06.12.2012 Aufrufe

Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack

Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack

Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hochschulbau 65<br />

Das war vor allem dann der Fall, wenn ABF-Studenten auf ihre früheren Kollegen<br />

in den Betrieben „herabblickten“ und ihre Herkunft aus der Arbeiterklasse<br />

gleichsam „vergaßen“. Beispielsweise beschwerte sich die Belegschaft der Buna-<br />

Werke am 24.2.1949 bei der Direktorin der ABF, weil einige Volksstudenten während<br />

eines Arbeitseinsatzes ihren ehemaligen Arbeitskollegen erklärt hatten, „ihr<br />

könnt froh sein, wenn ihr später einmal bei uns als Spüljungens anfangen könnt"<br />

(UAH Rep. 36 Nr. 137). Der Fall schlug einige Wogen, verlief aber nach einem<br />

schlichtenden Antwortschreiben der Direktorin, die offensichtlich Schaden von allen<br />

Beteiligten abwenden wollte, mit Rügen und Verwarnungen noch vergleichsweise<br />

glimpflich (vgl. ebenda).<br />

Neben Konflikten dieser Art boten aber auch mangelnde Lernleistungen immer<br />

wieder Anlaß zu Auseinandersetzungen, denn die fachlichen Anforderungen an den<br />

Vorsemestern bzw. der ABF sind stets recht hoch gewesen. Entsprechende Maßstäbe<br />

konnten die Vorstudieneinrichtungen kaum untersschreiten oder gar herabzusetzen,<br />

wollten sie ihre ohnehin gestörte Akzeptanz innerhalb der Universität nicht<br />

ganz aufs Spiel setzen.<br />

Allerdings spielten sich die Konflikte nicht nur zwischen Lehrkörper und Studierenden<br />

ab. In einem besonders interessanten Fall beanstandete eine Inspektorin<br />

vom Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut (der späteren Akademie der Pädagogischen<br />

Wissenschaften der <strong>DDR</strong>) im März 1958 nach einem Besuch der Stiftungen<br />

den Spruch "Franckens Stiftungen. Unere Hülfe steht im Namen des Herrn, der<br />

Himmel und Erde gemacht hat" (Psalm 124, 8) im Eingangsbereich des Hauptgebäudes.<br />

Dieser Spruch, ursprünglich auf Tafeln angebracht, war in feiner Serifenschrift<br />

direkt auf dem Putz über dem Eingangsportal aufgebracht. Die Inspektorin<br />

nahm vor allem Anstoß an der unmittelbaren Nachbarschaft zu den Türschildern<br />

des Bereiches Unterrichtsmethodik Physik, weil sie Naturwissenschaft und Christentum<br />

für unvereinbar hielt und im Nebeneinander von materialistischer Evolutionstheorie<br />

und Schöpfungsgeschichte offenbar einen meldepflichtigen Fall ideologischer<br />

Koexistenz sah. Die Universität erhielt vom Berliner Staatssekretariat für<br />

das Hochschulwesen die Aufforderung, sich des Problems in angemessener Weise<br />

anzunehmen. Die vor Ort gefundene Lösung bestand darin, so die Meldung der<br />

Verwaltungsdirektorin, daß die "beanstandeten Sprüche ... auf unsere Veranlassung<br />

von der Parteileitung der Pädagogen mit Transparenten zugedeckt worden sind".<br />

Mit dieser fast schon stilvollen Unterwanderung einer politischen Anmaßung konnte<br />

die komplette Entfernung der Sprüche, was den geringsten technischen Aufwand<br />

erfordert hätte, - zumindest noch eine Zeitlang - vermieden werden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!