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Michael Gehler Finis Neutralität? - Archive of European Integration

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34<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Gehler</strong><br />

vielzitierte schwedische Modell erschien als weit weniger interventionistisch<br />

angelegt als jenes in den EWG-Staaten. 99<br />

d) Die Schweiz<br />

Die Schweiz nahm ebenfalls am Marshall-Plan teil, aber nicht weil sie<br />

Aufbauhilfe benötigte – sie war ein sehr großer ökonomischer Pr<strong>of</strong>iteur des<br />

Krieges gewesen -, sondern am Abbau der Kontingente und Ausbau der<br />

Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sowie am liberalisierten Zahlungsverkehr<br />

mit Drittstaaten interessiert war. Bern sicherte sich aber mit Artikel<br />

14 der OEEC-Konvention ein „opting out“ von der Einstimmigkeitserfordernis<br />

des Ministerrats, akzeptierte allerdings auch die COCOM-Liste, so<br />

daß die Wirtschaftsblockade essentiell gegen den Ostblock mitgetragen<br />

wurde. Als Präzisionsgüter-Exporteur war die Schweiz somit ein zentraler<br />

Akteur der US-Embargo-Politik. Während die Eidgenossenschaft EZU-<br />

Gründungsmitglied war, blieb ihre Haltung zum GATT zwiespältig. Sie<br />

beschränkte sich auf „autonomen Nachvollzug“. In Form der traditionellen<br />

Außenhandelspolitik nahm die Schweiz schließlich an den GATT-<br />

Liberalisierungen aufgrund der Meistbegünstigungsklausel teil, die in allen<br />

bilateralen Zoll- und Handelsabkommen enthalten war. Der Schweizer<br />

Bundesrat nahm den Europarat zunächst als verlängerten politischen Arm<br />

des Brüsseler Pakts („Westunion“) von 1948 wahr und empfand daher eine<br />

Mitgliedschaft als völlig inopportun. Auf den diskret deponierten Wunsch<br />

von Bundesrat Max Petitpierre, Leiter des Politischen Departements (1945-<br />

1961), wurde die Eidgenossenschaft zur Gründung der Straßburger Einrichtung<br />

erst gar nicht eingeladen! Der Europarat wurde in seiner rein beratenden<br />

Rolle als „überflüssig“ und „funktionsuntüchtig“ betrachtet. Bern<br />

brauchte ihn nicht, weil er der Schweiz nichts brachte. 100<br />

99 Mikael af Malmborg, Sweden's Long Road to an Agreement with the EEC 1956-<br />

1972, in: <strong>Gehler</strong>/Steininger (Hg.), Die Neutralen und die europäische <strong>Integration</strong><br />

1945-1995, S. 309-336, hier S. 311.<br />

100 Hans Ulrich Jost, Europa und die Schweiz 1945-1950. Europarat, Supranationalität<br />

und schweizerische Unabhängigkeit. Unter Mitarbeit von Matthieu Leimgruber und<br />

Isaline Marcel (Schweizer Beiträge zur Internationalen Geschichte 2), Zürich 1999;<br />

vgl. auch die Besprechung von Synes Ernst, Wenn's nützt, nutzt's am Ende gar die<br />

Schweiz, Die Weltwoche, 27. Mai 1999.

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