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Michael Gehler Finis Neutralität? - Archive of European Integration

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<strong>Finis</strong> <strong>Neutralität</strong>?<br />

forderung bildete dann der „Gemeinsame Markt“ in den 60er Jahren, die<br />

Schmerzgrenze zuletzt das Binnenmarkt-Projekt „EG '92“. 248<br />

Die EG hatte nach der sogenannten „Eurosklerose“ der 70er und Anfang<br />

der 80er Jahre – besser gesagt in der Zeit unterbliebener Aufnahmen von<br />

Beitrittswerbern - mit der konzertierten Kohl-Delors-Mitterrand-Politik das<br />

Gesetz des Handelns in Europa übernommen. Die Neutralen konnten nur<br />

mehr reagieren und waren so sehr wie noch nie gezwungen, über Neudefinitionen<br />

ihres Status nachzudenken. 249<br />

These 5 Die Freiwilligkeit der Neutralen zur <strong>Neutralität</strong> war nicht immer<br />

gleichermaßen und gleich stark vorhanden. Scheinen phasenweise Finnland<br />

und, weniger stark, auch Schweden – jedenfalls die politischen Eliten -<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg integrationspolitisch zum Teil wider Willen<br />

neutral gewesen zu sein, so fällt das Urteil im Falle Österreichs ungleich<br />

schwerer aus, welches ja seine „immerwährende“ <strong>Neutralität</strong> erklärtermaßen<br />

„freiwillig“ wählte, um den Eindruck eines sowjetischen Oktrois zu<br />

vermeiden, vom Sonderfall Schweiz, jener Inkarnation der dauernden<br />

<strong>Neutralität</strong>, ganz abgesehen. Irland figurierte mit Blick auf seine frühen<br />

EWG-Beitrittsambitionen seit Anfang der 60er Jahre als Neutraler wider<br />

Willen. Der Freistaat war dann auch Teil der EG-Norderweiterung Anfang<br />

der 70er Jahre, an der Schweden fast beteiligt gewesen wäre.<br />

These 6 <strong>Neutralität</strong> ist nicht aus sich heraus erklärbar und verstehbar, sondern<br />

als „ein Produkt des europäischen politischen Systems“ zu betrachten.<br />

250 Zwischen der westeuropäischen Wirtschafts- und Politikintegration<br />

und ihr bestand von den Anfängen bis in die Gegenwart (1947/48-<br />

1995/1999) ein unterschiedlich stark ausgeprägtes wechselseitiges Spannungsverhältnis.<br />

<strong>Neutralität</strong> war mit intergouvernementaler politischer Kooperation<br />

und liberalisiertem Handel sowie auch noch mit ökonomischer<br />

248 Luif, Neutrale und europäische <strong>Integration</strong>, S. 128; zur grundsätzlichen Problematik<br />

aktueller: Romain Kirt, Kleinstaat und Nationalstaat im Zeitalter der Globalisierung<br />

(ZEI Discussion Paper C 52), Bonn 1999.<br />

249 Vgl. Fredy Gsteiger, Ein Konzept von gestern. Europas neutrale Staaten bestimmen<br />

ihren Standort neu, Die Zeit, 26. Oktober 1990; Thomas Schwendimann, Auf der<br />

Suche nach einer „europafähigen“ <strong>Neutralität</strong>, Der Bund, 1. Juni 1992.<br />

250 Rotter, Modelle der <strong>Neutralität</strong> in Europa, S. 289.<br />

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