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Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack

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Hochschulpädagogik 241<br />

In besonderem Maße angeregt und stimuliert wurde die Hodegetik durch die<br />

neuhumanistische Universitätsreform am Anfang des 19. Jahrhunderts, vor allem<br />

durch die Vorlesungszyklen Fichtes über die Bestimmung und das Wesen des Gelehrten.<br />

Mit der Idee der "universitas litterarum" wurden gemeinsames wissenschaftliches<br />

Arbeiten, kommunikatives Lehren und Studieren zum neuen Credo der<br />

Universität. Theoretische Basis und (erzieherisches) Leitprinzip aller Erörterungen<br />

zur Hodegetik war die Idee der akademischen Freiheit, ohne die man nach Schleiermacher<br />

zwar u.U. mehr lernen könne, aber weniger erkennen (vgl. 1808, S. 110).<br />

Doch zum "vernünftigen" und "würdigen" Gebrauch dieser Freiheit bedürfe es der<br />

Anleitung, vor allem aber sei sie an Pflichten gebunden, setze tätige "Verwandlung<br />

von Legalität in Moralität" (Scheidler) voraus. So forderte Henrik Steffens die Studenten<br />

auf, "durch Selbstbestimmung das Maaß zu erringender Freiheit sich selbst<br />

zu erwerben" (1809, S. 84). Vor diesem Hintergrund verstand sich die Hodegetik in<br />

ihrem pädagogischen Ansatz als das "nothwendige Correlat" zur akademischen<br />

Freiheit (Scheidler 1847, S. XV).<br />

Nach 1848 verlor die Hodegetik an gesellschaftlicher Kritik- und Reformsubstanz<br />

und zog sich auf eher defensive Ratschläge zur Anpassung zurück (z.B. in<br />

Erdmanns Konzeption einer systematischen "wissenschaftlichen Hodegetik", vgl.<br />

1858). In gewisser Weise war das eine paradoxe Konsequenz des neuhumanistischen<br />

Bildungs-, Wissenschafts- und Universitätsbegriffs. Wissenschaft verstand<br />

sich nicht mehr als der Lehrkanon des Mittelalters oder als die Gesamtheit des enzyklopädischen<br />

Wissens im 18. Jahrhundert; ihre Devise hieß nun Forschung, sie<br />

war zur Methode des Erkenntnisgewinns geworden, die Lehrende und Lernende im<br />

tätigen Miteinander einte (vgl. Schmithals 1990, S. 7 ff.). Die funktionale Differenz<br />

zwischen beiden wurde allmählich – zumindest theoretisch – als sekundär empfunden,<br />

und für die Pädagogik, die im 18. Jahrhundert noch ganz selbstverständlich die<br />

Universitäten in ihren Gegenstand einschloß, hatte das zur Folge, daß Lehrende<br />

und Lernende, so Humboldt, nicht mehr jeweils füreinander, sondern "beide ... für<br />

die Wissenschaft" da waren (Humboldt 1964, S. 256). Die pädagogische Konstellation<br />

schien für die Universität erloschen. Gleichwohl ist allein das quantitative Erbe<br />

der Hodegetik ist beachtlich. Eine Bibliographie bis zum Ende des 19. Jahrhunderts<br />

erfaßt nahezu 1000 Publikationen zum Stichwort "Methode des Studiums und<br />

Unterrichts, hodegetische und paränetische Schriften" (Erdmann/Horn 1904).<br />

Insgesamt hat sich die Hodegetik, abgesehen von der (zeitweiligen) Verankerung<br />

im Lehrangebot einiger Philosophen und im gymnasialen Lehrplan, als hochschulpädagogische<br />

Wissenschaftsdisziplin nicht dauerhaft etablieren können. Nach<br />

der Wende zum 20. Jahrhundert zersplitterte ihr Anliegen in eine Vielzahl fachrichtungsspezifischer,<br />

immer mehr spezialisierter Studieneinführungen, in allgemeine

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