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MBZ Ausgabe 09/2009 - Zahnärztekammer Berlin

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Urteil zum Dienstvertrag zwischen<br />

Zahnarzt und Patient<br />

Am 04.06.20<strong>09</strong> erging am Kammergericht<br />

<strong>Berlin</strong> ein Urteil in einem kuriosen Fall, welches das<br />

Dienstleistungsverhältnis zwischen (Zahn-)Arzt und Patient<br />

zum Thema hatte. Was war passiert? Eine Patientin, deren<br />

kompletter Kiefergelenkskopf linksseitig schon vor langer<br />

Zeit entfernt worden war, war seit mehreren Jahren in funktionstherapeutischer<br />

Behandlung bei einem Zahnarzt gewesen.<br />

Dieser kündigte aufgrund ausbleibender Therapieerfolge und<br />

zunehmender Zerwürfnisse den Behandlungsvertrag und bat<br />

die Patientin, sich anderweitig in Behandlung zu begeben.<br />

Hieraufhin wandte sich die Patientin an die <strong>Zahnärztekammer</strong><br />

mit dem Ziel, eine Weiterbehandlung bei dem Zahnarzt<br />

auf diesem Wege zu erreichen. Das Referat Berufsrecht entschied,<br />

dass die Kündigung des Behandlungsvertrages gem.<br />

§ 1 Abs. 5 der Berufsordnung nicht zu beanstanden war.<br />

Daraufhin klagte die Patientin zunächst vor dem Landgericht,<br />

dann vor dem Kammergericht auf Fortführungspflicht<br />

zur Behandlung sowie auf Schadensersatz und Schmerzensgeld<br />

i.H.v. 8000,- E wegen unerlaubter Kündigung des<br />

Behandlungsvertrages.<br />

Sowohl das Landgericht als auch das Kammergericht wiesen<br />

die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig (Kammergericht<br />

<strong>Berlin</strong>, AZ 20 U 49/07).<br />

In seiner Begründung stellt das Kammergericht klar, dass es sich<br />

bei einem ärztlichen Behandlungsvertrag um einen Vertrag nach<br />

§ 627 Abs. 1 BGB handelt, es werden also „Dienste höherer<br />

Art“ geschuldet, welche aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses<br />

übertragen werden.<br />

Grundsätzlich kann demnach ein solcher Vertrag von beiden Seiten<br />

jederzeit auch ohne das Vorliegen eines wichtigen Grundes<br />

gekündigt werden.<br />

Ein Schadensersatz käme allerdings in Betracht, wenn entweder<br />

eine lebenslange Therapie zugesagt worden oder die Kündigung<br />

zur Unzeit erfolgt wäre, „d.h., wenn sich der Dienstberechtigte<br />

(hier Patient) die von ihm benötigten Dienste nicht (mehr)<br />

anderweitig beschaffen kann, was vor allem auch dann der Fall<br />

ist, wenn der Dienstverpflichtete (hier Zahnarzt) hinsichtlich der<br />

zahnärztlichen Behandlung eine Art ’Monopolstellung‘ hat.“<br />

Was bedeutet nun dieses Urteil für den Zahnarzt? Das Urteil<br />

geht in seiner Darstellung noch über die Berufsordnung hinaus.<br />

Während die Berufsordnung für einen Behandlungsabbruch einen<br />

Verlust des Vertrauens voraussetzt, stellt das Kammergericht<br />

klar, dass ein Behandlungsabbruch grundsätzlich auch ohne<br />

Begründung erfolgen kann.<br />

Eine Behandlung dürfe jedoch nicht zur „Unzeit“ ohne das Vor-<br />

liegen eines wichtigen Grundes abgebrochen werden (s. o.).<br />

Hierbei wäre zu fragen, wann es sich um eine Unzeit handelt.<br />

Das Gericht spricht hier von einer „Monopolstellung“ des Behandlers.<br />

Im vorliegenden Fall bezieht sich diese Wortwahl auf<br />

die von der Patientin behauptete Einmaligkeit der Behandlungskompetenz<br />

des Zahnarztes, welche von den Richtern aber<br />

verneint wurde.<br />

Die Monopolstellung eines Zahnarztes könnte beispielsweise<br />

auch für den Patienten dann bestehen, wenn eine umfangreiche<br />

Behandlung kurz vor dem Abschluss stünde und es für den Patienten<br />

einen nicht unerheblichen Aufwand bedeutete, die gesamte<br />

Behandlung durch einen anderen Kollegen fortführen zu lassen.<br />

Sicherlich kann man sich hierbei vorstellen, dass es ratsam wäre,<br />

hier einen Behandlungsabbruch entweder gänzlich zu vermeiden<br />

oder aber sehr gut zu begründen (wichtiger Grund).<br />

Dass diese Begründung spätestens dann von Interesse ist, wenn<br />

es um die Berechnung von Leistungen und Teilleistungen geht,<br />

liegt auf der Hand.<br />

Auch ist die Frage zu stellen, ob beim Vorliegen von Schmerzen des<br />

Patienten eine Kündigung des Behandlungsvertrages zulässig ist.<br />

Diese Situation liegt klassischerweise im Notdienst vor, wenn es<br />

zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Zahnarzt und Patient<br />

kommt.<br />

Subjektiv kann der Patient nämlich hier tatsächlich eine Monopolstellung<br />

des für ihn einzig möglich erscheinenden Behandlers<br />

annehmen, wodurch wiederum ein wichtiger Grund zur Kündigung<br />

notwendig wäre.<br />

Daher ist der Verweis auf mindestens einen anderen, zum Zeitpunkt<br />

des Behandlungsabbruches verfügbaren Behandler, im<br />

Stadtgebiet seitens des Zahnarztes dringend zu empfehlen. Auch<br />

wäre es sinnvoll, den Abbruch der Behandlung kurz zu begründen<br />

und dies auch zu dokumentieren.<br />

Bei absolut unaufschiebbaren, d.h. lebensbedrohlichen, Krankheitsbildern<br />

gilt grundsätzlich, dass eine Behandlung selbstverständlich<br />

erfolgen muss.<br />

Dietmar Kuhn<br />

<strong>MBZ</strong> Heft 9 20<strong>09</strong><br />

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