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MBZ Ausgabe 09/2009 - Zahnärztekammer Berlin

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Politik und Gesetzgeber fordern<br />

Qualität und Kontrolle in allen<br />

Bereichen des Gesundheitswesens<br />

– und messen mit zweierlei Maß<br />

Prof. Dr. Fritz Beske<br />

Es scheint eine nahezu eherne Gesetzmäßigkeit<br />

zu sein, dass knappe Mittel zu mehr Reglementierung und<br />

zu mehr Kontrolle führen als eine ausreichende Mittelversorgung.<br />

Nichts spricht dagegen, die Verwendung öffentlicher Mittel und von<br />

Versichertengeldern sorgfältig zu prüfen – im Gegenteil. Missbrauch<br />

und Verschwendung müssen vermieden werden. Immer sollte jedoch<br />

auch geprüft werden, ob der für die Prüfung der zweckmäßigen<br />

Verwendung erforderliche Aufwand in einem vertretbaren Verhältnis<br />

zu dem erwarteten Nutzen steht. Ein anderer Aspekt ist die<br />

Feststellung, dass für die Medien eher eine schlechte Meldung eine<br />

gute Meldung ist. Das öffentliche Interesse gilt mehr dem Spektakulären<br />

als dem normalen Leben. Beides zusammen genommen führt<br />

dazu, dass auch in Bezug auf das Gesundheitswesen eher negative<br />

Meldungen die Medienlandschaft bestimmen: Behandlungsfehler<br />

von Ärzten, Missstände im Krankenhaus, regionaler Ärztemangel,<br />

Missstände in der Versorgung in Pflegeheimen, unzureichende Versorgung<br />

durch bestimmte Fachdisziplinen und anderes mehr. Die<br />

sich aus derartigen Meldungen resultierenden Forderungen ergeben<br />

sich nahezu von selbst: Mehr Kontrolle auch mit Pflege-TÜV und<br />

unangemeldeten Besuchen wie in Pflegeheimen, Qualitätsmanagement,<br />

öffentlich gemachte Berichte auch von Einzelheiten der Krankenhausversorgung<br />

mit Qualitätsnachweis und Todesursachen. Statistik,<br />

Ärzte-TÜV, Zertifizierungen – auch hier eine lange Liste. Und<br />

alles auch ein Thema für die Politik und für den Gesetzgeber. Beide<br />

melden sich als Sachwalter von Patienteninteressen und der Interessen<br />

von Pflegebedürftigen, fordern mehr Kontrolle und mehr Transparenz,<br />

und so manches wird gesetzgeberisch geregelt.<br />

Nichts von allem soll hier diskutiert, soll auf Notwendigkeit<br />

und Wirksamkeit untersucht werden. Es geht allein um die<br />

Frage, ob Politik und Gesetzgeber gleiche Maßstäbe für ihr eigenes<br />

Handeln anlegen und in gleichem Umfang zu Kontrolle<br />

und Transparenz bereit sind.<br />

Gesetzgeberisches Handeln sollte sich an<br />

drei Grundsätzen orientieren.<br />

1. Evaluation. Seit dem ersten Kostendämpfungsgesetz im<br />

Gesundheitswesen von 1977 sind rund 200 Gesetze<br />

mit gleicher Zielsetzung verabschiedet worden. Die Regelungsdichte<br />

nimmt ständig zu. Ihren Höhepunkt hat<br />

diese Entwicklung mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz<br />

(GKV-WSG) erreicht, einem Gesetz, dass neben<br />

der Kostendämpfung substantielle strukturelle Veränderungen<br />

des Gesundheitswesens enthält. Es sollte erwar-<br />

tet werden, dass neue gesetzliche Regelungen auf den Erfahrungen<br />

früherer Regelungen aufbauen, dass diese Regelungen<br />

damit bewertet, dass sie evaluiert worden sind,<br />

und dies unabhängig und damit staatsfern von wissenschaftlichen<br />

Instituten. Das Ergebnis: Fehlanzeige! Weder<br />

ist eine Evaluation mit Berichterstattung der Bundesregierung<br />

an den Bundestag in auch nur einem Gesetz<br />

vorgesehen, noch ist eine Evaluation vom Bundesgesundheitsministerium<br />

veranlasst worden. Der Hinweis, dass<br />

über die Beantwortung von großen und kleinen Anfragen<br />

der Bundestagsfraktionen Klarheit geschaffen wird,<br />

geht an der Forderung nach einer unabhängigen wissenschaftlichen<br />

Evaluation vorbei. Hier antwortet das zuständige<br />

Ministerium. Auch Untersuchungen, die von<br />

Dritten wie Krankenkassen oder Kassenärztlichen Vereinigungen<br />

veranlasst werden, sind hilfreich und nützlich,<br />

ersetzen jedoch nicht die geforderte wissenschaftlich unabhängige<br />

Untersuchung. Gefordert sind Gesetzgeber<br />

und Bundestag. Gefordert werden muss für gesetzliche<br />

Regelungen eine Berichterstattung der Bundesregierung<br />

an den Bundestag mit einer wissenschaftlichen Untermauerung<br />

und mit Fristsetzung.<br />

2. Situationsanalyse und Begründung. Eine gesetzliche Regelung<br />

bedarf besonders dann, wenn sie grundsätzlicher<br />

Art ist, einer umfassenden Begründung. Dies hätte insbesondere<br />

im GKV-WSG erwartet werden können. Wie<br />

stellt sich die Gesundheitsversorgung in Deutschland dar<br />

und dies auch im internationalen Bereich? Was gibt es an<br />

Defiziten und wie können diese Defizite mit der vorgeschlagenen<br />

gesetzlichen Regelung behoben werden? Gäbe<br />

es andere Lösungen und warum sind diese Lösungen verworfen<br />

worden? Von welchen ordnungspolitischen Ziel<br />

vorstellungen gehen die vorgeschlagenen Regelungen aus?<br />

<strong>MBZ</strong> Heft 9 20<strong>09</strong><br />

s ta n d E s p o l i t i K<br />

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