Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack
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Erziehungswissenschaften 207<br />
den. Ihr gemeinsames Merkmal, Erbe der <strong>DDR</strong>-Pädagogik zu sein, hätte ohne<br />
eine solche Differenzierung pauschale Disqualifizierung zur Folge. Es geht also<br />
darum, die besonderen, historisch vermittelten Wahrnehmungs- und Denkweisen<br />
im ostdeutschen Diskurs zur Kenntnis zu nehmen und mit den entsprechenden<br />
Traditionen zu kommunizieren. Das ist unverzichtbar, wenn man für<br />
aktuelle (oft eben gerade ost-spezifische) Problemlagen neue Lösungsansätze<br />
entwickeln will.<br />
� Unabhängig von den jeweiligen Arbeitsgebieten der Erziehungswissenschaft<br />
sollten unbedingt die pädagogischen Reformkonzepte des unmittelbaren Vorund<br />
Umfelds der Wende gesichtet und wissenschaftlich aufgearbeitet werden.<br />
Diese durch den historischen Gang der Dinge zur Kurzlebigkeit verurteilten<br />
Konzepte sind immerhin noch aus der <strong>DDR</strong>-Pädagogik und ihrem spezifischen<br />
Problembewußtsein erwachsen und lassen interessante Rückschlüsse auf das<br />
latente Reflexions- und Theorieniveau der Disziplin zu, die plötzlich die kurze,<br />
eruptive Chance hatte, innovative Ideen zu verfolgen und in dieser Zeit interessante,<br />
spannungsvolle Ansätze produziert hat, auch wenn diese infolge der anschließenden<br />
Abwicklung der meisten relevanten Institutionen keine Chance<br />
der Realisierung mehr hatten. Letzteres hing fraglos mit dem unvermeidlichen<br />
(und letztlich unlösbaren) Problem der Ambivalenz personeller Kontinuität zusammen,<br />
denn es hat die Glaubwürdigkeit von Reformvorschlägen natürlich<br />
tangiert, wenn aus Theoretikern der kommunistischen Erziehung "über Nacht"<br />
Reformpädagogen wurden. Dennoch ist gerade diese kurze Episode der deutschen<br />
Erziehungswissenschaft, subjektiv zunächst als hoffnungsvoll erlebt und<br />
optimistisch in Angriff genommen, eine Zeit der Experimentierfreude und Alternativensuche<br />
gewesen, deren Hinterlassenschaft einer systematische und<br />
konzentrierte Betrachtung verlangt. Diese Quellen gehen schnell verloren,<br />
denn die damaligen Vorschläge und Konzepte konnten kaum über renommierte<br />
Verlage verbreitet werden, sondern belebten als Rundbriefe, Kopien, Entwürfe,<br />
Arbeitspapiere usw. den Reformdiskurs.<br />
� Dies alles wirft ein Schlaglicht auf die Bedeutung der erziehungswissenschaftlichen<br />
Transformationsforschung, die sowohl für die Entwicklung der pädagogischen<br />
Berufs- und Handlungsfelder als auch für die erziehungswissenschaftliche<br />
Theorieentwicklung nicht hoch genug bewertet werden kann. Der von obigen<br />
Analysen zur erziehungswissenschaftlichen Forschung in den neuen<br />
Ländern zutage geförderte, besondere Forschungstyp der Erziehungswissenschaft<br />
in den neuen Ländern mit seinem speziellen Anwendungs- und Entwicklungsbezug<br />
stellt dabei keine Alternative oder gar Kontradiktion zur systematischen<br />
Grundlagenforschung dar, sondern eröffnet für diese eine neue Perspektive.<br />
Praxisorientierte Transformationsforschung wird damit zum Spezifikum<br />
und zugleich exemplarischen Keim auch einer neuen erziehungswissenschaftlichen<br />
Wissenschaftsforschung und verdient daher verstärkte Förderung. Dies<br />
sollte auch für potentielle Drittmittelgeber Anlaß sein, ihre Förderrichtlinien<br />
zu überdenken und weiterzuentwickeln.