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14 studieren Uni&Job<br />

Hat man am En<strong>de</strong> nur als Master-Absolvent das große Los gezogen? „Es gibt die Angst, <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Bachelor zu sitzen und nur ein Aka<strong>de</strong>miker zweiter Klasse zu sein“, sagt<br />

Sebastian Schultz vom Potsdamer AStA. Foto: Bildmaschine<br />

„Warum in Nieten investieren?“<br />

Eigentlich war es so gedacht: Man macht erst mal <strong>de</strong>n Bachelor, dann hat man schon einen Abschluss in <strong>de</strong>r Tasche.<br />

Später vertieft man sein Wissen und geht als Master hinaus in die Berufswelt. Nun soll für viele nach <strong>de</strong>m Bachelor Schluss sein<br />

Von Tanjev Schultz<br />

Versuchskaninchen. Immer wie<strong>de</strong>r<br />

fällt dieses Wort, wenn Bachelor-Stu<strong>de</strong>nten<br />

über ihre Lage berichten. Noch<br />

immer läuft es an vielen Hochschulen<br />

nicht rund, die Curricula in <strong>de</strong>n neuen<br />

Studiengängen sind wie erste Tests in<br />

einer langen Versuchsreihe. Derweil verfliegt<br />

die Zeit, und Stu<strong>de</strong>ntinnen wie<br />

Angela Vöhringer müssen schon über<br />

<strong>de</strong>n nächsten Schritt nach<strong>de</strong>nken – <strong>de</strong>n<br />

Schritt zum Master. Doch auch da fühlt<br />

sich die Freiburger Psychologie-Stu<strong>de</strong>ntin<br />

wie ein Labortier. Denn <strong>de</strong>r Zugang<br />

zum Master ist eingeschränkt, es gibt<br />

Quoten und Notenvorgaben, mit <strong>de</strong>nen<br />

aber noch tüchtig experimentiert wird.<br />

Nach <strong>de</strong>m Willen <strong>de</strong>r Kultusminister<br />

und <strong>de</strong>r Hochschulen soll nicht je<strong>de</strong>r Bachelor-Absolvent<br />

sein Studium bis zum<br />

Master fortsetzen. „Es gibt <strong>de</strong>shalb viele<br />

Unsicherheiten“, sagt Angela Vöhringer.<br />

Sie kommt jetzt ins vierte Semester,<br />

ein Jahr später könnte sie bereits ihren<br />

ersten Abschluss machen, anschließend<br />

muss sie <strong>de</strong>n Sprung zum Master schaffen:<br />

„Mit <strong>de</strong>m Bachelor allein kann man<br />

in Psychologie ja nicht viel anfangen.“<br />

In <strong>de</strong>n vergangenen Semestern wusste<br />

niemand in Freiburg genau, wie viele<br />

Plätze es im Master-Studiengang geben<br />

wird und welche Noten man mitbringen<br />

muss. Viele Unis setzen ein Bachelor-<br />

Zeugnis mit <strong>de</strong>r Note 2,5 o<strong>de</strong>r besser voraus,<br />

bun<strong>de</strong>sweit verlangt knapp die Hälf-<br />

i<br />

Abgelöst. Bachelor<br />

und Master haben in<br />

kurzer Zeit die klassischen<br />

Abschlüsse<br />

überholt. Mittlerweile schließen<br />

75 Prozent aller Studiengänge<br />

an <strong>de</strong>utschen Hochschulen mit<br />

<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n internationalen Titeln<br />

ab. Während es in Bayern etwa<br />

40 Prozent sind, wur<strong>de</strong>n in Nie<strong>de</strong>rsachsen<br />

schon mehr als 90<br />

Prozent <strong>de</strong>r Studiengänge umgestellt.<br />

Bis zum Jahr 2010 sollen<br />

Diplom und Magister komplett<br />

durch BA und MA ersetzt sein.<br />

te aller Master-Angebote beson<strong>de</strong>re Qualifikationen<br />

<strong>de</strong>r Bewerber. Viele Professoren,<br />

aber auch Stu<strong>de</strong>nten begrüßen solche<br />

Hür<strong>de</strong>n, weil sie dazu beitragen wür<strong>de</strong>n,<br />

jene loszuwer<strong>de</strong>n, die man sonst<br />

„mitschleppen“ müsste. Studienplätze<br />

sind teuer – „warum soll man das Geld<br />

in Nieten stecken?“, fragt provokant ein<br />

Stu<strong>de</strong>nt in einem Online-Forum.<br />

Wer in Potsdam Master<br />

wer<strong>de</strong>n will, muss zu <strong>de</strong>n<br />

besten zwei Dritteln gehören<br />

Kritiker dagegen halten das Ganze<br />

für ein Sparmo<strong>de</strong>ll, mit <strong>de</strong>m Politiker<br />

die Aka<strong>de</strong>mikerquote durch ein zweifelhaftes<br />

Bachelor-Schnellstudium in die<br />

Höhe treiben, während <strong>de</strong>r Master nur<br />

noch einem exklusiven Kreis zugestan<strong>de</strong>n<br />

wird. Professoren wie Hans Spada,<br />

Psychologe an <strong>de</strong>r Universität Freiburg,<br />

verweisen allerdings dar<strong>auf</strong>, dass bereits<br />

in <strong>de</strong>n alten Diplom-Studiengängen<br />

nicht alle bis zum En<strong>de</strong> durchhielten:<br />

„Es gibt eine natürliche Schwundquote<br />

im L<strong>auf</strong>e <strong>de</strong>r Semester.“ Manche<br />

brechen ihr Studium ab, an<strong>de</strong>re begnügen<br />

sich mit <strong>de</strong>m Bachelor.<br />

In Potsdam wehren sich Stu<strong>de</strong>ntenvertreter<br />

jedoch auch gegen die klaren Notenvorgaben.<br />

Sie haben eine Klage gegen<br />

die Übertrittsregeln ihrer Uni beim<br />

Oberverwaltungsgericht Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg<br />

eingereicht und for<strong>de</strong>rn einen<br />

Abgeklärt. Die Unternehmen<br />

sind überwiegend zufrie<strong>de</strong>n mit<br />

Bachelor- und Master-Absolventen.<br />

Bei einer Umfrage <strong>de</strong>s Deutschen<br />

Industrie- und Han<strong>de</strong>lskammertages<br />

gaben 67 Prozent<br />

<strong>de</strong>r Unternehmen an, dass sich<br />

ihre Erwartungen beim Einsatz<br />

<strong>von</strong> Bachelors erfüllt haben.<br />

Beim Master waren es sogar<br />

70 Prozent. Allerdings hatte erst<br />

ein knappes Viertel <strong>de</strong>r mehr<br />

als 2000 befragten Arbeitgeber<br />

tatsächlich Erfahrungen mit <strong>de</strong>n<br />

neuen Abschlüssen gemacht.<br />

Abgespeckt. Ob Bachelor-Absolventen<br />

weniger verdienen<br />

sollen als Berufseinsteiger mit<br />

Diplom – darüber herrscht Uneinigkeit<br />

unter <strong>de</strong>n Personalchefs.<br />

Nach einer Umfrage <strong>de</strong>r<br />

Deutschen Gesellschaft für Personalführung<br />

erhalten Bachelors<br />

in etwa <strong>de</strong>r Hälfte <strong>de</strong>r Firmen<br />

weniger Geld als Diplom-Absolventen<br />

– in <strong>de</strong>r Regel beträgt die<br />

Differenz jedoch weniger als 20<br />

Prozent. In <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Hälfte<br />

<strong>de</strong>r Betriebe gibt es keine Unterschie<strong>de</strong><br />

beim Einstiegsgehalt.<br />

„Master für alle“. Sebastian Schultz<br />

vom AStA sagt: „Es gibt die Angst, am<br />

En<strong>de</strong> <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Bachelor zu sitzen und<br />

nur ein Aka<strong>de</strong>miker zweiter Klasse zu<br />

sein.“ Die Übergangshür<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n<br />

außer<strong>de</strong>m <strong>de</strong>m sozialen Klima scha<strong>de</strong>n,<br />

sagt <strong>de</strong>r Pädagogik-Stu<strong>de</strong>nt, <strong>de</strong>r froh<br />

darüber ist, selbst noch nach <strong>de</strong>m alten<br />

Magister-Mo<strong>de</strong>ll studieren zu können.<br />

Als Hür<strong>de</strong> vor Master-Programmen<br />

gibt es an <strong>de</strong>r Universität Potsdam nicht<br />

nur Notenvorgaben, in BWL zum Beispiel<br />

muss <strong>de</strong>r Bachelor mit <strong>de</strong>r Note gut<br />

o<strong>de</strong>r besser abgeschlossen sein. In Informatik<br />

will die Hochschule zum Master<br />

nur zulassen, wer zu <strong>de</strong>n besten zwei<br />

Dritteln eines Bachelor-Jahrgangs<br />

zählt. Der Anwalt <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>nten, <strong>de</strong>r<br />

Münsteraner Jurist Wilhelm Achelpöhler,<br />

hält das für beson<strong>de</strong>rs unsinnig:<br />

„Was ist, wenn sich Bachelor-Absolventen<br />

aus verschie<strong>de</strong>nen Jahrgängen bewerben?<br />

Dann hätten die einen Nachteil,<br />

die in <strong>de</strong>m besseren Jahrgang waren.“<br />

Achelpöhler moniert, dass es in Bran<strong>de</strong>nburg<br />

nicht einmal eine lan<strong>de</strong>sgesetzliche<br />

Grundlage für die Zugangsbeschränkungen<br />

zum Master gebe. Ihm<br />

geht es aber auch ums Grundsätzliche.<br />

„Die Ambitionen <strong>de</strong>r Hochschulen und<br />

<strong>de</strong>r Ministerien, Stu<strong>de</strong>nten rauszufiltern,<br />

sind gewaltig“, beklagt <strong>de</strong>r Jurist,<br />

<strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>nten bun<strong>de</strong>sweit auch schon in<br />

Prozessen gegen Studiengebühren zur<br />

Seite stand. Achelpöhler beruft sich <strong>auf</strong><br />

die im Grundgesetz verankerte Berufsfreiheit.<br />

Aus dieser hatte das Bun<strong>de</strong>sver-<br />

Abgehängt. Ebenfalls unklar<br />

ist, ob Bachelor-Absolventen<br />

künftig mit Kandidaten konkurrieren<br />

wer<strong>de</strong>n, die nach <strong>de</strong>r<br />

Schule eine Lehre gemacht haben.<br />

Derzeit wer<strong>de</strong>n Bachelors<br />

in <strong>de</strong>n meisten Firmen <strong>de</strong>r Gruppe<br />

<strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>miker zugeordnet.<br />

Auf lange Sicht könnte es<br />

jedoch passieren, dass sie Positionen<br />

einnehmen, die bisher<br />

<strong>von</strong> Menschen mit Berufsausbildung<br />

ausgefüllt wer<strong>de</strong>n. Das<br />

ergab eine Studie <strong>de</strong>s Instituts<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Wirtschaft Köln.<br />

fassunggericht einst, in seinem berühmten<br />

Numerus-clausus-Urteil <strong>von</strong> 1972,<br />

abgeleitet, dass Zulassungsbeschränkungen<br />

nur zulässig sind, wenn die Hochschulen<br />

ihre Kapazitäten voll ausschöpfen.<br />

Eine Notengrenze, die allein dazu<br />

dient, schlechte Bewerber abzuwehren,<br />

sei <strong>de</strong>shalb unzulässig, argumentieren<br />

nun die Stu<strong>de</strong>ntenvertreter.<br />

Die Kultusminister und die Hochschulen<br />

stehen dagegen <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Standpunkt,<br />

dass ja bereits <strong>de</strong>r Bachelor ein berufsqualifizieren<strong>de</strong>r<br />

Abschluss sei. Sie nennen<br />

ihn einen „Regelabschluss“, was impliziert,<br />

dass <strong>de</strong>r Master nur als Zusatzangebot<br />

für bestimmte Absolventen zu<br />

Schließlich darf auch niemand<br />

mit Hauptschulabschluss<br />

an die Universität<br />

betrachten ist. So gesehen wären die Notenvorgaben<br />

beim Übergang in Master-<br />

Angebote nicht mit <strong>de</strong>m Numerus clausus<br />

für Studienanfänger zu vergleichen.<br />

Aus <strong>de</strong>r Freiheit <strong>de</strong>r Berufswahl folge<br />

schließlich auch nicht, dass je<strong>de</strong>r Bürger<br />

studieren dürfe; ein Hauptschulabsolvent<br />

wer<strong>de</strong> nicht zum Studium zugelassen,<br />

<strong>de</strong>nn es zählt das Abitur (o<strong>de</strong>r Vergleichbares<br />

wie ein Meisterbrief). Und<br />

bei <strong>de</strong>n neuen Studienabschlüssen gebe<br />

es eben neue Kriterien. Im Master-Versuchs<strong>auf</strong>bau<br />

reicht das Abitur dann nur<br />

noch bis zum Bachelor.<br />

Abgewechselt. Vor <strong>de</strong>m Master<br />

sammeln viele Bachelor-Absolventen<br />

erst mal Berufspraxis.<br />

Nach einer Umfrage <strong>de</strong>s Centrums<br />

für Hochschulentwicklung<br />

unter BWL-Stu<strong>de</strong>nten gehen<br />

Fachhochschul- und Uni-Bachelors<br />

unterschiedlich vor: Je<strong>de</strong>r<br />

vierte FH-Bachelor übte vor <strong>de</strong>m<br />

Master einen Beruf aus, 19 Prozent<br />

machten ein Praktikum. Bei<br />

Uni-Absolventen war es umgekehrt:<br />

Fast je<strong>de</strong>r Dritte entschied<br />

sich für ein Praktikum, nur 14<br />

Prozent nahmen einen Job an.

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