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Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack

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Wittenberg 97<br />

„Während ostdeutsche Marxisten weitgehend unter sich im Großen Hörsaal der<br />

Lutherhalle tagten, wobei die Staatsmacht Flagge zeigte, vereinte eine theologische<br />

Tagung über die Reformation die Elite der internationalen Lutherforschung.<br />

Positiv allerdings für die Lutherhalle war, daß im Ergebnis der Feierlichkeiten von<br />

1967 der atheistische Staat sich nach anfänglichem Zögern bereitfand, das einseitig<br />

negative Lutherbild zu differenzieren. Man nahm ihn als Sprachschöpfer ernst<br />

und würdigte seine frühen Reformen.“ (Treu 1991, 120)<br />

Noch sechs Jahre vor dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems verband<br />

sich mit Wittenberg im Lutherjahr 1983 auch eine weitgehende Neubewertung der<br />

Reformation durch die <strong>DDR</strong>-Geschichtswissenschaft und -Geschichtspolitik, 54 unterstrichen<br />

z.B. durch die Wahrnehmung des in Wittenberg ausgerichteten Evangelischen<br />

Kirchentages in den staatlich gelenkten Medien. Dem 1978 eingeleiteten<br />

Entkrampfungsprozess zwischen <strong>DDR</strong>-Staat und evangelischen Kirchen „korrespondierte<br />

auch eine beginnende Zusammenarbeit auf dem wissenschaftlichen Feld<br />

der Reformationsgeschichte. Kirchengeschichtler und marxistische Historiographen<br />

begannen, aufeinander zu hören“ (ebd., 121f.).<br />

Sechs Jahre darauf, im Dezember 1989, konstituierte sich im Keller der Lutherhalle<br />

der Runde Tisch der Stadt Wittenberg.<br />

Untersuchungsbedürftig ist, inwieweit die Einbettung der Stadt in gesellschaftliche<br />

Diskurse, die nicht zuletzt Rückkopplungen an die Stadtgeschichte aufwiesen,<br />

die devianten, kritischen resp. oppositionellen Teile der städtischen Öffentlichkeit<br />

prägte – Teilöffentlichkeiten, die in Wittenberg zwar überdurchschnittlich viele<br />

kirchliche Anlaufpunkte bzw. (je nach gegebener oder subjektiv empfundener Situation)<br />

Rückzugsorte hatten, 55 die sich aber auch abseits einer <strong>DDR</strong>-typischen Ambivalenz<br />

entwickelten: Sie waren weder durch die relativen Freiräume einer Universitätsöffentlichkeit<br />

(„Akademikerszene“) abgestützt noch durch die indoktrinierenden<br />

Wirkungen einer Universitätspräsenz herausgefordert. 56<br />

54<br />

Vgl. Beeskow et al. (1983); zum Überblick vgl. Bräuer (1983 und 1985).<br />

55<br />

Vgl. Staemmler/Waldmann (1968).<br />

56<br />

im Unterschied etwa zu der strukturell vergleichbaren Stadt Jena, die jedoch durchgehend<br />

über eine Universität verfügte. Vgl. Scheer (1999) und, aus Sicht der Universität,<br />

Böttcher (1994).

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