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Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack

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Idee der Hochschule 27<br />

eine erwartete „Lebens-Philosophie“ hineinwachsen, und dies konnte in vielfältig<br />

organisierten sozialen Beziehungsgeflechten geschehen, die den Lebensraum für<br />

Studierende bildeten: studentische Kollektive, Gemeinschaft von Lehrenden und<br />

Studierenden, Arbeitskollektive in den praktischen Studienabschnitten usw. In diesem<br />

Zusammenhang ist es sicher richtig, davon zu sprechen, dass eine Substitutionsfunktion<br />

der Hochschule als Ersatz für familiäre soziale Beziehungen durchaus<br />

im Blickfeld parteiideologischer Bestrebungen lag. (Gleichzeitig begrenzt sich aber<br />

diese Funktion in der <strong>DDR</strong> auch vorwiegend auf diesen Wirkungsbereich).<br />

Dass über diese sozialen Beziehungen gezielt Einflussnahme bis zur ‚Auftragserteilung’<br />

versucht wurde, ist unbestritten; nur hat dies die Mehrheit der Studierenden<br />

nicht wie erwartet erreicht, denn die politisch-ideologische Wirksamkeit<br />

des Bildungssystems ist aus Parteisicht zu keiner Zeit als befriedigend eingeschätzt<br />

worden und hat deshalb stets in Kritik gestanden. Entschieden wirkungsvoller waren<br />

diese sozusagen organisierten sozialen Beziehungen – und dies sollte ebenso<br />

unstrittig sein – in einer anderen Richtung: Sie haben vielen Studierenden geholfen,<br />

in einer gewissen sozialen Eingebundenheit bei Minimierung individueller Risiken<br />

das Studium mit Erfolg zu beenden.<br />

Über den humanistischen Sinngehalt sozialistischer Persönlichkeitswerte zu<br />

urteilen, kann nicht Aufgabe dieser Darstellung sein. Aufmerksam zu machen ist<br />

aber darauf, dass sich auch hier, wie in anderen angesprochenen Themenbereichen,<br />

Entartungen des <strong>DDR</strong>-Erziehungssystems nicht mit einer pauschalen Entwertung<br />

von sozialistischen Persönlichkeitsidealen im Ganzen begründen lassen. Noch 10<br />

Jahre nach dem friedlichen Umsturz des gesellschaftlichen Systems werden unterschiedliche<br />

Lebensauffassungen zwischen Ost und West sowohl in positiver als<br />

auch in negativer Bewertung durch Untersuchungen nachgewiesen, deren Wurzeln<br />

zweifelsfrei in ehemals unterschiedlichen Wertsystemen und Lebenswelten zu finden<br />

sind. Ein Nachdenken auch darüber sollte also opportun sein.<br />

Die Eingriffe in die Reproduktionsfunktion der Hochschule in der <strong>DDR</strong> durch Partei<br />

und Regierung waren vor allem daran orientiert, durch entsprechende Reglementierungen<br />

die neue Intelligenz als wissenschaftliche Werktätige, der Statusdenken<br />

fremd sein sollte, in der ideologisch vorbestimmten Sozialstruktur zu etablieren,<br />

um das ‚allmähliche Verschwinden’ von Klassen- und Schichtenstrukturen<br />

(die Überwindung von sozialer Ungleichheit) belegen zu können.<br />

Es kann nicht verwundern, dass dabei das besondere Augenmerk auf der Förderung<br />

von Arbeiter- und Bauernkindern durch ein Studium lag. Zum einen wurden<br />

bei ihnen am ehesten die Voraussetzungen für eine neue Intelligenz – unbelastet<br />

von traditionellen akademischen Wert- und Machtvorstellungen – vermutet.

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