Turmkopfflansch Zwischenring Aussenring mit Verzahnung - GL Group
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Zusammenfassung<br />
BAUTEILE IM VERBUND MODELLIEREN – PFLICHT ODER KÜR ?<br />
Dalhoff, P. , Frese, T. , Wacker, G.<br />
Germanischer Lloyd, Hamburg<br />
Leichtbau gewinnt <strong>mit</strong> zunehmender Anlagenleistung von Windenergieanlagen (WEA) immer mehr an Bedeutung,<br />
um ein exponentielles Ansteigen von Gewicht und Kosten zu vermeiden. Gleichzeitig muss die Sicherheit<br />
und strukturelle Integrität der WEA gewährleistet sein. Um Leichtbau und Sicherheit zu gewährleisten, sind verfeinerte<br />
Nachweisverfahren notwendig. Die <strong>mit</strong> dem Leichtbau einhergehenden dünnwandigen Strukturen bewirken<br />
nicht nur eine Gewichtsreduzierung und höhere Materialauslastung, sondern auch eine erhöhte Nachgiebigkeit<br />
– die Bauteile werden „weicher“.<br />
Am Beispiel des Windrichtungsnachführungslagers (WRNF-Lager) wird erläutert, wie wichtig die Miteinbeziehung<br />
der angrenzenden Bauteile ist, um sowohl die Beanspruchung des Lagers selbst als auch die der Verbindungselemente<br />
und der Anschlusskonstruktion zu erfassen. Die Auswirkungen von Konstruktionsänderungen im Bereich<br />
der Anschlusskonstruktion auf Beanspruchung und Lebensdauer werden anhand von Ergebnissen aus<br />
FEM- Analysen diskutiert.<br />
1. Einleitung<br />
Lager haben die Aufgabe, zwei Bauteile drehbar<br />
<strong>mit</strong>einander zu verbinden. Insgesamt sind so<strong>mit</strong> drei<br />
Bauteile – das Lager und die beiden anschließenden<br />
Bauteile – <strong>mit</strong>einander verbunden, die sich gegenseitig<br />
beeinflussen.<br />
Oft bildet das Lager genau die Schnittstelle zwischen<br />
zwei Baugruppen, z.B. Rotorblatt zu Maschinenhaus<br />
oder Maschinenhaus zu Turm. Hier kann sich folgendes<br />
„Schnittstellenproblem“ ergeben, dass am<br />
Beispiel des WRNF-Lagers erläutert sei:<br />
Der Lagerhersteller dimensioniert das Lager entsprechend<br />
der in der Spezifikation des WEA- Herstellers<br />
angegebenen Lasten. Weiterhin geht der<br />
Lagerhersteller von einer steifen Anschlusskonstruktion<br />
aus, da in der Spezifikation i.d.R. hierüber keine<br />
Angaben gemacht werden.<br />
Der Turmbauer dimensioniert den <strong>Turmkopfflansch</strong><br />
ebenfalls gemäß spezifizierten Lasten. Dabei werden<br />
Bemessungsverfahren verwendet, welche für symmetrische<br />
L-Flansche gelten [1,2,3,4], jedoch nicht<br />
die Besonderheiten des WRNF-Lagers berücksichtigen.<br />
Der Maschinenbauer führt i.d.R. die Maschinenhausstruktur<br />
im Bereich oberhalb des WRNF-Lagers<br />
ausreichend steif aus und sieht so<strong>mit</strong> seine Pflichten<br />
als erfüllt an.<br />
Da keine der drei Disziplinen die drei Bauteile im<br />
Verbund betrachtet, ist eine konstruktiv unzureichende<br />
Lösung schwer zu erkennen. Die Notwendigkeit<br />
zur Verbundbetrachtung wird im Folgenden am Beispiel<br />
der Windrichtungsnachführung erläutert.<br />
2. Windrichtungsnachführungslager<br />
WRNF-Lager können grundsätzlich als Gleitlager<br />
oder als Wälzlager ausgebildet sein. Bei einem<br />
Gleitlager wird das Reibmoment der Gleitbeläge<br />
gleichzeitig als Schleifbremse genutzt, um die aerodynamischen<br />
Giermomente (teilweise) von der Drehkranzverzahnung<br />
fernzuhalten.<br />
Bei Wälzlagern wird unterschieden zwischen Rollenlagern<br />
und Kugellagern (Kugeldrehverbindung).<br />
Für den Einsatz in WEA werden i.d.R. ein- oder<br />
doppelreihige Kugeldrehverbindungen verwendet.<br />
2.1 Beispiel einreihige Kugeldrehverbindung<br />
Diese zum Übertragen großer Biegemomente geeignete<br />
Lager haben ihren Kontaktwinkel lastabhängig<br />
in einem Bereich von ca. 45 Grad bis ca. 60 Grad, s.<br />
Abbildung 1.<br />
Z<br />
t<br />
t M<br />
F c<br />
Innenring<br />
Schrauben<br />
<strong>Aussenring</strong> <strong>mit</strong> <strong>Verzahnung</strong><br />
<strong>Zwischenring</strong><br />
<strong>Turmkopfflansch</strong><br />
Grundplatte<br />
Maschinenrahmen<br />
Radius Laufbahn<br />
Radius Turmmantelblech<br />
Abbildung 1: Skizze Turmkopflager <strong>mit</strong> Anschlusskonstruktion<br />
Wirkt ein äußeres Biegemoment, so ist im Lager<br />
zwischen der „gedrückten Seite“ und der „gezogenen<br />
Seite“ hinsichtlich der Wirkrichtung der Kugelkontaktkraft<br />
zu unterscheiden. Die Kontaktlinien<br />
zwischen Zug- und Druckseite sind dabei um ca. 90<br />
Grad versetzt.<br />
Die Kontaktkraft FC bildet ein Krempelmoment, welches<br />
versucht, den Lagerring in seiner Umfangsrichtung<br />
zu tordieren oder „umzukrempeln“.
Um den Einfluss der konstruktiven Ausbildung der<br />
Anschlusskonstruktion zu zeigen, werden verschiedene<br />
Konstruktionsvarianten betrachtet.<br />
2.2 Untersuchte Konstruktionsvarianten<br />
Es werden vier Varianten a bis d untersucht, wobei<br />
Variante a als Ursprungsvariante angesehen wird.<br />
Bei Variante b wurde anstelle des Innenflansches ein<br />
Außenflansch verwendet. Da<strong>mit</strong> ist es möglich die<br />
Durchmesser von Kugellaufbahn und Turmmantelblech<br />
in Flucht zu bringen. Dies entspricht den Anforderungen<br />
der Lagerhersteller, da hier der günstigste<br />
Kraftfluss entsteht.<br />
Die Varianten c und d sind Abwandlungen von a <strong>mit</strong><br />
c doppelter <strong>Zwischenring</strong>dicke tz und d doppelter<br />
Mantelblechdicke tM.<br />
2.3 Verwendetes FEM-Modell<br />
Das FEM – Modell ist als dreidimensionales Modell<br />
unter Verwendung von Volumenelementen (20 Knoten<br />
– Solid) ausgebildet.<br />
Druckstäbe<br />
Balkenspinne M b<br />
Schrauben<br />
Randbedingung: Axial fest<br />
Abbildung 2: FEM-Modell Segmentquerschnitt<br />
In Abbildung 2 ist ein Elementplot im Querschnitt<br />
des Modells dargestellt.<br />
Die Verbindungsschrauben wurden vereinfacht als<br />
Balkenelemente modelliert, wobei die Schraubenvorspannung<br />
<strong>mit</strong>tels Temperaturdehnung aufgebracht<br />
wurde.<br />
Die Lagerkugeln wurden vereinfacht als kreuzweise<br />
unter 45 Grad angeordnete Druckstäbe abgebildet.<br />
Kontaktelemente in den Trennfugen ermöglichen die<br />
Berücksichtigung von Klaffungen.<br />
Vom Turm wurde der Kopfflansch und das Mantelblech<br />
<strong>mit</strong> einer Höhe von 1 m modelliert. Der untere<br />
Rand des Mantelbleches ist in axialer Richtung fest.<br />
Zwischen Kopfflansch und Lager befindet sich ein<br />
versteifender <strong>Zwischenring</strong>.<br />
Die Maschinenrahmengrundplatte wurde vereinfachend<br />
als Ring in der Stärke der Grundplatte modelliert.<br />
Die äußeren Lasten werden über eine Balkenspinne<br />
in den maschinenseitigen Ring eingeleitet. Dabei<br />
Y<br />
Z<br />
X<br />
wird vereinfachend für das Beispiel nur das Biegemoment<br />
berücksichtigt.<br />
Der höchst beanspruchte Bereich fällt in den Übergang<br />
vom Mantelblech zum Kopfflansch. Hier wurde<br />
so vernetzt, dass eine Auswertung nach dem Strukturspannungskonzept<br />
möglich ist. Alle anderen Bereiche<br />
wurden grob vernetzt, um dass Gesamtverformungsverhalten<br />
möglichst realitätsnah abzubilden.<br />
Lokale Auswertungen – etwa der Spannungen<br />
im Kugelkontakt – sind nicht zulässig.<br />
3 Berechnungsergebnisse<br />
3.1Verformungen<br />
a) b) c) d)<br />
Abbildung 3: Verformungsplot in Querschnittsdarstellung<br />
für alle Konstruktionsvarianten<br />
Abbildung 3 zeigt die verformte Struktur am höchst<br />
beanspruchten Segment für alle Varianten.<br />
a) Deutlich zu sehen ist das Aufkrempeln des Lageraußenringes.<br />
Am Übergang vom Kopfflansch<br />
zum Mantelblech bildet sich ein „Fließgelenk“<br />
aus, da die Krempelsteifigkeit des Mantelbleches<br />
die nachgiebigste Stelle des Systems darstellt.<br />
An dieser Stelle treten die höchsten<br />
(Struktur-) Spannungen auf.<br />
b) Die lokale Verformung am Übergang Kopfflansch<br />
zu Mantelblech ist hier wesentlich geringer,<br />
da durch die fluchtenden Durchmesser von<br />
Kugellaufbahn und Mantelblech die Exzentrizität<br />
des Kraftangriffes der Kugelkontaktkraft auf ein<br />
Minimum verringert wird.<br />
c) Qualitativ wie a, jedoch etwas geringere Krempelwirkung<br />
d) Qualitativ wie a, ebenfalls etwas geringere<br />
Krempelwirkung<br />
Zwischen Maschinengrundplatte und Lagerinnenring<br />
kommt es aufgrund des exzentrischen Kraftangriffes<br />
bei Extremlast zum einseitigen Aufklaffen der Verbindung.<br />
3.2 Spannungen<br />
Wie in [5] für nicht tabellierte Kerbfälle vorgesehen,<br />
erfolgt die Spannungser<strong>mit</strong>tlung für die nachfolgende<br />
Lebensdauerberechnung auf der Basis lokaler Bezugsspannungen<br />
bzw. der „hot-spot-Spannung“.<br />
Definitionsgemäß nach [5] ist unter lokaler Bezugsspannung<br />
die maximale Hauptspannung im Grundmaterial<br />
un<strong>mit</strong>telbar an der potenziellen Rissstelle
am Schweißnahtübergang einschließlich der lokalen<br />
Spannungsspitzen aufgrund der geometrischen<br />
Ausbildung des Bauteils, aber ohne die Kerbwirkung<br />
infolge Nahtausbildung und Fehlstellen in Naht und<br />
Grundmaterial zu verstehen. Abbildung 4 zeigt die<br />
Verläufe der lokalen Bezugsspannungen σ1,max entlang<br />
der Turmblechinnenseite für die vier untersuchten<br />
Varianten. Neben den Maximalwerten am<br />
Übergang zur Schweißnaht bei y=0 können die Steigungsverläufe<br />
der einzelnen Kurven als Auswirkungen<br />
der geometrischen Unterschiede zwischen den<br />
Varianten interpretiert werden. Für Variante b zeigt<br />
sich ein annähernd konstant flach ansteigender linearer<br />
Verlauf über das gesamte Intervall, der auf nur<br />
geringe zusätzliche lokale Biegung hindeutet. Der<br />
Schnittpunkt der Kurven a und b liegt etwa bei<br />
y=120mm. Alle Kurven konvergieren für größere<br />
Werte von y gegen die jeweiligen Nennspannungen.<br />
Unter Berücksichtigung der Empfehlungen gemäß [7]<br />
wird der numerische Einfluss der Nahtausbildung<br />
korrigiert. Es ergeben sich die Strukturspannungen<br />
σS durch Extrapolation der lokalen Bezugsspannungen<br />
σ1 bei y1=0.4*t und y2=1*t in den Übergang zur<br />
Schweißnaht. Für die vier Varianten sind die lokalen<br />
Bezugsspannungen, die Strukturspannungen, die<br />
Nennspannungen und die Strukturformzahlen αKS in<br />
Tabelle 1 angegeben. Die mathematischen Definitionen<br />
der Nennspannung und Strukturformzahl sind<br />
gegeben durch:<br />
σ<br />
S,<br />
max<br />
α<br />
KS<br />
= ;<br />
σ<br />
N<br />
250,00<br />
200,00<br />
150,00<br />
1 [Mpa]<br />
100,00<br />
50,00<br />
σ<br />
N<br />
=<br />
M<br />
b<br />
W<br />
;<br />
W =<br />
π<br />
4<br />
d a<br />
⋅<br />
4<br />
− di<br />
32 d a<br />
Variante A<br />
Variante B<br />
Variante C<br />
Variante D<br />
0,00<br />
0,00 5,60 11,20 16,80 22,40 28,00<br />
y [mm]<br />
33,60 39,20 44,80 50,40 56,00<br />
Abbildung 4: Verlauf der maximalen Hauptspannungen<br />
auf der Turminnenseite.<br />
Hätte man im Nachweis nicht im Verbund modelliert<br />
und nur die Nennspannungen betrachtet (a* und b*),<br />
so schneidet Variante b* aufgrund des geringeren<br />
Widerstandsmomentes gegenüber a* schlechter ab.<br />
Bei Modellierung im Verbund zeigt sich jedoch genau<br />
der umgekehrte Trend. Variante b weist aufgrund<br />
des günstigen Kraftflusses nur eine geringe Spannungsüberhöhung<br />
auf, während sich bei a die hohe<br />
Exzentrizität des Kraftangriffes auswirkt.<br />
Variante d zeigt, dass eine Verdoppelung der Turmwanddicke<br />
nur eine Verringerung der Spannungen<br />
um 26 % bringt, da dessen Krempelsteifigkeit immer<br />
noch zu klein ist, um die Verformungen aus dem<br />
exzentrischen Kraftangriff zu verhindern.<br />
Variante c <strong>mit</strong> Verdoppelung der Dicke des Zwischenflansches<br />
trägt zur Erhöhung der Krempelsteifigkeit<br />
bei, so dass hier die Spannungen gegenüber<br />
a um 30 % absinken.<br />
3.3 Lebensdauer<br />
Für den höchstbeanspruchten Bereich im Übergang<br />
vom Grundmaterial zur Schweißnaht werden die<br />
Lebensdauern unter Anwendung der linearen Schadensakkumulationshypothese<br />
nach Palmgren-Miner<br />
berechnet und die Ergebnisse in Tabelle 1 gegenübergestellt.<br />
σW N i<br />
ΔS i<br />
100<br />
100<br />
1<br />
10<br />
1 10 4 1<br />
1 10 5<br />
1 10 6<br />
10 4 N i<br />
1 10 7<br />
1 10 8<br />
1 10 9<br />
1. 10 9<br />
Abbildung 5: Beanspruchungskollektiv und<br />
Wöhlerlinie nach Eurocode 3.<br />
Dafür wurde das Lastkollektiv derart angenommen,<br />
dass sich für die Variante b bei einer zwanzigjährigen<br />
Betriebszeit und einer Einstufung des Konstruktionsdetails<br />
gemäß Kerbgruppe K=71 unter Anwendung<br />
des Nennspannungskonzepts eine Schädigung<br />
von D=1 ergibt, s. Abbildung 5. Numerisch berechnet<br />
sich für die gleiche Geometrie <strong>mit</strong>tels des Strukturspannungskonzepts<br />
eine Lebensdauer von 18 Jahren,<br />
die bei einer Reduktion des Beanspruchungskollektivs<br />
um 2% wieder auf 20 Jahre ansteigen<br />
würde. Anbetracht dieser Ergebnisse erscheint es<br />
gerechtfertigt, das Nennspannungskonzept für den<br />
Betriebsfestigkeitsnachweis anzuwenden wenn die<br />
Turmwand<strong>mit</strong>telfläche und der Laufbahndurchmesser<br />
gleich sind, so wie es durch die Lagerhersteller<br />
vorgegeben wird.<br />
Var.<br />
σ1,max σS,max σN αKS KF L.-dauer<br />
/ Mpa<br />
D L/a<br />
a* - - 54 1.0 71 0.4 50<br />
a 222 215 54 4.0 90 44.4 0.5<br />
b* - - 66 1.0 71 1.0 20<br />
b 86 85 66 1.3 90 1.1 18<br />
c 161 154 54 2.9 90 13.5 1.5<br />
d 181 170 28 6.1 90 19.4 1.0<br />
Tabelle 1: Ergebnisse Variantenstudie,<br />
KF=Kerbfall, D=Schädigung, L=Lebensdauer)
Für die Variante a berechnet sich <strong>mit</strong> dem Nennspannungskonzept<br />
eine Lebensdauer von 50 Jahren.<br />
Das Strukturspannungskonzept ergibt hier eine Lebensdauer<br />
von 0.5 Jahren. Diese stark unterschiedlichen<br />
Ergebnisse aus beiden Konzepten ergeben<br />
sich aus vorhandenen lokalen Biegemomenten,<br />
zurückzuführen auf die nicht beanspruchungsgerechte<br />
Konstruktion, die im Nennspannungskonzept<br />
nicht berücksichtigt werden und sich durch die<br />
Strukturformzahl von αKS = 4 ausdrücken. Unzureichend<br />
untersucht ist derzeitig die Genauigkeit der<br />
Lagermodellierung und ihr Einfluss auf das Gesamtergebnis,<br />
so dass quantitative Ergebniskorrekturen<br />
möglich sind. Unabhängig davon kann man aber<br />
festhalten, dass die Anwendbarkeit des Nennspannungskonzepts<br />
ohne Berücksichtigung einer geeigneten<br />
Strukturformzahl αKS für die Variante a nicht<br />
zulässig ist. Gegenüber Variante b ergibt sich <strong>mit</strong><br />
dem Nennspannungskonzept eine mehr als doppelt<br />
so hohe Lebensdauer, begründet durch die geringere<br />
Beanspruchung auf Grund des größeren Wiederstandsmoments.<br />
Gegenüber Variante a führt die Verdopplung der<br />
Wandstärke (Variante d) auf ein etwa 21% geringeres<br />
Strukturspannungsniveau. Die Verdopplung der<br />
<strong>Zwischenring</strong>dicke (Variante c) reduziert hingegen<br />
das Strukturspannungsniveau um etwa 30%. Der<br />
Zuwachs an Lebensdauer ist als eher gering anzusehen<br />
was bedeutet, dass Aufdickungen keine Maßnahmen<br />
zur Lösung des Problems sind.<br />
4. Weitere Beispiele<br />
Beispiel Rotorblattanschluss<br />
Der Rotorblattanschluss bei WEA <strong>mit</strong> Blattverstellung<br />
zeigt eine ähnliche Problematik wie der Turmkopfanschluss,<br />
da ebenfalls Momentenlager verwendet<br />
werden, die eine steife Anschlusskonstruktion erfordern.<br />
Beim „T-Bolt“-Anschluss wird z.B. das Laminat des<br />
Rotorblattes <strong>mit</strong>verspannt, welches Elastizitätsmoduli<br />
aufweist, die ca. um den Faktor 10 unter denen von<br />
Stahl liegen. Hier wird un<strong>mit</strong>telbar deutlich, wie<br />
„weich“ der blattseitige Anschluss ist. Dies wirkt sich<br />
in hohen dynamischen Beanspruchungen der blattseitigen<br />
Schraubenverbindungen aus (hohes Kraftverhältnis<br />
φn ).<br />
Beispiel Hauptlager<br />
Die Umgebung des Hauptlagers besteht aus der<br />
Rotorwelle und dem Lagergehäuse. Je nach Ausführung<br />
des Lagergehäuses und dessen Anbindung an<br />
den Maschinenrahmen ergeben sich unterschiedliche<br />
Pressungsverteilungen auf den Lagerlaufbahnen.<br />
Steifigkeitssprünge im Gehäuse wirken sich<br />
ungünstig aus, führen zu ungleichmäßigen Pressungsverteilungen<br />
und reduzieren die Lagerlebensdauer<br />
[6].<br />
Beispiel Getriebe<br />
Die zunehmende Anzahl von Getriebeschäden zeigt,<br />
dass bezüglich deren Auslegung und Betrieb noch<br />
einige Unbekannte existieren.<br />
Dazu zählt die Verbundbetrachtung des Getriebes im<br />
Triebstrang zusammen <strong>mit</strong> Hautplager, Welle, Generator<br />
und Getriebeaufhängung. V.a. bei der Triebstrangdynamik<br />
und dem Kraftfluss besteht Untersuchungsbedarf.<br />
Bisher werden Getriebe als „isolierte<br />
Komponente“ unabhängig von den angrenzenden<br />
Bauteilen ausgelegt.<br />
5. Schlussbemerkungen<br />
Mit dem zunehmenden Trend zu Leichtbau und den<br />
da<strong>mit</strong> einhergehenden nachgiebigeren Strukturen<br />
entstehen neue Anforderungen an die Nachweisführung,<br />
um die Sicherheit und Lebensdauer der WEA<br />
zu gewährleisten.<br />
Dies bedeutet für den Konstrukteur / Entwickler die<br />
Notwendigkeit zu einer integrierten Betrachtungsweise,<br />
um Bereiche <strong>mit</strong> ungünstigem Kraftfluss und /<br />
oder hohen Verformungen vor allem beim Übergang<br />
von Komponenten, zu erkennen.<br />
Bei einer reinen Nennspannungsbetrachtung konnte<br />
beispielhaft gezeigt werden, dass die da<strong>mit</strong> verbundene<br />
Vernachlässigung lokaler Verformungen zu<br />
völlig falschen Ergebnissen führt. Erst die Betrachtung<br />
im Verbund zeigt, welche Konstruktion Schwächen<br />
aufweist.<br />
Wünschenswert ist eine experimentelle Absicherung<br />
durch Bauteilversuche und Beanspruchungsmessungen<br />
an WEA. Dabei sollten Beanspruchungsmessungen<br />
nicht mehr nur der Verifizierung der<br />
simulierten Schnittlasten dienen, sondern vielmehr<br />
auch die direkte Messung von Beanspruchungen in<br />
den kritischen Komponentenbereichen beinhalten.<br />
Die hier vorgestellten Ergebnisse sind im Rahmen<br />
des Forschungsvorhabens „ELA – Erweiterte Lebensdaueranalyse<br />
für WEA“ erarbeitet worden. Dieses<br />
Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft<br />
und Technologie BMWi gefördert. Das Projekt<br />
wird vom Germanischen Lloyd geleitet. Projektpartner<br />
ist die Universität Siegen, Institut f. Konstruktion,<br />
Prof. Idelberger.<br />
Literatur<br />
[1] Schmidt, H., Neuper, M.: Zum elastostatischen<br />
Tragverhalten exzentrisch gezogener L-Stöße<br />
<strong>mit</strong> vorgespannten Schrauben. Stahlbau 66, Heft<br />
3, (1997)<br />
[2] Petersen, Ch.: Stahlbau. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft,<br />
(1993)<br />
[3] Dalhoff, P., Dombrowski, A., Lehmann,D.: Berechnung<br />
großer Flanschverbindungen von<br />
Windenergieanlagen. VDI-Bericht 1426, VDI<br />
Verlag Düsseldorf, (1998)<br />
[4] Lehmann, D.: Berechnung des nichtlinearen<br />
Tragverhaltens gezogener vorgespannter L-<br />
Flansche. Stahlbau 69, Heft 1, (2000)<br />
[5] N.N.: Eurocode 3, Abschnitt 9: Genzzustand der<br />
Betriebsfestigkeit. Stahlbau-Verlagsgesellschaft<br />
mbH, Köln<br />
[6] Rahlf,U., Osthorst,R., Göbel,W.: Lagerüberlastung<br />
durch ungenaue Erfassung der<br />
Anschlusssteifgkeiten. Tagungsband DEWEK ‚<br />
98, (1998)<br />
[7] Hobbacher A., Schwingfestigkeit geschweißter<br />
Bauteile, IIW-Schwingfstigkeits-Empfehlungen<br />
XIII-1539-96/XV-845-96, Juli 1996