Michael Gehler Finis Neutralität? - Archive of European Integration
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<strong>Finis</strong> <strong>Neutralität</strong>?<br />
Sicherheitsbegriff aus, d.h. die Vorstellung eines autonomen nationalen<br />
Verteidigungskonzepts (in Europa) wurde als unrealistisch angesehen.<br />
Trotz einer weitgehenden Vergleichbarkeit im Sinne von Gemeinsamkeiten<br />
zwischen der Schweiz und Österreich waren auch Unterschiede erkennbar:<br />
Der militärischen Dimension der <strong>Neutralität</strong> wurde seitens der Eidgenossenschaft<br />
weit aus mehr Bedeutung beigemessen, während für Österreich<br />
historisch betrachtet die Außen- gegenüber der Verteidigungspolitik ein<br />
Übergewicht besaß. Das kam auch im jeweiligen Verhältnis zur UNO besonders<br />
deutlich zum Ausdruck. In der Schweiz setzte ein Umdenken in<br />
bezug auf den militärischen Stellenwert der <strong>Neutralität</strong> und ihrer Schutzfunktion<br />
für die Bevölkerung erst im Laufe der 90er Jahre und ansatzweise<br />
ein. Die Pr<strong>of</strong>essoren Daniel Thürer von der Universität und Jürg Martin<br />
Gabriel von der ETH Zürich haben zum Beispiel die Bedeutung der<br />
Schweizer <strong>Neutralität</strong> in Frage gestellt, was vor den 90er Jahren kaum<br />
denkbar gewesen wäre, Intellektuelle aber schon vorgedacht hatten. 231 Österreich<br />
hatte bereits früher weit aus mehr Schritte in Richtung europäischer<br />
Solidaritätspolitik gesetzt als die Schweiz: UNO-, EU- und OSZE-<br />
Mitgliedschaft, WEU-Beobachterstatus, PfP-Teilnahme, Beteiligung am<br />
EAPC, Ratifikation des Vertrags von Amsterdam, grundsätzliche Bereitschaft<br />
zur Nutzung des erweiterten PfP-Angebots und uneingeschränkte<br />
Teilnahme an UNO-Missionen. Seit Dezember 1996 nimmt die Schweiz<br />
am PfP teil, eine vorsichtige Verschiebung von überwiegend zivilen auf<br />
militärische Programme ist vorgesehen. Die OSZE stellt für die Schweiz<br />
heute die einzige Sicherheitsorganisation dar, in der sie als vollwertiger<br />
Akteur mitwirkt. 232<br />
VI. Grundsätzliche erkenntnisorientierte Thesen<br />
Aus dem Gesagten lassen sich generalisierende, auf Erkenntnisgewinn abzielende<br />
Thesen formulieren. Der Vergleich der Neutralen und ihrer Politik<br />
231 Jürg Martin Gabriel, Schweizer <strong>Neutralität</strong> im Wandel. Hin zur EG, Frauenfeld<br />
1990; Mark Schenker, EG als Chance – die Schweiz am europäischen Scheideweg,<br />
Zürich 1991; Stephan Kux (Hg.), Zukunft <strong>Neutralität</strong>? Die schweizerische Außen-<br />
und Sicherheitspolitik im Umbruch, Bern – Stuttgart 1993.<br />
232 Enzelsberger, Die sicherheitspolitische Öffnung der Neutralen, S. 97, 102-103.<br />
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