Waterkant 2015 Heft 3
Magazin für Umwelt+Mensch+Arbeit in der NORDSEEREGION
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| WATERKANT | Sonderdruck | 3-15 | Unentgeltliche Verbreitung erlaubt © www.waterkant.info |<br />
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Kein Bedarf, kein Investor, kein Geld, kein rechtlich sicherer Rahmen:<br />
Wieso braucht Bremerhaven einen Offshore-Terminal?<br />
Von Eike Narringa<br />
Die Regierung des Zwei-Städte-Staats Bremen<br />
will im Süden der Stadt Bremerhaven an der<br />
Wesermündung einen Spezialhafen mit einer<br />
500 Meter langen Schwerlastkaje für den<br />
Umschlag von Bauteilen der Offshore-Windkraft<br />
bauen lassen. Dieses Projekt eines „Offshore-<br />
Terminal Bremerhaven“ (OTB) ist nicht einfach<br />
umstritten – aus finanziellen, ökologischen und<br />
anderen politischen Gründen hat das Vorhaben<br />
das Zeug zum handfesten Skandal.<br />
Dieses wertvolle und geschützte Weserwatt südlich von<br />
Bremerhaven wollen die OTB-Planer unter<br />
Stahl und Beton begraben. Im Hintergrund das<br />
Panorama von Bremerhaven – links die Containerkaje,<br />
rechts die Touristencity.<br />
Foto: Burkhard Ilschner<br />
Über den OTB wird schon einige Jahre lang<br />
debattiert, seit 2009: Bremerhaven als Standort<br />
etlicher OWK‐Betriebe und -Zulieferer soll, so<br />
der Anspruch der damals wie heute regierenden<br />
Koalition von SPD und Grünen, mit dem nach<br />
amtlicher Schätzung 180 Millionen Euro teuren<br />
Projekt gewissermaßen an die Spitze der Branchenstandorte<br />
entlang der Nordseeküste katapultiert<br />
werden.<br />
Dummerweise kam die Idee etwas spät,<br />
denn schon im selben Jahr wurde 50 Kilometer<br />
nördlich im niedersächsischen Cuxhaven<br />
ein Offshore-Terminal mit drei Liegeplätzen an<br />
der Elbe in Betrieb genommen. Es folgte die<br />
bekannte Branchenkrise mit anschließender,<br />
vom Bund verordneter Reduzierung der Ausbauziele<br />
für Erneuerbare Energien. Bremen<br />
aber hielt am OTB‐Projekt fest – und wie:<br />
Die anfangs noch wortreich beschworene<br />
Zusage, in den OTB würden keine öffentlichen<br />
Gelder fließen, zerstob alsbald im ach, so<br />
marktwirtschaftlichen Wind. Trotz mehrfacher<br />
Anläufe blieb die Suche nach einem Bauträger<br />
im Weserschlick stecken: Die Ausschreibung<br />
brachte kein Ergebnis, kein privater Investor<br />
wollte die Risiken schultern. Weil der OTB aber<br />
inzwischen zu einem unverzichtbaren Image-<br />
Projekt aufgepustet worden war, musste ein<br />
Kurswechsel her. Gestützt auf eine „Regionalwirtschaftliche<br />
Potenzialanalayse“ der bekannten<br />
Firma PROGNOS, die darin dem OTB Projekt<br />
auftragsgemäß Sinn und Notwendigkeit<br />
bescheinigte (1), erklärten die politisch Verantwortlichen<br />
das Vorhaben zu einer nun doch<br />
öffentlichen Aufgabe.<br />
Zwar hielten sie zunächst noch an der Illusion<br />
fest, wenigstens der Betrieb müsse privatwirtschaftlich<br />
erfolgen. Aber auch das ging<br />
schief: Bei dieser Ausschreibung blieb am Ende<br />
nämlich nur ein Interessent übrig, und das war<br />
– welch Zufall? – der mehrheitlich staatseigene<br />
Hafen- und Logistikkonzern BLG. All dies und<br />
weitere Pannen konnten den Senat, die Landesregierung<br />
des Zwei-Städte-Staats, aber keinen<br />
Deut von seinem Kurs abbringen. Ungeachtet<br />
aller Verzögerungen und Probleme und trotz<br />
aller Erfahrungen mit Preissteigerungen beharren<br />
die Planer bis heute übrigens auf der Investitionssumme<br />
in Höhe von 180 Millionen Euro<br />
– ein Betrag, den Kritiker des Vorhabens massiv<br />
bezweifeln.<br />
Auch in den Koalitionsverhandlungen nach<br />
der jüngsten Wahl zur Bremischen Bürgerschaft<br />
(dem Landtag) beharrte die SPD im<br />
Frühsommer dieses Jahres darauf, das OTB‐Projekt<br />
in den Vertrag mit den Grünen hineinzuschreiben<br />
– und die knickten wieder einmal<br />
ein, stornierten ihre vorherigen Bedenken und<br />
stimmten zu. Nach derzeitiger Terminierung<br />
soll Ende dieses Jahres der Planfeststellungsbeschluss<br />
vorliegen und kurzfristig angepackt<br />
werden; 2018 soll der OTB dann fertig sein.<br />
Dieser bereits erweiterte Zeitrahmen –<br />
ursprünglich war 2016 ins Auge gefasst –<br />
ist allerdings mehr als fraglich. So musste<br />
zwischendurch die Ausschreibung ausgesetzt<br />
werden, als Bundesrichter die geplante<br />
Weservertiefung stoppten, denn deren Ergebnisse<br />
hatten die OTB‐Planer bereits vorauseilend<br />
eingearbeitet. Nun wird, ohne die<br />
juristische Entscheidung abzuwarten, umgeplant<br />
– obwohl niemand weiß, wie die Richter<br />
letztlich urteilen werden. Je nachdem, ob<br />
die Baggerpläne demnächst genehmigt oder<br />
geschreddert werden, bleibt die OTB‐Planung<br />
also eine Hängepartie. Skurril übrigens ist auch<br />
dieses: Wegen des Scheiterns der privaten<br />
musste die öffentliche Finanzierung haushaltsrechtlich<br />
abgesichert werden – und dazu soll<br />
auch „bei anderen Projekten, beispielsweise<br />
bei der Weservertiefung, gekürzt werden“ (2).<br />
Wie sich das eine mit dem anderen vereinbaren<br />
lässt, ohne die jeweiligen Rechtsgrundlagen<br />
zu erschüttern, bleibt abzuwarten. Zweifelhaft<br />
erscheint auch die geplante Lage des OTB:<br />
Weil die „Seeschiffahrtsstraßenordnung“ dem<br />
Schiffsverkehr auf der Weser zwingend Vorfahrt<br />
gewährt, müssten vor jeder Verschiffung<br />
der riesigen OWK‐Teile seewärts immer reviersperrende<br />
Zeitfenster beantragt, der normale<br />
Verkehr zu und von den anderen Häfen also<br />
gesperrt werden, was deren Flexibilität ebenso<br />
massiv einschränkt wie die des OTB.<br />
Aber das sind nicht die einzigen Hindernisse:<br />
Zum einen haben die Naturschützer sowohl des<br />
BUND als auch des NABU heftigen Widerstand