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Waterkant 2015 Heft 3

Magazin für Umwelt+Mensch+Arbeit in der NORDSEEREGION

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| WATERKANT | Sonderdruck | 3-15 | Unentgeltliche Verbreitung erlaubt © www.waterkant.info |<br />

| 17 |<br />

Kein Bedarf, kein Investor, kein Geld, kein rechtlich sicherer Rahmen:<br />

Wieso braucht Bremerhaven einen Offshore-Terminal?<br />

Von Eike Narringa<br />

Die Regierung des Zwei-Städte-Staats Bremen<br />

will im Süden der Stadt Bremerhaven an der<br />

Wesermündung einen Spezialhafen mit einer<br />

500 Meter langen Schwerlastkaje für den<br />

Umschlag von Bauteilen der Offshore-Windkraft<br />

bauen lassen. Dieses Projekt eines „Offshore-<br />

Terminal Bremerhaven“ (OTB) ist nicht einfach<br />

umstritten – aus finanziellen, ökologischen und<br />

anderen politischen Gründen hat das Vorhaben<br />

das Zeug zum handfesten Skandal.<br />

Dieses wertvolle und geschützte Weserwatt südlich von<br />

Bremerhaven wollen die OTB-Planer unter<br />

Stahl und Beton begraben. Im Hintergrund das<br />

Panorama von Bremerhaven – links die Containerkaje,<br />

rechts die Touristencity.<br />

Foto: Burkhard Ilschner<br />

Über den OTB wird schon einige Jahre lang<br />

debattiert, seit 2009: Bremerhaven als Standort<br />

etlicher OWK‐Betriebe und -Zulieferer soll, so<br />

der Anspruch der damals wie heute regierenden<br />

Koalition von SPD und Grünen, mit dem nach<br />

amtlicher Schätzung 180 Millionen Euro teuren<br />

Projekt gewissermaßen an die Spitze der Branchenstandorte<br />

entlang der Nordseeküste katapultiert<br />

werden.<br />

Dummerweise kam die Idee etwas spät,<br />

denn schon im selben Jahr wurde 50 Kilometer<br />

nördlich im niedersächsischen Cuxhaven<br />

ein Offshore-Terminal mit drei Liegeplätzen an<br />

der Elbe in Betrieb genommen. Es folgte die<br />

bekannte Branchenkrise mit anschließender,<br />

vom Bund verordneter Reduzierung der Ausbauziele<br />

für Erneuerbare Energien. Bremen<br />

aber hielt am OTB‐Projekt fest – und wie:<br />

Die anfangs noch wortreich beschworene<br />

Zusage, in den OTB würden keine öffentlichen<br />

Gelder fließen, zerstob alsbald im ach, so<br />

marktwirtschaftlichen Wind. Trotz mehrfacher<br />

Anläufe blieb die Suche nach einem Bauträger<br />

im Weserschlick stecken: Die Ausschreibung<br />

brachte kein Ergebnis, kein privater Investor<br />

wollte die Risiken schultern. Weil der OTB aber<br />

inzwischen zu einem unverzichtbaren Image-<br />

Projekt aufgepustet worden war, musste ein<br />

Kurswechsel her. Gestützt auf eine „Regionalwirtschaftliche<br />

Potenzialanalayse“ der bekannten<br />

Firma PROGNOS, die darin dem OTB Projekt<br />

auftragsgemäß Sinn und Notwendigkeit<br />

bescheinigte (1), erklärten die politisch Verantwortlichen<br />

das Vorhaben zu einer nun doch<br />

öffentlichen Aufgabe.<br />

Zwar hielten sie zunächst noch an der Illusion<br />

fest, wenigstens der Betrieb müsse privatwirtschaftlich<br />

erfolgen. Aber auch das ging<br />

schief: Bei dieser Ausschreibung blieb am Ende<br />

nämlich nur ein Interessent übrig, und das war<br />

– welch Zufall? – der mehrheitlich staatseigene<br />

Hafen- und Logistikkonzern BLG. All dies und<br />

weitere Pannen konnten den Senat, die Landesregierung<br />

des Zwei-Städte-Staats, aber keinen<br />

Deut von seinem Kurs abbringen. Ungeachtet<br />

aller Verzögerungen und Probleme und trotz<br />

aller Erfahrungen mit Preissteigerungen beharren<br />

die Planer bis heute übrigens auf der Investitionssumme<br />

in Höhe von 180 Millionen Euro<br />

– ein Betrag, den Kritiker des Vorhabens massiv<br />

bezweifeln.<br />

Auch in den Koalitionsverhandlungen nach<br />

der jüngsten Wahl zur Bremischen Bürgerschaft<br />

(dem Landtag) beharrte die SPD im<br />

Frühsommer dieses Jahres darauf, das OTB‐Projekt<br />

in den Vertrag mit den Grünen hineinzuschreiben<br />

– und die knickten wieder einmal<br />

ein, stornierten ihre vorherigen Bedenken und<br />

stimmten zu. Nach derzeitiger Terminierung<br />

soll Ende dieses Jahres der Planfeststellungsbeschluss<br />

vorliegen und kurzfristig angepackt<br />

werden; 2018 soll der OTB dann fertig sein.<br />

Dieser bereits erweiterte Zeitrahmen –<br />

ursprünglich war 2016 ins Auge gefasst –<br />

ist allerdings mehr als fraglich. So musste<br />

zwischendurch die Ausschreibung ausgesetzt<br />

werden, als Bundesrichter die geplante<br />

Weservertiefung stoppten, denn deren Ergebnisse<br />

hatten die OTB‐Planer bereits vorauseilend<br />

eingearbeitet. Nun wird, ohne die<br />

juristische Entscheidung abzuwarten, umgeplant<br />

– obwohl niemand weiß, wie die Richter<br />

letztlich urteilen werden. Je nachdem, ob<br />

die Baggerpläne demnächst genehmigt oder<br />

geschreddert werden, bleibt die OTB‐Planung<br />

also eine Hängepartie. Skurril übrigens ist auch<br />

dieses: Wegen des Scheiterns der privaten<br />

musste die öffentliche Finanzierung haushaltsrechtlich<br />

abgesichert werden – und dazu soll<br />

auch „bei anderen Projekten, beispielsweise<br />

bei der Weservertiefung, gekürzt werden“ (2).<br />

Wie sich das eine mit dem anderen vereinbaren<br />

lässt, ohne die jeweiligen Rechtsgrundlagen<br />

zu erschüttern, bleibt abzuwarten. Zweifelhaft<br />

erscheint auch die geplante Lage des OTB:<br />

Weil die „Seeschiffahrtsstraßenordnung“ dem<br />

Schiffsverkehr auf der Weser zwingend Vorfahrt<br />

gewährt, müssten vor jeder Verschiffung<br />

der riesigen OWK‐Teile seewärts immer reviersperrende<br />

Zeitfenster beantragt, der normale<br />

Verkehr zu und von den anderen Häfen also<br />

gesperrt werden, was deren Flexibilität ebenso<br />

massiv einschränkt wie die des OTB.<br />

Aber das sind nicht die einzigen Hindernisse:<br />

Zum einen haben die Naturschützer sowohl des<br />

BUND als auch des NABU heftigen Widerstand

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