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bpa|magazin - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste eV

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qualität<br />

18<br />

Univ.-Prof. Dr. Bernd Seeberger,<br />

Vorstand des Instituts<br />

für Gerontologie und<br />

demografische Entwicklung<br />

an der UMIT-Universität<br />

Hall in Tirol<br />

VoN prof. dr. BerNd SeeBerGer<br />

Qualitätsmanagement in der Altenhilfe<br />

– doch noch ein Thema mit Zukunft<br />

n Die Fragen von Qualität und Qualitätssicherung<br />

sind schon lange ein Thema. Die gesetzlichen<br />

Grundlagen für Qualitätsmanagementansätze in der<br />

Altenhilfe sind nunmehr über zehn Jahre aktuell. Bei<br />

vielen Führungsverantwortlichen ist Qualitätsmanagement<br />

als Thema mittlerweile „durchgewinkt“;<br />

der anfängliche Mythos ist verblasst und für viele<br />

Pflegemitarbeiter ist Qualitätsmanagement zu einer<br />

bürokratischen Verpflichtung geworden.<br />

Die Diskussion um das Für und Wider hat an Intensität<br />

sehr stark abgenommen. Nach wie vor gilt aber:<br />

Qualität ist etwas höchst Unterschiedliches, und jeder<br />

definiert seine Qualität nach anderen Grundsätzen.<br />

Um über Qualität zu diskutieren gilt es stets, verschiedene<br />

Niveauebenen einzuhalten. Gesetze und<br />

Verordnungen zu Qualitätssicherung/-management<br />

stellen einen Qualitätsmindeststandard dar.<br />

Eine andere Möglichkeit, ein nachhaltiges Qualitätsmanagement-System<br />

zu erzeugen, wäre das konsequente<br />

Einführen von Mitarbeiterförderungsgesprächen.<br />

Solche Förderungsgespräche sollten auf der<br />

Beziehungsebene stattfinden und die Zusammenarbeit<br />

mit Kollegen und Vorgesetzten oder die persönliche<br />

Berufsperspektive der Mitarbeiter in den Mittelpunkt<br />

stellen. Dadurch bestünde die Möglichkeit, mit<br />

den Mitarbeitern Ziele für deren Arbeit zu entwickeln.<br />

Dies würde die Identifikation mit der Einrichtung und<br />

die Arbeitszufriedenheit beeinflussen. Ähnliches will<br />

auch Qualitätsmanagement bewirken. Personalentwicklungsprozesse,<br />

die mit kommunikativen Formen<br />

oder Elementen der Mitarbeitergespräche arbeiten,<br />

erzielen ähnliche Effekte wie Qualitätsmanagement-<br />

Aktivitäten.<br />

Soziale Systeme neigen dazu, sich an den vermeintlich<br />

guten und erarbeiteten Erfahrungen festzuhalten.<br />

Dieser organisatorische Zusammenhalt kann bei künftigen<br />

Neuerungen hinderlich sein. Ausgehend von<br />

verschiedenen Studien des Autors wird abgeleitet,<br />

dass die Wirkungsdauer der positiven Qualitätsmanagement-Ansätze<br />

in der Organisation und bei den<br />

Mitarbeitern höchstens bis zu zwei Jahre andauert, bis<br />

sie „verbraucht“ ist. Dies hängt von der individuellen<br />

Lernbereitschaft und vom Erneuerungswillen jedes<br />

Mitarbeiters ab, aber wenn die positiven aufgebauten<br />

Verhaltensweisen nicht gepflegt und unterstützt<br />

werden, versiegen sie. Das Geschaffene sollte durch<br />

weitere Aufbauseminare oder Auffrischungstage er-<br />

halten werden, denn Qualitätsentwicklung und ein<br />

kontinuierlicher Verbesserungsansatz lassen sich nur<br />

langfristig absichern, wenn dies von einer aktiven und<br />

fortlaufenden Personalentwicklung begleitet wird.<br />

Auch ist festzuhalten, dass eine Erhöhung der Pflegequalität<br />

bei Bewohnern nicht über veränderte pflegerische<br />

Abläufe, sondern über die Qualität der Kommunikation<br />

und der Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern<br />

stattfindet. Demnach wird eine so genannte<br />

„Sozialqualität“ zum entscheidenden Erfolgsfaktor für<br />

Qualitätsmanagement in der Pflegeeinrichtung. Deshalb<br />

ist es die Aufgabe der Führungspersonen, eine<br />

verhaltensbezogene Atmosphäre zu schaffen, in der<br />

Pflegemitarbeiter die Möglichkeit haben, eigene Ideen<br />

zu entwickeln und aus Fehlern zu lernen.<br />

Erforderlich dazu ist eine Unternehmens- oder Organisationskultur,<br />

in der das möglich ist. Qualitätsmanagement<br />

will Arbeitsabläufe steuern, optimieren<br />

oder neu ausrichten, bleibt aber nur „organisatorische<br />

Feinmechanik“. Jedoch muss die Feinmechanik<br />

zwischen den Menschen außerhalb von Qualitätsmanagement-Systemen<br />

aufgebaut und erzeugt werden.<br />

Nur so kommt ein nachhaltiges Qualitätsmanagement-System<br />

erfolgreich zum Tragen. Qualitätsmanagement<br />

ist keine Substanz, es ist aber auch keine<br />

Methode – es ist außerhalb von beidem. Es ist Ziel!<br />

Die ausgewählten Organisationen verdienen zu Recht<br />

den diesjährigen bpa Quality Award. Zum einen sollte<br />

es uns gelingen, das Freiwilligen-Engagement in der<br />

Altenhilfe zu heben, zum anderen Menschen als Fachkräfte<br />

in die Altenpflege zu locken und zu halten, denn<br />

in Anbetracht der demografischen Veränderungen<br />

und der nachlassenden Pflegebereitschaft im privaten<br />

Bereich erzeugen die ausgewählten Projekte Signalwirkung<br />

und stellen somit eine Form eines „sozialen<br />

Qualitätsmanagements“ dar.<br />

bpa magazin • a u sgabe # 02 / 2 011

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