Waterkant 2015 Heft 3
Magazin für Umwelt+Mensch+Arbeit in der NORDSEEREGION
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| WATERKANT | Sonderdruck | 3-15 | Unentgeltliche Verbreitung erlaubt © www.waterkant.info |<br />
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Der Stand der Dinge bei der Werra-Weser-Versalzung<br />
Hängepartie, vorübergehend...<br />
Von Walter Hölzel*<br />
Die Auseinandersetzung um die Versalzung<br />
von Werra und Weser durch die Abfälle der<br />
Kali-Industrie scheint in der Sommerpause<br />
zum Erliegen gekommen zu sein. Bei näherem<br />
Hinsehen zeigt sich aber, dass sich sowohl für<br />
die K+S AG (1) als Verursacher als auch für die<br />
Umweltminister der Werra-Weser-Anliegerländer<br />
ungelöste Probleme in einem solchen<br />
Ausmaß angesammelt haben, dass ein weiteres<br />
Abwarten kaum möglich zu sein scheint.<br />
Wenn Zwei sich freuen: Hessens Umweltministerin<br />
Priska Hinz (Grüne) und der Vorstandsvorsitzende<br />
der K+S AG, Norbert Steiner, präsentieren im September<br />
2014 ihren „Vierphasenplan“.<br />
Foto: K+S AG<br />
Zu den ungeklärten Problemen gehört einerseits<br />
der immer noch anhängige Versuch des<br />
kanadischen Kaliriesen PCS (Potash Company<br />
of Saskatchewan), die K+S AG aufzukaufen.<br />
Andererseits ist immer noch nicht klar,<br />
wie der „Vierphasenplan“ der K+S AG und der<br />
Bewirtschaftungsplan der grünen Länder-<br />
Umweltminister die Widersprüche zur EU‐Wasserrahmenrichtlinie<br />
(WRRL) und zur aktuellen<br />
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs<br />
(EuGH) aufheben sollen.<br />
Bekanntlich ist seit 2000 die gültige WRRL<br />
in der EU das rechtliche Instrument, um<br />
die Gewässer der Union zu sanieren und zu<br />
schützen: Mit ihren wiederholt erläuterten<br />
Eckpfeilern „Verbesserungsgebot“ und „Verschlechterungsverbot“<br />
(2) verfolgt sie das Ziel,<br />
die Gewässer bis <strong>2015</strong> in einen „guten chemischen<br />
und ökologischen Zustand“ zu bringen;<br />
unter Ausnahmebedingungen können Anrainern<br />
zwei je sechsjährige Fristverlängerungen,<br />
bis 2021 und gegebenenfalls 2027, gewährt<br />
werden.<br />
In der Flussgebietseinheit Weser verhindert<br />
vor allem die Belastung der Flüsse durch<br />
die Abfallsalze der K+S AG das Erreichen der<br />
WRRL‐Ziele: Das Unternehmen hat bis heute<br />
keine Anstrengungen unternommen, diese<br />
Qualitätsziele zu erreichen – und ist von den<br />
hessischen und thüringischen Genehmigungsbehörden<br />
auch nicht dazu verpflichtet worden.<br />
Vielmehr sind von hessischer Seite Erlaubnisse<br />
erteilt worden, die das fristgerechte Erreichen<br />
der Zielvorgaben erschweren oder sogar<br />
unmöglich machen.<br />
Die K+S AG und die hessische Genehmigungsbehörde<br />
haben sich schon 2007 darauf geeinigt,<br />
die ziel- und fristgemäße Umsetzung der WRRL<br />
nicht anzustreben. Leider bietet die Richtlinie<br />
diese Möglichkeit durchaus: Wenn ein Gewässer<br />
grundsätzlich nicht saniert werden kann oder<br />
wenn keine technisch und ökonomisch machbaren<br />
Verfahren hierfür zur Verfügung stehen,<br />
können die Qualitätsziele der WRRL herabgestuft<br />
werden. Die Werra-Weser-Anrainerkonferenz<br />
(WWA) hat aber nachweisen können,<br />
dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen.<br />
Auf Grund ihrer Beschwerde hat die EU‐Kommission<br />
2012 ein Vertragsverletzungsverfahren<br />
gegen die Bundesrepublik eingeleitet. Dieses<br />
Verfahren steht jetzt kurz vor einer Klage vor<br />
dem EuGH.<br />
Die K+S AG und die grüne hessische Umweltministerin<br />
Priska Hinz haben im Herbst 2014<br />
einen gemeinsamen „Vierphasenplan“ vorgelegt<br />
(3), der eine zielgerechte Umsetzung<br />
der WRRL nicht vorsieht. Vielmehr würden<br />
Werra und Weser demnach noch 2075 massiv<br />
mit den Salzabfällen der Kali-Industrie belastet.<br />
Auch die Ewigkeitslast der Salzhalden soll<br />
nicht beseitigt, vielmehr die Menge der abgelagerten<br />
Salzabfälle verdoppelt werden. Das<br />
bedeutet, dass die Flüsse auf unabsehbare Zeit,<br />
mindestens aber für mehrere hundert Jahre, als<br />
Abwasserkloake für die Rückstände der Kaliproduktion<br />
genutzt würden.<br />
Eine Verringerung der Salzkonzentration<br />
im Flusswasser ergäbe sich laut „Vierphasenplan“<br />
fast ausschließlich durch Streckung der<br />
Salzeinleitung sowie einzelne Betriebsschließungen.<br />
Technische Maßnahmen zur wirkungsvollen<br />
Verringerung des Salzabstoßes sieht der<br />
Plan nicht vor, vielmehr sind seine Vorhaben<br />
(„360-Millionen-Euro-Maßnahmenprogramm“)<br />
so unwirksam, dass das Regierungspräsidium<br />
Kassel für 2018 schon einen Entsorgungsnotstand<br />
für die Werke der K+S Kali GmbH prognostiziert,<br />
weil die Grenzwerte dann nicht mehr<br />
eingehalten werden können. Die WWA bezeichnet<br />
daher diesen Plan als Verschleierung der<br />
Tatsache, dass die bisherige Entsorgungspolitik<br />
der K+S AG fortgeführt werden soll, bis sie sich<br />
wegen Einstellung der Kaliproduktion erübrigt<br />
hat.<br />
Die EU‐Mitgliedsstaaten haben sich verpflichtet,<br />
in Bewirtschaftungsplänen die Umsetzung<br />
der WRRL zu dokumentieren und detailliert<br />
darzulegen, wie die Qualitätsziele der Richtlinie<br />
erreicht werden sollen beziehungsweise warum<br />
sie nicht erreicht werden können. Die Bewirtschaftungspläne<br />
für die Werra-Weser-Region<br />
werden von der Flussgebietsgemeinschaft<br />
Weser (FGG Weser) der sieben Anrainerländer<br />
verfasst und von deren Umweltministern verantwortet.<br />
Für den Planzeitraum <strong>2015</strong>‐21 hat