Geschichte der Fernsehwerbung – Werbespots Damals und Heute.
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<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Fernsehwerbung</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Werbespots</strong> <strong>Damals</strong> <strong>und</strong> <strong>Heute</strong>.<br />
Henriette Heinke<br />
Jana Pihan<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
WS 2010/11<br />
Dozent: Stephan Geene
Inhalt<br />
1 Überblick<br />
2 Die <strong>Werbespots</strong> <strong>der</strong> 1950er <strong>und</strong> 1960er Jahre <strong>und</strong> ihre gesellschaftliche Bedeutung<br />
3 Die 70er Jahre<br />
4 Die Zweiteilung des R<strong>und</strong>funks in den 1980er <strong>und</strong> 1990er Jahren<br />
5 <strong>Fernsehwerbung</strong> <strong>der</strong> heutigen Zeit<br />
6 Fazit - Schlussbetrachtung<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Fernsehwerbung</strong> - <strong>Werbespots</strong> <strong>Damals</strong> <strong>und</strong> <strong>Heute</strong>.<br />
Henriette Heinke, Jana Pihan
Überblick<br />
Industrie <strong>und</strong> Handel erkannten schnell, dass sich<br />
ihre Werbebotschaften mit kurzen Filmen ideal<br />
unter das Volk bringen ließen. Die Anfänge waren<br />
von geradezu schnörkelloser Einfachheit. Spots<br />
von heute dagegen sehen eher aus wie Musikvideos<br />
<strong>und</strong> haben es schwer, nicht in <strong>der</strong> Masse<br />
unterzugehen. Der durchschnittliche Deutsche ist<br />
täglich mit etwa 6.000 Werbebotschaften konfrontiert.<br />
Da hilft es nicht, einfach zu sagen: Kauf<br />
mich! Und so kann eine Kampagne schon mal<br />
mehrere hun<strong>der</strong>t Menschen beschäftigen, bis am<br />
Ende ein Satz aus drei Worten die Marke transportiert.<br />
Die <strong>Geschichte</strong> des Werbefilms ist gleichzeitig<br />
eine Dokumentation <strong>der</strong> Sitten <strong>und</strong> Moralvorstellungen<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Zeit. Beispielsweise<br />
ging ein Aufschrei durch Deutschland, als Gaby<br />
Heier 1972 als erstes Nackt-Model <strong>der</strong> Republik<br />
in einer Anzeigenkampagne erschien. Inzwischen<br />
investiert die deutsche Wirtschaft pro Jahr etwa<br />
20 Milliarden Euro in Werbung <strong>und</strong> Marketing.<br />
Mal originell, mal aggressiv, mal informativ. Dabei<br />
haben alle nur ein einziges Ziel: Aufmerksamkeit<br />
erregen <strong>und</strong> damit ihre Produkte verkaufen.<br />
Da die Werbung ein fester Bestandteil unserer<br />
Gesellschaft ist, ist diese auch nicht mehr<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
wegzudenken. Welchen starken Einfluss sie auf<br />
die Gesellschaft hat, zeigen Werbeslogans wie<br />
„Nicht immer, aber immer öfter“ <strong>der</strong> Biermarke<br />
Clausthaler o<strong>der</strong> „Der Duft <strong>der</strong> großen weiten<br />
Welt“ von <strong>der</strong> Zigarettenmarke Peter Stuyvesant,<br />
die in den öffentlichen, uns alltäglichen<br />
Sprachgebrauch aufgenommen wurden.<br />
Alle Menschen werden mit <strong>der</strong> Werbung <strong>und</strong><br />
seinen vielfältigen Formen konfrontiert. Sie<br />
rezipieren diese <strong>und</strong> binden sie in ihr Denken<br />
ein. Der Vorteil <strong>der</strong> <strong>Fernsehwerbung</strong> ist hierbei,<br />
dass sie gegenüber <strong>der</strong> übrigen Werbeformen,<br />
die beworbenen Produkte am direktesten <strong>und</strong><br />
unmittelbarsten darstellen können. Inhalte <strong>und</strong><br />
Produkte werden visuell vermittelt. Außerdem<br />
haben sie gegenüber Printwerbung durch ihre<br />
Zeitlichkeit die Möglichkeit einiges mehr an Informationen<br />
für den Zuschauer bereitzustellen<br />
<strong>und</strong> einige Abläufe, die für das Verständnis <strong>der</strong><br />
Botschaft wichtig sind, realistisch darzustellen.<br />
Dieses Referat versucht die <strong>Fernsehwerbung</strong> in<br />
Deutschland von ihrem Beginn an in ihrem geschichtlichen<br />
<strong>und</strong> gesellschaftlichen Kontext zu<br />
erfassen. Daher wird deutlich, dass die techni-<br />
sche Entwicklung des Fernsehens einen starken<br />
Einfluss auf die Werbung hat. Beispielsweise<br />
war eine große Umstrukturierung in <strong>der</strong> Fernsehpolitik<br />
in den 1980er Jahren die Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Übertragung vom Fernsehsen<strong>der</strong> zum<br />
Empfänger ausschlaggebend. Dies hatte daraufhin<br />
einen entscheidenten Einfluss auf die Art <strong>der</strong><br />
<strong>Werbespots</strong>, die Komplexität nahm zu. Mo<strong>der</strong>ne<br />
Werbefilme zeichneten sich durch geplante <strong>und</strong><br />
perfekte Dramaturgie aus, durch traditionelle<br />
Filmtechniken sowie einer aufwendigen Tricktechnik<br />
mit Hilfe von Computeranimationen.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurde im Laufe <strong>der</strong> folgenden<br />
Jahrzehnte das Fernsehen als Werbemedium<br />
immer wichtiger. Als 1984 RTL, Pro7 <strong>und</strong><br />
Sat.1 auf Sendung gingen, än<strong>der</strong>te sich die Stellung<br />
<strong>der</strong> Werber. Mussten sie bis dahin um einen<br />
Sendeplatz im öffentlich-rechtlichen Fernsehen<br />
kämpfen, hatten sie nun die freie Auswahl, wo<br />
sie ihre Werbungen schalten wollten.<br />
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Die <strong>Werbespots</strong> <strong>der</strong> 1950er <strong>und</strong> 1960er Jahre <strong>und</strong> ihre gesellschaftliche<br />
Bedeutung<br />
Mit dem Wirtschaftsaufschwung <strong>der</strong> 50er <strong>und</strong><br />
60er Jahre erlebte auch die Werbung einen<br />
neuen Boom <strong>–</strong> wenn auch keinen kreativen.<br />
Fast je<strong>der</strong> Spot arbeitete mit Stereotypen <strong>und</strong><br />
Klischees. Aus heutiger Sicht können diese<br />
Werbungen naiv <strong>und</strong> vor allen Dingen frauenfeindlich<br />
wirken. Über ihre Vorstellung <strong>der</strong><br />
Rollenverteilung bei Mann <strong>und</strong> Frau ließen die<br />
Werber keine Zweifel: Die Frau gehört, adrett<br />
zurecht gemacht, hinter den Herd. Der Mann,<br />
<strong>der</strong> seinen Wohlstandsbauch mit Stolz vor sich<br />
herträgt, geht jeden Morgen zur Arbeit.<br />
Erstmals wurde 1956 Werbung im deutschen TV<br />
ausgestrahlt, 15 Jahre später als in den USA.<br />
Dabei fällt bei näherer Betrachtung auf, dass<br />
sich die ersten <strong>Werbespots</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />
deutlich von den heutigen unterscheiden. Dies<br />
hat zum einen gesellschaftliche Gründe, zum<br />
an<strong>der</strong>en liegt es aber auch an <strong>der</strong> Technik, die<br />
sich über die Jahrzehnte drastisch verän<strong>der</strong>te.<br />
Beispielsweise würde <strong>der</strong> Werbespot von Melitta<br />
aus dem Jahr 1952 (http://www.youtube.com/w<br />
atch?v=UthF2bbfVjw&feature=related), indem<br />
die bie<strong>der</strong>e Hausfrau die Geliebte seines Mannes<br />
duldet, heute auf Unverständnis stoßen. Ein<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
Beispiel für die drastische Verän<strong>der</strong>ung für die<br />
gesamte Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Gestaltung ist, dass in<br />
den 1950er <strong>und</strong> 1960er Jahren <strong>der</strong> Trickfilm als<br />
eine gelungene Abwechslung zu herkömmlichen<br />
Film bot, heute wird dieser aber nicht mehr als<br />
solches wahrgenommen, son<strong>der</strong>n durch Computeranimationen<br />
ersetzt. (Darauf werden wir<br />
aus Zeitgründen nicht tiefer eingehen.) Eine verbesserte<br />
Übertragungstechnik erlaubte im Laufe<br />
<strong>der</strong> Zeit eine bessere Verbreitung <strong>der</strong> <strong>Werbespots</strong>,<br />
was zu einer Wettbewerbssteigerung <strong>und</strong><br />
zu qualitativ hochwertigeren <strong>Werbespots</strong> führte.<br />
Dies ist unter an<strong>der</strong>em auf auf die spätere Zweiteilung<br />
des R<strong>und</strong>funks zurückzuführen.<br />
Wie schon erwähnt werden die Anfänge des<br />
deutschen Werbefilms in Kino <strong>und</strong> Fernsehen<br />
durch eine gewisse Bie<strong>der</strong>keit, Trockenheit <strong>und</strong><br />
Emotionslosigkeit bestimmt. Beispielsweise erscheint<br />
im Jahre 1956 ein Werbespot für 4711<br />
(http://www.youtube.com/watch?v=z2HnjYdA<br />
eu0&p=D7230F471AA7CF3F&playnext=1&ind<br />
ex=86).<br />
Dieser zeigt einen Kin<strong>der</strong>chor, <strong>der</strong> ein bekanntes<br />
Weihnachtslied mit über dreiminütiger Länge vorträgt.<br />
Bei diesem Spot gibt es zwar mehrere Ein-<br />
stellungen, die Winterlandschaften in Deutschland<br />
zeigen, jedoch konzentrieren sich die<br />
Kameraeinstellungen vorwiegend auf den Chor.<br />
Anschließend stellt ein Sprecher in gemächlichen<br />
Ton das Produkt vor, wobei er an Geselligkeit<br />
appelliert <strong>und</strong> christliche Werte zu vermitteln<br />
versucht. Daher sind auf diesen Spot auch die<br />
Adjektive „emotionslos“ <strong>und</strong> „trocken„ ohne Bedenken<br />
anzuwenden. Es kommt kaum zu einer<br />
Handlung, <strong>der</strong> Spot wirkt statisch. Auffällig ist,<br />
dass <strong>der</strong> Spot nicht nur für 4711 wirbt, son<strong>der</strong>n<br />
auch für das Nachkriegs-Deutschland Werbung<br />
zu machen scheint. Darauf deuten zum einen<br />
die Landschaftseinstellungen, beispielsweise die<br />
Einblendung des Kölner Doms am Anfang, aber<br />
auch <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>chor <strong>und</strong> das deutsche Weihnachtslied:<br />
„Freue dich, das Christkind kommt<br />
bald.“ daraufhin. Es entsteht <strong>der</strong> Eindruck, dass<br />
es in Deutschland in <strong>der</strong> frühen Zeit nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg wie<strong>der</strong> ein Bedürfnis nach<br />
einer Deutschen Identifikation <strong>und</strong> nach neuem<br />
Heimatgefühl gibt. Denn die Deutschen Tugenden<br />
<strong>und</strong> Werte wurden damals von den Nationalsozialisten<br />
gänzlich missbraucht, aus heutiger Sicht<br />
kommen diese neu aufkommenden Bedürfnisse<br />
aber eher seltsam an. Daher ist festzuhalten,<br />
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dass solche <strong>Werbespots</strong> einen gewissen Orientierungspunkt<br />
für das gebrochene Nationalbewusstsein<br />
<strong>der</strong> Deutschen dargestellt haben.<br />
In ähnlicher Weise wie <strong>der</strong> 4711-Spot macht ein<br />
Werbespot <strong>der</strong> Marke OMO 1960 ebenfalls nicht<br />
unbedingt nur Werbung für die Marke (http://<br />
www.youtube.com/watch?v=OcZ34tSd7-k).<br />
In diesem Spot ist <strong>der</strong> „OMO-Reporter“ im Ruhrgebiet<br />
unterwegs, welcher eine Hausfrau zu dem<br />
Waschmittel befragt. Diese versichert ihm, dass<br />
ihre Wäsche immer stark verschmutzt sei, da sie<br />
im Ruhrgebiet wohne. Hier wird also neben dem<br />
Produkt auch auf eine zentrale deutsche Wirtschaftsregion<br />
aufmerksam gemacht, die Werbung<br />
nötig hat, da sie gegen Ende <strong>der</strong> 50er Jahre<br />
eine schwere wirtschaftliche Krise erlebte.<br />
Beide Spots haben also eines gemeinsam, dass<br />
sie den Blick nicht nur auf das Produkt lenken,<br />
son<strong>der</strong>n auch direkt auf Deutschland. An<strong>der</strong>s<br />
als man es eventuell vom „Verlierer“ des Zweiten<br />
Weltkriegs hätte erwartet, sich an an<strong>der</strong>en<br />
europäischen Län<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> an den USA zu orientieren.<br />
Auffallend bei den Spots <strong>der</strong> 1950er<br />
<strong>und</strong> 1960er Jahre ist ebenfalls, dass sich diese<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
mit Jingles <strong>und</strong> Werbesongs zunächst am deutschen<br />
Volkslied orientieren. Beispielsweise ist<br />
<strong>der</strong> Spot von Caro-Kaffee (http://www.youtube.<br />
com/watch?v=5swVZpv4X8M), aus dem Jahre<br />
1956, wie folgt textiert: „...Caro, Caro, Caro, Caro<br />
löst sich in <strong>der</strong> Kaffeetasse, Caro, Caro, Caro,<br />
Caro löst sich eins zwei drei...“ <strong>und</strong> ein Spot von<br />
Lindes-Kaffee von 1953 mit: „...darum Lindes,<br />
Lindes, Lindes ja <strong>der</strong> schmeckt...ja so Lindes,<br />
Lindes, Lindes ja <strong>der</strong> schmeckt“ (http://www.<br />
youtube.com/watch?v=LX3RjU8dIcI). Hier erkennt<br />
man klangliche <strong>und</strong> rhythmische Parallelen<br />
zu deutschen Volkslie<strong>der</strong>n, wie „die Gedanken<br />
sind frei“ o<strong>der</strong> „Ach, Du lieber Augustin“.<br />
Ein weiteres Beispiel ist <strong>der</strong> Werbespot für Nescafé<br />
aus dem Jahre 1961 (http://www.youtube.<br />
com/watch?v=dp_bCdyxAJw&feature=related).<br />
Dieser orientiert sich aber nicht nur an deutschen<br />
Volkslie<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n lässt auch Elemente des<br />
amerikanischen Jazz einfließen.<br />
Auch in einem Sunil-Werbespot von 1956 findet<br />
man diese Elemente in einer Kennmelodie wie<strong>der</strong><br />
(http://www.youtube.com/watch?v=BGf360_<br />
nOPc).<br />
Wenn man versucht, Verbindungen zwischen den<br />
Stilelementen <strong>der</strong> Jingles, Werbesongs, Kennmelodien<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Aussage eines <strong>Werbespots</strong> in einem<br />
gesellschaftlichen Rahmen herzustellen, so<br />
könnte man sagen, dass die ersten <strong>Werbespots</strong><br />
<strong>der</strong> Nachkriegszeit auf <strong>der</strong> einen Seite zwar versuchen<br />
„Gut Deutsch“ zu sein, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite sich aber den fremden Stilelementen aus<br />
<strong>der</strong> amerikanischen Kultur nicht verschließen.<br />
Auch amerikanische textliche Elemente flossen<br />
im Jahre 1960 langsam in die deutsche Werbekultur<br />
ein. Dies zeigt beispielsweise ein Spot<br />
für Esso-Benzin (http://www.youtube.com/<br />
watch?v=5tXcPawiVU8).<br />
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Die 70er Jahre<br />
Die ersten <strong>Werbespots</strong> <strong>der</strong> 70er Jahre deuten<br />
darauf hin, dass sich eine gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ung<br />
vollzogen haben muss. Die Kleidung<br />
<strong>der</strong> Schauspieler ist unkonventioneller, die Haare<br />
länger.<br />
Vor allem Johanna König, besser bekannt als<br />
Clementine, mit weißer Latzhose <strong>und</strong> weißer<br />
Mütze, zeigte Mutti, womit sie beson<strong>der</strong>s gut<br />
waschen konnte, natürlich mit dem „guten Ariel“.<br />
Die gute Clementine beglückte uns schon<br />
seit 1968 beständig (http://www.youtube.com/<br />
watch?v=BUfII_9uIPM).<br />
Etwas seriöser erschien da schon <strong>der</strong> adrette<br />
Persil-Mann, <strong>der</strong> versuchte die Reinheit seines<br />
Waschmittels vor allem „wissenschaftlich“<br />
darzustellen. In einer Werksbiographie, die von<br />
Henkel selbst herausgegebenen wurde, heißt es<br />
dazu: „Zur Abwehr <strong>der</strong> Billigwaschmittel wurde<br />
versucht, mit einer sachlichen <strong>und</strong> aufklärenden<br />
Argumentation zum Thema „Qualität <strong>der</strong> Waschmittel“<br />
das relativ hohe Preisniveau <strong>der</strong> Marke zu<br />
rechtfertigen.“ Basis <strong>der</strong> neuen Persil-Werbung<br />
war eine TV-Kampagne (http://www.youtube.<br />
com/watch?v=s2iVRi0_EDg&feature=related).<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
Diese Kampagne wurde von einer neuen Persil-<br />
Werbefigur getragen, dem Presenter. In <strong>der</strong> Veröffentlichung<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft für Werbeagenturen<br />
heißt es: “...Stilbildendes Kennzeichen des Persil-<br />
Presenter-Formats ist die visuelle Konzentration<br />
auf den Persil-Mann“ (http://www.youtube.com/<br />
watch?v=QSlXeFgTlzQ&feature=related).<br />
Tatsächlich sind diese Spots filmtechnisch<br />
schlicht aufgebaut <strong>und</strong> werden Presenter-Spots<br />
genannt. Der „Presenter“ sitzt dabei immer vor<br />
einem neutralen Hintergr<strong>und</strong>, meist in einem<br />
bequemen Sessel. Er trägt einen ordentlichen<br />
Anzug, auf einem kleinen Tisch neben ihm befindet<br />
sich das Produkt. Wie im Zitat schon beschrieben,<br />
hebt nun <strong>der</strong> „Presenter“ die Qualität<br />
des Waschmittels hervor, welches „nicht nur<br />
rein wäscht, son<strong>der</strong>n auch pflegt“. Durch seine<br />
verstärkte Gestik werden so die verschiedenen<br />
Argumentationspunkte unterstrichen. Nach<br />
dem Slogan „Persil, da weiß man, was man hat“<br />
verabschiedet sich <strong>der</strong> „Presenter“ mit seinem<br />
netten Lächeln <strong>und</strong> in einer Nachrichtensprecher-Manier<br />
vom Zuschauer. Im Gegensatz zu<br />
Frau Antje o<strong>der</strong> dem Coca-Cola-Weihnachtmann<br />
hat er keine niedliche <strong>und</strong> reizende Form,<br />
noch strahlt er ein hohes Maß an Wärme aus,<br />
auch ist er nicht humorvoll, denn <strong>der</strong> „Humor<br />
<strong>der</strong> Figur“ wird als Steuerungselement für die<br />
Einstellung des Zuschauers gegenüber <strong>der</strong> Werbefigur<br />
angesehen. Dennoch überzeugt er durch<br />
seine schlichte Ernsthaftigkeit <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>lichkeit.<br />
Der Zuschauer bekommt nicht nur durch<br />
den Schlusssatz den Eindruck, <strong>der</strong> „Presenter“<br />
habe Ähnlichkeit mit einem Nachrichtensprecher,<br />
son<strong>der</strong>n auch durch seine sachliche Ton.<br />
Diese Werbefigur war mit großem Erfolg gekrönt.<br />
Zwischen 1975 <strong>und</strong> 1983 wurden über<br />
100 „Presenter-Spots“ gedreht.<br />
Dennoch fällt auf, dass sich <strong>der</strong> Persil-Mann<br />
lange nicht so gut im Fernsehen hält, wie dies<br />
bei Frau Antje <strong>der</strong> Fall war. Hier entsteht <strong>der</strong><br />
Eindruck, dass er nur in einer bestimmten Zeit<br />
wirksam sein konnte. Womöglich in einer Zeit, in<br />
<strong>der</strong> sich die Menschen mehr Sicherheit <strong>und</strong> Orientierung<br />
wünschen. Aus gesellschaftlicher Hinsicht<br />
wurden daher die 1970er Jahre nicht nur<br />
durch das Aufkommen einer Hippiebewegung<br />
geprägt, son<strong>der</strong>n auch durch die Etablierung<br />
<strong>der</strong> Roten Armee Fraktion. Deren Gewaltbereitschaft<br />
wurde vor allem durch die Entführung<br />
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<strong>und</strong> Exekution des damaligen Arbeitgeberpräsidentes<br />
Hans Martin Schleyer bekannt.<br />
Folgende Punkte wurden daher in <strong>der</strong> Werksbiographie<br />
von Henkel aufgeführt, die zum Absetzen<br />
<strong>der</strong> Kampagne führten:<br />
• Die Akzeptanz des Presenters, die über Jahre<br />
hinweg groß war, sank vor allem bei den jüngeren<br />
Verbraucherschichten.<br />
• Durch den leistungsbezogenen, argumentativen<br />
Auftritt des Presenters entstanden bei den<br />
Verbrauchern emotionale Defizite.<br />
Außerdem deutet die Tatsache, dass die „emotionalen<br />
Defizite“ zuvor nicht vermisst wurden,<br />
daraufhin, dass <strong>der</strong> „Presenter“ in einer bestimmten<br />
gesellschaftlichen Entwicklungsphase<br />
eine ganz bestimmte Funktion einnahm.<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
Alkohol <strong>und</strong> Zigaretten konnten in den 70er Jahren<br />
noch ungehin<strong>der</strong>t im Fernsehen beworben<br />
werden, obgleich sich schon langsam aus <strong>der</strong><br />
Ecke Ges<strong>und</strong>heitsapostel starker Wi<strong>der</strong>stand<br />
regte. Nicht nur Bier, son<strong>der</strong>n auch hochprozentiges<br />
wurde noch in den kleinen Spots ausgiebig<br />
beworben <strong>und</strong> <strong>der</strong> „Marlboro-Mann“ zog einsam<br />
über das Land, um sich nach getaner Arbeit eine<br />
Zigarette anzuzünden.<br />
Auch ein Peter Stuyvesant Spot von 1971<br />
nimmt direkten Bezug auf den gesellschaftlichen<br />
Wandel (http://www.youtube.com/<br />
watch?v=tNBQnObhvkw). Sein Werbetext lautet:<br />
„Unsere Zeit hat die Bewegung in <strong>der</strong> Kunst<br />
neu entdeckt...Kunst, die auch Spaß macht, weil<br />
sie spielt...aus dem Spiel entsteht das Neue, das<br />
unsere Welt immer wie<strong>der</strong> jung macht...“ Diese<br />
Verkettung von Begriffen soll mit <strong>der</strong> damaligen<br />
„Jugendbewegung“ in Verbindung gebracht<br />
werden.<br />
Auch die Hintergr<strong>und</strong>musik deutet auf einen neuen<br />
Lebensstil hin: Der Spot beginnt zunächst mit<br />
Marschmusik, wechselt aber nach 10 Sek<strong>und</strong>en<br />
zu Rockmusik, um dann schließlich wie<strong>der</strong> zu<br />
einer marschmusikähnlichen Musikart zurückzukehren.<br />
Diese Einbettung des Musikgenres,<br />
welches für diese Zeit typisch ist, könnte man<br />
ebenso als Unterstreichung <strong>und</strong> Hervorhebung<br />
eines neuen Lebensstil deuten.<br />
In diesem Jahrzehnt wurden auch individuelle<br />
Pflegeprodukte beworben, Seife, Haarwasser,<br />
Shampoos, Haarsprays, für den Mann das Rasierwasser<br />
o<strong>der</strong> auch das Deodorant, das angeblich<br />
nie versagte. Der Ges<strong>und</strong>heitsaspekt<br />
begann sich langsam aber sicher in das Blickfeld<br />
<strong>der</strong> Massen zu rücken.<br />
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Die Zweiteilung des R<strong>und</strong>funks in den 1980er<br />
<strong>und</strong> 1990er Jahren<br />
Am 16. Juni 1981 ebnete das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />
mit dem sogenannten FRAG-Urteil<br />
den Weg für die privaten Fernsehsen<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
somit auch für die rapide Zunahme von ausgestrahlten<br />
Werbesendungen. Die privaten Sen<strong>der</strong><br />
dürfen nun auf Gr<strong>und</strong> ihrer Abhängigkeit von<br />
den Einnahmen durch die Werbung 20 Prozent<br />
<strong>der</strong> täglichen Sendezeit mit Werbung füllen,<br />
wobei die Spotwerbung 12 Minuten pro St<strong>und</strong>e<br />
nicht überschreiten darf. Diese strukturellen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen haben im Laufe <strong>der</strong> Zeit vor allem<br />
negative Folgen für das Werbefernsehen.<br />
Anfang <strong>der</strong> 1980er Jahre war das Werbefernsehen<br />
noch sehr willkommen: <strong>Fernsehwerbung</strong><br />
hatte, ähnlich wie das Fernsehen selbst, zu dieser<br />
Zeit noch eine hohe allgemeine Glaubwürdigkeit<br />
<strong>und</strong> Kompetenz.<br />
1995, also elf Jahre nachdem die privaten Sen<strong>der</strong><br />
RTL, Sat1 <strong>und</strong> Pro7 (Sen<strong>der</strong> die sich fast nur<br />
aus Werbung finanzieren) zum ersten Mal auf<br />
Sendung gingen, zeigen Umfragen ein an<strong>der</strong>es<br />
Bild. 98,6 Prozent <strong>der</strong> Befragten gaben an, es<br />
würde definitiv zu viel Werbung im Fernsehen<br />
ausgestrahlt. ARD <strong>und</strong> ZDF können zu dieser<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
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Zeit die steigende Nachfrage nach Werbezeiten<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft nicht mehr befriedigen, da sie einer<br />
gesetzlichen Werberegulierung unterliegen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser strukturellen Verän<strong>der</strong>ung entsteht<br />
ein Überangebot an Werbung <strong>und</strong> dies<br />
hat negative Folgen <strong>der</strong> Nutzungschancen <strong>der</strong><br />
einzelnen Spots. Im Jahr 1992 wurden 1.500<br />
Spots pro Tag gezeigt <strong>und</strong> nur fünf Jahre später<br />
4.181 Spots. <strong>Fernsehwerbung</strong> verliert ihren<br />
hohen Status <strong>und</strong> das Überangebot wird zum<br />
Störfaktor für den Verbraucher. Um den K<strong>und</strong>en<br />
dennoch zu erreichen mussten nun die Spots<br />
<strong>der</strong>art gestaltet sein, dass sie möglichst viel<br />
Aufmerksamkeit auf sich lenken.<br />
Die Spots werden damit immer vielseitiger <strong>und</strong><br />
komplexer in ihrer inhaltlichen <strong>und</strong> dramaturgischen<br />
Gestaltung. Der Zuschauer soll sich<br />
„Gedanken machen“. Wie beispielsweise in dem<br />
Melitta Spot von 1990, als <strong>der</strong> berühmte Melitta<br />
Mann, Egon Wellenbrink, darüber redet, wie<br />
zwiespältig doch dieser Spot sei. Er beschreibt<br />
die Tatsache, dass die Zuschauer durch das auf<br />
Bild <strong>und</strong> Ton beschränkte Medium Fernsehen,<br />
nicht das herrliche Aroma des Kaffees nach-<br />
vollziehen können (http://www.myvideo.de/<br />
watch/5279163/Melitta_Werbung_von_1990_<br />
Melitta_Mann).<br />
O<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mercedes Benz Spot aus dem Jahr<br />
1994, bei dem <strong>der</strong> Verbraucher aufgefor<strong>der</strong>t wird,<br />
sich über eine gesellschaftliche Begebenheit, wie<br />
dem „Fremdgehen des Partners“, Gedanken zu<br />
machen, wobei er diese auf intelligente Art <strong>und</strong><br />
Weise in Beziehung zum Produkt setzt (http://<br />
www.youtube.com/watch?v=HEAFN5TxliI).<br />
Die Kernaussage eines <strong>Werbespots</strong> muss innerhalb<br />
weniger Sek<strong>und</strong>en aufgebaut sein, damit<br />
dieser erfolgreich ist. Es müssen also am Anfang<br />
des Spots gewisse dramaturgische Elemente<br />
realisiert werden, damit <strong>der</strong> Zuschauer<br />
dem Spot überhaupt Beachtung schenkt. Ist die<br />
Aufmerksamkeit erst einmal geweckt, kann immer<br />
noch intensiver auf die Produktpräsentation<br />
eingegangen werden. Dabei spielen die Gestaltungsmittel<br />
eine wesentliche Rolle.<br />
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Gestalterische Möglichkeiten von <strong>Werbespots</strong>:<br />
• Raffinierte Schnitttechnik<br />
(höchste Schnittfrequenz <strong>–</strong><br />
höchste Spannung)<br />
• interessante Kameraführung<br />
• musikalische Gestaltung passend<br />
zum Themen<br />
• Spannungsbogen/Dramaturgie beachten<br />
• Emotionale Momente nutzen,<br />
wie beispielsweise im Coca Cola Werbespot<br />
zu Weihnachten mit den Christmastrucks<br />
(http://www.youtube.com/watch?v=ogetBqMg<br />
au0&feature=related)<br />
• Reale Personen darstellen mit denen sich <strong>der</strong><br />
Zuschauer identifizieren kann. Beispiel: Dove<br />
mit <strong>der</strong> Kampagne „Echte Frauen“ (http://<br />
www.youtube.com/watch?v=MwjqWkaqHgQ)<br />
Nicht zu vergessen ist auch, dass sich die technischen<br />
Möglichkeiten mit <strong>der</strong> Zeit verbessert<br />
haben <strong>und</strong> dadurch die Werbung an Qualität<br />
zunimmt.<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
Bild: Dove Pro-age Campaign<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Fernsehwerbung</strong> - <strong>Werbespots</strong> <strong>Damals</strong> <strong>und</strong> <strong>Heute</strong>.<br />
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<strong>Fernsehwerbung</strong> <strong>der</strong> heutigen Zeit<br />
<strong>Fernsehwerbung</strong> in <strong>der</strong> heutigen Zeit wird immer<br />
raffinierter was die Sendeformate angeht.<br />
Es ist vom B<strong>und</strong>esverfassungsgericht vorgeschrieben,<br />
dass die Spots nur in Blockform ausgestrahlt<br />
werden dürfen <strong>und</strong> das es eine klare<br />
Trennung von Werbung <strong>und</strong> Programm geben<br />
muss. Die Privaten versuchen diese Trennung<br />
zu umgehen, in dem sie beispielsweise einen<br />
Rahmen in Sen<strong>der</strong>design darum legen <strong>und</strong> den<br />
Spot damit auch verkleinern. O<strong>der</strong> ein kurzer<br />
Spot zwischen zwei Sendungen, in dem ein<br />
Countdown des Spots im unteren Rahmen angezeigt<br />
wird. In diesem Rahmen läuft auch oft<br />
<strong>der</strong> Abspann <strong>der</strong> gerade endenden Sendung.<br />
Der Schluss liegt nahe, dass <strong>der</strong> Zuschauer<br />
vom „zappen“, dem Umschalten auf ein an<strong>der</strong>es<br />
Programm, abgehalten werden soll. Der erste<br />
Spot im Block ist von großer Bedeutung. Er<br />
entscheidet darüber, ob <strong>der</strong> Zuschauer „zappt“<br />
o<strong>der</strong> nicht. Die Überlegung liegt nahe, dass<br />
<strong>der</strong> Zuschauer durch die Zeiteinblendung vom<br />
„zappen“ insofern abgehalten wird, dass er es<br />
nicht für lohnenswert erachtet, das Programm<br />
zu wechseln, da die nächste Sendung sowieso<br />
in sehr kurzer Zeit beginnt. Er schaut sich den<br />
Spot folglich an. Auch „Sponsoring-Spots“ am<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
Anfang einer Sendung („ … wird präsentiert<br />
von … „) sind erlaubt.<br />
Außerdem wird darauf geachtet in welchem<br />
Sendeformat ein Werbespot bezüglich des Inhaltes<br />
eingeglie<strong>der</strong>t wird. Auch die Tageszeit<br />
spielt eine Rolle, z.B. werden Waschmittelspots<br />
verstärkt am Vormittag gezeigt, hingegen Bier<br />
<strong>und</strong> Autowerbung die Primetime besetzt. Eine<br />
neuere Form <strong>der</strong> Werbung ist auch das Product-<br />
Placement. Produkte werden sichtbar innerhalb<br />
einer Sendung dargestellt. Diese als „Schleichwerbung“<br />
bekannte Form ist gesetzlich verboten,<br />
doch die Grenzen verlaufen schleierhaft.<br />
Auch die Sen<strong>der</strong> selbst machen Werbung: Programmvorschau,<br />
Image-Werbung. „Let me entertain<br />
you!“ (Pro7) „Color your Life!“ (Sat1).<br />
Auffor<strong>der</strong>ungen an den Zuschauer sich auf diesem<br />
Sen<strong>der</strong> einzuschalten, denn es gibt mittlerweile<br />
über 100 Sen<strong>der</strong>.<br />
So steckt auch das Fernsehen in einer Krise.<br />
Die Zuschauerzahlen gehen zurück <strong>und</strong> neue<br />
Medien wie Internet <strong>und</strong> mobile Angebote stehlen<br />
ihm die Show. Die Zielgruppen verteilen sich<br />
auf die vielen verschieden Medien, die Etats <strong>der</strong><br />
<strong>Fernsehwerbung</strong> werden gekürzt <strong>und</strong> in interaktive<br />
Spots investiert. Ein schönes Beispiel für<br />
interaktive <strong>und</strong> erfolgreiche Werbung im Internet<br />
ist ein TippEx Spot auf Youtube (http://www.<br />
youtube.com/watch?v=JDLNLLJdalo).<br />
Es wird nicht mehr versucht den K<strong>und</strong>en zu<br />
überreden, das Produkt zu kaufen. <strong>Heute</strong> wird<br />
das Produkt illustriert <strong>–</strong> ohne viel Worte. Eine<br />
eigene Wirklichkeit wird erschaffen, ein Gefühl<br />
vermittelt <strong>–</strong> Imagewerbung. Dazu ein Beispiel<br />
von Renault <strong>–</strong> „Die sichersten Autos kommen<br />
aus Frankreich“ (http://www.youtube.com/<br />
watch?v=jrcAuoMNAHY).<br />
Trotzdem gibt es noch viele <strong>Werbespots</strong>, in<br />
denen Produkte mit Rabatten <strong>und</strong> Vergünstigungen<br />
angepriesen werden, die sogenannten<br />
„Schweinebauchanzeigen“. Es gibt sie für Lebensmittel,<br />
Textilen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Güter. Ein sehr<br />
typisches Beispiel ist dieser Kik-Werbespot:<br />
http://www.youtube.com/watch?v=IAe_3-<br />
3QyBA&feature=related.<br />
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Auch die Marktforschung hat sich extrem verän<strong>der</strong>t.<br />
<strong>Heute</strong> werden sogar Kernspintomographien<br />
gemacht, um die Wirkung auf bestimmte Marken<br />
zu testen. Den Testpersonen werden <strong>Werbespots</strong><br />
gezeigt, die noch nicht im Fernsehen laufen <strong>und</strong><br />
dabei werden Gehirnströme gemessen.<br />
Städte, in denen es Werbung <strong>und</strong> Produkte zu<br />
kaufen gibt noch bevor sie auf den Markt kommen,<br />
sind schon lange kein Märchen mehr. Die<br />
Stadt Haßloch (Landkreis Bad Dürkheim nahe<br />
Mannheim/Ludwigshafen) ist Testmarkt für neue<br />
Markenartikel <strong>und</strong> Konsumprodukte: Im Haßlocher<br />
Einzelhandel sind vorab Produkte erhältlich,<br />
die erst in Zukunft in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland eingeführt werden sollen. In das örtliche<br />
Fernsehkabelnetz werden eigens gedrehte<br />
Werbefilme für diese Produkte eingeblendet,<br />
einzelne Zeitungen (wie zum Beispiel die Hörzu,<br />
Bunte) werden speziell für Haßloch mit Anzeigen<br />
für die neuen Produkte herausgegeben. Einige<br />
Bürger besitzen zudem Karten mit Strichcodes,<br />
die beim Einkauf gescannt werden, so dass eine<br />
Zuordnung <strong>der</strong> Einkäufe zu einzelnen Haushalten<br />
o<strong>der</strong> Personen möglich wird.<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK)<br />
kann somit ermitteln, wie die getesteten Produkte<br />
von den K<strong>und</strong>en angenommen werden <strong>–</strong> die<br />
Erfahrungen, die die GfK hier macht, stimmen<br />
zu 90 Prozent mit späteren Marktdaten überein.<br />
Ausgewählt wurde Haßloch deshalb, weil dieser<br />
Ort eine Bevölkerungsstruktur aufweist, die<br />
nach verschiedenen Kriterien dem deutschen<br />
Durchschnitt sehr nahe kommt <strong>–</strong> etwa in <strong>der</strong><br />
Altersstruktur <strong>und</strong> den sozialen Schichten. Auch<br />
nimmt Haßloch eine Mittelstellung zwischen<br />
städtischer <strong>und</strong> dörflicher Struktur ein (http://<br />
de.wikipedia.org/wiki/Ha%C3%9Floch).<br />
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Fazit - Schlussbetrachtung<br />
Die Ausarbeitung zur deutschen Fernsehwerbegeschichte<br />
hat ergeben, dass sich immer wie<strong>der</strong><br />
Bezüge zwischen dem Inhalt einzelner Spots<br />
<strong>und</strong> gewissen gesellschaftlichen Begebenheiten<br />
o<strong>der</strong> Vorgängen herstellen lassen.<br />
Verschiedene Spots <strong>der</strong> 1950er Jahre zeigen eine<br />
gewisse Eintönigkeit <strong>und</strong> Emotionslosigkeit. Obwohl<br />
ein präzises kausales Verhältnis zwischen<br />
dem „verlorenen“ zweiten Weltkrieg <strong>der</strong> Deutschen<br />
<strong>und</strong> den eintönigen Spots nicht hergestellt<br />
werden kann. Kulturelle Neuerung sind hingegen<br />
in den Spots <strong>der</strong> 70er Jahre zu erkennen.<br />
Durch die Zweiteilung des R<strong>und</strong>funks entstanden<br />
die privaten Sen<strong>der</strong>. Diese dürfen nun um einiges<br />
mehr an Werbung ausstrahlen als die öffentlich<br />
rechtlichen. Dadurch entsteht ein Überangebot<br />
an Werbung, was zur Folge hat, dass die Nutzungschancen<br />
<strong>der</strong> einzelnen Spots sinken. Es<br />
lassen sich nun grob zwei Richtungen erkennen,<br />
in die sich die <strong>Werbespots</strong> formell <strong>und</strong> inhaltlich<br />
entwickeln, um im Kampf um Aufmerksamkeit<br />
mit vielen an<strong>der</strong>en Spots bestehen zu können.<br />
Zum einen werden die Spots qualitativ besser,<br />
da sie versuchen durch Kreativität <strong>und</strong> Ironie<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Dies ist sicherlich<br />
eine wünschenswerte Entwicklung. Auf<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gibt es Spots, die auf Gr<strong>und</strong><br />
ihrer Penetranz <strong>und</strong> Plumpheit Beachtung finden.<br />
Ein sehr gutes Beispiel stellt da <strong>der</strong> Spot mit Daniela<br />
Katzenberger (http://www.youtube.com/<br />
watch?v=9esfCfgPqP4) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> von Klarmobil<br />
(http://www.youtube.com/watch?v=aD_3K_36<br />
NkA&feature=related) dar.<br />
So scheuen sich verschiedene Firmen nicht, Werbeslogans<br />
in ihre Spots zu integrieren, die direkten<br />
Bezug auf menschliche Schwächen nehmen<br />
o<strong>der</strong> auf das Bedürfnis nach „hau-ruck“ Sexualität<br />
anspielen.<br />
In diesem Vortrag wurde zwar weitgehend auf<br />
einen direkten Vergleich bezüglich <strong>der</strong> Einbettung<br />
von Werbung zwischen den privaten <strong>und</strong> den öffentlich<br />
rechtlichen Sen<strong>der</strong>n verzichtet, jedoch<br />
empfindet man auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> klaren Trennung<br />
zwischen beiden Elementen bei den öffentlich<br />
rechtlichen Sen<strong>der</strong>n rein subjektiv eine höhere<br />
Qualität des Programms im Allgemeinen.<br />
Werbung will immer noch verkaufen, doch <strong>der</strong><br />
Zweck ist heute ein an<strong>der</strong>er: Werbung will Leben<br />
werden. Der K<strong>und</strong>e ist lieber ein Kenner,<br />
ein Mitwisser, ein Fachmann <strong>–</strong> als nur zum Kauf<br />
verführt zu werden. Er braucht keine Werbung,<br />
er will zusammen mit dem Hersteller das Produkt<br />
genießen.<br />
Dazu noch ein Beispiel von Vodafone, bei dem auch<br />
die Textilindustrie Erfolg verzeichnen kann. Werbung<br />
auf allen Kanälen. Denn wie „schlau“ ist es<br />
denn, die Shirts (http://www.frontlineshop.com/<br />
index.php?screen=me.search&query=vodafone)<br />
aus <strong>der</strong> Werbung an die Gesellschaft zu verkaufen?<br />
Ein klarer Erfolg.<br />
Vodafone <strong>–</strong> Where are you? (http://www.youtube.com/watch?v=-xHcE6rwXcI)<br />
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Weitere Links zum Thema <strong>und</strong> unsere Lieblingsspots<br />
Die wirksamsten TV-Spots des Jahres<br />
http://www.wuv.de/nachrichten/agenturen/die_<br />
wirksamsten_tv_spots_des_jahres<br />
Maggie „Fondor“ - http://www.youtube.com/<br />
watch?v=ZFCM0avssFI<br />
Zalando <strong>–</strong> Postmann<br />
http://www.youtube.com/<br />
watch?v=tHk42otbSNQ<br />
Snickers Diva<br />
http://www.youtube.com/<br />
watch?v=zLrsCnBvQFo<br />
Pia will jetzt ein Rentier <strong>–</strong> Vodafone<br />
http://www.youtube.com/watch?v=M2plEZSVN<br />
Bc&feature=channel<br />
Mac vs. Pc<br />
http://www.youtube.com/<br />
watch?v=xlBvF0M5IiE<br />
Dove<br />
http://www.youtube.com/watch?v=EjdoQ_9H<br />
xZI&p=32D101FB9BA9E147&playnext=1&inde<br />
x=6<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
Wo ist <strong>der</strong> Tank?-Audi<br />
http://www.youtube.com/<br />
watch?v=jHDA8S4qtYA<br />
Coca Cola <strong>–</strong> Kleine Monster<br />
http://www.youtube.com/watch?v=pYPCejioc4<br />
Apollo Optik:<br />
http://www.youtube.com/watch?v=VNqEChDcM4<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Fernsehwerbung</strong> - <strong>Werbespots</strong> <strong>Damals</strong> <strong>und</strong> <strong>Heute</strong>.<br />
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Quellen<br />
Alvarado, Marco; <strong>Fernsehwerbung</strong> in Deutschland<br />
(2005), Universität Stuttgart<br />
Reportage:<br />
Die großen Verführer - Die <strong>Geschichte</strong> des<br />
Werbefilms, Süddeutsche Zeitung TV<br />
Länge: 240 Minuten,<br />
ausgestrahlt VOX am Samstag, 30.10.2010<br />
http://www.mediensprache.net/de/werbesprache/tv/history/<br />
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,445953,00.html<br />
http://www.stefan-arold.de/seventies-werbung.html<br />
http://www.sueddeutsche.de/kultur/wiewerbung-wirkt-apple-<strong>und</strong>-<strong>der</strong>-schweinebauch-1.161006<br />
http://www.tagesspiegel.de/kultur/nervtoetende-kultfiguren/769942.html<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Fernsehwerbung</strong><br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Ha%C3%9Floch<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie des Fernsehens<br />
Stephan Geene<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Fernsehwerbung</strong> - <strong>Werbespots</strong> <strong>Damals</strong> <strong>und</strong> <strong>Heute</strong>.<br />
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