18.10.2015 Aufrufe

Demo-Version vom zukünftigen ePaper

Gewiss ist das nicht die letzte Version unsere ePapers, es gibt noch genügend Verbesserungen einzubringen. Aber so könnt ihr euch ein ungefähres Bild machen.

Gewiss ist das nicht die letzte Version unsere ePapers, es gibt noch genügend Verbesserungen einzubringen. Aber so könnt ihr euch ein ungefähres Bild machen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

A u s g a b e 0 1 /2 0 1 5<br />

Der Kampf<br />

www.c o n t r a-ma g a z in.c om<br />

um<br />

Syrien<br />

wei t e r e t h eme n :<br />

TTIP -<br />

Die Wirtschafts-NATO<br />

China-USA<br />

Das Duell der Giganten<br />

Der Medienkrieg gegen<br />

Russland<br />

1


I n h a l t s v e r z eic h nis<br />

E di t o r ia l<br />

E U R O P A<br />

POLITIK<br />

+<br />

W E LT<br />

WIRTSCHAFT + FINANZEN<br />

E U R O P A<br />

+<br />

GESELLSCHAFT<br />

W E LT<br />

Editorial & Impressum<br />

Leitartikel<br />

Machtdemonstration:<br />

USA entsendet Kriegsflotte ins Südchinesische Meer<br />

Türkei: Anschlag auf HDP-Kundgebungein<br />

Versuch, die Waffenruhe zu verhindern?<br />

Syrien: Ahrar al-Sham<br />

als Abbruchunternehmen des Salafi-Dschihadismus?<br />

<strong>Demo</strong>kratiebewegung in Syrien<br />

Putin kann Syrien und Europa retten<br />

Waffen für al-Nusra:<br />

Das amerikanische Debakel in Syrien<br />

Griechenland Schulden<br />

TTIP eine Gefahr<br />

Die Wahrheit über TTIP von Obama selbst<br />

Zukunftssicherung Europa<br />

Totale Propaganda:<br />

Deutsche Medien im Kriegsmodus gegen Russland<br />

Seite 3<br />

Seite 4<br />

Seite 5<br />

Seite 6<br />

Seite 7 - 9<br />

Seite 10 - 13<br />

Seite 14 - 15<br />

Seite 16<br />

Seite 17<br />

Seite 18<br />

Seite 19<br />

Seite 20<br />

Seite 21<br />

Liebe Leser, liebe Leserinnen!<br />

Contra Magazin wird in diesen Tagen zwei Jahre alt.<br />

Viel Arbeit, aber auch viel Freude steckt in unserem Magazin,<br />

welches sich ständig wachsender Beliebtheit erfreut.<br />

Wir erinnern uns gerne an die Anfänge zurück.<br />

Zuerst war nur die Idee. Ich hatte genaue Vorstellungen<br />

wie das Contra Magazin zu sein hat. Ich wusste aber, dass<br />

ich einen Partner brauche mit dem ich dieses Magazin<br />

verwirklichen kann. Durch Zufall stieß ich auf Marco Maier,<br />

der sofort sehr begeistert war. Am 25. Oktober 2013<br />

haben wir unsere ersten Artikel verfasst. Budget war keines<br />

vorhanden, nur die Kraft der Worte musste genügen<br />

um im Internet Anklang zu finden. Wir setzten stark auf<br />

die sozialen Medien, gleichzeitig wussten wir aber, dass<br />

wir uns hier nicht zu sehr abhängig machen dürfen.<br />

Marco Maier gab von Anfang viel für unser Magazin. Ich<br />

jedoch musste damals meinem Brotjob weiterhin nachgehen.<br />

Aber mit der Hoffnung im Kopf, dass wir eines<br />

Tages unser Contra Magazin hauptberuflich stemmen<br />

können und dem Glaube an unser Magazin, konnten wir<br />

beide schon einige unserer gesteckten Ziele erreichen.<br />

Natürlich war es nicht immer leicht. Konflikte gab es,<br />

waren aber eher eine Seltenheit, denn im Grunde verfolgten<br />

wir gemeinsam ein ganz großes Ziel. Und dieses<br />

große Ziel war immer – und wird auch nur das Eine sein,<br />

nämlich den deutschsprachigen Mainstream aufzubrechen.<br />

Das geht natürlich nicht allein. Für uns ist es ebenso<br />

wichtig mit all den vielen anderen alternativen Medien<br />

zusammenzuarbeiten. Nach dem Motto: gemeinsam<br />

sind wir stark. Natürlich gibt es auch Kollegen mit denen<br />

wir nichts zu tun haben wollen, oder die sich selbst von<br />

einer Zusammenarbeit ausschließen. Für uns ist das<br />

auch kein Problem.<br />

Das Jahr 2015 war bis jetzt ein erfolgreiches Jahr. Wir<br />

fanden einige Autoren, die gerne für uns schreiben, wir<br />

konnten unseren Traffic monetisieren und sind daran<br />

neue Projekte zu entwickeln um noch mehr Leser auf<br />

uns aufmerksam zu machen. Eines dieser Projekte ist<br />

eben ein <strong>ePaper</strong>. Bereits im ersten Jahr hatten wir einen<br />

Probelauf mit einem selbsterstellten <strong>ePaper</strong>, das optisch<br />

zwar anspruchslos war, aber eben den Zweck erfüllen<br />

sollte: wertvolle Informationen zu sammeln. In diesem<br />

<strong>ePaper</strong> waren damals nur unsere besten Artikel aus dem<br />

Onlineauftritt zusammengefasst. Im neuem <strong>ePaper</strong>, welches<br />

Dank eines erfahrenen Layouters professionell erstellt<br />

wird, werden Sie mit eigenständigen und vollwertigen<br />

Hintergrundartikeln versorgt. Unser Onlineportal<br />

bleibt aber so wie Sie es kennen.<br />

Verstärkt werden Sie hier Neuigkeiten aus aller Welt erfahren,<br />

ausführliche und umfangreiche Artikel hingegen<br />

werden Sie nur mehr im <strong>ePaper</strong> finden.<br />

Sie können das <strong>ePaper</strong> downloaden, ausdrucken und<br />

natürlich gerne auch weiter empfehlen. Zunächst wollen<br />

wir Ihnen hiermit ein Probeexemplar der <strong>zukünftigen</strong><br />

<strong>Version</strong> des <strong>ePaper</strong>s schmackhaft machen. Wir würden<br />

uns über Feedback sehr freuen, zumal wir Verbesserungen<br />

unmittelbar in die erste echte Ausgabe einbringen<br />

werden.<br />

Ich darf Ihnen im Namen unserer Redaktion viel Spaß<br />

beim Lesen wünschen und hoffe, dass Sie uns weiterhin<br />

treu bleiben.<br />

Andre Eric Keller<br />

Herausgeber, Geschäftsführer<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber, Geschäftsführer:<br />

Andreas Keltscha<br />

Mitherausgeber, Chefredaktion:<br />

Marco Maier<br />

Medieninhaber:<br />

Contra Media Online OG,<br />

1160 Wien, Montleartstraße 60<br />

Tel: +43 (1) 9448998,<br />

E-Mail: redaktion@contra-magazin.com<br />

Internet: www.contra-magazin.com<br />

Layout + Grafik:<br />

Gerd Salvadori<br />

salvadori@mail.com<br />

Bankverbindung:<br />

IBAN: AT541200010011321089<br />

BIC: BKAUATWW<br />

UID: ATU69254317<br />

2 3


Machtdemonstration:<br />

POLITIK<br />

L ei t a r t ik e l<br />

E U R O P A<br />

+<br />

W E LT<br />

Die ganze Welt sieht mit gebannten<br />

Augen auf Syrien. Seit dem<br />

Ausbruch der kriegerischen Aktivitäten<br />

und vor allem der Expansion<br />

des »Islamischen Staates«,<br />

einer sunnitisch-islamistischen<br />

Terrororganisation, zeigt die<br />

fragile politische und religiöse<br />

Ordnung der ganzen Region immer<br />

mehr Risse. Sollbruchstellen<br />

– resultierend aus den kolonialen<br />

Grenzziehungen – reißen auf,<br />

weil extremistische Kräfte hier<br />

ein leichtes Spiel haben.<br />

te aufriefen. Dadurch gewinnt die religiöse<br />

Komponente deutlich mehr<br />

Gewicht, als sie es bislang schon hatte:<br />

Schiiten/Alawiten (Syrien, Iran,<br />

Hisbollah) gegen Sunniten (Dschihadistenmilizen,<br />

Saudi-Arabien, Türkei,<br />

Katar, Kurden), sowie als Nebenspieler<br />

die christliche Orthodoxie<br />

(Russland) gegen Protestanten und<br />

Katholiken (USA, EU-Staaten).<br />

eines neuen Weltenbrands mmer<br />

größer wird.<br />

Umso mehr möchten wir in dieser<br />

»Probeausgabe« unseres <strong>ePaper</strong>s<br />

den Fokus auf den Krieg in Syrien legen,<br />

weshalb wir dieses Thema auch<br />

zur Titelstory erkoren haben. Neben<br />

einigen exklusiven Artikeln finden<br />

sich hier auch welche, die wir bislang<br />

schon auf unserer Website publizierten,<br />

jedoch zur Erläuterung der Thematik<br />

beinahe unablässig sind.<br />

Da wir die Seitenzahl des Probe-<strong>ePaper</strong>s<br />

auf 20 limitiert<br />

haben,<br />

USA entsendet Kriegsflotte<br />

ins Südchinesische Meer<br />

Bild: „Pazifikflotte“,<br />

Bildquelle: Flickr<br />

U.S. Navy CC BY 2.0<br />

Bildbeschreibung:<br />

„US-Kriegsschiffe auf<br />

dem Weg“<br />

Nachdem sich insbesondere<br />

die Vereinigten<br />

Staaten von<br />

Amerika – mit dem<br />

erklärten Ziel des<br />

Sturzes von Präsident<br />

Baschar al-Assad – in<br />

der Region militärisch<br />

engagierten, dabei<br />

jedoch keine nennenswerte<br />

Erfolge im Kampf<br />

gegen die islamistische<br />

Terrormiliz aufweisen konnten,<br />

mischt sich inzwischen<br />

auch Russland militärisch ein. Allerdings<br />

unterstützt Moskau den<br />

legitimen Präsidenten Syriens und<br />

bekämpft so auch jene sogenannten<br />

Rebellen, die von den USA (respektive<br />

der CIA und dem Pentagon)<br />

unterstützt werden.<br />

Das Eingreifen Russlands (inklusive<br />

des Irans und der schiitischen Miliz<br />

Hisbollah) sorgte jedoch dafür, dass<br />

radikalsunnitische Geistliche aus<br />

Saudi-Arabien zum »Heiligen Krieg«<br />

gegen Syrien und dessen Verbünde-<br />

Es zeigt sich damit immer deutlicher,<br />

dass die Lage in Syrien (und damit<br />

zusammenhängend auch im Irak)<br />

von Tag zu Tag unübersichtlicher<br />

und kritischer wird. Nicht nur regionalpolitisch,<br />

sondern zunehmend<br />

auch geopolitisch, zumal der Einsatz<br />

diverser teils konträr gegenüberstehenden<br />

Kräfte auch weitere Regionen<br />

miteinbezieht und die Gefahr<br />

um so eine Vorschau auf<br />

das zu bieten was Sie<br />

zukünftig erwartet,<br />

fällt dies hier nicht so<br />

umfangreich aus, wie<br />

Sie es in Zukunft von<br />

uns erwarten können:<br />

Eine detaillierte Auseinandersetzung<br />

mehrerer<br />

Autoren mit einem<br />

Thema, um so einen<br />

möglichst umfangreichen<br />

Überblick aus verschiedenen<br />

Blickwinkeln darüber gewährleisten<br />

zu können.<br />

Ihr<br />

Marco Maier<br />

Offenbar vor allem deshalb, weil<br />

China Russland in Syrien unterstützen<br />

könnte, erfolgt nun der<br />

US-amerikanische Gegenschlag.<br />

Kriegsschiffe der US-Pazifikflotte<br />

sind auf dem Weg ins Südchinesische<br />

Meer zu den Spratly Islands.<br />

Von Marco Maier<br />

„Spratly Islands“<br />

Bildquelle: NASA<br />

public domain<br />

Wie die Financial Times berichtet,<br />

werden die USA in den kommenden<br />

zwei Wochen eine Flotte an Kriegsschiffen<br />

ins Südchinesische Meer<br />

entsenden. Ziel ist die Region der<br />

Spraty Islands, die von der Volksrepublik<br />

beansprucht werden, was<br />

die USA jedoch nicht anerkennen.<br />

Dabei haben die Vereinigten Staaten<br />

in dieser Region, fernab ihres Landes<br />

gar nichts zu sagen, zumal<br />

dieser territoriale Konflikt<br />

eine Sache ist, welche die<br />

Anrainerstaaten untereinander<br />

zu klären haben.<br />

Beobachter halten es für<br />

wahrscheinlich, dass Washington<br />

mit dieser Aktion<br />

auf die Entsendung von<br />

chinesischen Kriegsschiffen<br />

ins Mittelmeer reagiert,<br />

mit denen Peking die<br />

Solidarität mit Russland<br />

demonstriert und wahrscheinlich<br />

auch den Kampf<br />

gegen die Extremisten des<br />

„Islamischen Staates“ unterstützen<br />

wird.<br />

Die Volksrepublik selbst hatte in der<br />

Vergangenheit bei den Spratly Islands<br />

künstliche Inseln aufgeschüttet<br />

um dort Militärbasen zu errichten,<br />

sowie diverse Marineübungen<br />

durchgeführt.<br />

Neben den archäologischen Funden<br />

die auf eine vietnamesische und<br />

chinesische Besiedlung in der Vergangenheit<br />

hindeuten, geht es jedoch<br />

vor allem um die strategische<br />

Lage der Inseln und die vermuteten<br />

Vorkommen von Erdöl und Erdgas<br />

in der Region, von der sich alle Anspruch<br />

erhebenden Staaten mehr<br />

Wohlstand versprechen.<br />

Die Spratly Islands liegen zwischen<br />

Vietnam, Indonesien, den Philippinen<br />

und China.<br />

Während die Volksrepublik China,<br />

die Republik China (Taiwan) und Vietnam<br />

die gesamte Inselgruppe beanspruchen,<br />

erheben Brunei, Malaysia<br />

und die Philippinen Anspruch auf<br />

Teile der unbewohnten Inselgruppe,<br />

auf der sich inzwischen diverse Militärgarnisonen<br />

befinden.<br />

4 5


POLITIK<br />

POLITIK<br />

Türkei: Anschlag auf<br />

HDP-Kundgebung<br />

ein Versuch, die Waffenruhe zu verhindern?<br />

Der Anschlag auf eine HDP-Kundgebung<br />

in Ankara, bei dem<br />

97 Menschen getötet und 186<br />

weitere verletzt wurden, könnte<br />

ein Versuch des IS gewesen sein,<br />

den von der PKK angekündigten<br />

Waffenstillstand zu verhindern.<br />

Von Marco Maier<br />

Einen Tag vor dem erwarteten Waffenstillstand<br />

der PKK gab es bei einer<br />

Friedensdemonstration der pro-kurdischen<br />

Partei HDP (die auch als<br />

politischer Arm der PKK gilt) und diversen<br />

Gewerkschaften zwei Explosionen,<br />

bei denen nach bisherigen<br />

Angaben 97 Menschen getötet und<br />

186 weitere verletzt wurden. Es soll<br />

Artikelbild: »Ankara Anschlag HDP«<br />

Bildquelle: Youtube<br />

sich hierbei um zwei Selbstmordattentäter<br />

handeln, die sich inmitten<br />

des <strong>Demo</strong>nstrationszuges in die Luft<br />

sprengten.<br />

Während HDP-Chef Selahattin Demirtas<br />

von einem „großen Massaker“<br />

sprach, welches die Handschrift des<br />

„tiefen Staates“ - also der türkischen<br />

Sicherheitsapparate und Geheimdienste<br />

- trage, gratulierte der „Islamische<br />

Staat“ für den Massenmord<br />

an den ungläubigen Kommunisten.<br />

Doch der regierenden AKP von Präsident<br />

Erdogan nutzt dieser Anschlag<br />

gar nicht, so dass nach der Logik von<br />

„cui bono?“ eine Mittäterschaft in<br />

den Regierungskreisen eher auszuschließen<br />

ist.<br />

Wahrscheinlicher ist es, dass es ein<br />

Versuch von radikalen Nationalisten<br />

aus dem MHP-Umfeld<br />

oder von Sympathisanten<br />

des „Islamischen Staates“<br />

war, so die Friedensbemühungen<br />

zwischen der türkischen<br />

Regierung und der kurdischen Terrororganisation<br />

PKK zu unterminieren.<br />

Denn ein solcher Waffenstillstand<br />

würde bedeuten, dass sowohl die<br />

Kurden als auch die Türkei ihre Kräfte<br />

(wieder) gegen die IS-Milizen in<br />

Syrien und im Irak richten. Andererseits<br />

käme ein Absinken der Popularität<br />

von Präsident Erdogan und der<br />

AKP angesichts der anstehenden<br />

Neuwahlen des Parlaments auch der<br />

nationalistischen MHP zugute, die<br />

eine mögliche Absolute Mehrheit<br />

der islamisch-konservativen Partei<br />

verhindern möchte.<br />

Insofern ist es verständlich, dass einerseits<br />

die PKK nicht davon abrücken<br />

will, den geplanten Waffenstillstand<br />

einzuhalten und diesen früher<br />

als geplant verkündert, sowie andererseits<br />

auch Erdogan ein großes<br />

Interesse daran hat, den Anschlag<br />

aufklären zu lassen. Ganze fünf<br />

Staatsanwälte wurden deshalb zur<br />

Klärung des Falles eingesetzt um so<br />

schneller und effektiver arbeiten zu<br />

können. Die Rechnung der Initiatoren<br />

dieser beiden Bombenanschläge<br />

wird also wahrscheinlich nicht<br />

aufgehen.<br />

E U R O P A<br />

+<br />

W E LT<br />

Syrien: Ahrar al-Sham<br />

als Abbruchunternehmen des<br />

Salfi-Dschihadismus?<br />

In einer ausführlichen Analyse<br />

hat der in Washington tätige, auf<br />

Syrien spezialisierte Analyst Sam<br />

Heller auf dem Portal „War on the<br />

Rocks“ einen von ihm beobachteten<br />

strategischen Wandel und<br />

eine vermeintliche ideologische<br />

Transformation der nach dem<br />

„Islamischen Staat“ (IS) größten<br />

und bedeutendsten Rebellengruppe<br />

im syrischen Bürgerkrieg<br />

beleuchtet: Ahrar al-Sham.<br />

Von Ali Osman Emiroglu<br />

den oppositionellen Kräften in Syrien<br />

insgesamt bereitet hat – die aus<br />

dem gleichen ideologischen Biotop<br />

hervorgegangene Dachmiliz Ahrar<br />

al-Sham, die es geschafft hatte, eine<br />

Reihe zuvor versprengter Milizen<br />

unter ihrem Kommando zu vereinigen,<br />

eine bedeutsame Rolle. Ahrar<br />

al-Sham versucht sich dabei immer<br />

stärker als populistische revolutionäre<br />

Kraft in Szene zu setzen, darüber<br />

hinaus aber auch als Wächter einer<br />

revisionistischen Schule, die ihre<br />

Aufgabe darin sieht, die Natur der<br />

E U R O P A<br />

ren und aus dem auch der Kern der<br />

IS-Vorgänger „Islamischer Staat im<br />

Irak“ und „Islamischer Staat in Syrien<br />

und der Levante“ hervorgegangen<br />

war. Die Gruppe, die verhältnismäßig<br />

breit aufgestellt ist und auch<br />

über einen zumindest ansatzweise<br />

nennenswerten Rückhalt in Teilen<br />

der Bevölkerung verfügt, ist jedoch<br />

zunehmend bestrebt, sich aus diesem<br />

Schatten zu lösen und sich von<br />

jener extremen Erscheinungsform<br />

radikal-islamischer Bewegungen abzusetzen,<br />

die man von Al-Qaida oder<br />

+<br />

W E LT<br />

»Ahrar al-Sham«, Bildquelle: Ahrar al-Sham »Gründung der Kataib Ahrar al-Sham 2012«<br />

»Abu Muhammed al-Maqdisi - links - und Abu Qatada al-Filistini - rechts«<br />

Während der IS immer noch die<br />

lautstärkste und am meisten wahrnehmbare<br />

Dschihadisten-Formation<br />

der Region bleibt, tobt neben einem<br />

Kampf der Milizen in Syrien auch ein<br />

Kampf der Ideologien. Dabei aber<br />

spielt – nicht zuletzt auf Grund der<br />

Akzeptanzprobleme, die das brutale<br />

und rücksichtslose Vorgehen des IS<br />

dschihadistischen Bewegung herauszufordern.<br />

Zwar leugnen die Führer der Bewegung<br />

nicht ihren Ursprung im<br />

„Salafi-Dschihadismus“, wie er sich<br />

unter anderem im berüchtigten<br />

Seidnaya-Gefängnis gebildet hatte,<br />

wo zahlreiche radikal-islamische<br />

vor dem Bürgerkrieg inhaftiert wa-<br />

dem IS her kennt. Zwar beruft man<br />

sich immer noch auf die gleichen<br />

geistigen Wegbereiter wie auch<br />

der IS oder Al-Nusra, etwa die jordanisch-palästinensischen<br />

Theoretiker<br />

Abu Qatadah al-Filistini und Abu<br />

Muhammad al-Maqdisi und kommt<br />

aus dem gleichen Milieu. Dennoch<br />

lehnt man den erbarmungslosen Pu-<br />

6 7


POLITIK<br />

gen zu führenden Persönlichkeiten<br />

innerhalb<br />

ihrer Communitys aufbauen<br />

und pflegen, sich um<br />

die Lebensbedingungen der Bürger<br />

kümmern und Dienstleistungsaufgaben<br />

wahrnehmen, während man<br />

mit anderen Rebellen in maximaler<br />

Weise zusammenarbeitet. Abu Abdulmalek<br />

räumte ein, dass einige<br />

Fraktionen, die sich im Bürgerkrieg<br />

hervorgetan hätten, „verschmutzt“<br />

wären. Die Mujahideen sollten sich<br />

darum bemühen, schrittweise daran<br />

zu arbeiten, diese „einzuhegen oder<br />

zu neutralisieren“.<br />

E U R O P A<br />

+<br />

W E LT<br />

In einer jüngst veröffentlichten<br />

Schrift plädierte der Ahrar-Ideologe<br />

Abu Muhammad al-Sadeq für einen<br />

„offenen, inklusivistischen Weg“, der<br />

die „dschihadistische Bewegung“<br />

in einen „Wiederaufstieg“ führen<br />

könnte. In einem jüngst veröffentlichten<br />

Promotion-Video stellt sich<br />

Ahrar selbst in eine islamistische<br />

Ahnenreihe, die unter anderem Hasrismus<br />

und die enge Definition der<br />

Gemeinschaft der Gläubigen, wie<br />

man sie von den takfiristischen Gruppen<br />

her kennt, ab. Dies hat es Ahrar<br />

al-Sham aber auch ermöglicht, über<br />

das Milieu der salafistisch-dschihadistischen<br />

Subkultur hinauszuwirken.<br />

Heute reicht das Spektrum der<br />

Führungspersönlichkeiten von Ahrar<br />

al-Sham von politischen Hardlinern<br />

wie Chefideologe Abu Muhammad<br />

al-Sadeq (Nidal Hassan), für den der<br />

bewaffnete Kampf und die Fortführung<br />

der „Erhebung“ eine zentrale<br />

Rolle spielen, bis zu verhältnismäßig<br />

moderaten Akteuren wie Abu Azzam<br />

al-Ansari.<br />

Entsprechend sind auch die Vorstellungen<br />

über den Stellenwert des bewaffneten<br />

„Dschihad“ im Vergleich<br />

zum politischen Streben nicht ho-<br />

mogen. Allerdings sieht man sich<br />

jedenfalls als Teil der „Dschihadistischen<br />

Bewegung“ im weitesten Sinne,<br />

als man den bewaffneten Kampf<br />

als primären oder zumindest mit<br />

dem politischen Kampf elementar<br />

verbundenen Weg betrachtet, um<br />

politische Änderungen herbeizuführen.<br />

Damit steht man in einer Reihe<br />

mit IS und Al-Qaida, aber auch beispielsweise<br />

mit der Hamas.<br />

san al-Banna, den Gründer der Muslimbruderschaft<br />

und den berühmten<br />

syrischen Islamgelehrten Ali<br />

al-Tantawi umfasst, aber auch den<br />

radikalen Theoretiker Sayyid Qutb,<br />

den tschetschenischen Terroristen<br />

Khattab, Hamas-Gründer Ahmad<br />

Yassin und den Vater des modernen<br />

Dschihadismus, Abdullah Azzam.<br />

Andererseits ist sich Ahrar jedoch<br />

auch dessen bewusst, dass insbesondere<br />

im westlichen Kontext<br />

der Begriff des „Dschihad“ in einer<br />

höchst unvorteilhaften Weise konnotiert<br />

ist. Deshalb ist man bestrebt,<br />

parallel zur bewaffneten Offensive<br />

auch die politischen Strukturen auszubauen<br />

und sich vor allem um eine<br />

zivile, politische Struktur und deren<br />

Verankerung in der Öffentlichkeit<br />

zu bemühen.Der „revisionistische<br />

Dschihadismus“, wie ihn Sam Heller<br />

nennt, greift zwar auf die historischen<br />

Erfahrungen der traditionellen<br />

Dschihad-Gruppen zurück, aber<br />

betreibt auch eine Kritik der dschihadistischen<br />

Bewegung von innen.<br />

Man will aus den Niederlagen der<br />

letzten Jahre lernen, <strong>vom</strong> Scheitern<br />

des sunnitischen „Erwachens“ im<br />

Irak, das die damalige Gruppe ISIL<br />

dazu gebracht hatte, 2011 und 2012<br />

unter der Prämisse in Syrien einfiel,<br />

dieses würde sich dort wiederholen.<br />

Man meinte, durch apokalyptische<br />

Visionen und grenzenlose Brutalität<br />

erreichen, dass die Elite mithilfe<br />

einiger handverlesener Kader eine<br />

Bewegung von Wächtern schaffen<br />

könnte, die notfalls auch die ambivalenten<br />

Teile der muslimischen Öffentlichkeit<br />

mitreißen könnte.<br />

Im Unterschied zum IS sieht man<br />

bei Ahrar al-Sham jedoch nicht die<br />

Zerstörung aller gesellschaftlichen<br />

Einrichtungen und deren Wiederaufbau<br />

nach eigenen Vorstellungen als<br />

Erfolgsweg. Wer alle Feinde zerstören<br />

will und dabei jeden zum Feind<br />

stempelt, verrät nicht nur Paranoia,<br />

sondern riskiert auch permanent<br />

den Verrat durch lokale „Gegenkalifate“.<br />

Ahrar-Ideologe Abu Abdulmalek<br />

trat sogar für die vorsorgliche<br />

Auflösung der islamistischen Rebellenorganisationen<br />

in Syrien ein und<br />

deren Aufbau einer politischen Basis,<br />

die unter anderem dadurch Kraft<br />

und Rückhalt gewinnt, dass sie für<br />

die Bürger vor Ort präsent ist.<br />

Es soll ein System der Mujahideen an<br />

die Stelle der bloßen Kämpfer treten,<br />

in dem Sinne, dass diese Beziehun-<br />

Die revisionistische Ausrichtung der<br />

Ahrar-Führung wurde noch einmal<br />

auf die Probe gestellt, als die gesamte<br />

Führungsschicht, darunter neben<br />

Abu Abdulmalek auch weitere Vordenker<br />

wie Abu Yazen al-Shami oder<br />

Hassan Abboud am 9. September<br />

2014 bei einer mysteriösen Explosion<br />

getötet wurde. Die Denkanstöße,<br />

die sie geliefert hatten, blieben jedoch<br />

auch nach ihrem Tod innerhalb<br />

der Organisation präsent. Dass es<br />

bereits im Vorfeld Fatawa von Al-Kaida-<br />

oder IS-nahen Geistlichen gab,<br />

die Ahrar als „Apostaten“ zu brandmarken<br />

versuchten, hatte dazu geführt,<br />

dass Abu Yazen sich noch wenige<br />

Tage vor seinem Tod komplett<br />

<strong>vom</strong> „Salafi-Dschihadismus“ losgesagt<br />

hatte, öffentlich dafür vor Gott<br />

Abbitte leistete und auch bei der<br />

syrischen Bevölkerung, weil er sich<br />

selbst in das „intellektuelle Gefängnis“<br />

dieser Denkweise hätte einmauern<br />

lassen.<br />

Elitär bleibt der Ansatz Ahrars dennoch.<br />

Es soll ein klares System von<br />

Elite und Wächtern sein, das einen<br />

„Inkubator im Volk“ schafft und auf<br />

diese Weise den – revisionistischen –<br />

Dschihad zu einer Massenbewegung<br />

macht. Man traut den Massen offenbar<br />

auch nicht zu, einen solchen Weg<br />

von sich aus zu beschreiten. Gleichzeitig<br />

jedoch will man mehr an Binnendiversität<br />

zulassen und dabei<br />

sogar weniger orthodoxe islamische<br />

Sufi-Bestrebungen und Anhänger<br />

der Muslimbruderschaft den Weg in<br />

die Bewegung ermöglichen.<br />

8 9


POLITIK<br />

Syrien:<br />

Karte des syrischen<br />

Bürgerkrieges, des<br />

Irak-Krieges (2014 bis dato)<br />

und des libanesischen<br />

Aufstandes<br />

Gegenwärtige territoriale<br />

Situation im Irak, Syrien und<br />

Libanon, 2. Oktober 2015.<br />

n<br />

Kontrolliert von der syrischen<br />

Opposition<br />

n Kontrolliert von der syrischen<br />

Regierung<br />

n Kontrolliert von der irakischen<br />

Regierung<br />

n Kontrolliert von der<br />

libanesischen Regierung<br />

n Kontrolliert von der Hisbollah<br />

n Kontrolliert <strong>vom</strong> islamischen<br />

Staat Irak und der Levante<br />

(ISIL, ISIS, IS, DAESH)<br />

der EU hielten sich, abwartend<br />

und wie immer<br />

uneins, mit ihren offiziellen<br />

Aussagen zurück.<br />

E U R O P A<br />

Diese Zurückhaltung und gleichzeitig<br />

die Anerkennung des eher fragwürdigen<br />

„Syrischen Nationalrates“<br />

als legitime Vertretung des syrischen<br />

Volkes, seitens Frankreichs und anderer<br />

Staaten, führten zu einem Gefühl<br />

des „auf sich gestellt sein“ und<br />

manche Rebellen fühlten sich sogar<br />

verraten. Denn gleichzeitig wehrten<br />

sich die alten Eliten mit aller Kraft<br />

gegen eine Syrische Jasmin-Revolution,<br />

einschließlich der Militärs, die<br />

sich jetzt nicht nur von „Feinden“<br />

umgeben fühlten, sondern den<br />

Feind überall im Land hatten. Von<br />

der westlichen Diplomatie im Stich<br />

gelassen und von der syrischen Armee<br />

unter Beschuss genommen,<br />

wandten sich immer mehr Milizen<br />

an die islamistischen Gruppen und<br />

an die Geldgeber aus Saudi-Arabien<br />

oder dem Iran.<br />

+<br />

W E LT<br />

Manche behaupten, sie habe nie<br />

existiert und wäre immer schon<br />

von außen inszeniert worden.<br />

Andere sehen im Arabischen<br />

Frühling einen Plot, der von<br />

Islamisten, den USA, den Saudis,<br />

dem Iran usw. gesteuert wird.<br />

Russland, der Iran und die Hisbollah<br />

stehen zur syrischen Regierung<br />

und Bashar Al Assad.<br />

Ein Chaos aus verschiedenen<br />

Milizen und Gruppen macht es<br />

schwer, zwischen Gut und Böse<br />

zu unterscheiden.<br />

Von: Rui Filipe Gutschmidt<br />

Was ist aus der<br />

<strong>Demo</strong>kratiebewegung<br />

geworden?<br />

Was aber ist „böse“ in einem Krieg<br />

und was ist „gut“? Nun „gut“ ist wohl<br />

reichlich wenig. Man kann immer<br />

Menschen finden, die angesichts<br />

allem Leidens und dem ständig<br />

präsentem Tod das Beste von sich<br />

geben und helfen wem sie können.<br />

Sei es beim Verteilen von Lebensmitteln,<br />

beim Versorgen der vielen<br />

Verletzten oder als Reporter, der die<br />

Bilder des Krieges einfängt und versucht<br />

in Worte zu fassen, was nicht in<br />

Worte gefasst werden kann. „Böse“<br />

ist dann wohl Folter, Angriffe auf Zivilisten<br />

und auch das Nutzen von Zivilisten<br />

als menschliche Schutzschil-<br />

Bild: Teritoriale Lage Syrien Irak<br />

Bildquelle: Wikimedia,<br />

BluHypercrane761<br />

Lizenz: CC BY-SA 4.0<br />

Der Arabische Frühling gab der gut<br />

gebildeten Mittelschicht einen Anreiz,<br />

mehr und mehr <strong>Demo</strong>kratie zu<br />

fordern, Reformen und Modernisiede.<br />

So gesehen haben wir all das auf<br />

allen Seiten, in allen Gruppen.<br />

Unsereins, auf der Wohnzimmercouch<br />

mit einem kühlem Bier in der<br />

Hand, hat leicht reden. Die Menschen<br />

hierzulande wissen nicht was<br />

es heißt, sein Leben in einer Diktatur<br />

zu verbringen. Wir beschweren<br />

uns, durchaus zu recht, dass unsere<br />

<strong>Demo</strong>kratie im Dienst der Großkonzerne,<br />

Finanzmärkte und dergleichen<br />

stehen, haben aber noch<br />

einen Rechtsstaat und Pressefreiheit,<br />

eben eine Scheindemokratie<br />

die den Schein auch waren muss.<br />

Eine Diktatur schert sich nicht im<br />

Geringsten um die öffentliche Meinung<br />

und willkürliche Verhaftungen<br />

sind an der Tagesordnung. So kann<br />

es dem unbescholtenem Bürger geschehen,<br />

dass er mitten in der Nacht<br />

von der Geheimpolizei verschleppt<br />

wird, weil sein Nachbar auf seinen<br />

Laden sein Geschäft oder seine Frau<br />

neidisch ist und ihn denunziert hat<br />

– grundlos.<br />

n Kontrolliert von Al-Nusra<br />

n Kontrolliert von den syrischen<br />

Kurden<br />

n Kontrolliert von den<br />

irakischen Kurden<br />

n Umstrittene Gebiete<br />

rungen schneller umzusetzen und<br />

die alte Führungsriege durch junge,<br />

kompetentere Bürokraten zu ersetzen.<br />

Doch wie üblich kamen schnell<br />

diverse Interessensgruppen hinzu,<br />

mischten sich ein und versprachen<br />

Unterstützung. Doch zu welchem<br />

Preis? Ein Krieg, der in seinen Gewaltexzessen<br />

alle anderen Konflikte die<br />

uns gerade heimsuchen, unübertroffen<br />

ist. In Europa und in der sogenannten<br />

westlichen Welt kamen<br />

gleich Stimmen auf, die eine „<strong>Demo</strong>kratisierung“<br />

Syriens verlangten und<br />

dem Assad-Clan den Weg ins Exil<br />

aufzeigten. Doch die Regierungen<br />

Auch Europas Finanzspritzen gingen<br />

oftmals an Rebellen, die sich darauf<br />

hin der Al-Nusra, Ansar al-Islam oder<br />

gar dem ISIS anschlossen. Wobei wir<br />

dann auch schon bei ISIS wären. Lassen<br />

wir mal die angebliche direkte<br />

US-Unterstützung für die radikalen<br />

Salafisten außen vor, für die es keine<br />

Beweise und vor allem keine Gründe<br />

gibt, bleibt auf alle Fälle noch die<br />

Hauptschuld am Wachstum dieses<br />

Monsters, dass seine Tentakel über<br />

weite Teile der destabilisierten Staaten<br />

– Irak und Syrien – ausgebreitet.<br />

D ie S c h u l d<br />

d e r U S A<br />

Seit dem ersten Golfkrieg unter Bush<br />

Senior ist der Irak kein funktionierender<br />

Staat mehr. Flugverbotszonen<br />

im Norden und Süden und Embargo,<br />

waren nur die Vorbereitung<br />

für den Sturz von Saddam Hussein<br />

infolge des zweiten Golfkriegs, mit<br />

dem die arabischen Sunniten ihre<br />

vorherrschende Machtstellung verloren<br />

hatten. Allerdings hatten die<br />

10 11


POLITIK<br />

POLITIK<br />

Amerikaner und ihre „Willigen“ keinen<br />

Plan für die Zeit danach. Mit<br />

Ausnahme natürlich von der Ausbeutung<br />

von Öl und Gas. Doch war<br />

ihnen der Blutzoll – der eigenen<br />

Soldaten und „Personals“ - zu<br />

hoch und sie zogen ab.<br />

Danach war der Weg<br />

frei für Al-Qaida<br />

und Konsorten.<br />

Die irakische Armee,<br />

zu einem<br />

großem Teil aus<br />

Sunniten bestehend<br />

mit vielen<br />

sunnitischen Offizieren,<br />

hatte keine<br />

Lust für die neue,<br />

durch und durch korrupte<br />

und den USA hörige<br />

schiitisch dominierte Regierung zu<br />

kämpfen. Die Rebellen im Irak bestehen<br />

fast ausschließlich aus Sunniten,<br />

aus den Clans der alten Führungsriege<br />

und ausgerechnet Al-Qaida,<br />

die von Bush Junior als Vorwand für<br />

die Invasion galt und unter Saddam<br />

noch keine Rolle spielte, konnte im<br />

Laufe der Besatzung massiv anwachsen.<br />

Doch die Methoden der<br />

Al-Qaida mit Selbstmordattentaten,<br />

waren nicht genug.<br />

Unterstützt von den Saudis – nicht<br />

<strong>vom</strong> Königshaus, aber dafür von<br />

wichtigen wahhabitischen Scheichs<br />

– wurde der fundamentalistische<br />

Traum eines Kalifats umgesetzt. Die<br />

Sehnsucht nach der Zeit, als der Islam<br />

sich ausdehnte und dabei ein<br />

islamisches Weltreich von Indien<br />

bis zur Iberischen Halbinsel bildete.<br />

Ganze Einheiten der irakischen<br />

Armee, mit ihren neuen US-amerikanischen<br />

Waffen und nachdem sie<br />

von US-Amerikanischen Ausbildern<br />

trainiert wurden, waren zu dieser<br />

neuen Fraktion übergetreten: ISIS =<br />

Islamischer Staat im Irak und Syrien.<br />

Dieses „Gebilde“ ist in Wahrheit kein<br />

Staat. Es ist ein Monster, gebildet aus<br />

entmenschlichten Monstern. Alle<br />

unsere Albträume von Folter und<br />

Grausamkeit des Mittelalters können<br />

nicht erahnen wie die Wirklichkeit<br />

der Opfer dieses Monsters ist.<br />

Daher muss man das Monster auch<br />

bekämpfen.<br />

K amp f d em<br />

I S I S<br />

So sehr man auch ein Problem mit<br />

dem Regime von Bashar Al-Assad<br />

haben mag, so ist<br />

es jedenfalls klug<br />

all das beiseite zu<br />

legen, um sich<br />

dem Kampf dieses<br />

Monsters<br />

zu widmen. Die<br />

Türkei wurde<br />

lange Zeit scharf<br />

kritisiert, da die<br />

türkischen Streitkräfte<br />

wochenlang<br />

zusahen, wie die nordsyrische<br />

Grenzstadt Kobanî<br />

(Ain al-Arab) von den ISIS-Truppen<br />

umstellt wurde und die kurdischen<br />

Bewohner unter ständigem Beschuss<br />

lagen. Die kurdischen Peschmerga<br />

haben es mit Hilfe US-amerikanischer<br />

Luftangriffe geschafft, die<br />

Stadt zurückzuerobern – doch hatten<br />

etwa 400.000 Menschen kein<br />

Zuhause mehr. Kobanî liegt in Schutt<br />

und Asche. Doch der türkische Präsident<br />

Erdogan war gewarnt. ISIS<br />

stand an der türkischen Grenze und<br />

Selbstmordattentäter, begingen Anschläge<br />

in der Türkei, junge Türken<br />

gingen nach Syrien, um für ISIS zu<br />

kämpfen, während Kurden<br />

sich den Peshmerga anschlossen.<br />

Hinzu kommt<br />

also noch der<br />

Druck der USA<br />

und der NATO<br />

als solche und<br />

ein kurdischer<br />

„Staat“, kurdischer<br />

NGOs und<br />

vieler pro-kurdischer<br />

Parteien (in Wahlkampfzeiten),<br />

die der türkischen<br />

Regierung vorwerfen, auf eine gegenseitige<br />

Vernichtung von ISIS und<br />

Kurden zu hoffen. Als die Türkei ein<br />

Eingreifen in den Konflikt ankündigt,<br />

hatten die Wenigsten damit<br />

gerechnet, dass anstelle von ISISvorwiegend<br />

PKK-Stellungen ins Faden<br />

kreuz der türkischen Luftwaffe ge-<br />

raten würden. Also hat<br />

die Türkei die Gunst der<br />

Stunde genutzt, um der<br />

PKK einen Seitenhieb zu verpassen.<br />

Der Friedensprozess ist seither<br />

wieder beendet – auch wenn es<br />

seit dem 11. Oktober wieder eine<br />

Waffenruhe gibt – und ISIS lacht sich<br />

ins Fäustchen.<br />

E U R O P A<br />

Auch der Iran und die Hisbollah<br />

greifen jetzt mit Bodentruppen ein,<br />

während die USA und auch Frankreich<br />

immer wieder unterstreichen,<br />

dass sie es bei Luftangriffen belassen<br />

werden. „No boots on the ground“<br />

ist die Parole, die Amerikas Präsident<br />

Obama ausgegeben hat, um sein<br />

Wahlversprechen zu halten. Diese<br />

Parole mag zwar amerikanisches<br />

Blut sparen, doch dafür fließt umso<br />

mehr syrisches und irakisches Blut.<br />

So sehr man die Einmischung der<br />

USA auch kritisieren mag und so viel<br />

Leid die Präsenz der US-Armee auch<br />

gebracht hat – der chaotische Abzug<br />

und die Übergabe der Macht an<br />

korrupte, von Vetternwirtschaft ge<br />

prägte Möchtegern-Politiker und<br />

Scheindemokraten im Irak hat<br />

die prekäre politische Lage weiter<br />

verschlimmert. Doch auch<br />

Wladimir Putin hat seinem<br />

Verbündeten, Bashar Al-Assad, lange<br />

nicht viel mehr als „moralische<br />

Unterstützung“ zukommen<br />

lassen.<br />

Erst jetzt, Anfang<br />

Oktober 2015<br />

und nach Jahren<br />

des Blutvergießens,<br />

greift<br />

Russland in den<br />

Konflikt ein. Leider<br />

hat auch die<br />

russische Luftwaffe<br />

irgendeinen Fehler in<br />

seiner Zielvorrichtung,<br />

da die ersten Angriffe nicht<br />

ISIS selbst, sondern andere, (von<br />

säkularen Parteien) unterstützte Rebellen<br />

trafen. Dennoch ist eine Zusammenarbeit<br />

zwischen den USA<br />

und Russland zu begrüßen.<br />

Eine diplomatische Lösung rückt<br />

wieder mehr in Reichweite,<br />

wenn der Westen seine Arro-<br />

+<br />

W E LT<br />

ganz und seine Wirtschaftsinteressen<br />

mal außen vor lässt und<br />

Russland seine geopolitischen Bestrebungen<br />

auch hintanstellt, dann<br />

können der Iran und Saudi-Arabien,<br />

die Türkei und auch Israel, sich noch<br />

so sehr bemühen die Region nach<br />

ihren Vorstellungen zu gestalten, es<br />

wird ihnen nicht gelingen. Wie Putin<br />

in einem Interview kürzlich so treffend<br />

sagte:„Es ist Sache des syrischen<br />

Volkes, seine Regierung zu bestimmen.<br />

Der Einfluss von ausländischen<br />

Mächten ist völkerrechtswidrig.“<br />

Zurück zur Hauptfrage:<br />

Wa s is t a u s<br />

d e r D emo k r a-<br />

t ie b e w e g u n g<br />

g e w o r d e n ?<br />

Die Anfangs meist friedlichen Proteste<br />

und Forderungen nach mehr<br />

<strong>Demo</strong>kratie und Reformenwurden<br />

von Europa, dem Westen und<br />

der USA mit miserabler Diplomatie<br />

falsch unterstütztund von Russland,<br />

aus Angst um die geostrategischen<br />

und wirtschaftlichen<br />

Interessen bekämpft.<br />

Vielleicht<br />

auch aus„Rücksicht“<br />

voreinander,<br />

sahen Ost<br />

und West zu,<br />

wie Syrien im<br />

Bürgerkrieg versank<br />

und im Irak<br />

sich ein Monster<br />

bildete, dass dieses<br />

Chaos zu nutzen wusste.<br />

Die Rebellen,von anderen<br />

Jasminrevoluzzern und von den<br />

vollmundigen Versprechen von Europas<br />

Politikern im Stich gelassen,<br />

fanden Unterstützung bei Al-Nusra,<br />

Ansar Al-Islam und anderen, von<br />

Saudis und anderen Golfscheichs<br />

finanzierten Gruppen. Auch wenn<br />

diese Zusammenarbeit, wie in Aleppo<br />

2012/2013, noch eher auf die<br />

finanzielle und logistische Ebene<br />

beschränkt war, so wurde mit zunehmender<br />

Brutalität auch der religiöse<br />

Fanatismus immer stärker. Man kann<br />

Gewaltexzesse niemals gutheißen,<br />

schon gar nicht im Namen eines<br />

Gottes oder einer Ideologie, die von<br />

sich behauptet für Frieden, Harmonie<br />

und das Gute an sich zu stehen.<br />

ISIS ist aber größtenteils ein Gebilde<br />

mit Wurzeln im Ausland und dessen<br />

Grausamkeit nicht nur abschreckt,<br />

sondern auch auf die niedersten aller<br />

menschlichen Instinkte abzielt<br />

und so Psychopathen hervorbringt<br />

die nach Syrien rufen.<br />

So sind die <strong>Demo</strong>kratie fordernden<br />

Syrer inzwischen bei verschiedenen<br />

islamistisch geprägten oder<br />

ganz und gar bekennende Islamistengruppen<br />

angekommen, sind im<br />

Kampf gefallen oder sie sind auf<br />

der Flucht. So mancher ist auf dem<br />

Meeresboden der Ägäis oder in<br />

den Bergen des Libanon verdurstet.<br />

Doch wenn wir uns das nächste Mal<br />

über diese „Invasion“ von Flüchtlingen<br />

beschweren, sollten wir daran<br />

denken, was diese Menschen<br />

durchgemacht haben, was sie sich<br />

gewünscht hatten und was ihr Land<br />

jetzt ist.<br />

Es wird noch lange dauern,<br />

bis in Syrien und<br />

auch im Irak wieder<br />

ein Leben in<br />

Frieden möglich<br />

wird. Aber es<br />

wird Zeit, dass<br />

sich alle an einen<br />

Tisch setzen<br />

und endlich<br />

an einem Strang<br />

ziehen – dem Strang<br />

den sie ISIS um den Hals<br />

legen.<br />

www.contra-magazin.com<br />

E U R O P A<br />

+<br />

W E LT<br />

12 13


POLITIK<br />

Der Einsatz Russlands in Syrien<br />

ist ein wichtiges Signal an die<br />

Welt, dass es ohne Moskau in<br />

Zukunft nicht gehen wird. Die<br />

USA haben langsam aber sicher<br />

als bestimmende Kraft dieses Planeten<br />

ausgedient. Auch Europa<br />

wird dies akzeptieren müssen.<br />

Von Henry Paul<br />

Russland ist in den Stellvertreter-<br />

Krieg gegen Assad eingetreten, weil<br />

es zwingend und notwendig ist. Erdogan<br />

(Türkei) will eine heimliche<br />

„no-fly-zone“ zwischen der Türkei<br />

und Syrien einrichten, um seinen<br />

eigenen Kampf (unter der Flagge<br />

des Kriegs gegen Syrien) gegen die<br />

Kurden zu führen, weil er auf „Teufel-komm-raus“<br />

eine Selbstbestimmung<br />

der Kurden verhindern will.<br />

Der Eintritt Russlands in diesen Syrien-Krieg<br />

hat in der jüngsten Zeit<br />

zwei Mal zu Grenzkonflikten geführt:<br />

zweimal sind russische Jäger<br />

über die vermeintliche Grenze der<br />

Türkei geflogen; bei näherer Analyse<br />

hatte es sich aber um die nicht genehmigte<br />

„no-fly-zone“ der Türkei<br />

gehandelt. Nun ist ein Jäger wieder<br />

einer türkischen Patrouille sehr nahe<br />

gekommen und hat mitteilen lassen,<br />

dass es das letzte Mal ist, dass die<br />

Türkei syrischen Luftraum verletzen<br />

darf – ab sofort werden die türkischen<br />

Jäger von russischen Jägern<br />

Putin kann Syrien<br />

und Europa retten!<br />

»Wladimir Putin«<br />

Bildquelle: Kreml<br />

Lizenz: CC BY-SA 3.0<br />

<strong>vom</strong> Himmel geschossen. Diese Botschaft<br />

war unmissverständlich. Russland<br />

hat als einzige Macht (neben<br />

Assad) das Recht, Truppen in Syrien<br />

operieren zu lassen, denn Assad hat<br />

Russland um Beistand gebeten (Völkerrecht).<br />

Es ist ab sofort klar, dass sämtliche<br />

privaten Söldnerarmeen (moderate<br />

rebells) der USA, die scharfen<br />

Dschihadisten der USA und die Truppen<br />

des „Islamischen Staats“ der USA<br />

nichts mehr in Syrien zu schaffen haben<br />

und ebenso die Türkei oder die<br />

heimlichen Allianzen der<br />

NATO wie Frankreich<br />

und Söldner-NATO-<br />

Teile in Syrien.<br />

Das Süppchen-<br />

Kochen hat ein<br />

Ende. Der besonnene<br />

Herrscher<br />

des Staates<br />

Syrien, Assad,<br />

hat sein Land bald<br />

wieder in Gewalt,<br />

wenn ihm der zu Hilfe<br />

gerufene Freund Russland<br />

die Feinde vertreiben wird.<br />

Auch die USA müssen ganz offiziell<br />

zurückrudern und all ihre Propaganda<br />

hinsichtlich Kriegsverstärkung<br />

seitens der Russen oder völkerrechtswidriger<br />

Aktionen seitens<br />

Russlands oder Einpeitschung der<br />

EU in Bezug auf einen möglichen<br />

Kriegsausbruch via Syrien zur Makulatur<br />

erklären. Obama hat nicht<br />

aufgepasst und die USA haben geglaubt,<br />

dass ihre Politik der totalen<br />

Zermürbung ganzer Regionen und<br />

Staaten über farbige Revolutionen,<br />

Söldner, NGOs und armierte Terrortruppen<br />

diverser Art, sie zum Ziel<br />

führen würden: Assad muss weg.<br />

Glauben heißt nicht wissen.<br />

Man muss sich das immer wieder<br />

vor Augen führen: ein Staatschef soll<br />

weg müssen, weil ein territorial völlig<br />

fernes Land will, dass der gewählte<br />

Herrscher zurücktritt. Das Fern-<br />

Land ist weder Nachbar noch hat<br />

es einen Konflikt mit Syrien; es gibt<br />

keine Gründe und keine Beweise für<br />

irgend welche Verfehlungen völkerrechtlicher<br />

Art – warum also soll einem<br />

Fremd- und Fern-Staat erlaubt<br />

sein, einen Herrscher zum Rückzug<br />

zu zwingen?<br />

Diese Hegemonialpolitik und in<br />

Verbindung mit den jahrelangen<br />

Zwangskriegs<br />

maßnahmen absolut<br />

völkerrechtswidrigen<br />

Verbrechen<br />

zeigen<br />

der Welt einmal<br />

mehr, dass die<br />

USA ein Verbrecherstaat<br />

ist und<br />

bleiben will. Sie<br />

berühmen sich als<br />

außergewöhnlichen<br />

Staat, der mehr Rechte<br />

und mehr Privilegien genießen<br />

soll als alle anderen Staaten auf der<br />

Welt und deswegen als Weltpolizist<br />

alle anderen Staaten kujonieren,<br />

überfallen, okkupieren, unterjochen,<br />

besetzen und militärisch angreifen<br />

darf. Mit Unterstützung qua<br />

„Untätigsein und Duldung“ der UN,<br />

der NATO, der EU.<br />

Durch das Eingreifen Russlands in<br />

den Syrien-Krieg haben sich die<br />

Probleme für Erdogan hinsichtlich<br />

der Kurden verstärkt; es gibt jetzt<br />

Kurden in Syrien, in der Türkei und<br />

im Irak und alle arbeiten zusammen<br />

– selbst die beiden unterschiedlich<br />

aufgestellten Parteien (Die <strong>Demo</strong>kratische<br />

Union PYD einerseits und<br />

die Arbeiterpartei PKK andererseits)<br />

nutzen die politische Put-Situation<br />

der Türkei und formieren sich neu. Es<br />

ist abzusehen, dass die Kurden über<br />

kurz oder lang endlich ihren eigenen<br />

Staat bekommen – es wäre zu begrüßen.<br />

Zumindest hat Erdogan keine<br />

Chance mehr – solange Putin mitmischt<br />

– einen Vernichtungsfeldzug<br />

gegen die Kurden zu führen; egal<br />

unter welcher Flagge oder unter<br />

welcher Anschuldigung. Die Kurden<br />

haben ein Recht auf einen Staat. Sie<br />

sollen sich in allen drei Ländern konstituieren<br />

und ein Referendum abhalten.<br />

Es wäre wirklich an der Zeit,<br />

den 300 Jahre alten Kampf zu beenden<br />

und einen Staat zu gründen.<br />

Innenpolitisch hat Obama so ziemlich<br />

alles versemmelt, was zu versemmeln<br />

war. Nicht nur, dass er<br />

seine Ankündigungen nicht mehr<br />

vollzogen hatte, sondern auch wankelmütig,<br />

unentschlossen und apolitisch<br />

vorging, indem er seine militärische<br />

Macht als gegeben erdachte<br />

und sich als one-man-show gerierte,<br />

der x-beliebige false-flag-actions<br />

machen kann, um letztlich jeden<br />

Herrscher zum Kniefall zu zwingen.<br />

Putin hat ihm eine Harke gezeigt,<br />

ganz übel, ganz freundlich, ganz<br />

lautlos ohne Kraftmeierei. Putin hat<br />

zum dritten Mal verdeutlicht, dass er<br />

ein ehrenwerter Politiker ist, der sich<br />

an das Völkerrecht hält, der keine<br />

großen Töne spukt, sondern im Hintergrund<br />

fleißig ist und offen agiert;<br />

der seine Gegner richtig einschätzen<br />

kann und vor allem, dass er an Frieden<br />

interessiert ist und an Souveränität.<br />

Das ganze dumme Geschwätz<br />

der USA wegen territorialen Verletzungen<br />

in der Ukraine oder Georgien<br />

und vor allem in Syrien wegen angeblicher<br />

Angriffe auf US-Eigentum<br />

(US-assets) dürfen die dumb boys<br />

sich abschminken. Diese Hetze und<br />

diese Falschmeldungen, diese miese<br />

Propaganda, diese Dokumentation<br />

brutalster Lügen und Falschbehauptungen<br />

(gerade in der BRD!) kotzen<br />

einen an.<br />

Und jetzt versucht Obama eine<br />

(ganz niedlich gedacht) neue Militärmacht<br />

in der Türkei aufzubauen,<br />

indem er eine große Bodenstreitmacht<br />

mit Luftunterstützung aufbaut.<br />

In Incirlik, in der südlichen<br />

Türkei werden derzeit feste Häuser<br />

gebaut für diese Truppe. Offensichtlich<br />

ist im Plan, den Orient weiter<br />

zu destabilisieren, bis alle Ölfelder<br />

in US-Hand sind. USA rüstet sich<br />

zum Bodenkrieg in Syrien über die<br />

Türkei. Auch wenn die NATO- und<br />

US-obersten Militärs schon bekundet<br />

hatten, dass diese Maßnahmen<br />

nur für temporäre Aktionen herhalten<br />

sollen, ist das wenig glaubhaft,<br />

denn Incirlik besteht seit vier Jahren<br />

als Zeltstadt – nun wird ausgebaut;<br />

von wegen temporär. Wir dürfen<br />

uns darauf gefasst machen, dass es<br />

zu weiteren US-Kampf-Einsätzen in<br />

Syrien kommt. Die Wahl des nächsten<br />

Präsidenten wird es zeigen, wie<br />

schnell es zum Krieg kommen wird.<br />

Der alte Sack Brzesinski mischt<br />

sich seit Wochen über die Presse<br />

in die Syrien-Kiste ein:<br />

Er fordert starke Gegenmaßnahmen<br />

– ja sogar Vergeltungsschläge<br />

(Retaliations).<br />

Denn die Terroristen sind ja<br />

US-Eigentum, die im Auftrag<br />

des Militärs, Syrien destabilisieren<br />

sollen und möglichst viele<br />

„teile-und-herrsche-Scharmützel“<br />

unter der Bevölkerung<br />

verursachen sollen – bis alle<br />

gegen alle kämpfen und unter<br />

diesen Voraussetzungen Assad<br />

entmachtet werden kann.<br />

Das funktioniert dank Putin<br />

und russischer Luftstreitkräfte<br />

nicht mehr. Russland ist schlau.<br />

Sie offerieren allen NATO und<br />

US-Militärs eine Informationsgelegenheit,<br />

die Luftschläge<br />

mit Geo-Daten der Luftschläge<br />

und Datenmaterial der Gegend<br />

zu beobachten. So könnte sich<br />

jeder überzeugen, dass die<br />

Luftschläge gegen den „Isla-<br />

mischen Staat“ präzise<br />

und konkret sind – nicht<br />

wie bei den USA, die nur<br />

vorgaben, diese Terroristen<br />

zu bekämpfen und in Wahrheit Assad-Truppen<br />

bombardierten. Die<br />

USA wollen das nicht sehen.<br />

E U R O P A<br />

So bleibt als letzte Chance für einen<br />

Frieden in Syrien ein UN-Konferenz<br />

in Genf, bei der die Unterschiede der<br />

politischen Stellvertreter ganz klar<br />

sind. Russland will, dass zuerst Assad<br />

und seine politischen Parteien in Syrien<br />

an der Konferenz teilnehmen.<br />

Die USA wollen das verhindern. Sie<br />

wollen, dass die oppositionellen<br />

Kräfte (US-Terrortruppen unterschiedlichster<br />

Couleur) den Konferenz-Prozess<br />

zusammen mit NATO<br />

und USA, evtl. EU bestimmen. Das<br />

wird spannend. Dann wird auch klar,<br />

ob die UN unparteiisch und friedlich<br />

gesonnen ist oder nur ein Büttel<br />

der USA. Wir in Europa sollten Putin<br />

wirklich dankbar sein:<br />

+<br />

W E LT<br />

14 15


POLITIK<br />

Waffen für al-Nusra:<br />

Das amerikanische<br />

Debakel in Syrien<br />

Läppische 500 Millionen Dollar<br />

hat das Pentagon mit dem Ausbildungs-<br />

und Ausrüstungsprogramm<br />

für „moderate Rebellen“<br />

in Syrien versenkt. Nun gehen<br />

auch noch Waffen an die islamistische<br />

al-Nusra, welche die USA<br />

austrickste. Wo die Amerikaner<br />

auch die Finger drin haben, gibt<br />

es nur Chaos und Gewalt.<br />

Von Marco Maier<br />

Das US-Engagement in Syrien avanciert<br />

zusehends zum Debakel. Nicht<br />

nur, dass hochrangige Vertreter der<br />

US-Administration (u.A. McCain)<br />

nette Unterhaltungen mit diversen<br />

Anführern des „Islamischen Staates“<br />

(IS) führten und die Vorwürfe einer<br />

US-Beteiligung an der Gründung der<br />

Terrormiliz immer mehr Nahrung<br />

durch Indizien erhalten, auch die<br />

Ausbildung von „moderaten Rebellen“<br />

für den Kampf gegen die syrische<br />

Armee und die IS-Milizen wird<br />

zunehmend zu einem Fiasko.<br />

So musste General Austin, Kommandeur<br />

der CentCom, erst in der letzten<br />

Woche vor einem Senatsausschuss<br />

einräumen, dass von insgesamt 54<br />

fertig ausgebildeten und bewaffneten<br />

Kämpfern gerade einmal 4-5<br />

in Syrien aktiv seien. Später verbesserte<br />

man die Zahl auf 9. Immerhin<br />

ein ganzes Sechstel der ausgebildeten<br />

Männer. Der Rest sei noch in der<br />

Türkei, habe sich anderen Gruppen<br />

angeschlossen oder sei einfach untergetaucht.<br />

Ein tolles Programm,<br />

welches schlussendlich rund 55<br />

Millionen Dollar pro aktiven Kämpfer<br />

kostet. Dabei wollten die USA in<br />

Al-Nusra Terroristen<br />

Bildquelle: Alalam<br />

diesem Jahr schon 3.000 Kämpfer<br />

ausbilden, die sie dann auf den syrischen<br />

Schlachtfeldern verheizen<br />

wollten. Fehlen also noch 2.991.<br />

Dass dann eine Meldung erfolgte,<br />

wonach 70 ausgebildete Kämpfer<br />

des US-Programms auf syrisches<br />

Territorium vorgedrungen seien um<br />

als „Neue Syrische Streitkräfte“ (NSF)<br />

gegen den IS zu kämpfen, wirkt fast<br />

schon als Witz.<br />

Den Verlautbarungen des Pentagons<br />

zufolge solle diese NSF mit<br />

„überprüften“ Oppositionsgruppen<br />

zusammenarbeiten und diese verstärken.<br />

Also kurdische Milizen, sunnitische<br />

Truppen und dergleichen.<br />

E U R O P A<br />

Faktisch werden diese Leute also in<br />

ein Kriegsgebiet geschickt, in dem<br />

neben den „big playern“ der syrischen<br />

Armee, den Kurden (YPG) und<br />

dem IS auch unzählige kleine Gruppen<br />

agieren und dort je nachdem<br />

gegeneinander kämpfen oder auch<br />

Koalitionen eingehen. Ganz nach<br />

dem Motto: Wenn irgendwo Chaos<br />

herrscht, schafft man eben noch<br />

mehr Chaos. Dass das wunderbar<br />

funktioniert, zeigen ja schon Afghanistan,<br />

Libyen und der Irak.<br />

Interessanterweise meldet die britische<br />

Tageszeitung „The Telegraph“<br />

nun, dass die Waffen der untergetauchten<br />

Kämpfer, welche die USA<br />

ausbildeten, nun bei der islamistischen<br />

al-Nusra gelandet sind. Dabei<br />

hatte der CentCom-Sprecher<br />

noch versichert, dass deren Waffen<br />

sicher nicht bei einer „gemäßigten<br />

Oppositionsgruppe“ gelandet wären,<br />

sondern sich in US-Gewahrsam<br />

befänden. Zum Teil hat er ja nicht<br />

gelogen, denn die al-Nusra ist alles<br />

andere als „gemäßigt“. So verweist<br />

der Telegraph auf eine Twitter-Meldung<br />

von Abu Fahr al-Tunisi, einem<br />

al-Nusra-Mitglied. Dieser twitterte:<br />

„Ein schwerer Schlag für Amerika<br />

„Die neue Gruppe der Division 30,<br />

die gestern gekommen ist, übergibt<br />

alle Waffen an al-Nusra, nachdem ihr<br />

sichere Durchreise garantiert wurde.“<br />

Bestätigt wurde dies auch von<br />

anderen Quellen, wonach die USA<br />

ausgetrickst wurden um an die begehrten<br />

Waffen zu kommen.<br />

Wie man es auch dreht und wendet:<br />

Das US-Engagement in Syrien ist<br />

einfach nur ein vollkommenes Fiasko.<br />

Fehleinschätzungen, gezielte<br />

Sabotage durch die CIA und involvierte<br />

Politiker, überforderte Militärs<br />

und katastrophale geopolitische<br />

Ambitionen in der Region haben zu<br />

diesem Totalversagen geführt. Opfer<br />

sind wieder einmal die vielen Millionen<br />

Menschen in der Region, die die<br />

ganze Sache ausbaden dürfen<br />

+<br />

W E LT<br />

Griechenland:<br />

Schulden wachsen,<br />

Wirtschaft schrumpft<br />

Eine Besserung der Lage in<br />

Griechenland ist nicht zu erwarten.<br />

Die von Tsipras vorgelegten<br />

Zahlen für 2015 und die schöngefärbten<br />

Prognosen für 2016<br />

verdeutlichen die Misere, in der<br />

das Land steckt.<br />

Von Marco Maier<br />

Bis zum Ende des Jahres dürfte der<br />

griechische Schuldenberg auf 315,8<br />

Milliarden Euro wachsen, was einer<br />

Verschuldungsquote von 181,8<br />

Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />

entspricht. Dieses jedoch dürfte den<br />

Schätzungen zufolge gegenüber<br />

dem Vorjahr um 2,3 Prozent sinken.<br />

Und die Arbeitslosigkeit? Die liegt<br />

nach der Anwendung aller statistischen<br />

Tricks immer noch bei satten<br />

24,4 Prozent.<br />

Für 2016 sieht es noch düsterer aus.<br />

So sollen die Staatsschulden im kommenden<br />

Jahr auf 333,5 Milliarden<br />

Euro anwachsen. Dies entspricht bei<br />

der prognostizierten Schrumpfung<br />

der griechischen Wirtschaft um 1,6<br />

Prozent dann 192,4 Prozent der Wirtschaftsleistung.<br />

Auch die Arbeitslosigkeit<br />

soll demnach auf eine Quote<br />

von 25,8 Prozent ansteigen.<br />

Allerdings ist zu bedenken, dass die<br />

Prognosen für nächstes Jahr äußerst<br />

optimistisch geschätzt wurden. An-<br />

gesichts der weiteren<br />

Sparmaßnahmen und<br />

der anhaltenden wirtschaftlichen<br />

Schwäche aufgrund<br />

fehlender Impulse, dürfte die<br />

griechische Wirtschaftsleistung eher<br />

um bis zu 5 Prozent sinken. Und die<br />

Staatsschulden? Die werden sich<br />

wohl eher in Richtung 340 Milliarden<br />

Euro bewegen, da die ganzen<br />

aufgezwungenen Maßnahmen wohl<br />

kaum dazu beitragen werden, dass<br />

die Steuereinnahmen steigen. Damit<br />

läge die Verschuldungsquote Ende<br />

2016 wohl eher bei 200 Prozent des<br />

Bruttoinlandsprodukts.<br />

Es wird immer deutlicher, dass wir<br />

wohl in einem Jahr wieder eine „Grexit-Debatte“<br />

führen werden, weil<br />

sämtliche Maßnahmen denen die<br />

griechische Regierung unter Tsipras<br />

zustimmen musste, von vornherein<br />

zum Scheitern verurteilt waren.<br />

Neue Kredite zur Tilgung von Altkrediten<br />

zu geben und ein wenig an<br />

ein paar Steuerschrauben zu drehen,<br />

geht eben nicht wirklich als (nachhaltige)<br />

Reform durch. Auch wenn<br />

uns das die Politik und so manche<br />

Medien verkaufen wollen.<br />

Bild: »Alexis Tsipras«, Bildquelle:<br />

kremlin.ru CC BY-SA 3.0<br />

»Alexis Tsipras«<br />

Bildquelle: kremlin.ru CC BY-SA 3.0<br />

WIRTSCHAFT + FINANZEN<br />

E U R O P A<br />

+<br />

W E LT<br />

16 17


WIRTSCHAFT + FINANZEN<br />

E U R O P A<br />

+<br />

W E LT<br />

Die Wahrheit über TTIP<br />

von Obama selbst<br />

WIRTSCHAFT + FINANZEN<br />

E U R O P A<br />

USA nicht passt, abgebügelt und so<br />

schön frisiert in Regeln gegossen,<br />

dass es sich harmlos anhört.<br />

+<br />

W E LT<br />

TTIP – Eine Gefahr<br />

für die kleinen und mittelständischen<br />

Unternehmen<br />

„Stopp TTIP“,<br />

Bildquelle: Flickr / Mehr <strong>Demo</strong>kratie CC BY-SA 2.0<br />

Die Freihandelsabkommen TPP<br />

und TTIP dienen nur den Interessen<br />

der USA, wie Präsident<br />

Obama in einer Mitteilung auf der<br />

Webseite des Weißen Hauses klarstellt.<br />

Damit wird klar, dass die<br />

Europäer und die Pazifikstaaten<br />

nur ausgenutzt werden sollen.<br />

Von Henry Paul<br />

Nun wirbt auch das Weiße Haus<br />

für Präsident Barack Obamas Handels-Coup<br />

in Sachen Transpazifischem<br />

Freihandelsabkommen (TPP).<br />

Das Original-Zitat lautet: „Mit TPP<br />

können wir die Handelsregeln neu<br />

schreiben, zum Nutzen von Ameri-<br />

kas Mittelschicht. Wenn wir das nicht<br />

tun, springen Wettbewerber in diese<br />

Lücke, die unsere Werte nicht teilen.<br />

Wie China zum Beispiel.“<br />

Dasselbe gilt für TTIP und sogar noch<br />

mehr. TTIP ist die Wirtschafts-NATO,<br />

die die gesamte Welt unter die Hoheit<br />

der US-Wirtschafts- und Finanzmacht<br />

bringt. Wer glaubt, dass man<br />

mit den USA über gleichberechtigte<br />

Regeln und Formeln des Handelns<br />

sprechen kann, irrt gewaltig.<br />

Die USA sind und betonen das in jedem<br />

zweiten Satz „die stärkste und<br />

größte Macht der Welt“ und wissen<br />

wie man Wirtschaft macht (trotz<br />

Niedergang der eigenen!) – und genau<br />

deshalb wird ALLES, was den<br />

Wenn die Kiste unterschrieben ist,<br />

gibt es die – vorher ausgelassenen<br />

– Detail-Ausführungen, die dann<br />

nicht mehr schön frisiert sind, sondern<br />

extrem brutal, US-minded und<br />

dergestalt sind, dass jedes Land sich<br />

den USA unterordnen muss – oder<br />

via „HEMMNISSEN „ fortlaufend mit<br />

Milliardenstrafen konfrontiert wird.<br />

Lest die Agreements der USA mit der<br />

EU und ihr werdet erkennen, was die<br />

USA wirklich vor hat: die komplette<br />

Unterwerfung aller Ökonomien<br />

weltweit unter ihre Hoheit! Die einzigen,<br />

die das kapiert haben sind<br />

Russland und China. Wir Dumm-Michels<br />

werden wohl wieder Arschkriechen<br />

und verlieren.<br />

Während die Konzerne von<br />

TTIP massiv profitieren werden,<br />

geraten gerade die kleinen und<br />

mittelständischen Unternehmen<br />

unter Druck. Hier könnten viele<br />

Arbeitsplätze verloren gehen.<br />

Von Marco Maier<br />

Schon jetzt bietet die Rechtslage<br />

in den meisten<br />

EU-Staaten (und<br />

in den USA) den<br />

großen Konzernen<br />

enorme<br />

Möglichkeiten,<br />

ihre Steuerlast<br />

zulasten der<br />

restlichen Unternehmen<br />

und<br />

der Bevölkerung<br />

massiv zu reduzieren.<br />

Mit dem transat-<br />

lantischen „Freihandelsabkommen“<br />

TTIP jedoch wird sich diese vorteilshafte<br />

Gesetzgebung noch weiter<br />

intensivieren, was sich vor allem für<br />

die kleinen und mittleren Unternehmen<br />

(KMU) sehr negativ auswirkt.<br />

TTIP verstärkt die ohnehin schon<br />

existierende finanzielle Wettbewerbsverzerrung<br />

und wird vor allem<br />

den Mittelstand massiv bedrohen.<br />

Dabei stellen vor allem diese<br />

Unternehmen das ökonomische<br />

Rückgrat<br />

der deutschen und<br />

österreichischen<br />

Volkswirtschaften<br />

dar, ohne die<br />

so manche Region<br />

veröden würde.<br />

Zwar mögen<br />

manche – stark<br />

in die USA exportorientierte<br />

– kleine<br />

und mittelständische<br />

Unternehmen <strong>vom</strong> sogenannten<br />

Freihandelsabkommen der EU mit<br />

den Vereinigten Staaten profitieren,<br />

doch der Großteil muss mit erheblichen<br />

Verschlechterungen rechnen.<br />

Dies ist eine mögliche Zukunft, die<br />

deshalb auch verhindert werden<br />

muss.<br />

In Deutschland (www.kmu-gegenttip.de)<br />

und Österreich (www.kmugegen-ttip.at)<br />

haben sich deshalb<br />

kleine und mittelständische Unternehmer<br />

zusammengeschlossen, um<br />

mit der Initiative „KMU gegen TTIP“<br />

auf ihre berechtigten Interessen aufmerksam<br />

zu machen.<br />

Denn deren Vertreter sitzen –<br />

wie auch jene vieler zivilgesellschaftlicher<br />

Organisationen –<br />

nicht mit am Verhandlungstisch.<br />

Weshalb die Regelungen wohl<br />

auch zu deren – und unser aller<br />

– Nachteil ausfallen werden.<br />

»Barack Obama«<br />

Bildquelle: White House<br />

18 19


GESELLSCHAFT<br />

Zukunftssicherung:<br />

Die EU braucht wirtschaftspolitische<br />

Reformen<br />

Ohne nachhaltige wirtschaftspolitische<br />

Reformen wird die EU die<br />

ganzen Spannungen nicht abbauen<br />

können. Es braucht einen Mix<br />

aus Wachstum und einer sinnvollen<br />

Umverteilung von oben nach<br />

unten.<br />

Von Marco Maier<br />

Sowohl die EU im Allgemeinen<br />

als auch die Eurozone im Speziellen<br />

weisen massive wirtschaftliche<br />

Schwächen auf, die zum Teil auf<br />

Konstruktionsfehler und zum Teil auf<br />

Eigenverschulden der nationalen<br />

Regierungen basieren. So erwartet<br />

das österreichische Wifo, dass die<br />

Eurozone bis zum Jahr 2020 ein Wirtschaftswachstum<br />

von gerade einmal<br />

1,4 Prozent pro Jahr erwarten darf.<br />

Angesichts der Verluste während der<br />

letzten Krisenjahre ist das jedoch zu<br />

wenig, um eine wirkliche Verbesserung<br />

der Lage herbeizuführen.<br />

Nach wie vor kämpfen die ärmeren<br />

Länder außerhalb der Eurozone<br />

– unter anderem Rumänien oder<br />

Bulgarien – mit der Massenflucht<br />

von Menschen, die in ihrer Heimat<br />

einfach keine Perspektive haben. Innerhalb<br />

der Eurozone sieht es nicht<br />

besser aus: Portugal und Spanien,<br />

aber auch Italien und Griechenland<br />

verzeichnen deutliche Tendenzen<br />

Wenn beispielsweise russsche Punkerinnen<br />

eine Kirche entweihen und<br />

dafür nach geltendem Gesetz bestraft<br />

werden, ist Putin daran Schuld.<br />

Dass ihnen in den meisten anderen<br />

europäischen Ländern dafür wohl<br />

ähnliche Strafen gedroht hätten,<br />

spielt dabei keine Rolle. Hierbei geht<br />

es nur da- rum, Russland und<br />

Putin als „böse abzustempeln.<br />

Das selbe<br />

Spiel wird auch in<br />

Sachen Homosexualität<br />

gespielt. Dass<br />

diese im Gegensatz<br />

zu UdSSR-Zeiten<br />

nicht mehr<br />

strafbar ist, interessiert<br />

niemaneiner<br />

großen Auswanderbereitschaft.<br />

Ziel sind vor allem die noch<br />

stabileren Länder wie Deutschland,<br />

Österreich, die Benelux- und die<br />

skandinavischen Staaten. Aber auch<br />

dort gibt es Grenzen der wirtschaftlichen<br />

Aufnahmefähigkeit. Nicht nur<br />

wegen des anhaltenden Flüchtlingsstromes.<br />

Innere Ursachen sind vor allem die<br />

höchst unterschiedlichen Systeme.<br />

Als „Wirtschaftsunion“ hätte die EU<br />

ihr ökonomisches Hauptaugenmerk<br />

schon von Beginn an auf eine nachhaltige<br />

Stärkung der schwächeren<br />

Länder legen müssen. Nicht durch<br />

Subventionen, wie es bisher vorwiegend<br />

geschah, sondern durch<br />

umfangreiche Strukturmaßnahmen.<br />

Auch wenn dies dann in den reicheren<br />

Ländern zu etwas schwächeren<br />

Wachstumsraten geführt hätte, so<br />

wäre es langfristig für alle Mitgliedsstaaten<br />

vorteilhaft gewesen. Rumänien<br />

und Bulgarien beispielsweise<br />

hätten als wirtschaftlich starke Länder<br />

hervorragende Absatzmärkte für<br />

Produkte aus Deutschland oder Österreich<br />

sein können.<br />

Auch die Schwäche der Schwellenländer,<br />

insbesondere Chinas, wirkt<br />

sich negativ aus. Gleichzeitig hält<br />

man die Sanktionen gegen Russland<br />

aufrecht, anstatt diese – ohnehin<br />

ungerechtfertigten und sinnlosen –<br />

WIRTSCHAFT + FINANZEN<br />

Strafmaßnahmen endlich<br />

aufzuheben und den großen<br />

russischen Markt wieder<br />

für sich zu gewinnen. Zwar gewinnen<br />

die USA im Außenhandel wieder<br />

mehr an Bedeutung, doch die<br />

Exporte in die Vereinigten Staaten<br />

sind angesichts des dortigen Handelsbilanzdefizits<br />

nicht gerade sehr<br />

nachhaltig. Immerhin bezahlen die<br />

Amerikaner faktisch nur mit Schuldverschreibungen,<br />

die angesichts der<br />

massiven Überschuldung des Landes<br />

nicht gerade zukunftsträchtig<br />

sind.<br />

Wenn die europäische Wirtschaft<br />

wieder gesunden soll, braucht es<br />

einen umfangreichen Plan zur Verbesserung<br />

der ökonomischen Rahmenbedingungen.<br />

Auch die international<br />

agierenden Konzerne müssen<br />

anerkennen, dass ihre Steuerflucht<br />

über kurz oder lang dazu beiträgt,<br />

ihre eigenen Märkte zu zerstören.<br />

Denn hoch verschuldete Staaten erhöhen<br />

vor allem die Steuerlast, die<br />

dann hauptsächlich die kleinen und<br />

mittleren Unternehmen trifft, wodurch<br />

sich die Wirtschaftskraft verschlechtert.<br />

Was nützen schon ein<br />

paar Jahre an höheren Dividendenzahlungen<br />

an die Aktionäre, wenn<br />

das ganze Geschäftsmodell mittelbis<br />

langfristig zum Scheitern verurteilt<br />

ist? Wenn sich nur noch halb so<br />

viele Menschen deren Produkte kaufen<br />

können, weil kein Geld mehr da<br />

ist, stürzen auch diese Aktien in die<br />

Tiefe.<br />

E U R O P A<br />

Die 28 EU-Länder hätten es in der<br />

Hand, ihre nur kurzfristig sinnvollen<br />

nationalen wirtschaftspolitischen<br />

Egoismen aufzugeben und in langfristigen<br />

Dimensionen zu denken. So<br />

wie es zum Beispiel derzeit China in<br />

Ostafrika macht und in die Zukunft<br />

investiert, indem die chinesischen<br />

Finanzmittel dort die Wirtschaft<br />

stärken und so auch künftige Absatzmärkte<br />

für die eigene Industrie<br />

schaffen. Ähnlich müssten auch die<br />

wirtschaftsstarken Länder in der EU<br />

handeln und so die derzeit schwachen<br />

Mitglieder stützen. Kooperation<br />

ist das Gebot der Stunde, nicht<br />

Konkurrenz.<br />

+<br />

W E LT<br />

Totale Propaganda:<br />

Deutsche Medien im Kriegsmodus gegen Russland<br />

Wirklich neutral waren die deutschen<br />

Medien in Bezug auf Russland<br />

ohnehin noch nie. Was sich<br />

seit der Ukraine-Krise und noch<br />

mehr seit Russlands Eingreifen<br />

in Syrien abspielt, ist jedoch nur<br />

noch blanker Hass - eine mediale<br />

Kriegserklärung an Russland.<br />

Von Marco Maier<br />

Wenn man<br />

sich die<br />

deutschen<br />

Medienberichte<br />

mit<br />

Russland-Bezug<br />

ansieht,<br />

bemerkt man<br />

immer wieder wie mit NLP-Techniken<br />

gearbeitet wird, um so ein möglichst<br />

negatives Bild der russischen<br />

Staatsführung - allen voran, Präsident<br />

Putin - zu zeichnen. Ziel ist es,<br />

ihn in der Bevölkerung zu desavouieren<br />

und zu diskreditieren. Dazu<br />

wird noch das Bild über Russland ins<br />

Negative verdreht, so dass man mit<br />

diesem Land stets nur noch Schlechtes<br />

verbindet.<br />

den in der deutschen Medienlandschaft.<br />

Doch als von der Staatsduma<br />

das Gesetz verabschiedet wurde,<br />

wonach Kinder vor der Zurschaustellung<br />

solcher Praktiken geschützt<br />

werden müssen, wurde gleich die<br />

Homophobie-Keule aus dem Sack<br />

gezogen. Eine neutrale Auseinandersetzung<br />

mit diesem Thema ist<br />

eben nicht vorgesehen. Da stört es<br />

auch nicht, wenn Homosexuelle in<br />

anderen Ländern mit der Todesstrafe<br />

bedroht werden.<br />

Als dann bei den Maidan-Protesten<br />

Dank großzügiger Unterstützung<br />

aus dem Westen die legitime Regierung<br />

von Präsident Janukowitsch<br />

(der übrigens einen friedlichen Übergang<br />

samt Allparteienregierung angeboten<br />

hatte) weggeputsch wurde,<br />

kam die nächste Steigerung. Wurde<br />

der Russland-freundliche Präsident<br />

davor schon übel verleumdet, zogen<br />

die anfänglichen Proteste der - vorwiegend<br />

russischstämmigen - ukrainischen<br />

Bevölkerung im Süden und<br />

Südosten des Landes schnell den<br />

medialen Fokus auf sich. Vor allem<br />

dann, als die dortige Bevölkerung<br />

gegen die von den Kiewer Putschisten<br />

eingesetzten lokalen und regionalen<br />

Verwaltungen putschten und<br />

Kiew daraufhin mit militärischen<br />

Maßnahmen begann, heizte sich<br />

die Stimmung immer weiter auf, die<br />

dann mit der „Krim-Krise“ und dem<br />

Abschuss von MH-17 (welcher offiziell<br />

immer noch ungeklärt ist) in Form<br />

von Sanktionen und Gegensanktionen<br />

gegen Russland gipfelten. Denn<br />

wenn der Westen einen Putsch anleiert<br />

und sich Teile der Bevölkerung<br />

dagegen wehren, ist wieder einmal<br />

Putin Schuld. So die mediale (und<br />

politische) Logik in Deutschland.<br />

Und nun, mit der militärischen Hilfe<br />

für die legitime syrische Regierung<br />

- um ein ähnliches Desaster wie in<br />

Afghanistan, Libyen oder im Irak<br />

zu verhindern -<br />

folgen schon die<br />

nächsten medialen<br />

Untergriffe. Schlag<br />

auf Schlag folgen<br />

die „Headlines“, in<br />

denen die erfolgreichen<br />

Angriffe auf den „Islamischen<br />

Staat“ und andere dschihadistische<br />

Milizen kritisiert werden. All das,<br />

was die USA und deren Verbündeten<br />

in den letzten Jahren<br />

nicht schafften (oder nicht schaffen<br />

wollten) und der russischen Luftwaffe<br />

nun in Zusammenarbeit mit der<br />

syrischen Armee und befreundeten<br />

Kräften gelingt, wird prinzipiell<br />

schlechtgeredet. Weil: Die Amerikaner<br />

sind ja „die Guten“, so lautet<br />

der Befehl von oben. Differenzierte<br />

Sichtweisen sind nicht einmal vorgesehen,<br />

von ein paar wenigen Artikeln<br />

in den Kommentar- und Meinungsspalten<br />

einmal abgesehen.<br />

Wie man es auch dreht und wendet<br />

- egal ob es sich nun um den Öffentlich-Rechtlichen<br />

Rundfunk oder die<br />

ganzen Konzernmedien von Springer,<br />

Burda, Bertelsmann, Madsack &<br />

Co handelt: Unterschiede sind kaum<br />

auszumachen. Abgesehen davon,<br />

dass manche boulevardesk agieren<br />

(Bild, Focus, RTL...) und manche<br />

eben auf seriös machen (Der Spiegel,<br />

FAZ, DW, Tagesschau...).<br />

Doch trotz der Unterschiede in Aufmachung<br />

und Stil bleibt ihnen Eines<br />

gemein: Die absolut<br />

einseitige Propaganda,<br />

die mehr an<br />

Desinformation anstatt<br />

an Information<br />

interessiert<br />

ist. Die mediale<br />

Kriegserklärung<br />

ist schon längst<br />

ausgesprochen<br />

worden.<br />

20 21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!