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Junges Altes Hagen

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GEDICHTE UND DÖNEKES<br />

Ännchen von Tharau<br />

Wenn deutsche Reisegruppen die Stadt Memel (heute<br />

Klaipeda) besuchen, führt sie die Stadtführerin auch auf<br />

den Theaterplatz. Mittelpunkt des Platzes ist der Simon-<br />

Dach-Brunnen mit der Figur eines jungen Mädchens. Der<br />

ostpreußische Barockdichter Simon Dach (1606 - 1659),<br />

der in Memel geboren wurde, sah die junge Frau bei ihrer<br />

Hochzeit mit einem Pastor in Königsberg und war von ihrer<br />

Schönheit so verzaubert, daß er sie in einem Gedicht verewigte:<br />

„Anke van Tharaw öß, de my geföllt,<br />

Se öß mihn Lewen, mihn Goet on mihn Gölt“<br />

reimte er im ostpreußischen Platt. Die junge Frau, die er so<br />

besang, heiratete in ihrem Leben noch zweimal, immer einen<br />

Pastor.<br />

Im Jahr 1778 übertrug Johann Gottfried Herder das Gedicht<br />

ins Hochdeutsche, wobei er dichterische Freiheit<br />

nahm. Auf dem Denkmal sind seine Verse verewigt. 1825<br />

vertonte der Komponist Friedrich Silcher das Gedicht und<br />

schuf das Lied, das viele als Volkslied kennen.<br />

Ännchen von Tharau ist`s, die mir gefällt.<br />

Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld.<br />

Ännchen von Tharau hat wieder ihr Herz<br />

Auf mich gerichtet in Lieb und in Schmerz.<br />

Ännchen von Tharau, mein Reichtum, mein Gut,<br />

du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut.<br />

Käm alles Wetter gleich auf uns zu schlahn,<br />

wir sind gesinnt beieinander zu stahn.<br />

Krankheit, Verfolgung, Betrübnis und Pein<br />

Soll unsrer Liebe Verknotigung sein.<br />

Ännchen von Tharau, mein Reichtum, mein Gut,<br />

du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut.<br />

Recht als ein Palmenbaum über sich steigt,<br />

je mehr ihn Hagel und Regen anficht;<br />

so wird die Lieb’ in uns mächtig und groß<br />

durch Kreuz, durch Leiden, durch allerlei Noth.<br />

Ännchen von Tharau, mein Reichtum, mein Gut,<br />

du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut!<br />

Würdest du gleich einmal von mir getrennt,<br />

lebtest dort, wo man die Sonne nicht kennt;<br />

ich will dir folgen durch Wälder, durch Meer,<br />

durch Eisen und Kerker, durch feindliches Heer.<br />

Ännchen von Tharau, mein Reichtum, mein Gut,<br />

du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut!<br />

Geschäftstüchtige Einheimische verteilen Notenblätter mit deutschen<br />

Texten an die Besucher und begleiten auf dem Schifferklavier<br />

die Sängerinnen und Sänger. Text und Foto: Helmut Korte<br />

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