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18 studieren Uni&Job<br />
Makabres Erbe<br />
In <strong>de</strong>n Archiven <strong>de</strong>utscher Universitäten lagern grausige Überbleibsel aus <strong>de</strong>r Kolonialzeit: Schä<strong>de</strong>l <strong>von</strong> Herero-Kriegern und<br />
australischen Ureinwohnern, mit <strong>de</strong>nen einst Rassenkundler ihre hanebüchenen Thesen „wissenschaftlich“ untermauern wollten<br />
Von Georg Etscheit<br />
Beobachtet <strong>von</strong> zwei Kamera<strong>de</strong>n, legt<br />
ein <strong>de</strong>utscher Soldat einen menschlichen<br />
Schä<strong>de</strong>l vorsichtig in eine längliche<br />
Kiste. Im Hintergrund liegen weitere<br />
Schä<strong>de</strong>l <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n. Sie sollen,<br />
wie es in <strong>de</strong>r Bildunterschrift heißt, nach<br />
Berlin gesandt wer<strong>de</strong>n, wo sie „zu wissenschaftlichen<br />
Messungen“ verwen<strong>de</strong>t<br />
wür<strong>de</strong>n. Die Schä<strong>de</strong>l stammen <strong>von</strong> „gehängten<br />
o<strong>de</strong>r gefallenen Hereros“ und<br />
seien <strong>von</strong> „Hererofrauen mittels Glasscherben<br />
vom Fleisch befreit und versandfähig<br />
gemacht“ wor<strong>de</strong>n.<br />
Makabres Zeugnis eines Völkermor<strong>de</strong>s.<br />
Solcherlei Motive wur<strong>de</strong>n <strong>von</strong> Sol-<br />
daten in Deutsch-Südwestafrika, <strong>de</strong>m<br />
heutigen Namibia, als Feldpostkarten in<br />
die ferne Heimat gesandt. 1904 hatte<br />
sich in <strong>de</strong>r Kolonie eines <strong>de</strong>r schwärzesten<br />
Kapitel <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Kolonialgeschichte<br />
ereignet. Der zunächst erfolgreiche<br />
Aufstand <strong>de</strong>s Herero- und Nama-<br />
Volkes gegen die weißen Eindringlinge<br />
wur<strong>de</strong> <strong>von</strong> <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen „Schutztruppen“<br />
erbarmungslos nie<strong>de</strong>rgeschlagen.<br />
Bis zu 80 Prozent <strong>de</strong>r 40 000 bis 100 000<br />
Herero und bis zu 50 Prozent <strong>de</strong>r etwa<br />
22 000 Nama sollen dabei ums Leben<br />
gekommen sein.<br />
Die Schä<strong>de</strong>l lan<strong>de</strong>ten in <strong>de</strong>n anthropologischen<br />
Sammlungen <strong>de</strong>utscher Universitäten<br />
und Forschungsinstitute, zuweilen<br />
auch in Privatarchiven. Bis vor<br />
wenigen Jahren interessierte sich kaum<br />
jemand für das menschenverachten<strong>de</strong><br />
Erbe. Erst jetzt, hun<strong>de</strong>rt Jahre nach <strong>de</strong>m<br />
Massenmord, <strong>de</strong>r so etwas war wie <strong>de</strong>r<br />
Vorbote zu noch schrecklicheren Ereignissen<br />
in <strong>de</strong>r Nazizeit, hat an <strong>de</strong>r Univer-<br />
Anthropologen or<strong>de</strong>rten<br />
menschliche Präparate beim<br />
Hamburger Übersee-Versand<br />
sität Freiburg und <strong>de</strong>r Berliner Charité<br />
die Aufarbeitung dieses wenig beachteten<br />
Kapitels <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Vergangenheit<br />
begonnen. Ziel ist es, jene Schä<strong>de</strong>l,<br />
die noch mehr o<strong>de</strong>r weniger einwandfrei<br />
i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n können, an die namibische<br />
Regierung zur „wür<strong>de</strong>vollen“<br />
Bestattung zurückzugeben. Auch Schä<strong>de</strong>l<br />
australischer Ureinwohner, die En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s 19. und <strong>Anfang</strong> <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
unter ethisch fragwürdigen Bedingungen<br />
nach Deutschland kamen, sollen in<br />
absehbarer Zeit retourniert wer<strong>de</strong>n.<br />
Im Archiv <strong>de</strong>r Freiburger Albert-Ludwigs-Universität<br />
lagern etwa 1600 Menschenschä<strong>de</strong>l<br />
in grauen Archivkartons.<br />
Es han<strong>de</strong>lt sich um die Sammlung <strong>de</strong>s<br />
Anatomen und Anthropologen Alexan<strong>de</strong>r<br />
Ecker (1816-1887).<br />
„Solche Schä<strong>de</strong>lsammlungen gehörten<br />
an <strong>de</strong>n Universitäten zum Standard.<br />
Das war nichts Ungewöhnliches“, sagt<br />
Dieter Speck, Leiter <strong>de</strong>s Freiburger