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Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack

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64 <strong>Peer</strong> <strong>Pasternack</strong><br />

und dort im Sinne der Regierung agieren würden. Erziehungsziele an den Vorstudieneinrichtungen<br />

waren das „richtige Bewußtsein“ (antifaschistisch, prosowjetisch,<br />

später sozialistisch), politische Zuverlässigkeit, Arbeitsbereitschaft, Disziplin,<br />

Kollektivgeist und schließlich ein allgemein „anständiger“ Lebenswandel, insbesondere<br />

im Hinblick auf den Umgang mit dem anderen Geschlecht. Zugleich<br />

ging es immer wieder um Höflichkeit und Ordnung, eine zum revolutionären Pathos<br />

oft nicht recht passende Biederkeit.<br />

Bevorzugte Erziehungsmethode war der Wettbewerb der Studiengruppen.<br />

Schon Ende der 40-er Jahre kam nach sowjetischem Vorbild eine ungeahnte Wettbewerbs-<br />

und „Selbstverpflichtungsbewegung“ auf. "Stoßbrigaden Vorsemester"<br />

wurden gebildet, die in ständigen Arbeitseinsätzen den Wiederaufbau der Betriebe<br />

vorantrieben, Kampfprogramme wurden aufgestellt, Selbstbekenntnisse abgelegt,<br />

Versammlungen abgehalten.<br />

Konflikte<br />

In den unmittelbaren Nachkriegsjahren bestimmten Vorsemester bzw. ABF maßgeblich<br />

das politische Erscheinungsbild der Universität nach außen, im Innern aber<br />

spielten sich harte Auseinandersetzungen ab. Zunehmendes Konfliktpotential erwuchs<br />

aus den politisch und ideologisch motivierten Auswahl- und Förderungsmechanismen<br />

in der Zulassungspraxis vor allem dann, wenn es um die Zuteilung materieller<br />

Ressourcen (in einer Zeit allgemeiner Knappheit) ging.<br />

Im Innern der Universität waren der Akzeptanz der ABF immer enge Grenzen<br />

gezogen. Es ist sogar zu vermuten, daß die Studierenden der ABF selbst unter dem<br />

politischen Profil, das ihre Einrichtung in die Universität hineintragen sollte, zu<br />

leiden hatten, und daß dabei eine neue, subtile Diskriminierung herauskam, die<br />

zwischen den Studierenden der alten Fakultäten und denen der neuen Fakultät<br />

wechselseitig tiefe Vorbehalte hinterließ. Der Graben zwischen der traditionell<br />

bürgerlichen Intelligenz und der neuen Arbeiterintelligenz dürfte dadurch eher weiter<br />

aufgerissen als geschlossen worden sein. Der andere Effekt war ein Zusammenrücken<br />

der Vorsemesterstudenten in der einmal auferlegten Rolle, was immer auch<br />

Isolation bedeutete, die gelegentlich bis in die sozialistische Gegenwart der <strong>DDR</strong><br />

spürbar blieb.<br />

Neben Auseinandersetzungen mit Studenten, die "kleinbürgerlicher Haltungen"<br />

bezichtet und nicht selten wegen geringfügiger Disziplinverstöße oder mißliebiger<br />

politicher Äußerungen exmatrikuliert wurden, gab es auch Konflikte besonderer<br />

Art, die das Grundanliegen der Arbeiter- und Bauernbildung ins Gegenteil zu<br />

verkehren drohten.

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