<br />

GASTKOMMENTAR<br />

EINSATZ MACHT SINN<br />

PETER PILZ ist Sicherheitssprecher der Grünen.<br />

CHRISTOPH VAVRIK<br />

ist Wehrsprecher der Neos.<br />

die aufgaben des Bundesheeres<br />

sind im art. 79 B-Vg klar<br />

geregelt. kernauftrag ist die<br />

militärische landesverteidigung. assistenzeinsätze<br />

im inland sind nur unter<br />

bestimmten Bedingungen erlaubt. der<br />

einsatz in der Flüchtlingsversorgung<br />

als „unterstützungsleistung“ (durch erlass<br />

„bewilligt“!) war eine umgehung<br />

vom art. 79 und begann daher bereits<br />

mit einem Verfassungsbruch. der gewaltige<br />

migrationsstrom richtung<br />

europa stellt natürlich auch eine humanitäre<br />

Herausforderung dar. die Hilfeleistung<br />

an die migranten ist ein gebot<br />

der stunde. die Frage stellt sich: ist das<br />

Bundesheer dafür die richtige organisation?<br />

oder greift man darauf zurück,<br />

weil die regierung versagt und zu spät<br />

reagiert hat? die überstürzte anordnung<br />

des assistenzeinsatzes deutet auf<br />

letzteres. ein assistenzeinsatz, der sich<br />

übrigens weitgehend auf transport-,<br />

Verpflegungs- und unterbringungsleistungen<br />

beschränkt und wenig mit<br />

der „aufrechterhaltung von ordnung<br />

und sicherheit“ laut art. 79 gemeinsam<br />

hat. der Verfassungsbruch und<br />

der missbrauch des Bundesheeres als<br />

„mädchen für alles“ setzt sich fort.<br />

die unterstützung von Zivilgesellschaft, Hilfsorganisationen<br />

und Polizei durch das Bundesheer bei der erbringung<br />

humanitärer und logistischer leistungen zur<br />

Versorgung der ankommenden und durchreisenden Flüchtlinge<br />

ergibt angesichts der sonst ungenützten kapazitäten<br />

durchaus sinn. das Bereitstellen von Zelten, Bussen und Feldküchen<br />

etwa kann einen wichtigen Beitrag darstellen. darüber hinaus sollten<br />

vermehrt auch die unterbringungsmöglichkeiten in kasernen genützt werden.<br />

Hoheitliche Polizeiaufgaben dürfen dagegen nicht dem Bundesheer übertragen<br />

werden, da hier die notwendige ausbildung über die rechtlichen grundlagen<br />

fehlt. ein weitergehender assistenzeinsatz erscheint nicht erforderlich.<br />

GASTKOMMENTAR<br />

SCHUTZ UND HILFE<br />

OTTO PENDL ist Sicherheitssprecher der SPÖ.<br />

Für den sicherheitspolizeilichen assistenzeinsatz gibt es<br />

klare verfassungsrechtliche und wehrgesetzliche Vorgaben,<br />

wann das Bundesheer angefordert werden<br />

darf: der einsatz des Bundesheeres erfolgt erst dann, wenn<br />

eine krise durch zivile einsatzkräfte alleine nicht mehr bewältigt<br />

werden kann. die aufgaben und Befugnisse der soldatinnen<br />

und soldaten sind in relation zu den zivilen kapazitäten zu sehen.<br />

die konkreten übertragenen aufgaben und Befugnisse ergeben sich aus<br />

der jeweiligen Behördenweisung, im konkreten Fall vom Bmi an das BmlVs.<br />

Bestens ausgebildete kaderpräsenzsoldaten haben in enger Zusammenarbeit<br />

mit der Polizei kontrollen im grenzraum, transportaufgaben, absicherungs-<br />

und ordnungstätigkeiten übernommen. Parallel dazu unterstützen<br />

soldatinnen und soldaten seit anfang august das innenministerium: sie<br />

bauen Zelte auf, richten unterkünfte ein, transportieren Flüchtlinge und<br />

verpflegen sie. das Bundesheer tut somit im rahmen seiner Befugnisse alles,<br />

um die sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten und eine bestmögliche<br />

humanitäre Versorgung der hilfsbedürftigen menschen sicherzustellen.<br />

Foto s : Pa r l a m e n ts d i r e k t i o n / W i l k e , Pa r l a m e n ts d i r e k t i o n / B i l dag e n t u r Zo l l e s kg / m i k e r a n Z , d i e g r ü n e n ; n e o s , F P Ö<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


M E I N U N G<br />

GASTKOMMENTAR<br />

MILIZ & GWD EINSETZEN<br />

BERND SCHÖNEGGER ist Sprecher für<br />

Landesverteidigung der ÖVP.<br />

Zuvor ist die Frage zu klären, ob ein<br />

solcher Assistenzeinsatz rechtens ist<br />

und dem Legalitätsprinzip entspricht.<br />

Die vielerorts geäußerte Kritik, wonach das<br />

Bundesheer wohl keine „neue Heilsarmee“<br />

sein könne, teile ich uneingeschränkt.<br />

Unter der Annahme, dass dieser Assistenzeinsatz als echter<br />

Sicherheitspolitischer Assistenzeinsatz durchgeführt wird,<br />

und die wirklich dramatischen Flüchtlingszahlen an der Ostund<br />

Südgrenze der Republik anhalten und dadurch die Sicherheitslage<br />

unübersichtlicher werden könnte, denke ich, sind<br />

wir mit der derzeitigen Strategie, „nur“ KGE und KPE einzusetzen,<br />

bald an den Kapazitätsgrenzen angekommen. Damit<br />

wäre die Zeit für das partnerschaftliche Miteinander im Einsatz<br />

mit einer aufgewachsenen, ausgestatteten, kurz: funktionierenden<br />

Miliz sowie gut ausgebildeter Grundwehrdiener<br />

gekommen. Dazu bräuchte es aber politischen Mut, den<br />

es angesichts der budgetären und strukturellen Lage des<br />

Bundesheeres in den letzten Jahren sehr oft gebraucht hätte.<br />

Aber vielleicht liegt ja in dieser fordernden Situation auch eine<br />

Chance, dazu bräuchte es aber wieder politischen Instinkt.<br />

GASTKOMMENTAR<br />

WIEDER AUFBAUEN<br />

REINHARD E. BÖSCH ist Wehrsprecher der<br />

FPÖ.<br />

Die Notwendigkeit zu einem Assistenzeinsatz<br />

im Rahmen der chaotischen<br />

Situation an den Staatsgrenzen<br />

macht deutlich, dass jeder Staat<br />

eine strategische Handlungsreserve benötigt,<br />

um nicht schnell an das Ende seiner<br />

Handlungsfähigkeit zu gelangen. Dafür sieht die Bundesregierung<br />

in ihren Konzepten das Bundesheer vor, hat aber in<br />

sicherheitspolitischer Kurzsichtigkeit begonnen, die Strukturen<br />

der Armee aufzulösen. Im Interesse der österreichischen Bürger<br />

müssten aber die Landesverteidigung und die Assistenzfähigkeit<br />

erste Priorität sein. Dies macht die Sicherstellung einer flächendeckenden<br />

Struktur des Bundesheeres notwendig, um bei Naturkatastrophen<br />

und zum Schutz gegen neue Bedrohungen, wie<br />

sie der internationale Terrorismus und die jetzt auftretende massenhafte<br />

illegale Immigration darstellen, ausreichend Kräfte zur<br />

Assistenz aufbieten zu können. Um eine Ausweitung des sicher<br />

notwendigen Assistenzeinsatzes möglich zu machen, muss Bundesminister<br />

Klug umgehend seine Kaputtsparpolitik beenden<br />

und im Rahmen der Erstellung des neuen Budgets ausreichend<br />

Mittel erkämpfen, um das Bundesheer wieder aufzubauen.


0 4 0 H E E R & M E H R<br />

„ICH MÖCHTE MICH<br />

BEIM BUNDESHEER<br />

BEDANKEN!“<br />

Bundespräsident Heinz Fischer feiert heuer das letzte Mal als Oberbefehlshaber<br />

des Bundesheeres den Nationalfeiertag. Wir haben mit ihm vorab einen<br />

Blick zurück auf 60 Jahre Bundesheer geworfen und über aktuelle<br />

Bedrohungsszenarien diskutiert. Interview: OBERST DIETER MUHR<br />

Herr Bundespräsident,<br />

Sie haben die Entwicklung<br />

des Bundesheeres<br />

von seiner Gründung<br />

1955 weg begleitet und<br />

sind aktuell dessen<br />

Oberbefehlshaber. Wenn Sie jetzt einen<br />

Blick zurück werfen: Welche waren<br />

für Sie in diesen 60 Jahren die bedeutendsten<br />

Tage des Bundesheeres?<br />

Das waren zweifellos jene, wo das Bundesheer<br />

seine verfassungsmäßige Aufgabe<br />

der militärischen Landesverteidigung<br />

erfüllen musste und konnte. Dies war<br />

kurz nach seiner Gründung die Ungarnkrise<br />

1956, die Ereignisse 1968 oder der<br />

Einsatz zur Sicherung der Grenze beim<br />

Zerfall Jugoslawiens. Aber auch die herausfordernden<br />

Assistenzeinsätze nach<br />

Naturkatastrophen, nach dem GAU<br />

von Tschernobyl und die Sicherung der<br />

seinerzeitigen Schengen-Grenze seien<br />

erwähnt. All diese Einsätze wurden<br />

professionell durchgeführt, unserer<br />

Heimat und den Menschen wurde<br />

damit effektiv Schutz und Hilfe gegeben.<br />

Sie gelten als Anhänger der Wehrpflicht<br />

und des Grundwehrdienstes.<br />

Sehen Sie Ihre Ansicht vor dem Hintergrund<br />

der jüngsten sicherheitspolitischen<br />

Entwicklungen rund um<br />

Österreich und Europa bestätigt?<br />

Am 26. Oktober 1955, also vor 60 Jahren,<br />

hat sich unser Land in einem Verfassungsgesetz<br />

als neutraler Staat deklariert<br />

und verpflichtet, keinem Militärbündnis<br />

beizutreten und keine militärischen<br />

Stützpunkte fremder Staaten auf<br />

seinem Gebiet zuzulassen und unsere<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

Neutralität mit allen zu Gebote stehenden<br />

Mitteln zu verteidigen. In Übereinstimmung<br />

mit dieser Grundsatzentscheidung<br />

wurde auch das Bundesheer<br />

wieder aufgebaut und auf Basis der allgemeinen<br />

Wehrpflicht organisiert. Die<br />

Grundüberlegung war, dass die Verteidigung<br />

unseres Landes und der Schutz<br />

von Friede und Freiheit, aber auch die<br />

Hilfe in großen Katastrophenfällen<br />

eine Aufgabe ist, die unser ganzes Gemeinwesen<br />

betrifft. Ich bin der festen<br />

Überzeugung, dass wir als Staatsbürger<br />

in einem demokratischen Land Rechte<br />

und Pflichten haben und dass eine vom<br />

Gesetzgeber in sinnvoller Weise geregelte<br />

Mitwirkung an der Sicherheit unseres<br />

Landes und beim Katastrophenschutz<br />

zu diesen Bürgerpflichten zählt.<br />

Eine Alternative zur Wehrpflicht<br />

gibt es aus ihrer Sicht also nicht?<br />

Nein, ich kann nicht erkennen, welche<br />

sicherheitspolitischen Entwicklungen<br />

einem durch die Bundesverfassung<br />

vorgegebenen, nach den Grundsätzen<br />

eines Milizsystems aufzubauenden<br />

Bundesheeres und damit einhergehender<br />

Wehrpflicht, entgegenstehen würden.<br />

Im Gegenteil orte ich in unserem<br />

bewährten Mischsystem aus Berufssoldaten,<br />

Wehrpflichtigen und Miliz große<br />

Vorteile, um gegenwärtigen und<br />

künftigen Herausforderungen erfolgreich<br />

begegnen zu können.<br />

Sie haben 1958 ihren Präsenzdienst<br />

geleistet. Wie haben Sie den Wehrdienst<br />

in Erinnerung?<br />

Als Wehrpflichtiger eines der ersten<br />

Einrückungstermine habe ich als Ausbildner<br />

schon in jungen Jahren Verantwortung<br />

für Menschen und Material<br />

übernommen. Und das auch in gelände-<br />

und witterungsmäßig herausforderndem<br />

Umfeld, wie etwa beim Errichten<br />

und Betreiben einer Funkstation<br />

im Gebirge. Vor allem habe ich in<br />

dieser Zeit aber tragfähige Freundschaften<br />

geschlossen, die bis heute<br />

aufrecht sind.<br />

Werden die aktuellen Aufgabenstellungen<br />

des Bundesheeres in Zukunft<br />

an Bedeutung gewinnen?<br />

Wir leben in einer Zeit der Umbrüche<br />

und das Szenario der potenziellen Bedrohungen<br />

ist sehr volatil. Durch das<br />

Auftreten von zunehmend fanatisierten<br />

und radikalisierten Akteuren und<br />

deren zum Teil irrationales Handeln<br />

wird es zunehmend schwieriger, mögliche<br />

Entwicklungen in Krisen- und<br />

Kriegsregionen abzusehen. Die Verteidigung<br />

der staatlichen Souveränität<br />

war, ist und wird auch künftig, von<br />

höchster Bedeutung für ein freies und<br />

unabhängiges Österreich sein. Das<br />

Bundesheer ist die strategische Reserve<br />

Österreichs. Es hat die ihm verfassungsmäßig<br />

übertragenen Aufgaben,<br />

auch unter manchmal sehr schwierigen<br />

Rahmenbedingungen, stets erfolgreich<br />

und zum Wohle der Bevölkerung<br />

erfüllt. Durch den ständigen<br />

Kontakt mit der militärischen Führungsspitze<br />

und im Rahmen von<br />

Truppenbesuchen bin ich der festen<br />

Überzeugung, dass dies auch in<br />

Zukunft so sein wird.<br />

Heuer feiern Sie das letzte Mal als<br />

Oberbefehlshaber des Bundesheeres<br />

den Nationalfeiertag. Mit welchen<br />

Gefühlen begehen Sie diesen Tag?<br />

Am Nationalfeiertag gedenken wir<br />

eines der wichtigsten, wenn nicht<br />

des wichtigsten Marksteines unserer<br />

jüngeren Geschichte, nämlich der<br />

Erlangung der vollen staatlichen<br />

Souveränität. Dieses Ereignis ist historisch<br />

untrennbar verwoben mit<br />

der Beschlussfassung des Neutralitätsgesetzes.<br />

Ich begehe daher auch<br />

den 26. Oktober <strong>2015</strong> mit großer<br />

Dankbarkeit dafür, dass es uns gegönnt<br />

ist, in einem freien, souveränen,<br />

sicheren und trotz manch aktueller<br />

Probleme wirtschaftlich prosperierenden<br />

Land zu leben. Dazu hat<br />

auch das Bundesheer seinen bedeutsamen<br />

Beitrag geleistet. Wenn ausländische<br />

Persönlichkeiten die Professionalität<br />

des Bundesheeres bei<br />

der Teilnahme an internationalen<br />

Missionen und die dabei erbrachten<br />

Leistungen der österreichischen Soldatinnen<br />

und Soldaten wiederholt<br />

lobend hervorheben, erfüllt mich<br />

dies mit Stolz. Dafür möchte ich<br />

mich als Oberbefehlshaber, gerade<br />

an diesem für mich besonderen Nationalfeiertag,<br />

bei allen Angehörigen<br />

des Bundesheeres in ganz besonderer<br />

Weise bedanken.<br />

Was wünschen Sie dem Bundesheer<br />

für die nächsten 60 Jahre?<br />

Ich wünsche allen jetzigen und künftigen<br />

Soldatengenerationen, in ihrer<br />

verantwortungsvollen Profession<br />

stets Erfüllung zu finden und möge<br />

das Bundesheer in 60 Jahren eine<br />

Rückschau auf 120 Jahre Bundesheer<br />

halten können, die einen Kriegseinsatz<br />

nicht mit einschließen muss.<br />

FOTO S : H B F/ P E T E R L E C H N E R , P R I VAT<br />

PRÄSENZDIENST ABGELEISTET Einblicke in Heinz Fischers (im Bild links vorne links und im Bild rechts vorne rechts) Zeit beim Bundesheer.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 2 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

60 JAHRE<br />

1955 wurde das Österreichische<br />

Bundesheer neu aufgestellt.<br />

60 Jahre später feiern die rotweiß-roten<br />

Streitkräfte ihren<br />

runden Geburtstag bei der<br />

großen Leistungsschau des<br />

Bundesheeeres am Heldenplatz.<br />

Text: STEFAN TESCH<br />

HEE<br />

Von der B-Gendarmerie bis zum aktuellen Assistenzeins<br />

1955<br />

NEUANFANG Durch<br />

den Staatsvertrag erlangt<br />

Österreich seine Souveränität<br />

zurück und das<br />

Bundesheer wird aus<br />

der B-Gendarmerie<br />

gebildet. Ein Jahr später<br />

wird das Bundesministerium<br />

für Landesverteidigung<br />

gegründet und die<br />

ersten Wehrpflichtigen<br />

rücken ein, die Wehrpflicht<br />

wird mit neun<br />

Monaten festgelegt.<br />

1960<br />

UN-MISSION Erster Auslandseinsatz<br />

im Rahmen der<br />

UN-Mission im Kongo mit<br />

einem Sanitätskontingent<br />

(„UN-Sanitätskontingent<br />

der Republik Österreich“),<br />

das bei der Ankunft als vermeintliche<br />

verkleidete Belgier<br />

gefangen genommen<br />

wurde und von Blauhelmen<br />

befreit werden musste.<br />

FOTO S : H B F/ F I D I , B U N D E S H E E R , H B F<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


6 0 J A H R E B U N D E S H E E R<br />

it der Unterzeichnung<br />

des Staatsvertrages<br />

im Jahr 1955<br />

R M wurde das Bundesheer<br />

aus der Taufe<br />

gehoben. Bereits drei Jahre davor war<br />

die Grundlage dafür entstanden:<br />

Die „Alarmbataillone“ wurden zur<br />

B-Gendarmerie, einer 7.500 Mann<br />

starken Bereitschaftstruppe mit militärischen<br />

Strukturen. Heute, 60 Jahre<br />

später, begeht das Bundesheer sein<br />

rundes Jubiläum im Rahmen der großen<br />

Leistungsschau am Nationalfeiertag<br />

auf dem Heldenplatz. Aus dem<br />

Fundus des Heeresgeschichtlichen<br />

Museums werden dort unter anderem<br />

der „alte“ Abfangjäger Saab Draken<br />

sowie der Kampfpanzer M60 zu sehen<br />

sein (mehr dazu ab Seite 44).<br />

Traditionell beginnt der Nationalfeiertag<br />

mit einem Gottesdienst in der<br />

Krypta mit anschließender Kranzniederlegung<br />

durch die Bundesregierung.<br />

Auf zwölf Themeninseln präsentiert<br />

sich das Bundesheer danach<br />

mit ausgestellten Waffen und Gerät<br />

sowie dynamischen Vorführungen.<br />

Begleitet wird die Leistungsschau<br />

durch Live-Moderation, und am 26.<br />

Oktober findet die feierliche Angelobung<br />

von mehr als 1.000 Rekruten<br />

statt. Unter dem Motto „Wir laufen<br />

für Kira“ stellen sich Soldaten und<br />

Bundesheer-Leistungssportler bei<br />

einem Spendenlauf am 23. Oktober<br />

für die verunglückte Kira Grünberg in<br />

den Dienst der guten Sache. Sie wollen<br />

auf Laufbändern in 24 Stunden so<br />

viele Kilometer wie möglich zurücklegen,<br />

wobei jeder Kilometer durch<br />

Firmen in Geld umgewandelt wird.<br />

Publikumsmagnete sind neben den<br />

Panzern (Ulan und Leopard) auch die<br />

Hubschrauber (Black Hawk, Agusta<br />

Bell 212, OH-58 Kiowa) und das realitätsgetreue<br />

Modell des Eurofighters<br />

samt Originalcockpit. Die Katastrophenhilfeeinheit<br />

AFDRU und die<br />

ABC-Abwehrtruppe zeigen, worauf<br />

es in ihren Einsätzen ankommt, und<br />

Soldaten des Entminungsdiensts geben<br />

Einblicke in ihren nervenaufreibenden<br />

Job. Vor dem äußeren Burgtor<br />

„wacht“ die Militärstreife und<br />

präsentiert Spezialgeräte für Einsätze<br />

im In- und Ausland. Eine außergewöhnliche<br />

Show liefert das Jagdkommando:<br />

Im Tauchcontainer kann man<br />

den Kommandotauchern der Spezialeinheit<br />

bei der Ausführung von Unterwasserarbeiten<br />

zusehen.<br />

Neben den präsenten Verbänden ist<br />

auch die Miliz am Heldenplatz vertreten.<br />

Am Stand der beiden Wiener<br />

Bataillone erleben Besucher hautnah,<br />

was Leben im Feld bedeutet. Am<br />

Stand des Amtes für Rüstung und<br />

Wehrtechnik können Besucher ihre<br />

Schießfertigkeiten unter Beweis stellen.<br />

Besonderes Highlight: Pistolenschießen<br />

bei Nacht im Schießkino.<br />

Und wer etwas für seinen Körper tun<br />

möchte, ist im Zelt des Heeressportzentrums<br />

richtig. Dort warten kostenlose<br />

Checks der Gesundheitswerte.<br />

satz: Eine Zeitreise durch sechs Jahrzehnte Bundesheer<br />

1990<br />

1974<br />

UNGLÜCK Erste Todesopfer durch einen<br />

Minenunfall beim Auslandseinsatz am Golan.<br />

Bald darauf folgten Tote bei Kämpfen auf Zypern.<br />

1975<br />

ALTERNATIVE Möglichkeit des<br />

Zivildienstes wird geschaffen.<br />

1985<br />

LUFTRAUMÜBERWA-<br />

CHUNG Anschaffung<br />

von 24 Saab Draken.<br />

GRENZEINSATZ Beginn des<br />

Assistenzeinsatzes Grenzraumüberwachung<br />

an der<br />

Grenze zu Ungarn und der<br />

Slowakei. Ursprünglich war<br />

er für die Dauer von zehn<br />

Wochen geplant.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 4 H E E R & M E H R<br />

JEEP, DRAKEN UND M60<br />

AM NATIONALFEIERTAG<br />

Das Bundesheer zeigt anlässlich seines 60. Geburtstags bei der großen Leistungsschau<br />

am Wiener Heldenplatz historisches Gerät. Vom Kampfpanzer M60 über den<br />

Saab Draken und Schützenpanzer Saurer bis hin zur schweren Feldhaubitze MA1.<br />

Kampfpanzer M60 A3<br />

Die ersten M60 (noch Version A1) aus US-amerikanischer<br />

Produktion standen ab 1964 im Dienst.<br />

20 Jahre später wurden sie modernisiert, sodass<br />

ab den 1980er-Jahren insgesamt 170 Stück A3 in<br />

zwei Bataillonen eingesetzt wurden (etwa beim<br />

Panzerbataillon 33). 1999 löste der Kampfpanzer<br />

Leopard den M60 ab.<br />

15,5 schwere Feldhaubitze MA1<br />

Mit der Entstehung des Bundesheeres 1955 übernimmt die Artillerietruppe<br />

24 Stück dieser Haubitzen, die bis 1995 im Dienst standen.<br />

Das Bundesheer führte sie unter dem Namen 15,5 schwere<br />

FH MA1, die Originalbezeichnung jedoch lautet M114. Die<br />

Mannschaft für solch ein Geschütz bestand aus elf Personen.<br />

1991<br />

LANDESVERTEIDIGUNG<br />

Sicherungseinsatz an der<br />

Grenze zum ehemaligen<br />

Jugoslawien. Grund dafür<br />

waren Kampfhandlungen<br />

zwischen slowenischen<br />

Freiheitskämpfern und<br />

der Jugoslawischen<br />

Volksarmee. Es war der<br />

bis dato einzige Einsatz<br />

des Bundesheeres zur<br />

militärischen Landesverteidigung.<br />

1999<br />

KATASTROPHE Das Bundesheer fliegt mit Hilfe<br />

der US-Armee, Bundeswehr, französischer und<br />

Schweizer Luftwaffe 18.000 Menschen nach einem<br />

Lawinenunglück aus Galltür aus.<br />

FOTO S : H G M , B U N D E S H E E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


6 0 J A H R E B U N D E S H E E R<br />

Saab 35 OE Draken<br />

Der einsitzige Abfangjäger mit Doppeldeltaflügel<br />

war mit zwei 30mm Maschinenkanonen und Luft-<br />

Luft-Lenkwaffen vom Typ Sidewinder ausgerüstet.<br />

24 „Drachen“ waren beim Überwachungsgeschwader<br />

des Fliegerregiments 2 in Zeltweg und Graz<br />

zischen 1987 und 2005 im Dienst.<br />

Schützenpanzer<br />

Saurer mit<br />

Maschinenkanone<br />

66<br />

Vom Schützenpanzer aus österreichischer Produktion (Steyr-Daimler-Puch)<br />

gab es 1958 den ersten Prototyp. Danach wurden bis 1968<br />

unterschiedliche Versionen produziert, sie sich anhand von Motorisierung,<br />

Panzerung und Bewaffnung unterschieden. So gab es das<br />

Fahrzeug auch in einer Sanitätsausführung. 2002 ersetzte das Bundesheer<br />

den Saurer durch seinen Nachfolger, den Schützenpanzer Ulan.<br />

Steyr 680M<br />

Der „680er-Diesel“ war seit dem Ende der 1960er das Rückgrat<br />

der Personen- und Materialbeförderung im Bundesheer. Insgesamt<br />

waren rund 3.700 Stück im Einsatz. Eine dreiachsige Version wurde<br />

besonders für das<br />

Ziehen von größeren<br />

Anhängelasten<br />

(etwa Feldhaubitzen<br />

oder Feldküche)<br />

verwendet.<br />

Erst 2007 wurde<br />

er komplett ausgemustert<br />

und vom<br />

Steyr 12M18 und<br />

MAN 12.240<br />

abgelöst<br />

Jeep<br />

Ab 1955 wurde der legendäre Jeep in allen Waffengattungen<br />

als Kommando- und Trossfahrzeug verwendet.<br />

Ebenso wurde der Jeep als Waffenträgerfahrzeug<br />

eingesetzt. Auf ihm wurden schwere<br />

Maschinengewehre sowie Panzerabwehrkanonen<br />

bis zu einem Kaliber von 10,6 cm verbaut. 1965<br />

wurde er außer Dienst gestellt.<br />

2000<br />

LUFTFLOTTE Kauf von neun Black<br />

Hawk Hubschraubern als Antwort auf<br />

die mangelnde Lufttransportkapazität<br />

beim Galtür-Einsatz.<br />

2002<br />

SCHUTZ & HILFE Großer Hilfseinsatz<br />

beim Hochwasser in Niederösterreich:<br />

11.000 Soldaten sind vor Ort, 12.000<br />

Menschen werden evakuiert.<br />

2003<br />

KAUF Das Parlament beschließt den<br />

Kauf von 18 Eurofighter Typhoon um<br />

rund 1,9 Milliarden Euro.<br />

2005<br />

LEASING-JETSDie Saab Draken<br />

werden aus dem Flugdienst genommen.<br />

Die Luftraumüberwachung<br />

wird mit geleasten F-5E Tiger aus<br />

der Schweiz weitergeführt.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 6 H E E R & M E H R<br />

EIN HEER –<br />

VIELE AUFGABEN<br />

Von der militärischen Landesverteidigung bis zu Assistenzeinsätzen:<br />

Das Bundesheer hat heute – 60 Jahre nach seiner Gründung im Jahr<br />

1955 – viele Aufgaben. Ein Überblick.<br />

Liest man im Verfassungsgesetz die<br />

Aufgaben des Bundesheeres nach,<br />

steht dort an erster Stelle die militärische<br />

Landesverteidigung. Gefolgt<br />

von „Schutz der verfassungsmäßigen<br />

Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit<br />

sowie der demokratischen<br />

Freiheiten der Einwohner“, also der<br />

Schutz von Regierungseinrichtungen<br />

wie etwa Parlament, Bezirkshauptmannschaften<br />

und der Regierung<br />

selbst. Bisher war dies im Bundesheer<br />

der Zweiten Republik nur einmal<br />

der Fall, nämlich beim Sicherungseinsatz<br />

1991 an der Grenze<br />

zum ehemaligen Jugoslawien. Darüber<br />

hinaus steht das Heer für Assistenzeinsätze,<br />

etwa die Grenzraumüberwachung<br />

oder wie aktuell im<br />

Zuge der Flüchtlingskrise, bereit.<br />

Laut Statistik kamen von 1990 bis<br />

2011 rund 350.000 Soldaten zum<br />

Grenzeinsatz, sie haben etwa 90.000<br />

illegale Grenzgänger aufgegriffen.<br />

Ebenso wird das Bundesheer bei Unwetterkatastrophen,<br />

zum Beispiel<br />

Hochwasser oder Lawinenabgänge,<br />

zur Evakuierung von Betroffenen sowie<br />

zu Aufräumarbeiten, herangezogen.<br />

Im Gesetz ist dies als „Hilfeleistung<br />

bei Elementarereignissen und<br />

Unglücksfällen außergewöhnlichen<br />

Umfanges“ angeführt.<br />

Darüber hinaus nimmt Österreichs<br />

Armee an Auslandseinsätzen teil. Seit<br />

1960 waren rund 100.000 Soldaten<br />

an verschiedenen Auslandsmissionen<br />

beteiligt. Die derzeit größten Kontingente<br />

stellt das Bundesheer im Kosovo<br />

mit rund 500 Soldaten, Bosnien<br />

mit 210 und Libanon mit 180. Dabei<br />

handelt es sich um friedenserhaltende<br />

Missionen.<br />

Das Heer besteht aktuell aus etwa<br />

15.000 Berufssoldaten, 8.000 Zivilbediensteten<br />

sowie 12.000 Grundwehrdienern.<br />

Hinzu kommen rund 28.000<br />

Milizsoldaten, also „Bürger in Uniform“,<br />

die zu Übungen und im Einsatzfall<br />

einberufen werden. Die meisten<br />

von ihnen gehören den zehn Miliz-Jägerbataillonen<br />

(eines pro Bundesland;<br />

Ausnahme: in Wien gibt es<br />

zwei) an, der Rest ergänzt als Milizanteil<br />

präsente Verbände. Gemäß<br />

einer Strukturreform wird die Miliz<br />

künftig wieder an Bedeutung gewinnen,<br />

bis 2018 sollen österreichweit<br />

zusätzlich zwölf Miliz-Jägerkompanien<br />

aufgestellt werden.<br />

Da die Volksbefragung vor zwei Jahren<br />

mit 60 Prozent der Stimmen für<br />

die Beibehaltung der Wehrpflicht<br />

und somit gegen ein Berufsheer ausgegangen<br />

ist, werden Grundwehrdiener<br />

auch in Zukunft den Großteil<br />

der Mannstärke des Heeres darstellen.<br />

Zwar sind per Gesetz männliche<br />

österreichische Staatsbürger wehrpflichtig,<br />

seit 1975 besteht aber auch<br />

die Möglichkeit, alternativ zum<br />

Präsenzdienst Zivildienst zu leisten:<br />

<strong>Aktuell</strong> gehen rund 40 Prozent<br />

(17.000 jährlich) der tauglichen<br />

Männer diesen Weg, 2012 waren es<br />

2007<br />

KAMPFJET Der erste Eurofighter landet in Österreich.<br />

Ein Jahr später sind die neuen Abfangjäger für die<br />

Luftraumüberwachung einsatzbereit.<br />

HILFE Größter Katastropheneinsatz<br />

des Bundesheeres in<br />

der Steiermark. In 83 Tagen<br />

werden 155.000 Arbeitsstunden<br />

zur Beseitigung von Hochwasserschäden<br />

geleistet.<br />

2009<br />

2011<br />

ENDE Der Assistenzeinsatz Grenzraumüberwachung<br />

läuft aufgrund der Erweiterung<br />

des Schengen-Raumes aus.<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R , B U N D E S H E E R / M I N I C H ,<br />

B U N D E S H E E R / G U N T E R P U S C H<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


6 0 J A H R E B U N D E S H E E R<br />

noch 30 Prozent. Das Bundesheer<br />

versucht diesem Trend mit Attraktivierung<br />

des Wehrdienstes entgegenzuwirken<br />

(siehe auch Bericht auf den<br />

Seiten 28 bis 32). So gibt es etwa im<br />

Rahmen der Basisausbildung die<br />

Wahlpflichtmodule Schießen, Sport,<br />

Sanitätsausbildung oder Sprachausbildung.<br />

Initiativen in diesem Bereich<br />

sind auch dringend notwendig:<br />

Jährlich benötigt das Bundesheer<br />

nämlich rund 22.000 Grundwehrdiener.<br />

Geburtenschwache Jahrgänge,<br />

höhere Untauglichkeitsraten und die<br />

steigende Zahl an Zivildienern treiben<br />

das derzeitige System zunehmend<br />

in Personalengpässe. Und das<br />

betrifft nicht nur den Grundwehrdienst:<br />

Aus so manchem Rekruten<br />

wird später schließlich auch ein<br />

Berufs- oder Milizsoldat.<br />

2013<br />

ABSTIMMUNG Volksbefragung<br />

zur Wehrpflicht. 60 Prozent<br />

stimmen für deren Beibehaltung.<br />

<strong>2015</strong><br />

JUBILÄUM 1955 bis <strong>2015</strong> – das<br />

Bundesheer feiert seinen 60.<br />

Geburtstag u. a. am Heldenplatz.<br />

<strong>2015</strong><br />

KRISE Im Rahmen eines Assistenzeinsatzes<br />

hilft das Bundesheer mit bis zu<br />

2.200 Soldaten bei der Bewältigung<br />

der Flüchtlingskrise.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 8 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

2<br />

1 3<br />

4<br />

AUFHALTEN&VERZÖGERN<br />

Für das Computerspiel Minecraft finden sich auf YouTube Video-Tutorials, in denen<br />

erklärt wird, wie Stolperdrahtfallen im Spiel gebaut werden. In der Benedek-Kaserne<br />

hat uns ein Pionierzug gezeigt, wie das in der realen Welt funktioniert.<br />

Text: HANS SCHNEEWEISS Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />

Zoomt man in Google Earth ganz nah<br />

an die Demarkationslinie zwischen<br />

Nord- und Südkorea, ist bei genauem<br />

Hinsehen eine dünne Zickzacklinie<br />

auszumachen. Das ist Stolperdraht,<br />

ein effektives Mittel, um die gegnerische<br />

Armee aufzuhalten und deren<br />

Vormarsch zu verzögern. Ist das Feld<br />

außerdem vermint oder wird es von<br />

Maschinengewehren unter Feuer genommen,<br />

ist ein schnelles Vorankommen<br />

praktisch unmöglich. Und das,<br />

obwohl ein Pioniertrupp zur Errichtung<br />

einer solchen Falle nur vier bis<br />

fünf Stunden benötigt.<br />

Als erstes wird der Ort für die Stolperdrahtfalle<br />

bestimmt. Der sollte dort<br />

liegen, wo der Feind mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

anrücken wird. Dann<br />

wird das Feld abgeschritten und die<br />

Anzahl der Felder festgelegt. (1)<br />

In der Pionierkiste (2) findet sich das<br />

zur Errichtung einer Stolperdrahtfalle<br />

benötigte Material und Werkzeug:<br />

50 Zentimeter lange Pflöcke, Hammer,<br />

Schlägel, Leder-Fäustlinge, Drahtschneider,<br />

Äxte, Sägen und Nägel in<br />

unterschiedlichen Dimensionen. Das<br />

wichtigste Material ist natürlich der<br />

Stacheldraht. Auf einer Rolle (3) sind<br />

1.200 Meter Draht aufgewickelt.<br />

Mit Augen- und Schrittmaß (4) wird<br />

nun die Position der Pflöcke eingemessen.<br />

Die können längs- wie breitseits<br />

zwei bis vier Meter auseinanderliegen<br />

und unterteilen schlussendlich<br />

einzelne Felder. Im Regelfall misst eine<br />

Stolperdrahtfalle drei bis vier Felder in<br />

der Breite, die Länge ist unbegrenzt.<br />

Die 50-Zentimeter-Pflöcke werden zuerst<br />

mit einem Hammer und dann mit<br />

einem Schlägel so weit in die Erde<br />

getrieben (5), bis nur noch zehn bis<br />

15 Zentimeter herausschauen. Dann<br />

werden sie mit dem Draht einmal umwickelt<br />

(6); der Draht wird mit einem<br />

sogenannten U-Nagel (7) befestigt<br />

und soll dabei nicht gespannt sein,<br />

sondern locker zwischen den beiden<br />

Pflöcken hängen. In Waldgebieten<br />

können auch Bäume zur Befestigung<br />

des Stacheldrahts benutzt werden.<br />

Der Stacheldraht wird im Viereck und<br />

diagonal gespannt (8). Damit ist die<br />

Chance am größten, dass sich jemand<br />

beim „Drübermarschieren“ darin<br />

verfängt. Abschließend wird die Falle<br />

getarnt (9). Nach ein paar Tagen hat<br />

sich das beim Aufbau niedergetrampelte<br />

Gras aufgerichtet, die Stolperdrahtfalle<br />

ist dann auf den ersten Blick<br />

kaum noch zu identifizieren.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


S E R V I C E<br />

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FACEBOOK<br />

5 6<br />

7<br />

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online und drücken Sie<br />

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militaeraktuell<br />

9


0 5 0 H E E R & M E H R<br />

„Alles in<br />

allem gefällt<br />

mir der Grundwehrdienst<br />

besser als<br />

erwartet – auch<br />

wegen des<br />

Wahlmoduls.“<br />

Rekrut Tobias Schott<br />

DER<br />

GRUNDWEHR<br />

DIENER<br />

Tobias Schott absolviert derzeit seinen Grundwehrdienst beim ersten Baupionierzug<br />

im Fliegerhorst Vogler in Linz-Hörsching und hat sich für das Wahlmodul „Sport“<br />

entschieden. Wir haben ihn an einem Tag seiner Modulausbildung begleitet.<br />

Text & Fotos: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

INTERVIEW<br />

„Ein anderes Modul kam<br />

für mich nicht infrage!“<br />

VON DER THEORIE ZUR PRAXIS Modul-Ausbildner<br />

Vizeleutnant Erich Wurm erklärt den Rekruten, worauf<br />

es beim Bocksprung ankommt. Tobias Schott hat dann<br />

keinerlei Probleme, die Hürde gleich beim ersten<br />

Versuch im Grätschsprung zu nehmen.<br />

AUSDAUER GEFRAGT Nach Kugelstoßen, Bocksprung<br />

und Sprint steht der 5.000-Meter-Lauf auf dem Programm.<br />

Rekrut Schott schafft die Distanz als Schnellster,<br />

trotz hochsommerlicher Temperaturen in 19 Minuten.<br />

Rekrut Tobias Schott ist auch abseits<br />

von Heer und Grundwehrdienst sportlich<br />

unterwegs. In seiner Heimatgemeinde<br />

zieht er beim SV Obernberg am Inn<br />

im defensiven Mittelfeld die Fäden. Auch<br />

deshalb hat er sich beim Bundesheer für<br />

das Wahlmodul „Sport“ entschieden.<br />

Wieso haben Sie keines der anderen<br />

Wahlmodule gewählt?<br />

Neben dem Modul „Sport“ wurden auch<br />

die Module „Erste Hilfe“ und „Schießen“<br />

angeboten – beides haben wir aber bereits<br />

während der Grundausbildung abgedeckt<br />

und da ich auch privat sehr sportlich bin,<br />

kam für mich kein anderes Modul infrage.<br />

Wussten Sie bei Ihrer Entscheidung<br />

bereits, dass Sie im Rahmen des Wahlmoduls<br />

das Österreichische Sport- und<br />

Turnabzeichen ÖSTA erwerben können?<br />

Nein, das war eine positive Überraschung.<br />

Insgesamt haben wir vier Modultage und<br />

an zweien stehen die ÖSTA-Bewerbe auf<br />

dem Programm. Jeder von uns möchte<br />

die Grundstufe schaffen, ich selbst würde<br />

gerne die ÖSTA-Leistungsstufe erreichen.<br />

Und wie läuft es dabei?<br />

Sehr gut. Ich habe beim Bocksprung,<br />

Sprint, Kugelstoßen und beim 5.000-Meter-Lauf<br />

die Limits geschafft. Jetzt steht<br />

nur noch das Schwimmen auf dem Programm:<br />

Wir müssen 300 Meter unter<br />

zehn Minuten und für die Leistungsstufe<br />

unter acht Minuten schwimmen können<br />

– das sollte sich eigentlich ausgehen.<br />

Wie gefällt Ihnen Ihr Grundwehrdienst<br />

abgesehen vom Wahlmodul?<br />

Ich bin im Juni eingerückt und habe meine<br />

Grundausbildung in der Zehner-Kaserne<br />

in Ried absolviert. Danach kam ich hierher<br />

nach Hörsching, wo ich im ersten Baupionierzug<br />

eingesetzt bin. Zu unseren Aufgaben<br />

gehört die Instandhaltung und Reparatur<br />

von Gebäuden, was spannender ist, als<br />

es vielleicht klingt. Wir haben zuletzt etwa<br />

den Zaun beim Munitionslager neu aufgezogen.<br />

Alles in allem gefällt mir der<br />

Grundwehrdienst besser als erwartet –<br />

auch wegen des Wahlmoduls.<br />

DAS ZIEL IM AUGE Beim 100-<br />

Meter-Sprint dürfen sich die Rekruten<br />

keinen Durchhänger leisten. Für<br />

die Grundstufe des Österreichischen<br />

Sport- und Turnabzeichens ist eine<br />

Zeit von 13,80 Sekunden nötig.<br />

ZÄHE ANGELEGENHEIT Die<br />

ersten beiden Längen im 50-Meter-<br />

Becken absolviert Tobias Schott<br />

kraulend. Danach geht ihm ein<br />

wenig die Puste aus und er wechselt<br />

ins Brustschwimmen.<br />

TOP-ZEIT Um die Leistungsstufe<br />

zu erreichen, müssen die Rekruten<br />

die 300 Meter unter acht Minuten<br />

schwimmen. Tobias Schott ist viel<br />

schneller – seine Zeit: 5:56 Minuten.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 2 H E E R & M E H R<br />

EIN IMAM FÜR<br />

DIE TRUPPE<br />

Seit einigen Monaten versieht im Bundesheer ein Militärimam Dienst.<br />

Militär <strong>Aktuell</strong> hat mit Abdulmedzid Sijamhodzic über seine Ziele<br />

und die Vereinbarkeit von Islam und Bundesheer gesprochen.<br />

Text: OBERST DIETER MUHR<br />

I<br />

m Jahr 1956 beschloss der<br />

Ministerrat die Einrichtung<br />

der Militärseelsorge. Nach<br />

der Einführung einer katholischen,<br />

evangelischen und<br />

orthodoxen Seelsorge wurde<br />

nun, knapp 60 Jahre nach dem ursprünglichen<br />

Beschluss, Abdulmedzid<br />

Sijamhodzic zum Militärimam bestellt.<br />

Konfessionell der Islamischen Glaubensgemeinschaft<br />

und dienstlich dem<br />

Verteidigungsministerium unterstellt,<br />

ist er im Unterschied zu seinen christlichen<br />

Amtskollegen allerdings kein Soldat<br />

mit Dienstgrad, sondern erscheint<br />

in zivil oder im islamischen Gebetsgewand<br />

mit Kopfbedeckung. Die Details<br />

der muslimischen Seelsorge im Bundesheer<br />

wurden zwischen dem Verteidigungsministerium<br />

und der Islamischen<br />

Glaubensgemeinschaft vereinbart.<br />

In den nächsten eineinhalb Jahren<br />

soll nun erprobt werden, ob sie von den<br />

muslimischen Soldaten (alleine im Jahr<br />

2014 haben mehr als 600 Soldaten mit<br />

muslimischem Bekenntnis ihren<br />

Grundwehrdienst geleistet) angenom-<br />

REKRuTEn bEI DER AnGELObunG In FLORIDSDORF<br />

übER DEn nEuEn MILITäRIMAM<br />

„Es ist gut, dass es jetzt auch<br />

einen islamischen Vertreter gibt,<br />

dass er Rekruten in Glaubensfragen<br />

berät und somit, kurz<br />

gesagt, jederzeit ein offenes<br />

Ohr für uns hat. Im Speziellen<br />

soll er uns die Inhalte des Korans<br />

und ein besseres Verständnis<br />

näherbringen.”<br />

REKRUT ONUR ÖZTÜRK<br />

„Ich finde es respektvoll, dass<br />

die Militärgeistlichkeit um<br />

einen islamischen Glaubensvertreter<br />

erweitert wurde und<br />

wünsche mir von Herrn Sijamhodzic,<br />

dass er sich bei Fragen<br />

betreffend Gebetszeiten und<br />

militärischen Dienst für eine<br />

gute Lösung einsetzt.”<br />

REKRUT DELI LOSHAJ<br />

„Österreich ist ein liberaler Staat<br />

und der Islam ist als Religion<br />

ein Teil davon. Ich finde es<br />

wichtig, dass diese Religion auch<br />

durch einen eigenen islamischen<br />

Geistlichen vertreten wird,<br />

der sowohl für das Militär als<br />

auch für uns Rekruten<br />

Ansprechperson sein wird.”<br />

REKRUT OMAR ABDEL-KEREAM<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


M I L I TÄ R S E E L S O R G E<br />

ZUR PERSON<br />

Abdulmedzid Sijamhodzic ist Religionslehrer am BRG<br />

Wien-Pichelmayergasse und am Abendgymnasium in<br />

Wien, schreibt an einer Master thesis an der Universität<br />

Bihać und studiert an der FH-Burgenland für einen MBA.<br />

ANTRITTSREDE Im August<br />

sprach der neue Bundesheer-<br />

Imam Abdulmedzid Sijamhodzic<br />

erstmals bei einer Angelobung<br />

in Floridsdorf die geistlichen<br />

Worte für seine Soldaten.<br />

getötet hätte. Wer ein anderes<br />

Leben rettet, zählt<br />

so, als ob die ganze<br />

Menschheit gerettet worden<br />

wäre.“ Und: „Damit<br />

schafft man eine Resistenz<br />

gegen radikale und falsche<br />

Aus legungen des Islam.“<br />

Getreu seinem Motto<br />

„Praktisches Miteinander“<br />

will er den Lebenskundlichen<br />

Unterricht, wie die<br />

Seelsorge beim Bundesheer<br />

bezeichnet wird, gemeinsam<br />

mit den anderen Kon-<br />

fessionen gestalten. Nur die<br />

Gottesdienste sollen getrennt<br />

voneinander stattfinden.<br />

Die Seelsorge beim<br />

Bundesheer ist für ihn auch<br />

eine Fortsetzung der Integration,<br />

wie sie Muslime in<br />

der Gesellschaft, im Freundeskreis,<br />

im Beruf und in<br />

der Schule vorfinden und<br />

erleben. Zur inhaltlichen<br />

Ausrichtung sagt er: „Beim<br />

Koran geht es vor allem<br />

darum, ihn entsprechend<br />

richtig auszulegen und zu<br />

interpretieren. Dann stellt<br />

er eine wertvolle Hilfe und<br />

Leitlinie für das gemeinsame<br />

Leben dar.“<br />

Der neue Militärimam wird<br />

auch bei der großen Angelobung<br />

am Nationalfeiertag<br />

am Heldenplatz in Wien<br />

im Dienst sein und im Anschluss<br />

auch für Fragen und<br />

Gespräche zur Verfügung<br />

stehen.<br />

FOTO S : M I L I TÄ R KO M M A N D O W I E N<br />

men wird. Abhängig davon<br />

wird dann über die Verlängerung<br />

der neuen Institution<br />

Militärimam entschieden.<br />

Im August sprach der<br />

neue Militär imam erstmalig<br />

bei einer Ange lobung<br />

in Wien-Floridsdorf die<br />

geistlichen Worte für seine<br />

Soldaten. Sijamhodzic<br />

gegenüber Militär <strong>Aktuell</strong>:<br />

„Für mich war die Angelobung<br />

eine große Ehre. Ich<br />

bin sehr gut aufgenommen<br />

worden. Einige Rekruten<br />

sind danach gleich<br />

auf mich zugekommen.<br />

Auch die Mutter eines<br />

Soldaten war dabei.“ Zum<br />

Grundwehrdienst fällt<br />

dem Militär imam ein Hadith,<br />

ein Spruch des Propheten,<br />

ein: „Allah liebt<br />

die, die für Ordnung sorgen.<br />

Das Bundesheer<br />

macht das. Das bedeutet:<br />

Macht mit, es geht um die<br />

Ordnung.“ Als Soldat der<br />

Republik Österreich<br />

dienen zu dürfen, bezeichnet<br />

er als „ein Privileg“<br />

und zur Betreuung<br />

der Truppe im Auslandseinsatz<br />

meint er: „Ich würde<br />

das sehr gerne tun und<br />

hoffe, dass das möglich<br />

sein wird.“ Die islamische<br />

Lebensweise und der<br />

Dienst im Bundesheer<br />

würden sich aus seiner<br />

Sicht nicht ausschließen –<br />

im Gegenteil: „Das passt<br />

zusammen!“ Doch dürfen<br />

religiöse Rechte nicht als<br />

besondere Privilegien erscheinen,<br />

betont er. Die<br />

Möglichkeit für Muslime,<br />

das Freitagsgebet zu halten,<br />

muss daher mit dem<br />

Dienst ver einbar sein.<br />

Abdulmedzid Sijamhodzic<br />

will sich intensiv der Seelsorge<br />

widmen und wird<br />

den Koran von seinen<br />

friedlichen Grundlagen her<br />

lehren. Dazu hat er einen<br />

Vers aus dem Koran parat:<br />

„Wer einen anderen Menschen<br />

tötet, zählt so, als ob<br />

er die ganze Menschheit<br />

APOLLON: Der<br />

neue Kampfhandschuh<br />

von ESKA®<br />

Ungefüttert, angenehm leicht, anatomisch vorgeformt:<br />

Mit dem neuen Kampfhandschuh von ESKA® haben<br />

Einsatzkräfte jede Situation fest im Griff. Der Apollon mit<br />

Fingerspitzenverstärkung optimiert sowohl das Waffenhandling<br />

als auch die Bedienung von Ausrüstungsgegenständen.<br />

Praktisch ist der verstellbare Klettverschluss im<br />

Handgelenksbereich der Innenhand. Leder und Textilien<br />

sind frei von Schadstoffkonzentrationen. Die Oberhand<br />

zeichnet sich durch das schwer entflammbare Gestrick<br />

aus NOMEX Comfort und den mit Leder überzogenen<br />

Knöchelschutz aus schockabsorbierendem Schaumstoff<br />

aus. Das Ziegenleder in der Innenhand macht<br />

den Apollon sehr geschmeidig. Der Handschuh<br />

ist robust und waschbar. Bemerkenswert:<br />

Der Ballenschutz aus<br />

schockabsorbierendem<br />

Schaumstoff und die zusätzliche<br />

Innenhandverstärkung<br />

aus Leder.<br />

Mehr unter<br />

www.eska.at<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 4<br />

S I C h E R h E I T & W I R T S C h A F T<br />

NEUES VOM<br />

SCORPION<br />

Update zum in Militär <strong>Aktuell</strong> bereits<br />

vorgestellten Scorpion-Jet von<br />

Textron-AirLand: Der Prototyp<br />

blieb angefangen von Paris einen<br />

Monat in Europa und wurde in dieser<br />

Zeit von Rumänien, Bulgarien,<br />

aber auch der englischen Royal Air<br />

Force und Navy getestet. CEO Bill<br />

Anderson erzählte uns am Rande<br />

des Air-Tattoo in Fairford, dass man<br />

den leichten Unterschall-„Luftpolizisten“<br />

im Frühjahr auch in Kolumbien<br />

präsentiert habe. Bis Juli waren<br />

450 Stunden erflogen. Da es dabei<br />

nur eine Stunde ungeplanten<br />

technischen Ausfalls gab, konnten<br />

die Betriebskosten auf rund 900<br />

Euro/Stunde gedrückt werden.<br />

Mittlerweile ist der Jet mit dem<br />

Thales I-Master-Radar im Bauchschacht<br />

und einem 15-Zoll HD-Display<br />

samt Keyboard ausgestattet.<br />

Nun beginnt in den USA die Waffenintegration<br />

und im ersten Quartal<br />

2016 soll das erste für die Serienproduktion<br />

zertifizierte Flugzeug<br />

fliegen. Laut Anderson habe sich<br />

auch der österreichische Air Chief<br />

Brigadier Karl Gruber für den<br />

Scorpion interessiert.<br />

IM FOKUS<br />

DER KONZERN<br />

IM ÜBERBLICK<br />

13.000<br />

Mitarbeiter<br />

2,5 Mrd. Euro<br />

Umsatz (2014)<br />

Top-Produkt<br />

U-Boot A26 &<br />

Kampfjet Gripen<br />

SAAB<br />

Der Chef der Luftfahrtsparte des schwedischen Rüstungskonzerns<br />

Saab, Lennart Sindhal, erklärte Militär <strong>Aktuell</strong>, dass aufgrund des<br />

Schweizer Nein zum JAS-39 Gripen-E die schwedische Luftaffe ihre<br />

ersten 60 neuen Einsitzer schon früher als geplant erhalte. Und zwar<br />

ab 2019, wenn auch die ersten von 36 Jets (eine Aufstockung auf bis zu 108 wird diskutiert) an Brasilien ausgeliefert<br />

werden. Seit August sind daher 150 brasilianische Ingenieure in Schweden, um am Design für das zweisitzige F-Modell<br />

mitzuarbeiten, welches in Brasilien gebaut wird. Saab plant davon auch eine Spezialversion für elektronische<br />

Kriegsführung, ähnlich der F-18G Growler. Die wirtschaftlichen Turbulenzen Brasiliens hätten laut Sindhal Auswirkungen<br />

auf Zinssätze mit der schwedischen Exportkreditagentur, aber nicht auf den im Oktober 2014 unterschriebenen<br />

Vertrag mit Saab über 5,4 Milliarden US-Dollar (4,7 Milliarden Euro). Weitere Märkte sieht der Saab-Manager<br />

in der Slowakei, Finnland, Kroatien, Indonesien oder Malaysia. Seit Juni ist Saab mit einem Volumen von 1 Milliarde<br />

US-Dollar (870 Millionen Euro) auch im U-Boot-Bau aktiv. Ab 2022 will man aus Karlskrona zwei neue außenluftunabhängige<br />

A26-Boote (siehe Bild) für Schweden ausliefern und bis 2018/19 zwei Gotland-Boote modernisieren.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E R S I C H E R H E I T S B R A N C H E<br />

ANTONOW AUF DER<br />

SUCHE NACH PARTNERN<br />

Am Aérosalon Paris hat der Chefdesigner<br />

des ukrainischen Transportflugzeugherstellers<br />

Antonow, Dmytro<br />

Kiva, Militär <strong>Aktuell</strong> gegenüber bestätigt,<br />

dass aufgrund des Konflikts in<br />

der Ostukraine alle militärischen Programme<br />

mit Russland gestoppt sind.<br />

Das sei durchaus zweischneidig: Einerseits<br />

hatten etliche russische Flugzeuge<br />

und besonders Hubschrauber<br />

ukrainische Triebwerke und Zulieferer,<br />

andererseits fehle nun vielen ukrainischen<br />

Firmen der bislang „sichere“<br />

russische Absatzmarkt. Um neue<br />

Märkte zu erschließen, hat Antonow<br />

den erst am 7. Mai erstmals geflogenen<br />

Transporter An-178 (Nutzlast bis<br />

18 Tonnen) nach Paris gebracht und<br />

sucht Partner für Versionen mit<br />

westlicher Avionik und Triebwerken,<br />

aber auch als Tanker. Dank weltweit<br />

Tausender alter An-24, -26 und -32<br />

sowie alter Hercules schätzt Dmytro<br />

Kiva den potenziellen Markt in der<br />

Gewichtsklasse der An-178 auf mindestens<br />

1.000 Maschinen.<br />

„KEINE PLATTFORM SPIELT MEHR ALLEINE”<br />

Als erste US-Teilstreitkraft haben die Marines im Juli<br />

Operationsbereitschaft am F-35B JSF gemeldet. Am Rande<br />

einer Konferenz in London hat Jon Davis, Kommandant<br />

aller immerhin 955 Fluggeräte der US-„Ledernacken“,<br />

Militär <strong>Aktuell</strong> dazu einige Fragen beantwortet.<br />

JON DAVIS<br />

Der 3-Sterne-General<br />

ist „Aviator One“ des<br />

US Marines Corps.<br />

Sir, was wird die Art des Corps zu kämpfen mehr<br />

verändern: Die nun kommenden neuen Technologien<br />

oder veränderte Bedrohungsanalysen?<br />

Beides natürlich! Es gibt kein Entweder-oder mehr. Beides<br />

wird die Art verändern, wie das Corps ins Gefecht<br />

geht. Der F-35, der MV-22 Osprey oder die neuen CH-53K-<br />

Helikopter werden dem Marineinfanteristen zu Land<br />

und in der Luft in einer neuen intergrierten und vernetzten<br />

Qualität helfen. Ganz egal, ob er nun einen asymmetrischen<br />

Feind ohne Luftwaffe im urbanen Umfeld bekämpft,<br />

wie zuletzt in Afghanistan und Irak, oder – für<br />

uns klassisch – an einer Küste, die heute dank jener neuen<br />

Technologien bis etwa 500 Kilometer landeinwärts<br />

definiert ist. Gegner könnte aber auch ein Nationalstaat<br />

mit hochentwickelt-integrierten Abwehrsystemen sein.<br />

Alle Plattformen müssen deswegen fugenlos zusammenwirken,<br />

keine Plattform kann mehr alleine „spielen“.<br />

Und der F-35B (Anm.: Senkrechtlander) kann das<br />

bereits? Er hatte doch die meisten Probleme der drei<br />

Varianten?<br />

Aber die hat er dank großartiger Anstrengung von Truppe<br />

und Industrie nachweislich überwunden. Seit Anfang<br />

Juli ist Lightning-II bewaffnet einsatzbereit und verlegbar,<br />

überallhin.<br />

Gab es da eigene Kriterien für diesen Nachweis?<br />

Die waren für den F-35 nicht anders als sonst. Eine Staffel mit<br />

mindestens zehn Flugzeugen und Piloten muß mit ihren eigenen<br />

Technikern die Piloten befähigen, Luftunterstützung<br />

sowie defensive und offensive Luftkampfeinsätze zu fliegen.<br />

Zudem müssen scharfe Waffen nachgewiesen werden, daher<br />

hat die Staffel VFMA-121 im Juni erfolgreich 30 Paveway<br />

und JDAM-Lenkbomben geworfen – mit 14 und nicht zehn<br />

Piloten.<br />

FOTO S : G E O R G M A D E R , SA A B<br />

Mit dem Kipprotor MV-22 Osprey (siehe Bild links) läuft<br />

alles gut?<br />

Ja, der ist großartig. Wir haben damit zuletzt bereits JSF-<br />

Triebwerke auf die LPDs (Marines-Träger) geliefert, 2019<br />

wird die Osprey auch ein Tanker. Aber es gibt bereits die<br />

Tendenz, sie „zu Tode zu lieben“, wie die alten 150 CH-53E<br />

oder 175 AV-8 Harrier. Deshalb habe ich zusätzliche 22 Techniker<br />

pro Staffel angeordnet. Mein primärer Job ist es ja, die<br />

maximale Verfügbarkeit der Systeme zu garantieren.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 6 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

ONE-STOP-SHOP<br />

DER LUFTAUFKLÄRUNG<br />

Interview: GEORG MADER<br />

err Grumeth, Sie haben<br />

Hin Wiener Neustadt<br />

ihre Firma seit 2009<br />

als Zu- und Einrüster<br />

bestehender Behördenund<br />

Sicherheitsflug -<br />

geräte aufgebaut. Mittlerweile ist<br />

Airborne Technologies aber auch auf<br />

Messen in Singapur, Abu Dhabi oder<br />

Paris präsent.<br />

Ja, unser Basiskonzept funktioniert<br />

mittlerweile. Österreich ist zwar nicht<br />

das klassische Land für unser Segment,<br />

aber mit der Beschaffung von Komponenten<br />

und Plattformen, deren Einbau,<br />

Test, Zertifizierung und Zulassung haben<br />

wir uns weltweit bei Kunden eine<br />

hohe Reputation erarbeitet. Es geht also<br />

aufwärts, bei aller Bescheidenheit.<br />

Anfang September wurde ein – für<br />

eine österreichische Nischen-Firma<br />

mit aktuell 40 Mitarbeitern – doch<br />

beträchtlicher Auftrag der britischen<br />

Polizei bekannt. Worum geht es da?<br />

Auftraggeber ist der englische Nationale<br />

Polizeiflugdienst (NPS), der in den vergangenen<br />

Jahren aus Budgetgründen<br />

etliche Hubschrauber abgestellt und<br />

verkauft hat. Die Hubschrauber waren<br />

oft nur wenige hundert Stunden im Einsatz,<br />

die Anschaffungskosten und auch<br />

die Betriebskosten mit mehr als 1.500<br />

Pfund pro Stunde aber sehr hoch. Da<br />

bewegen wir uns mit der P68 bei einem<br />

Fünftel, bei zweieinhalbfacher Flugzeit.<br />

Was ist die P68?<br />

Das ist ein zweimotoriger Hochdecker<br />

von Vulcan Air, der ehemaligen Firma<br />

Partenavia von Luigi Pascale. Der Auftrag<br />

sieht vor, dass wir vier Maschinen<br />

ab Ende 2016 in einer rundum gelbblauen<br />

Farbgebung liefern, die dann zur<br />

Kriminalitätsbekämpfung und Anti-<br />

Terror-Überwachung zentral in den<br />

Midlands auf einem IFR-Flugplatz mit<br />

Airborne Technologies hat sich auf Luftfahrzeugund<br />

Sensorplattformen spezialisert. In nur sieben<br />

Jahren hat Geschäftsführer Wolfgang Grumeth<br />

das Wiener Neustädter Start-up vom Systemaus -<br />

rüster zum Vollanbieter entwickelt.<br />

ADLERAUGEN Die von Airborne Technologies angebotenen Sensoren und Systeme ermöglichen<br />

aus vergleichsweise großen Höhen die Überwachung von Vorgängen am Boden.<br />

24 Stunden Betrieb stationiert werden.<br />

Mit Pilot und Operator, rund 200 Kilogramm<br />

Sensorlast und Treibstoff kann<br />

man von rund fünf Stunden Flugdauer<br />

ausgehen. Und bei vier Operators kommen<br />

wir immer noch auf eine Flugdauer<br />

von zweieinhalb Stunden. Die Ausschreibung<br />

umfasste insgesamt sechs<br />

Maschinen, von denen zwei im Bedarfsfall<br />

nachgeordert werden. Außerdem<br />

hoffen wir trotz der hohen Anforderungen<br />

auf weitere Aufträge.<br />

Wieso hohe Anforderungen? Was will<br />

der NPS denn genau?<br />

Detaillierte Spezifikationen kann ich<br />

nicht weitergeben, aber die Maschinen<br />

werden beispielsweise für Allwetter-<br />

Einsätze aufgerüstet und zugelassen.<br />

Zudem werden sage und schreibe fünf<br />

Funkgeräte neben den beiden für Flugfunk<br />

installiert. Die Plattformen sind<br />

damit deutlich üppiger ausgestattet als<br />

unsere Produkte, die wir für deutsche<br />

Polizeibehörden gemacht haben. Da die<br />

Überwachung in vielleicht 1.000 Metern<br />

Höhe passiert, setzen wir auf einen<br />

modernen Dreiblatt-Propeller und Auspuffdämpfer,<br />

außerdem müssen wir die<br />

P68 aufgrund der geografischen Ge -<br />

gebenheiten in England auch für die<br />

Einsätze über Meer fit machen.<br />

Das heißt, es kommt zu den Sensoren<br />

die ganze Seenot-Ausrüstung dazu?<br />

Genau, und zwar für vier Personen. Da<br />

sprechen wir von zwei Zweimann-<br />

Schlauchbooten, Schwimmwesten, Notsender,<br />

Notrationen und Feuerlöscher.<br />

Dazu erstmals in dieser Klasse – und<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

POLIZEI-<br />

AUFTRAG<br />

Airborne Technologies<br />

liefert bis<br />

Ende 2016 vier<br />

P68 zur Kriminalitätsbekämpfung<br />

und Anti-Terror-<br />

Überwachung an<br />

Großbritannien.<br />

FOTO S : G E O R G M A D E R<br />

vielleicht richtungsweisend – Flugschreiber<br />

und Stimmenrekorder. Letzterer<br />

muss auch den ganzen Polizeifunk<br />

aufzeichnen, bis 1.000 Meter wasserdicht<br />

und mit Batterie drei Wochen<br />

einsatzbereit sein.<br />

Die Spezialausrüstung kommt samt<br />

der Funkgeräte von Airborne?<br />

Natürlich. Wir verstehen uns als „One-<br />

Stop-Shop“, beschaffen das Flugzeug<br />

und die Ausrüstung und liefern ein einsatzfähiges<br />

Endprodukt.<br />

Trotzdem habt ihr auch Zurüstlösungen<br />

im Portfolio wie einen einfach<br />

montierbaren Aufklärungsbehälter.<br />

Sie sprechen unseren S.C.A.R-pod an.<br />

Bei dem handelt es sich um einen<br />

Gimbal- Kamera- oder Thales I-Master-<br />

Radarbehälter mit Downlink. Dieser<br />

kann auf fast allen Flugzeugen und<br />

Hubschraubern per NATO- oder russischen<br />

Aufhängungen montiert werden,<br />

ohne dass in der Plattform etwas verändert<br />

oder verkabelt werden muss. Die<br />

zwischen 66 und 120 Kilogramm<br />

schweren Behälter – zum Stückpreis<br />

von eineinhalb Millionen Euro aufwärts<br />

– erzeugen ein bordeigenes<br />

WLAN zwischen sich und dem Cockpit,<br />

über das die Sensoren mittels Tablet<br />

und Stick gesteuert werden können. Wir<br />

WOLFGANG<br />

GRUMETH<br />

„Wir werden<br />

weiter expandieren<br />

und suchen<br />

laufend<br />

qualifizierte<br />

Mitarbeiter.“<br />

haben das Konzept auf einer PC-9 Swift<br />

der slowenischen Luftwaffe im Rahmen<br />

der Übung „Adriatic Strike“ erprobt,<br />

mittlerweile gibt es Erstkunden, die aber<br />

nicht genannt werden wollen. Auch das<br />

Bundesheer ist interessiert und hat sich<br />

briefen lassen. Interesse gibt es auch für<br />

spanische C212 Aviocars, die Beechcraft<br />

AT-6 bis hin nach Asien.<br />

Wir waren im Juni dabei, als Sie am<br />

Aérosalon in Paris den Zuschlag für<br />

ein Seeaufklärungssflugzeug für<br />

Kroatien bekanntgaben.<br />

Dabei geht es um eine Beechcraft King-<br />

Air 200 für das kroatische Innenministerium,<br />

die mit Oberflächenkontakt-<br />

Suchradar, hochauflösender Tageslichtund<br />

Infrarotkamera sowie Live-HD-<br />

Downlink eine Überschneidung zwischen<br />

militärischen und maritimen<br />

Einsätzen erlaubt. Der Auftrag umfasst<br />

optional eine zweite Maschine, leider<br />

hat es aber seit Paris eine Verzögerung<br />

gegeben, weil ein „lieber“ Mitbewerber<br />

Einspruch erhoben hat. Laut Auftrag -<br />

geber ist dieser zwar gegenstandslos,<br />

aber wir müssen eine Frist bis zur Aufforderung<br />

zur Vertragsunterzeichnung<br />

abwarten.<br />

Wird das kroatische Flugzeug hier in<br />

Wiener Neustadt ausgerüstet?<br />

Natürlich, wie alle anderen Flugzeuge<br />

auch. Die King Air fliegt aus Wichita/<br />

Kansas ein und wird 2016 hier vollständig<br />

ausgerüstet. Auch die technische<br />

Unterstützung und die Train-their-<br />

Trainers-Ausbildung ist inkludiert.<br />

Wir haben uns – endlich – vom puren<br />

Systemausrüster zum Vollanbieter<br />

schlüsselfertiger Lösungen entwickelt,<br />

und der Erfolg gibt uns recht. Wir werden<br />

weiter expandieren, hier in Wiener<br />

Neustadt nochmals 3.000 Quadratmeter<br />

verbauen und suchen daher auch<br />

laufend qualifizierte Mitarbeiter.


0 5 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

EIN KOMMANDANT<br />

ALS ERFOLGSGARANT<br />

Heute ist Michael Krammer einer der erfolgreichsten Manager<br />

Österreichs. Vor 30 Jahren startete er seine Karriere als Berufsoffizier beim<br />

Bundesheer und sammelte als Kompaniekommandant wichtige Erfahrungen,<br />

von denen er auch heute noch profitiert. Text: OBERST DIETER MUHR<br />

D<br />

as war die schönste berufliche<br />

Phase meines<br />

Lebens.“ Wenn Michael<br />

Krammer über seine<br />

Zeit als Kompaniekommandant<br />

der „Dritten-<br />

Fünfunddreißig“ spricht, gerät er ins<br />

Schwärmen. Über den Alltag in der<br />

Kaserne. Über die Kameradschaft.<br />

Über die Führungsqualitäten von Vorgesetzten<br />

wie Bataillonskommandant<br />

Wolfgang Jilke und Brigadekommandant<br />

Adolf-Erwin Felber, als er Panzergrenadieroffizier<br />

in Großmittel war.<br />

Später wechselte Krammer auf die<br />

Militärakademie und zum Panzer -<br />

bataillon 33, ehe er aus eigenem Entschluss<br />

zum ÖAMTC in die Privatwirtschaft<br />

ging. Dort stellt Krammer die<br />

Einsatzzentralen auf neue Beine und<br />

führt Datenfunk in den Betrieb ein. Als<br />

Österreich Jahre später ins Mobilfunkzeitalter<br />

startet, wird er von max.mobil<br />

abgeworben und macht in der Branche<br />

eine beispiellose Karriere, die ihn bis in<br />

die Chefsessel von tele.ring und Orange<br />

Austria bringt. Heute ist Krammer<br />

Präsident des heimischen Fußball-Vorzeigeclubs<br />

Rapid und bringt mit seiner<br />

neuen Firma Ventocom frischen Wind<br />

in den rot-weiß-roten Mobilfunkmarkt.<br />

Im Gespräch mit Militär <strong>Aktuell</strong> führt<br />

Michael Krammer seinen Erfolg auch<br />

auf die beim Bundesheer erworbenen<br />

Kompetenzen zurück: „Das militärische<br />

Führungsverfahren und viele andere<br />

dort gelernte Dinge brauche ich<br />

jeden Tag. Die Grundsätze erfolgreicher<br />

Führung mit Zieldefinierung, Einheit<br />

der Führung und Reservenbildung<br />

gelten im militärischen Bereich genauso<br />

wie in der Privatwirtschaft. Da wie<br />

dort ändern sich die Rahmenbedingungen<br />

laufend und da wie dort ist es<br />

wichtig, sich mit Varianten und neuen<br />

Möglichkeiten zu beschäftigen. Nur so<br />

bleibt man nicht in seiner Hauptidee<br />

stecken.“ Und nur so könne man Erfolg<br />

haben, der laut Krammer aber immer<br />

„auf Resultaten basieren“ müsse. „Es<br />

zählt nicht das Bemühen, sondern die<br />

Resultate – und die muss man auch<br />

ständig messen.“ Teamarbeit ist dem<br />

Manager dabei sehr wichtig. „Nur in<br />

Zusammenarbeit mit guten und verlässlichen<br />

Mitarbeitern“ konnte er 2008<br />

den anstrengenden Markenwechsel von<br />

one zu Orange stemmen und im Team<br />

gelang es ihm auch, bei tele.ring den<br />

Turnaround zu schaffen und das Ergebnis<br />

von minus 140 Millionen Euro<br />

in ein Plus von 160 Milionen Euro zu<br />

drehen. War das Unternehmen zuvor<br />

noch um symbolische zehn Euro übernommen<br />

worden, konnte es hinterher<br />

um 1,3 Milliarden Euro verkauft werden.<br />

Wünschen wir ihm, dass sein<br />

Start-up Ventocom einst in ähnlich<br />

lichte Höhen schießt. Die Voraussetzungen<br />

dafür sind jedenfalls gegeben:<br />

Mit seinem langjährigen Weggefährten<br />

Christian Fuchs bildet Krammer den<br />

eingespielten 2-Mann-Kern der neuen<br />

RÜCKBLENDE Leutnant<br />

Michael Krammer bei seiner<br />

Ausmusterung gemeinsam<br />

mit Bundespräsident Rudolf<br />

Kirchschläger.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


P O R T R ÄT<br />

FOTO S : P I C T U R E D E S K , P R I VAT<br />

Firma. Darum herum sind im erweiterten<br />

Kern zehn Personen am Unternehmen<br />

beteiligt und verstärkt involviert.<br />

Wichtig für Erfolg im Privaten wie im<br />

Beruflichen ist laut Krammer auch der<br />

Einklang von Job und Familie. So lässt<br />

sich in Ruhe arbeiten und können<br />

Krisen erfolgreich bewältigt werden.<br />

„Und Krisen gibt es im Leben genug.“<br />

Ob es weitere Erfolgs-Puzzlesteine<br />

gibt? Michael Krammer lächelt. „Jede<br />

Menge. Auch Sport gehört dazu, um<br />

fit zu bleiben. Und geistiges Training<br />

sowie der Ehrgeiz, sich mit unterschiedlichsten<br />

Thematiken auseinanderzusetzen.<br />

Ich beschäftige mich aktuell<br />

beispielsweise mit einem neuen<br />

IT-Betriebssystem, obwohl das sehr<br />

mühsam ist. Aber es ist mein Ehrgeiz,<br />

auch in Details zu gehen, aber dafür<br />

muss man dann auch einmal die Komfortzone<br />

verlassen und sich auf neues<br />

Terrain wagen.“ Neues Terrain war für<br />

den Manager im Jahr 2013 auch sein<br />

Engagement bei Fußball-Rekordmeister<br />

Rapid. „Ich bin seit meiner Kindheit<br />

begeisterter Anhänger, habe dann die<br />

Reformkommission bei Rapid übernommen<br />

und bin schließlich zum Präsidenten<br />

gewählt worden.“ Die Eingewöhnungszeit<br />

im neuen Amt war kurz,<br />

reichte aber, um den finanziell klammen<br />

Verein zu sanieren, ihm strukturell<br />

neues Leben einzuhauchen und ein<br />

neues Stadion auf Schiene zu bringen,<br />

das Rapid in den kommenden Jahren<br />

bisher ungeahnte wirtschaftliche Möglichkeiten<br />

gibt. Mit dieser Basis lasse<br />

sich dann weiter arbeiten, sagt Krammer,<br />

der kein spezielles Erfolgsgeheimnis<br />

hat. „Mein Geheimnis ist, dass es<br />

kein Geheimnis gibt“, sagt der Manager.<br />

„Meine Arbeit setzt sich aus<br />

20 Prozent Inspiration und 80 Prozent<br />

Transpiration zusammen. Man muss<br />

gute Ideen mit viel Fleiß und Arbeit<br />

umsetzen, um inhaltlich etwas weiterzubringen,<br />

und mann muss die Menschen<br />

mitnehmen. Das gilt in der Privatwirtschaft<br />

ebenso wie im Militär.“<br />

Was er jungen Offizieren empfiehlt,<br />

um langfristig Spaß an und Erfolg in<br />

ihrem Beruf zu haben? Drei Dinge.<br />

Erstens: „Dranbleiben an der Wertewelt<br />

mit Führungsverfahren und Führungsgrundsätzen.“<br />

Zweitens: Die moderne<br />

Welt der Virtualisierung differenziert<br />

betrachten. Krammer konkretisiert<br />

das so: „Alle Welt bewegt sich<br />

heute in der virtuellen Welt. Doch nur<br />

mehr sehr wenige bringen in der wirklichen<br />

Welt etwas zusammen. Die<br />

Konsequenzen muss man als Führungskraft<br />

abschätzen können.“ Und<br />

drittens: „Jungen Offizieren muss klar<br />

sein: Mit Verlassen der Militärakademie<br />

beginnt das lebenslange Lernen<br />

erst. Die Geschwindigkeiten der Weiterentwicklung<br />

hat sich in den vergangenen<br />

Jahren vervielfacht, und darauf<br />

muss man mit viel Engagement und<br />

Weiterbildung reagieren.“<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 6 0 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

WIR SEHEN<br />

GUTE CHANCEN<br />

Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Dynamit Nobel Defence reüssiert mit Handwaffensystemen, Waffenstationen<br />

sowie Minenräumtechnologien am Weltmarkt. Trotz des niedrigen<br />

Verteidigungsbudgets ist für Geschäftsführer Wolfgang Böttger<br />

auch Österreich als Exportmarkt „durchaus interessant“.<br />

err Böttger, die Vertei-<br />

sind in Hdigungsbudgets<br />

Europa in den vergangenen<br />

Jahren gesunken,<br />

aber auf den internationalen<br />

Märkten<br />

gestiegen. Wie beurteilen Sie diesen<br />

Umstand, der Export ist doch ein<br />

wichtiger Wirtschaftsfaktor für die<br />

wehrtechnische Industrie in Deutschland<br />

und damit auch für DND?<br />

Vertraut man der Statistik der Weltbank,<br />

die die Verteidigungsbudgets von<br />

213 Nationen über die vergangenen fünf<br />

Jahre sehr genau verfolgt hat, so kann<br />

man feststellen, dass die Budgets weltweit<br />

leicht rückläufig sind bis auf wenige<br />

Ausnahmen. Allerdings liegt international<br />

im Mittel der Verteidigungshaushalt<br />

bei 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts,<br />

während er in Deutschland nur<br />

etwa 1,2 Prozent und in Österreich sogar<br />

nur 0,55 Prozent des BIP beträgt. In<br />

den vergangenen Jahren hatten nach<br />

Angaben der NATO die Mitgliedstaaten<br />

ihre Verteidigungsausgaben im Durchschnitt<br />

um 20 Prozent zurückgefahren,<br />

Russland hingegen hat seine Verteidigungsausgaben<br />

im gleichen Zeitraum<br />

in etwa verdoppelt. Angesichts der<br />

weltweit durch Terrorismus unsicherer<br />

gewordenen sicherheitspolitische Lage<br />

sind einige NATO-Staaten nun bereit,<br />

ihre Ausgaben wieder zu erhöhen …<br />

… was für Ihr Unternehmen eine gute<br />

Nachricht bedeuten sollte.<br />

Für uns als mittelständisches Unternehmen<br />

mit hohem eigenem Entwicklungsaufwand<br />

ist dies in der Tat eine wichtige<br />

Im Einsatz Deutsche Soldaten während der ISAF-Mission mit der Panzerfaust 3 von DND.<br />

Entscheidung, da man nun offenbar<br />

bereit ist, die Ausrüstung der Armeen<br />

auf den neuesten Stand zu bringen.<br />

Innerhalb der NATO und NATO<br />

gleichgestellten Staaten sind derzeit<br />

keine Exportbeschränkungen zu befürchten,<br />

obwohl man auch hier von<br />

einer zügigen Bearbeitung weit entfernt<br />

ist, so dass uns dieser wichtige Exportmarkt<br />

offensteht.<br />

Inwieweit war DND von den Haushaltskürzungen<br />

europäischer Streitkräfte<br />

in den vergangenen Jahren<br />

betroffen?<br />

Derzeit haben einige europäische Länder<br />

militärische Beschaffungsvorhaben<br />

begonnen, die sich zum Teil über mehrere<br />

Jahre erstrecken und damit der<br />

wehrtechnischen Industrie – hier insbesondere<br />

auch DND – eine Grundauslastung<br />

stellen. Dies ist natürlich auch für<br />

Nationen mit kleineren Beschaffungsvorhaben<br />

interessant, da sich hier eine<br />

wirtschaftliche gemeinsame Fertigung<br />

anbietet.<br />

Lassen sich die Rückgänge in Europa<br />

durch Geschäfte auf anderen Märkten<br />

kompensieren?<br />

Die europäischen Beschaffungsvorhaben<br />

bieten, wie gesagt, eine Grundauslastung<br />

für unsere Kapazitäten. Um jedoch<br />

modernste Technologie anbieten<br />

zu können, ist ein erheblicher Entwicklungsaufwand<br />

nötig, den wir uns nur<br />

leisten können, wenn wir auch ein bestimmtes<br />

Mindestvolumen in unseren<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

FOTO S : DY N A M I C N O B E L D E F E N C E<br />

GESCHÄFTSFÜHRER WOLFGANG BÖTTGER „Wir bieten sehr<br />

kompakte, aber dennoch äußerst wirksame schultergestützte Waffen an.“<br />

Umsätzen realisieren. Viele<br />

Anregungen für technische<br />

Neuerungen, aber auch Beschaffungsvorhaben<br />

kommen<br />

vom internationalen<br />

Markt, wobei hier insbesondere<br />

Asien eine sehr bedeutende<br />

Rolle spielt.<br />

Mit welchen Produkten<br />

kann DND dabei besonders<br />

reüssieren?<br />

DND bietet sehr kompakte,<br />

aber dennoch äußerst wirksame<br />

schultergestützte Waffen<br />

an, die durch zusätzliche<br />

Sicht- und Zielhilfen ein<br />

breites Einsatzszenario abdecken.<br />

Als Systemanbieter<br />

stellen wir auch neuartige<br />

rechnergestützte Schießausbildungssimulatoren<br />

her, die<br />

inzwischen fast jeder unserer<br />

Kunden mitbeschafft, da<br />

hiermit eine sehr effektive<br />

Ausbildung möglich ist.<br />

Wo sehen Sie mit ihrem<br />

Produktportfolio einen<br />

Nachholbedarf?<br />

Wir alle wissen, dass mit<br />

einem Ausrüstungsgewicht<br />

von 35 Kilogramm die Grenze<br />

für den Infanterist erreicht<br />

ist, besonders wenn man an<br />

den Alpindienst denkt. Einer<br />

unserer Schwerpunkte in<br />

der Entwicklung ist es daher,<br />

unsere Handwaffen leichter<br />

zu machen. Die Wirkung soll<br />

durch die Gewichtsreduktion<br />

allerdings nicht verringert<br />

werden, im Gegenteil, wir<br />

denken darüber nach, weitere<br />

Funktionsarten in unsere<br />

Gefechtsköpfe einzubauen,<br />

um ein breites Zielspektrum<br />

abzudecken.<br />

Gibt es europäische Referenzkunden,<br />

die einen Export<br />

vielleicht unterstützen,<br />

ankurbeln oder<br />

vereinfachen?<br />

Fast alle europäischen Staaten<br />

setzen die gleichen hohen<br />

technischen Standards<br />

zur Qualifikation und Einführung<br />

militärischer Ausrüstung.<br />

Die Nutzung der<br />

Ausrüstung durch eine europäische<br />

Nation ist daher für<br />

viele Drittstaaten eine gute<br />

Referenz in Bezug auf Qualität<br />

und Leistungsfähigkeit.<br />

Auf politischer Ebene ist die<br />

Unterstützung durch Attachés<br />

oder andere politische<br />

Vertretungen innerhalb der<br />

europäischen Staaten äußerst<br />

unterschiedlich.<br />

Ist auch der österreichische<br />

Markt für ihr Unternehmen<br />

interessant?<br />

Unabhängig von der Höhe<br />

des Verteidigungsbudgets ist<br />

Österreich als eine der führenden<br />

europäischen Nationen<br />

natürlich ein interessanter<br />

Markt für unser Unternehmen.<br />

Gerade wenn man<br />

die Verteidigungsagenda von<br />

Bundesminister Klug aus<br />

dem vergangenen Jahr liest,<br />

wird klar, dass sich die Aufgabenstellung<br />

für das Bundesheer<br />

gewandelt hat und<br />

eine angepasste Ausrüstung<br />

erforderlich ist. Ein kleines<br />

Beispiel: Die militärische<br />

Landesverteidigung gegen<br />

konventionelle Angriffe ist<br />

eher unwahrscheinlich geworden<br />

und daher passt<br />

auch eine Panzerabwehrwaffe,<br />

die ich aus dem vorhandenen<br />

Munitionsvorrat auf<br />

kurzem logistischem Weg<br />

immer wieder nachladen<br />

kann, nicht mehr ins Konzept.<br />

Für die Teilnahme an<br />

internationalen militärischen<br />

Sicherheitskooperationen<br />

benötigt der modern<br />

ausgerüstete Infanterist eine<br />

leichte und möglichst vielseitig<br />

einsetzbare Waffe, um<br />

auch für unvorhergesehene<br />

Situationen gewappnet zu<br />

sein. Hier hat DND durchaus<br />

interessante Lösungen<br />

zu bieten.<br />

Ist vor diesem Hintergrund<br />

eine Beschaffung von<br />

DND-Systemen durch das<br />

Bundesheer absehbar?<br />

Die Verteidigungsagenda von<br />

Minister Klug enthält auch<br />

eine Zukunftsagenda, in deren<br />

Zentrum die militärische<br />

Grundbefähigung steht. Das<br />

Bundesheer befindet sich in<br />

einer Orientierungsphase,<br />

an deren Ende wohl auch –<br />

trotz des knappen Verteidigungshaushalts<br />

– eine Beschaffungsphase<br />

mit dazugehörigem<br />

Budget stehen wird.<br />

Als Industrieunternehmen<br />

können wir die Planer nur<br />

durch Bereitstellung von Informationsmaterial<br />

über das,<br />

was heute technisch möglich<br />

ist, unterstützen.


0 6 2 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

GUT V E R STAU T<br />

Modular aufbaubar,<br />

flexibel kombinierbar<br />

& jederzeit erweiterbar:<br />

Steyrer Architekten<br />

planen mit ihrem<br />

neuartigen Hangar-<br />

System Fabspace den<br />

globalen Roll-out.<br />

Die USA würden über<br />

das Konzept bereits<br />

diskutieren, ebenso<br />

einige Golfstaaten und<br />

unlängst habe sich<br />

auch Chile in die Reihe<br />

der Fabspace-Interessenten eingereiht.<br />

Wenn Markus Janovsky auf das vom<br />

Steyrer Architekturbüro Arcitex entwickelte<br />

und im Baukastenprinzip aufgebaute<br />

Hangar-System zu sprechen<br />

kommt, verfällt er schnell in globale<br />

militärische Maßstäbe. Er erzählt aber<br />

auch von den potenziellen Einsatzgebieten<br />

(„von der Arktis bis zur Wüste“)<br />

DEUTSCHLAND<br />

& ÖSTERREICH<br />

Spezialeinheiten-Ausrüster<br />

Mainex konnte zuletzt einige<br />

Behörden-Aufträge für die<br />

zweite Generation seiner Sauerstofflanze<br />

S.M.O.B. an Land<br />

ziehen. Diese ist trotz enormer<br />

Schneidleistung und sicherer<br />

Zündmethode mit zehn Kilogramm<br />

Gesamtgewicht leichter<br />

als die Vorgängerversion.<br />

www.mainex.de<br />

und den bei einer Partnerfirma möglichen<br />

Produktionskapazitäten von bis<br />

zu vier Hangars pro Woche. Das würde<br />

einen jährlichen Output von 200 Stück<br />

bedeuten. „Mehr als genug für die erste<br />

Phase“, wie Janovsky betont. Überstürzen<br />

will der Business-Development-&-<br />

Sales-Verantwortliche des Unternehmens<br />

trotz der regen Nachfrage nämlich<br />

nichts. Im Gegenteil: Der Rollout<br />

IM FOKUS<br />

Militärische Beschaffungen weltweit<br />

ITALIEN<br />

In La Spezia lief mit der „Romeo<br />

Romei“ vor wenigen<br />

Wochen das letzte der vier<br />

U212A der Torado-Klasse vom<br />

Stapel. Die U-Boote entstanden<br />

in einem deutsch-italienischen<br />

Gemeinschaftsprojekt,<br />

die „Romeo Romei“ soll in<br />

der zweiten Jahreshälfte 2016<br />

an die italienische Marine<br />

übergeben werden.<br />

www.fincantieri.it<br />

KUWAIT<br />

Das Eurofighter-Konsortium<br />

vermeldete Mitte September<br />

den Verkaufsabschluss für<br />

insgesamt 28 Eurofighter<br />

Typhoon mit Kuwait. Das<br />

Golfemirat lässt sich den<br />

Deal bis zu acht Milliarden<br />

Euro kosten, genauere<br />

Angaben wurden vorläufig<br />

allerdings nicht bekannt<br />

gegeben.<br />

www.eurofighter.com<br />

soll langsam, weil nachhaltig, erfolgen.<br />

Jetzt sei man erst einmal froh, die<br />

mühsame Entwicklungsphase hinter<br />

sich und sechs Konfigurationen jederzeit<br />

lieferbar im Portfolio zu haben.<br />

Diese unterscheiden sich in der Größe<br />

(vom Modell V01 mit 18,0 x 13,5 x 5,6<br />

bis hin zu V05 mit 37,5 x 30,0 x 13,5<br />

Metern), sind in Kombination einer<br />

leichten Rahmenkonstruktion mit textiler<br />

Membranbespannung aber ident<br />

aufgebaut. Das System ist modular<br />

aufbau- und kombinierbar, kann ohne<br />

herkömmliche, aufwendige Fundierung<br />

auf Wiesen, Sand, Beton- oder<br />

Asphaltflächen (etwa mittels Erdnagel<br />

oder Schwerlastanker) installiert und<br />

individuell mit Wassertanks oder PV-<br />

Anlagen an unterschiedlichste Einsatzund<br />

Anwedungsgebiete angepasst, beheizt<br />

oder gekühlt werden. Diese Flexibilität<br />

sei es auch, die Militärs an Fabspace<br />

so interessant fänden, sagt Janovsky<br />

im Gespräch mit Militär <strong>Aktuell</strong>.<br />

Dazu kommt: „Sämtliche Bauteile<br />

sind kompakt in einem Standardcontainer<br />

verstau- und transportierbar,<br />

der Aufbau eines Hangars dauert mit<br />

drei Mann und einem Kranwagen lediglich<br />

zwei Tage, der Abbau geht sogar<br />

noch schneller.“ Zudem ist die Tarnung<br />

an das jeweilige Einsatzgebiet<br />

anpassbar, die Camouflagetexturen<br />

werden direkt auf die Mebranstruktur<br />

aufgedruckt und diese kann bei Bedarf<br />

rasch ausgetauscht werden.<br />

FOTO S : B E I G E ST E L LT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 6 4 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

DAS BUNDESHEER AUF<br />

M I S SION<br />

F R I E DE N S<br />

Rund 100.000<br />

österreichische<br />

Soldaten waren bereits<br />

Teil internationaler<br />

Friedensmissionen. Ein<br />

neues Buch liefert nun<br />

Infos und Fakten zu den<br />

einzelnen Einsätzen.<br />

m Jahr 1960 nahm das<br />

IBundesheer im Rahmen der<br />

UN-Operation im Kongo<br />

(ONUC) erstmals an einer<br />

internationalen Friedensmission<br />

teil. Seitdem sind über<br />

fünf Jahrzehnte vergangen, in denen<br />

rund 100.000 Österreicher in der ganzen<br />

Welt zum Gelingen von mehr<br />

als 80 humanitären Einsätzen und<br />

Friedensoperationen beigetragen<br />

haben. In der mittlerweile fünften,<br />

aktualisierten Auflage des Buchs Going<br />

International – In the Service of Peace<br />

gibt Autor Erwin A. Schmidl einen<br />

Überblick dieser Einsätze von ONUC<br />

bis hin zur vor einem Jahr gestarteten<br />

OSZE-Beobachtermission SMMU in<br />

der Ukraine.<br />

IM FOKUS<br />

Neuerscheinungen am Buchmarkt<br />

Neben Hintergrundberichten zu den<br />

Missionen und der politischen Entwicklung<br />

vor Ort bietet das Buch auch<br />

weiterführende Informationen. So<br />

wird etwa auch auf die Geschichte der<br />

Friedensmissionen eingegangen oder<br />

die Organisation der Vereinten Nationen<br />

beleuchtet. Die letzte Doppelseite<br />

ist schließlich den im Auslandseinsatz<br />

verstorbenen österreichischen Soldaten<br />

gewidmet, die Liste beginnt mit<br />

Zugsführer Hans Anton Oboril und<br />

endet mit Offizierstellvertreter Markus<br />

Leonhartsberger.<br />

DIE HEIMATLOSEN<br />

Comiczeichner Paco Roca beleuchtet<br />

in dieser Graphic Novel<br />

die bislang wenig bekannte<br />

Geschichte spanischer Widerstandskämpfer,<br />

die während<br />

des Zweiten Weltkriegs in verschiedenen<br />

europäischen Ländern<br />

– allen voran an der Seite<br />

der Résistance – gegen Nazi-<br />

Deutschland kämpften.<br />

Paco Roca,<br />

Reprodukt, <strong>2015</strong><br />

DAS NACHKRIEGSJAPAN<br />

UND SEINE SELBSTVER -<br />

TEIDIGUNGSKRÄFTE<br />

Brigadier Harald Pöcher zeichnet<br />

in diesem Buch die Entwicklung<br />

der japanischen<br />

Selbstverteidigungskräfte<br />

nach und erklärt, wie das ehemalige<br />

Kaiserreich zum heute<br />

wichtigsten US-Verbündeten<br />

im Westpazifik wurde.<br />

Harald Pöcher,<br />

LIT Verlag, 2014<br />

DIE LETZTE SCHLACHT<br />

Der Zweite Weltkrieg schrieb<br />

kurz vor seinem Ende eine<br />

skurrile Episode: Gemeinsam<br />

mit Soldaten der Wehrmacht<br />

geht US-Captain Jack Lee gegen<br />

eine SS-Einheit vor, um<br />

politische Gefangene wie<br />

den französichen Ex-Premierminister<br />

Édouard Daladier<br />

von Schloss Itter zu befreien.<br />

Stephen Harding,<br />

Paul Zsolnay Verlag, <strong>2015</strong><br />

STANDARDWERK<br />

Going International -–<br />

In the Service of Peace<br />

liegt in fünfter, aktualisierter<br />

Auflage vor<br />

und bietet auf 204<br />

Seiten viele Infos und<br />

Bilder zu den internationalen<br />

Einsätzen<br />

des Bundesheers.<br />

Erwin A. Schmidl,<br />

Vehling Verl., <strong>2015</strong><br />

FOTO S : B U N D E S H E E R , B E I G E ST E L LT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


TACTICAL GEAR LESEN<br />

UND PRÄMIE SICHERN!<br />

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COOL BLUE<br />

Die LED Lenser P4 BM ist mit dem „Blue Moon Focus System“ versehen und<br />

liefert einen blauen Zirkel um den hellweißen Lichtkegel. Mit dem Speed-<br />

Focus-System kann man durch Verschieben des Lampenkopfes<br />

schnell und einfach zwischen Lichtstrahl und -kegel umschalten.<br />

Die Lampe ist zudem so leicht, dass man<br />

sie beim Tragen kaum spürt.<br />

Nur so lange der Vorrat<br />

reicht!<br />

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0 6 6 s c h l u s s p u n k t<br />

WASSER PREDIGEN<br />

UND WEIN TRINKEN<br />

Die EU misst in vielen Dingen mit zweierlei Maß. Auch in Fragen des globalen Waffenhandels<br />

und beim Thema Abrüstung – Thomas Roithner mit einer Analyse der unbefriedigenden Ist-<br />

Situation.. Der Friedensforscher ist Privatdozent am Institut für Politikwissenschaft der Uni<br />

Wien und berichtet regelmäßig über seine Arbeit und Forschung auf www.thomasroithner.at<br />

„Der Umgang mit<br />

doppelten Standards<br />

scheint zu einem<br />

Elchtest für die EU<br />

zu werden.“<br />

Die Achtung der Menschenwürde,<br />

Freiheit, Demokratie, Gleichheit,<br />

Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung<br />

der Menschenrechte gelten als Werte<br />

der Eu. Aus guten Gründen und nachzulesen<br />

im Vertrag von lissabon. Einige<br />

dieser Werte und die Überwindung des<br />

krieges innerhalb der Mitgliedstaaten<br />

haben das nobelpreiskomitee veranlasst,<br />

der Eu 2012 den Friedensnobelpreis zu<br />

verleihen. Die union ist jedoch reich an<br />

Beispielen, Werte hochzuhalten und<br />

diese in der praxis zu unterlaufen oder<br />

sogar offen zu brechen.<br />

Etwa in der Außen- und sicherheitspolitik,<br />

bei der die Friedensnobelpreisträgerin<br />

mit zweierlei Maß misst. Dass das<br />

Anheizen von Eu-Rüstungsexporten nicht<br />

überall und für alle auf dem Globus<br />

Demokratie und Menschenrechte wahrt,<br />

ist den Medien beinahe täglich zu entnehmen.<br />

Immer wieder tauchen „unsere“<br />

Waffen in kriegsgebieten auf und niemand<br />

will schuld haben. so selten wie<br />

das schuldgeständnis ist auch die herkunft<br />

der Waffen nachzuweisen. Das<br />

kommt nicht von ungefähr: Die Eu-staaten<br />

haben von 2008 bis 2012 konventionelle<br />

Waffen in der Größenordnung von<br />

33,02 Milliarden Euro verkauft (sIpRI<br />

Yearbook 2013). sogar etwas mehr als<br />

Russland (31,22 Milliarden Euro) und etwas<br />

weniger als die usA (35,94 Milliarden<br />

Euro). Exportinteressen und Rechtsstaatlichkeit<br />

sind nicht selten zwei paar<br />

schuhe. Auch die Eu-Entwicklungspolitik<br />

und die globalen Wirtschaftsinteressen<br />

ATOMARE ABRÜSTUNG? In Russlands aktuellem Weltmachtdenken keine wirkliche Option.<br />

der Eu sind manchmal nur sehr weitschichtig<br />

verwandt.<br />

Österreichs engagierte Vorschläge zur<br />

nuklearen Abrüstung scheinen sich aus<br />

heutiger sicht auch in einer Falle doppelter<br />

Eu-standards zu befinden. preist die<br />

aktuell gültige Eu-sicherheitsstrategie die<br />

positiven Erfahrungen Europas mit Rüstungskontrollregelungen<br />

so endet die<br />

konkrete unterstützung zur vollständigen<br />

nuklearen Abrüstung der meisten Eustaaten<br />

im Zögern und Zaudern. Österreich<br />

hat mit dem sogenannten „humanitarian<br />

pledge“ eine viel beachtete Abrüstungsinitiative<br />

initiiert. sogar wesentliche<br />

teile der Friedensbewegung applaudieren<br />

– wirklich eine seltenheit! unterstützt<br />

wird dieses österreichischen Abrüstungsversprechen<br />

aktuell bereits von 119 staaten.<br />

Von den 28 Eu-staaten finden sich<br />

– neben Österreich – nur Zypern, Malta<br />

und Irland auf der liste. Auch wenn Frieden<br />

und Abrüstung nicht als Werte der<br />

Eu genannt werden, so verstößt der Besitz<br />

von Atomwaffen von den wenigen<br />

Atombombenstaaten zumindest gegen<br />

den Wert der Gleichheit. Die Bündnisloyalität<br />

mit den usA, Großbritannien<br />

und Frankreich wiegt für die meisten Eustaaten<br />

derzeit offenbar schwerer als das<br />

Ziel einer atomwaffenfreien Welt. Die<br />

Wertegemeinschaft Eu ist wieder mal<br />

außenpolitisch gespalten und spielt hier<br />

leider keinen konstruktiven Beitrag zur<br />

globalen Abrüstung. Die eigenen Verbündeten<br />

sind die härtesten nüsse.<br />

Ein gängiges Erklärungsmotiv ist die<br />

uneinigkeit der Eu-28. ungeachtet der<br />

ungeklärten Finalität ist trennendes zu<br />

Atomwaffen, zu Russland-sanktionen, zu<br />

palästina oder zum kosovo oft die einzige<br />

Gemeinsamkeit. Die Eu steckt in einer<br />

multiplen krise: Finanzen, Flüchtlinge,<br />

Demokratie, Energie, umwelt, klima,<br />

Arbeitslosigkeit oder Verteilungspolitik.<br />

Einiges ist hausgemacht, einiges ist<br />

global induziert. Die Wahlbeteiligung an<br />

der Eu-parlamentswahl ist da ein guter<br />

Indikator für die Gemütsverfassung der<br />

Bevölkerung zur union. Der umgang mit<br />

doppelten standards scheint zu einem<br />

Elchtest für die Eu zu werden. Für viele ist<br />

die stimmung bereits gekippt.<br />

Foto s : G E t t Y I M AG E s , B E I G E st E l lt<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 6 7 P A N O R A M A<br />

Einfache und geschützte<br />

Kommunikationswege<br />

haben für Streitkräfte<br />

höchste Priorität. Mit<br />

dem Truppenfunksystem<br />

CONRAD hat das Bundesheer<br />

ein internationales<br />

Top-Produkt in Betrieb.<br />

Text: HANS SCHNEEWEISS<br />

GEWICHT<br />

ca. 3 Kilogramm<br />

EIN CONRAD<br />

Eine Neuanschaffung war im Jahr 2010 KFF-31/32/33-0, hatte bereits knapp<br />

längst überfällig: Das alte AN/PCR-77- 30 Jahre auf dem Buckel. Vor fünf Jahren<br />

Funkgerät des Bundesheeres wurde in<br />

wurden vom Bundesheer daher un-<br />

seiner Urform in den 1960er-Jahren ter der Projektbezeichnung CONRAD<br />

bereits von den amerikanischen Streitkräften<br />

(Combat Net Radio) rund 5.000 Funk-<br />

im Vietnam-Krieg eingesetzt geräte in verschiedenen Varianten<br />

und auch das modernere System, das vom deutschen Anbieter Telefunken<br />

SENDER/EMPFÄNGER<br />

RT-9101A<br />

I L LU ST R AT I O N E N : C L AU D I A M O L I TO R I S<br />

HÖHE<br />

(OHNE<br />

ANTENNE)<br />

85 Millimeter<br />

BREITE<br />

224 Millimeter<br />

TIEFE<br />

240 Millimeter<br />

FACTBOX<br />

Truppenfunksystem CONRAD<br />

Hersteller Telefunken<br />

Frequenzbereich 30 bis 87,975 MHz (2.320 Kanäle),<br />

Kanalraster 25 kHz (100 Kanäle)<br />

Sprachübertragung optimiert für digitale<br />

Übertragung (interner Vocoder), analoge Übertragung<br />

und Flüstermodus (Whisper Mode) möglich<br />

Nutzdatenrate von 150 bps bis zu 115,2 kbps<br />

Sprachcodierung Continuous Variable Slope<br />

Deltamodulation (CVSD), 16 kbps<br />

Nutzerschnittstellen Analogkanal, RS232, LAN, Ethernet<br />

Stationierung ganz Österreich, bei allen Waffengattungen<br />

und Truppenteilen<br />

SYSTEMKOMPONENTEN<br />

Das CONRAD-System besteht<br />

im Kern aus dem Sender/<br />

Empfänger RT-9101A und<br />

dem Handheld CNR-710A.<br />

Der Sender/Empfänger kann<br />

im Tornisterfunksatz in Kfz und<br />

in Luftfahrzeugen verwendet<br />

werden. In seiner Konfiguration<br />

als Handfunkgerät ist das<br />

Handheld in Kfz verbaubar.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N F O G R A F I K<br />

FÜR DAS HEER<br />

BREITE<br />

70 Millimeter<br />

beschafft. Kern des Systems sind<br />

zwei Grundgeräte, der Sender/<br />

Empfänger RT-9101A und das<br />

sogenannte Handheld CNR-<br />

710A. Neben dieser Hardware<br />

besteht das System auch aus<br />

einer speziellen Software für<br />

SICHERHEIT GEHT VOR<br />

Jede elektromagnetische Abstrahlung<br />

ist abhörbar. CONRAD verfügt aus<br />

diesem Grund über ein wirksames<br />

Antijamming (to jam, englisch stören),<br />

bei dem das Funksystem ständig die<br />

Frequenz wechselt.<br />

NACHRICHTENÜBERTRAGUNG<br />

Sollte die Signalstärke zur Übermittlung<br />

des Sprachsignals nicht ausreichen,<br />

kann die digitale Burst-<br />

Übertragung verwendet werden.<br />

Dabei überträgt das System die Nachricht<br />

komprimiert und in höchster Geschwindigkeit<br />

in einem „Stoß“ (Burst).<br />

Das CONRAD verfügt übrigens auch<br />

über eine SMS-Funktion, mit der – wie<br />

beim Handy – Nachrichten verschickt<br />

werden können.<br />

HANDHELD<br />

CNR-710A<br />

KOMPATIBILITÄT<br />

Das CONRAD-Truppenfunksystem<br />

ist<br />

rückwärtskompatibel.<br />

Das bedeutet: Hat ein<br />

Empfänger ein älteres<br />

Gerät, kann trotzdem<br />

mit ihm Verbindung<br />

aufgenommen werden.<br />

Wichtig ist diese<br />

Funktion auch im<br />

Zusammenspiel mit<br />

zivilen Funkgeräten.<br />

HÖHE (OHNE<br />

ANTENNE)<br />

230 Millimeter<br />

Funknetzmanagement- und Schlüsselmanagementsysteme<br />

sowie einer<br />

Ausbildungsanlage an der Fernmeldetruppenschule.<br />

Dank seiner innovativen<br />

Technik und unkomplizierten<br />

Handhabung ist das VHF-Truppenfunksystem<br />

(Very High Frequency)<br />

GPS-MODUL<br />

In jedem Sender/Empfänger<br />

und auch im Handheld<br />

ist ein GPS-Modul verbaut.<br />

Soldaten können damit<br />

jederzeit ihren genauen<br />

Standort ermitteln und als<br />

Meldung weitergeben.<br />

PLANUNG<br />

Das System besitzt ein<br />

Instrument zur Vorhersage<br />

der Übertragungssicherheit<br />

in den geplanten Funknetzen.<br />

Vorhersagen wie „gut<br />

möglich“, schlecht möglich“<br />

oder „unmöglich“<br />

erleichtern die spätere<br />

Anwendung.<br />

NUTZER-<br />

FREUNDLICHKEIT<br />

Zur möglichst einfachen<br />

Handhabung befinden sich<br />

alle Bedienelemente auf<br />

der Front. Für die häufigsten<br />

Anwendungen,<br />

wie etwa die Wahl der<br />

Sendeleistung, gibt es<br />

eigene Knöpfe und Tasten.<br />

Stationierung<br />

in ganz<br />

Österreich<br />

auch international stark nachgefragt.<br />

Laut Angaben des Bundesheeres<br />

sind bereits mehrere internationale<br />

Armeen an dem Gesamtsystem und<br />

dessen Anwendung interessiert.<br />

INTERVIEW<br />

„Die Übertragung<br />

ist sicherer geworden“<br />

Oberstabswachtmeister<br />

Thomas Mandl, Lehrunteroffizier<br />

für das System<br />

CONRAD an der Führungsunterstützungsschule<br />

Was zeichnet das CONRAD-<br />

Truppenfunksystem im Vergleich<br />

zu seinem Vorgängermodell aus?<br />

Der Nachrichteninhalt kann verschlüsselt<br />

und digital übertragen werden,<br />

was die Sicherheit erhöht und die<br />

Sprachqualität verbessert. Außerdem<br />

hat sich die Reichweite erhöht und<br />

das System ist durch den AJ-Betrieb<br />

(Anm.: Frequenzsprungbetrieb) besser<br />

gegen gezielte elektronische Kampfmaßnahmen<br />

geschützt. CONRAD<br />

ist darüber hinaus auch mit analogen<br />

Geräten kompatibel.<br />

In welchem Rahmen kommen die<br />

Geräte zum Einsatz?<br />

In allen Bereichen: Als tragbares Gerät<br />

gleichermaßen wie eingebaut in geländegängigen<br />

Kfz, Panzern, Hubschraubern<br />

und Flugzeugen. Das System wird bei<br />

Übungen genauso benutzt wie in Einsätzen<br />

– aktuell beim Assistenzeinsatz.<br />

Mit dem System können auch SMS<br />

und E-Mails versendet werden, oder?<br />

SMS wurden innerhalb von CONRAD-<br />

Netzen übereits bertragen. Die Übertragung<br />

von Daten ist mit der Datenfunksoftware<br />

II, einem vom Bundesheer entwickelten<br />

Programm, möglich. Dabei<br />

wird zwar keine klassische E-Mail verschickt,<br />

das Prinzip ist aber dasselbe.<br />

M i L i T ä r a k T u e L L<br />

FOTO : F Ü U S FO R U M


Foto: Bundesheer/Harald Minich<br />

Unser<br />

Heer<br />

sorgt für Ihre<br />

Sicherheit!<br />

Von der militärischen Landesverteidigung<br />

und dem Schutz unserer Infrastruktur<br />

über die Hilfe bei Katastrophen bis zum<br />

humanitären Engagement im Ausland<br />

– unser Heer sorgt für Ihre Sicherheit.<br />

Nationalfeiertag<br />

<strong>2015</strong><br />

23. bis 26. Oktober<br />

Wien/Heldenplatz<br />

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