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Michael Gehler Finis Neutralität? - Archive of European Integration

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<strong>Finis</strong> <strong>Neutralität</strong>?<br />

gesprochen. Im Parlament hatten die Freiheitlichen dann durch eine Reihe<br />

dringlicher Anfragen und Sondersitzungen auf die ÖVP Druck ausgeübt,<br />

möglichst rasch der atlantischen Allianz beizutreten, wobei innenpolitische<br />

Intentionen eine Rolle spielten: Die Koalition in eine Falle zu treiben, die<br />

Regierungsparteien zu spalten und Gleichklang mit der ÖVP herzustellen.<br />

207<br />

Das am 11. März 1996 zwischen Bundeskanzler Viktor Klima (SPÖ) und<br />

Vizekanzler und Außenminister Wolfgang Schüssel (ÖVP) geschlossene<br />

Koalitionsübereinkommen enthielt schließlich den Passus, wonach sich<br />

„die Regierungsparteien im Einklang mit den Zielsetzungen der Europäischen<br />

Union für die vollberechtigte Teilnahme Österreichs an funktionsfähigen<br />

europäischen Sicherheitsstrukturen einsetzen“. Mit dem EU-Beitritt<br />

habe sich Österreich „zur vollen Mitwirkung“ an der GASP und zu der im<br />

EU-Vertrag von Maastricht festgelegten Absicht einer gemeinsamen Verteidigungspolitik<br />

verpflichtet. Österreich werde sich „an diesbezüglichen<br />

Bemühungen aktiv beteiligen“. Das dies, konsequent weitergedacht, eine<br />

„tiefgreifende Revision der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“<br />

nach sich ziehen würde, schien außer Zweifel zu sein. 208<br />

Die SPÖ-ÖVP-Koalition schien sich auch über die Perspektive einer bevorstehenden<br />

vollen Eingliederung Österreichs in die mit WEU und NATO<br />

verbundene gemeinsame europäische Sicherheitspolitik, d.h. über die bei<br />

Realisierung dieses Vorhabens unvermeidliche Verabschiedung von der<br />

<strong>Neutralität</strong> im klaren gewesen zu sein. Das Koalitionsabkommen sah auch<br />

die Erarbeitung eines „Optionenberichts“ vor, der Entscheidungsbedarf anerkannte<br />

und verschiedene in Frage kommende Alternativen zu betrachten<br />

und bewerten als sinnvoll erachtete. Schließlich sollte als Ergebnis „noch<br />

vor der Übernahme des EU-Vorsitzes durch Österreich, spätestens jedoch<br />

im Laufe des ersten Quartals des Jahres 1998“ eine Optionenprüfung erfol-<br />

207 Heidegger/Steyrer, NATO-Streit in Österreich, S. 235-237.<br />

208 Heinrich Schneider, Der sicherheitspolitische „Optionenbericht“ der österreichischen<br />

Bundesregierung: Ein Dokument, das es nicht gibt – und ein Lehrstück politischen<br />

Scheiterns, Informationen zur Sicherheitspolitik, Nr. 16, (März 1999),<br />

S. 27-116, hier S. 27-28, 31.<br />

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