bpa|magazin - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste eV
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Vorrangprüfung für Pflegefachkräfte<br />
endlich abschaffen<br />
Es geht nicht wirklich voran mit der Pflegereform. Eigentlich<br />
sollte sie zum 1. Januar 2012 in Kraft treten.<br />
Nun wurde sie vertagt – Koalitionspolitiker nannten<br />
als einen möglichen Termin den 1. Juli 2012. Das erste<br />
halbe „Jahr der Pflege“ ist abgelaufen. Leider ist noch<br />
nicht viel passiert.<br />
Auch beim Thema Fachkräftemangel wurden Chancen<br />
vertan. So hat die Bundesregierung die dringend<br />
benötigten Mittel zur Finanzierung des dritten Umschulungsjahres<br />
in der Pflege gestrichen. Dabei bietet<br />
gerade eine Umschulung von Frauen, die im Anschluss<br />
an ihre aktive Familienphase wieder ins Berufsleben<br />
einsteigen wollen, ein großes Potenzial für Pflegefachkräfte.<br />
Wenn diese Frauen nun aufgrund ihrer finanziellen<br />
Verhältnisse gezwungen werden, anstelle einer<br />
Pflegefachausbildung sich einen Job zu suchen, bei<br />
dem sie ohne Ausbildung sofort Geld verdienen können,<br />
sind diese potenziellen inländischen Kräfte für<br />
die Pflege verloren. Für die Frauen bedeutet dies den<br />
Verzicht auf einen auf Jahrzehnte hin krisensicheren<br />
Beruf, den sie auch in Wohnortnähe ausüben könnten.<br />
Wir sind angewiesen auf eine verlässliche Finanzierung<br />
der Umschulung. Angeblich offene Fragen sind zu klären,<br />
und zwar schnell, um Deutschlands sicherste Arbeitsplätze<br />
auch besetzen zu können.<br />
Doch auch mit der qualifizierten Zuwanderung tut<br />
sich unsere Regierung schwer. Jetzt hat das Bundeskabinett<br />
zwar die so genannte Vorrangprüfung für Ärzte<br />
und Ingenieure, die aus Drittstaaten zu uns kommen<br />
wollen, aufgehoben, der Bereich der Pflegeberufe<br />
wurde jedoch nicht berücksichtigt. Trotz besseren<br />
Wissens bleibt hier alles bei der alten Regelung.<br />
Damit lässt das Bundeskabinett in erster Linie die Pflegebedürftigen<br />
und deren Angehörige, aber auch die<br />
Pflegebranche im Regen stehen, die unstrittig den am<br />
schnellsten wachsenden Fachkräftebedarf hat. Bereits<br />
Ihr<br />
Bernd Meurer<br />
Präsident<br />
bpa magazin • a u sgabe # 02 / 2 011<br />
heute fehlen uns Zehntausende von Pflegefachkräften,<br />
von denen wir in den kommenden zehn Jahren<br />
noch mindestens 288.000 zusätzliche benötigen.<br />
Wenn wir heute nicht handeln, programmieren wir<br />
den Pflegenotstand von morgen. Ausbaden müssen<br />
dies letztendlich die Pflegebedürftigen und deren<br />
Angehörige. Der bpa fordert daher unverzüglich eine<br />
qualifizierte Zuwanderung von Fachkräften, auch<br />
aus Nicht-EU-Staaten. Aus diesem Grund gehört die<br />
Vorrangprüfung für Pflegefachkräfte schleunigst abgeschafft.<br />
Oder soll das Arbeitsamt ernsthaft in 100<br />
Prozent der Fälle jedem einzelnen Antrag mangels inländischer<br />
Bewerber stattgeben? Welch ein Signal an<br />
qualifizierte Zuwanderer!<br />
Der neue Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr<br />
hat dies erkannt. Er fordert über die Erleichterungen<br />
für Mediziner und Ingenieure hinaus eine komplette<br />
Abschaffung der Vorrangprüfung. „Wir müssen überkommene<br />
bürokratische Hemmnisse beseitigen“,<br />
sagte der Minister der „Leipziger Volkszeitung“. „Der<br />
Fachkräftemangel droht sonst zum Konjunkturrisiko<br />
zu werden.“ Im vergangenen Monat seien so viele Stellen<br />
für qualifizierte Mitarbeiter unbesetzt geblieben<br />
wie seit zehn Jahren nicht mehr.<br />
Recht hat er: Bereits heute kommt in der Altenpflege<br />
nur ein potenzieller ausgebildeter Bewerber auf drei<br />
bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete offene<br />
Stellen. Dabei ist nicht berücksichtigt, dass bei dieser<br />
Situation zahlreiche Arbeitgeber längst auf die<br />
Meldung offener Stellen verzichten. Somit macht eine<br />
Vorrangprüfung überhaupt keinen Sinn. Am Ende<br />
des Jahres benötigen wir insgesamt rund 970.000<br />
Pflegekräfte, wie eine neuerliche Studie belegt. Damit<br />
beschäftigt die Pflegewirtschaft heute bereits mehr<br />
Menschen in Deutschland als die Automobilindustrie.<br />
Für taktische Geplänkel haben wir keine Zeit. Jede<br />
Möglichkeit muss umgehend genutzt werden.<br />
editorial<br />
Bernd Meurer, Präsident<br />
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