meisterbrief - Gain-up.de
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Meister-Brief: Wer wünscht sich nicht im<br />
Pfl egefall zu Hause betreut zu wer<strong>de</strong>n. Doch<br />
für die Angehörigen ist das nicht immer leicht<br />
zu stemmen. Wie kann man diesen mehr<br />
Hilfe an die Hand geben?<br />
ZYLAJEW: Sie haben vollkommen recht. Wir<br />
müssen <strong>de</strong>n Angehörigen mehr Unterstützung<br />
zusichern. Ein großes Vorhaben ist<br />
die Einführung einer Pfl egezeit. Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer sollen zukünftig<br />
einen gesetzlichen Anspruch auf eine sechsmonatige,<br />
unbezahlte Auszeit vom Erwerbsleben<br />
mit Rückkehrmöglichkeit haben. Die<br />
Pfl egezeit soll Angehörigen die Möglichkeit<br />
geben, Beruf und Pfl ege besser miteinan<strong>de</strong>r<br />
verbin<strong>de</strong>n zu können, vergleichbar mit <strong>de</strong>r<br />
Elternzeit. Von dieser Regelung wer<strong>de</strong>n aber<br />
Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern,<br />
wie zum Beispiel kleine Handwerksbetriebe,<br />
ausgenommen. Des Weiteren ist<br />
angedacht, das Angebot <strong>de</strong>r pfl egerischen<br />
Versorgung in einem Wohnquartier besser<br />
zu vernetzen. Betroffene sollen schnell und<br />
unkompliziert Unterstützung erhalten. Dabei<br />
soll ihnen ein Fallmanager als Ansprechpartner<br />
zur Seite stehen. Allerdings muss man bei<br />
diesem Vorhaben sehr darauf achten, welche<br />
Kosten dadurch verursacht wer<strong>de</strong>n.<br />
Meister-Brief: Was halten Sie von <strong>de</strong>m<br />
Vorschlag <strong>de</strong>r Gesundheitsministerin, Ulla<br />
Schmidt, <strong>de</strong>n Angehörigen zusätzlich zur<br />
Pfl egezeit zehn Tage bezahlten Pfl egeurlaub<br />
zu ermöglichen?<br />
ZYLAJEW: Das ist in <strong>de</strong>r Theorie ein guter Vorschlag,<br />
allerdings muss man wissen wie das<br />
zu bezahlen sein soll. Bisher fehlt ein sinnvolles<br />
Finanzierungskonzept. Wir brauchen<br />
je<strong>de</strong>n Cent aus <strong>de</strong>n Beiträgen zur Pfl egeversicherung,<br />
um die oben genannten Maßnahmen<br />
zu realisieren und das <strong>de</strong>rzeitige Defi zit<br />
auszugleichen.<br />
Meister-Brief: Der kürzlich erschienene<br />
Prüfbericht <strong>de</strong>s Medizinischen Dienstes <strong>de</strong>r<br />
Spitzenverbän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Krankenkassen (MDK)<br />
brachte es ans Tageslicht: Die Qualität <strong>de</strong>r<br />
Pfl ege in Deutschland lässt zu wünschen übrig.<br />
Was wird für die Einhaltung von Qualitätsstandards<br />
getan?<br />
ZYLAJEW: Im Vergleich zum ersten Prüfbericht<br />
hat sich die Qualität durchaus verbessert. In<br />
<strong>de</strong>r Tat gibt es unter <strong>de</strong>n vielen vorbildlichen<br />
Einrichtungen auch schwarze Schafe. Diese<br />
gehen unverantwortlich mit <strong>de</strong>n ihnen anvertrauten<br />
pfl egebedürftigen Menschen um.<br />
Deshalb halte ich unangemel<strong>de</strong>te Kontrollen<br />
für ein adäquates Mittel, nur so können Missstän<strong>de</strong><br />
aufge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n und die betreffen<strong>de</strong>n<br />
Einrichtungen bestraft wer<strong>de</strong>n. Doch<br />
darüber hinaus sollte man nicht übersehen,<br />
dass die Probleme teilweise beim MDK<br />
selbst liegen. Aus eigener Erfahrung weiß<br />
ich, dass sich die Zustellung eines Bescheids<br />
zur Pfl egeeinstufung monatelang hinziehen<br />
kann. Das dürfen wir <strong>de</strong>n Pfl egebedürftigen<br />
und Angehörigen nicht zumuten. Ich plädiere<br />
daher für die Einführung einer etwa<br />
Meister-Brief<br />
Die Pfl egeversicherung<br />
9<br />
sechswöchigen Bearbeitungsfrist.<br />
Meister-Brief: Die Reform bringt also wesentliche<br />
Leistungsverbesserungen für Betroffene<br />
und Angehörige mit sich. Wie soll das<br />
alles bezahlt wer<strong>de</strong>n?<br />
ZYLAJEW: Um die Erfolgsgeschichte <strong>de</strong>r Pfl egeversicherung<br />
fortzusetzen, steht die Vermeidung<br />
von sozialhilfeabhängigen Pfl egebedürftigen<br />
nach wie vor ganz oben.<br />
Fakt ist, dass wir die Pfl ege aufwerten wollen.<br />
Das bekommt man nicht umsonst. Daher ist<br />
eine Anhebung <strong>de</strong>r Beiträge zu Pfl egeversicherung<br />
zum 1. Juli 2008 um 0,25 Prozent<br />
notwendig. Im Gegenzug bringt die Absenkung<br />
<strong>de</strong>r Beiträge zur Arbeitslosenversicherung<br />
um 0,3 Prozent zeitversetzt bereits zum<br />
1. Januar 2008 eine Entlastung mit sich.<br />
Damit steht die Finanzierung bis zum Jahr<br />
2014 – eine sehr mittelfristige Lösung. Denn<br />
die geburtenstarken Jahrgänge ab 1948 wer<strong>de</strong>n<br />
erst dann zunehmend in die Pfl egebedürftigkeit<br />
kommen. Auf diesen Lastenberg<br />
sind wir nicht vorbereitet. Die Unionsfraktion<br />
setzt sich daher für <strong>de</strong>n Aufbau einer Demographiereserve<br />
ein. Lei<strong>de</strong>r sperrt sich die<br />
SPD bis heute dagegen.<br />
Meiner Meinung nach, wer<strong>de</strong>n die nachfolgen<strong>de</strong>n<br />
Generationen diesen eklatanten Fehler<br />
ausba<strong>de</strong>n müssen. Unter einem nachhaltigen<br />
Konzept zur Pfl egeversicherung stelle<br />
ich mir etwas an<strong>de</strong>res vor. Die Union hält<br />
daher an einer Ergänzung <strong>de</strong>r solidarischen<br />
Finanzierung durch einen Kapitalstock fest.