Technologieführer in der Nische 1/2005 - Reifenpresse.de

Felgen + Tuning
Technologieführer in der Nische
Alutec-Belte als Dienstleister für die Aluminiumräderbranche
Die erst 1998 gegründete Firma Alutec-Belte hatte in den letzten beiden Jahren gleich zweimal
in der Aluminiumfelgenbranche aufhorchen lassen, als mit dem Einstieg bei zwei bekannten
Räderherstellern geliebäugelt worden war. Das ist abgehakt, so Marketingleiterin
Julia Berkenbusch, heute konzentriert sich das Unternehmen wieder ganz auf seine Kernkompetenz
als Dienstleister für Aluminiumwerkstoffe, vor allem für Automobilhersteller,
aber auch nach wie vor für Aluminiumräderproduzenten. Darüber hinaus ist Alutec-Belte
in diversen anderen Branchen involviert, so beispielsweise bei Bauteilen für Kraftwerke oder
bei Isolierungen von Gebäuden. Im Prinzip überall wo sich die Möglichkeit bietet, Aluminium
als Substitut für Stahl zu verwenden und bei der Durchsetzung des Leichtmetalls innovative
Lösungen gefragt sind, kann sich das in Delbrück bei Paderborn ansässige Unternehmen
empfehlen.
Markus Belte hat bereits zwei Jahre nach
Gründung seine Firma in eine Aktiengesellschaft
umgewandelt und ist heute deren
Vorstandsvorsitzender. Das Unternehmen
ist expansiv, derzeit entsteht in Landshut ein
völlig neues Werk zur Wärmebehandlung
von Motorenkomponenten (z.B. Kurbelgehäuse,
Zylinderköpfe). Am Standort Delbrück
beschäftigt Alutec-Belte aktuell etwa 130 Personen,
unter gleicher Adresse ist auch die zur
Unternehmensgruppe gehörende Delta Logistik
GmbH angesiedelt mit eigenem Lkwund
Leicht-Lkw-Fuhrpark. Mit dem Tuningunternehmen
Cargraphic (Stammsitz in Landau)
kooperiert Belte und beliefert den exklusiven
Automobilveredler unter anderem
mit Tuningteilen wie geschmiedeten Rädern.
Aluminiumräder bildet ein wichtiges Geschäftsfeld
des Unternehmens, wobei das im
Wesentlichen in drei Teilbereicheunterglie-
Sitz der Alutec-Belte AG in Delbrück
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dert werden kann: die Wärmebehandlung,
das Flow-Forming und das Designfräsen von
Schmiederädern. Hinzuweisen ist darauf, dass
oftmals das Optimum bei der Räderqualität
nur erreicht werden kann, wenn zwei Belte-
Module miteinander kombiniert werden, zum
Beispiel das Abstreckverfahren (das bei Alutec-Belte
„Advanced-Flow-Forming“ heißt) auf
die Wärmebehandlung im eigenen Hause gezielt
abgestimmt wird und entsprechend innovative
Abschrecktechnologien (HISAQ,
Polymer) Anwendung finden. Das Ergebnis
sind noch dünnere Wandstärken mit einhergehender
Verzugsminimierung für gewichtsreduzierte
Räder.
Da sich – siehe oben – die beiden von
Alutec-Belte in der Felgenbranche erwogenen
Deals zerschlagen hatten, muss das Unternehmen
niemandem mehr erklären, warum
es Dienst-
leister und Wettbewerber zugleich sei, es ist
„nur“ Dienstleister. Kunden sind renommierte
Erstausrüster ebenso wie kleinere und größere
Spieler im Ersatzgeschäft. Mit den Wärmebehandlungsanlagen
stellt der Spezialist
dieser Technologie zur Verbesserung der mechanischen
Eigenschaften von Rädern, die in
der Legierung AlSi 7 Mg gegossen worden
sind, den großen Erstausrüstern Zusatzkapazitäten
zur Verfügung, wenn deren eigene
Anlagen zum „Flaschenhals“ in der Produktion
werden. Und für Teilnehmer des Ersatzmarktes,
für die sich die Investition in eine eigene
Wärmebehandlung nicht oder noch
nicht lohnt, bietet sich Alutec-Belte ebenfalls
an.
Weitere Nischen
Großserien sind bei dem Unternehmen eigentlich
eher selten, auch wenn für den
Dienstleister wie für den reinen Produzenten
das Gleiche gilt: Mit steigenden Stückzahlen
lassen sich Kosten senken, die an die Kunden
weitergegeben werden können. Da nun keinerlei
Neigungen mehr erkennbar sind, zu einem
vollstufigen Hersteller zu werden, fahndet
Alutec-Belte nach Nischen, um die Bedürfnisse
kleiner Zielgruppen oder ganz spezieller
Räderprojekte zu erfüllen. Im Bereich
des Schmiedens von exklusiven Rädern sowie
beim Abstreckverfahren, das in der Branche
auch unter dem englischen Begriff Flow-Forming
bekannt ist, wurden
zwei Nischen gefunden, die
besonderes Know-how verlangen
und für die ein
Equipment vonnöten ist,
in das – zumin-
NEUE ReifenZeitung 1/2005

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dest derzeit – kaum ein Wettbewerber investieren
wird, weil es zu lange dauert, bis sich
das Investment rechnet. Für Belte werden sich
solche Ausgaben eher rechnen, weil das
Unternehmen ausreichende Stückzahlen erreichen
kann dadurch, dass es mehrere Kunden
hat. Ein weiterer Aspekt: Das Unternehmen
fühlt sich in starkem Maße dem technologischen
Fortschritt verpflichtet und greift
daher innovative Techniken vielleicht eher auf
als manch ein Großserienhersteller, der dazu
neigt, eher konservativ zu denken und Neuerungen
gegenüber skeptisch ist. Julia Berkenbusch
erwähnt in diesem Zusammenhang
einen weiteren Punkt: Alutec-Belte kauft zwar
dort sein Equipment, wo alle anderen auch
kaufen, hat in den letzten Jahren aber im Bereich
Maschinenbau dermaßen viel Knowhow
aufgebaut, dass alle Maschinen durch
Alutec-Belte-Mitarbeiter gezielt optimiert werden
konnten und der in den Delbrücker Hallen
installierte Maschinenpark einzigartig ist:
„Das gibt es nicht von der Stange.“
Advanced-Flow-Forming
In Deutschland gibt es aktuell zwei Produktionsstätten,
in denen Räder nach dem Abstreckverfahren
gewichtsoptimiert werden:
die Firma BBS und eben Alutec-Belte. Für
Thomas Wagner (Leiter mechanische Bearbeitung/Umformung)
ist das ein sportlicher
Wettstreit, er tüftelt am Equipment und sucht
stetig nach weiteren Verbesserungen, um
noch irgendwo ein paar Gramm Gewichtsersparnis
herauszuholen, ohne dabei den sehr
stabilen Prozess zu beeinträchtigen. Sind bei
den in seinem Verantwortungsbereich behandelten
Rädern die Wandstärken dünner
als bei vergleichbaren Produkten des ansonsten
geschätzten Wettbewerbers BBS, so hat
er den Wettbewerbsvorsprung. Dass BBS
mittels Flow-Forming (FF) eine Hohlkammer
erzeugt und jetzt seinen Vorsprung wieder
aufholen könnte, ist für ihn Herausforderung.
Noch allerdings gilt, dass bei Alutec-Belte der
besondere Unterschied darin besteht, dass
Wagner dem hauseigenen Verfahren den Begriff
„Advanced“ (hoch entwickelt) zur Abgrenzung
voranstellt. Dass ein weiterer Pro-
Darstellung des Advanced-Flow-Forming-Prozesses (vorher/nachher)
duzent (Montupet/Frankreich) ein Hohlkammerrad
in reiner Niederdruckgusstechnik entwickelt,
macht die Herausforderung nur noch
größer.
Freilich weiß auch Wagner, dass das Advanced-Flow-Forming
auch darum so erfolgreich
sein kann, weil die Synergien der gezielt
auf die Wärmebehandlung abgestimmten
Produkte genutzt werden können. „Der Auswalzungsgrad
ist brutal“ (im hinteren Felgenbett,
d. Red.), verweist er auf ein aktuelles FF-
Rad in 11x19“, das Alutec-Belte mit seinem
Auftraggeber und dem Gießer des Rades entwickelt
hat. Durch die enge Kooperation des
Dienstleisters mit dem Erstausrüster bereits in
einer frühen Planungsphase können nicht nur
technische Spitzenwerte erreicht werden, es
lassen sich im Rahmen einer solchen „Entwicklungspartnerschaft“
auch von vornherein
Kosten sparen, weil bereits der Rohling gewichtsoptimiert
ist und auch später in der Bearbeitung
weniger Abfall anfällt. Diesen Synergieeffekt
können der offizielle Erstausrüster
und Alutec-Belte an den Kunden weitergeben
und machen damit Highend-Produkte
erschwinglich. Angesprochen, das in die
Erstausrüstung gehende FF-Rad in Zahlen zu
fassen, hebt Wagner einerseits die Flexibilität
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hervor: Maulweiten von 13 oder 14 Zoll sind
ohne weiteres zu realisieren. Bezogen auf die
Wandstärke hat das ausgewalzte Rad eine
Wanddicke von etwa 3,6 Millimetern und
liegt damit 2,5 Millimeter besser als ein konventionelles
Gussrad, was sich in einem Gewichtsvorteil
von etwa 650 Gramm bemerkbar
macht, umgerechnet aufs Auto also 2,6
Kilogramm – ein Wert, der die Techiker in den
Reifen- und Räderdepartments der Automobilhersteller
erfreut. Aktuell ist Alutec-Belte
fünf Erstausrüstungsprojekte involviert, wobei
es um 18- und 19-Zoll-Räder geht. Auf dem
vorhandenen Equipment werden aber auch
schon 22-Zoll-Räder bearbeitet, 24 Zoll wäre
– so Wagner – ohne größere Probleme möglich.
100.000 ist die Stückzahl, die Wagner
schon in 2005 für das Advanced-Flow-Forming
für machbar hält; bei zusätzlichen Anfragen
sind weitere Investitionen und eine
Ausweitung der Kapazität möglich. Eine solche
Anfrage hatte Alutec-Belte von der Firma
AEZ erhalten, die auch prompt auf der letzten
Automechanika mit „Lite tec“ für Aufmerksamkeit
sorgte und das „Thema Gewicht“
in den Vordergrund stellte. Diese Highend-Räder
produziert AEZ ansonsten in ei-
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Das „Fünf-Achs-High-Speed-Bearbeitungszentrum“
genen Werken, das Abstrecken übernimmt
Dienstleister Belte. Noch finden sich solche
Räder überwiegend auf Sportwagen und Luxuslimousinen,
auch Tuner wären eine ideale
Zielgruppe, die Wagner vorschwebt. „Advanced-Flow-Forming“-Räder
haben einen exklusiven
Nimbus, die Optimierung des Verfahrens
dient aber nicht nur der Gewichtseinsparung,
sondern kommt fast zwangsläufig
auch der Kostenseite zugute.
Schmiederäder
„Projektleiter Schmiederäder“ ist Andreas Birkenhauer,
dessen Berufsweg eng mit dem
Aluminiumrad verzahnt ist. Rund 13 Jahre hat
er bei einem der Großen der Branche gearbeitet
und weiß darum um die Besonderhei-
Rotationsgeschmiedeter und designgefräster
Felgenstern
ten des Produktes. So ganz neu ist diese Sparte
im Hause Alutec-Belte nicht, professionalisiert
wurde sie aber durch ein Fünf-Achs-Bearbeitungszentrum,
das eine individuelle und
einzigartige Erstellung des Felgensterns er-
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möglicht. Das Schmiede- und Fräsverfahren
wird aktuell für Leichtmetallräder bis 22 Zoll
angeboten. Neben dem Technologie- und Tuningpartner
Cargraphic hat Alutec-Belte bereits
weitere Kunden aus dem Ersatzmarkt gewonnen
und arbeitet für diese als Dienstleister.
Das Delbrücker Unternehmen importiert
die rotationsgeschmiedeten Rohlinge in einer
speziellen Knetlegierung (mit guten Dehnwerten)
aus den Vereinigten Staaten von AMT
(Advanced Metal Technology). Die Bearbeitungsanlage
von Alutec-Belte gewährleistet,
dass auch sehr individuelle Designs mit filigranen
Speichen und dennoch hoher Festigkeit
realisiert werden können. Die Schmiedescheiben
werden in Delbrück wärmebehandelt,
gedreht und (design-)gefräst, für Lackierung
und Montage sorgt der Kunde, allerdings
hat Belte mittlerweile hier auch dermaßen
viel Kontakte, dass man auch diesbezüglich
zu einer Problemlösung beitragen könnte.
Mithin ist das Unternehmen auch im Bereich
Schmiedetechnologie prädestiniert, spezielle
und individuelle Tunerwünsche umzusetzen.
Die aktuell geschmiedeten Stylings lassen
sich mit vier verschiedenen Rohlingen
darstellen, hätte ein Tuner die Vision eines völlig
aus dem Rahmen fallenden Stylings, würde
man gegebenenfalls einen weiteren Rohling
ins Angebot nehmen. „Klassisch“ geschmiedete
Aluminiumfelgen gelten als besonders
hochwertig, aber auch Birkenhauer
greift den Kostenaspekt auf und verweist darauf,
dass ein Tuningkunde ja beispielsweise
die Kokillen-/Werkzeugkosten spart, die anfallen
würden, wenn er sich mit seinem Projekt
an einen Gießer wendet. Die Produk-
tionskapazitäten sind beschränkt und lassen
mit aktuellem Equipment maximal 6.000 Räder
pro Jahr zu. Aber das ist ja gerade das Pro:
Während der konventionelle Kokillenguss an
gewisse Stückzahlen gebunden ist – wenigstens
im vierstelligen Bereich –, sind (konventionelle)
Schmiederäder geradezu prädestiniert
für Kleinserien. Technologisch ist kein Aspekt
bekannt, bei dem das Schmiederad nicht
mit dem Gussrad mithalten könnte, im
Gegenteil: Es ist tendenziell überlegen, genannt
sei vor allem die Exklusivität des Designs,
das Shining, aber auch dünne Wandstärken,
Rundlauf oder Reduzierung der ungefederten
Massen ließen sich als Argumente
anführen. Designeinschränkungen, wie sie
zum Beispiel beim Schmiedeleichtbaurad immer
noch nicht vollständig eliminiert sind, gibt
es dank des Fünf-Achs-Bearbeitungszentrums
praktisch nicht mehr.
Markus Belte, Vorstandsvorsitzender der Alutec-
Belte AG
Alutec-Belte will offensiver werden beim
Werben um potenzielle Kunden. Das Unternehmen
steht dabei immer im Hintergrund
und fungiert als Problemlöser in den Nischen
des Marktes von Leichtmetallrädern. Alutec-
Belte ist von seinem Selbstverständnis her ein
Dienstleister mit einem exklusiven Angebot
und hochtechnischen Ansprüchen. Dass sich
die Bezeichnung „Highend-Produkte“ auf den
technischen Aspekt bezieht, lassen Wagner/Birkenhauer
gelten. Ihnen ist aber auch
wichtig, dass der Kostenaspekt nicht aus den
Augen gerät. Schmiederäder oder bei Belte
im Abstreckverfahren gewichtsoptimierte Räder
sind etwas Besonderes, das seinen Preis
hat, aber erschwinglich bleibt.
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