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Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack

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74 <strong>Peer</strong> <strong>Pasternack</strong><br />

1. Die Leucorea im historischen Selbstbild der heutigen<br />

Universität Halle-Wittenberg<br />

Das historische Selbstbild der heutigen Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />

ist insbesondere durch zweierlei charakterisiert: 2 Einerseits wird die reformatorische<br />

Glanzzeit der Wittenberger Universität akzentuiert; andererseits wird für<br />

die nachreformatorische Epoche die Perspektive auf die Universität Halle (gegr.<br />

1694) umgelenkt, auf die frühaufklärerischen sowie pietistischen Innovationen, die<br />

in dieser Zeit von Halle ausgingen, und die frühromantischen Impulse um 1800, die<br />

gleichfalls eine Heimstatt in Halle hatten.<br />

Zwar könnte man, was die Aufklärung betrifft, durchaus auch in Wittenberg<br />

fündig werden könnte, worauf G. Mühlpfordt (1995, 329) hinweist. Allerdings, so<br />

Mühlpfordt, wurde und werde die „Wittenberger Aufklärung, von der außerhalb<br />

eines kleinen Kreises von Fachleuten kaum jemand eine nähere, klare Vorstellung<br />

hat, ... unterschätzt“. Eine andere, theologie- und kirchengeschichtlich bedeutsame<br />

Strömung, die ihre Hauptwirkung von Wittenbergs Universität aus organisiert hatte,<br />

spielt gleichfalls keine Rolle in der popularisierten Selbstdarstellung der Geschichte<br />

der heutigen Universität Halle-Wittenberg: die lutherische Orthodoxie.<br />

Derart – was die Erinnerung betrifft – ihrer wichtigsten nachreformatorischen<br />

Wirkungen entledigt, findet sich in aktuellen Darstellungen dann auch der Niedergang<br />

der Wittenberger Universität im 18. Jahrhundert 3 unterbelichtet. Dies mag der<br />

Neigung entgegen kommen, eine Universitätsgeschichte vornehmlich als Erfolgsgeschichte<br />

zu präsentieren, da sie hierdurch gebrauchstauglicher für aktuelle corporate<br />

identity-Bemühungen erscheint. Abseits solcher Verzweckung scheint es hingegen<br />

redlich, Aufstiegs- und Niedergangsphasen gleichberechtigt und in ihrer<br />

Verschränktheit zu behandeln. So können dann nicht zuletzt die institutionellen<br />

Konsequenzen plausibilisiert werden, die letztlich auch der Grund sind, dass die<br />

heutige Universität Halle-Wittenberg ihr dreihundert- und ihr fünfhundertjähriges<br />

Gründungsjubiläum im Abstand von acht Jahren feiert.<br />

Die Voraussetzungen für eine solche paritätische Behandlung der glanzvollen<br />

und der glanzlosen Zeiten sind vergleichsweise gut. Denn die Wittenberger Universitätsgeschichte<br />

auch der nachreformatorischen Zeit bis zu ihrem Ende 1817 ist<br />

bereits recht gut erforscht. 4 Hier wäre also lediglich die Übersetzungsarbeit in die<br />

popularisierte Darstellung zu leisten. Etwas komplizierter hingegen verhält es sich<br />

2 Vgl. z.B. http://www.uni-halle.de/MLU/historie.html (Zugriff 28.6.2000).<br />

3 dazu kann Friedensburg (1917, 518-627) als die bis heute gültige Darstellung gelten.<br />

4 Vgl. die „Bibliographie zur Geschichte der Universität Wittenberg“, herausgegeben von<br />

der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (1980).

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