Inhalt DDR-bezogene Hochschulforschung ... - Peer Pasternack
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112 Anke Burkhardt<br />
bzw. der zuständigen Ministerien offiziell teilnahmen, folgten eigenständige Konferenzen,<br />
die vergleichbare Orientierungen (mit hohem Verbindlichkeitsgrad) verabschiedeten.<br />
Über die Mitgliedschaft in zentralen Gremien (z. B. Wissenschaftlicher<br />
Rat für Imperialismusforschung, Wissenschaftlicher Rat für Soziologie an der Akademie<br />
für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED) und Kooperationsbeziehungen<br />
zu zivilen Lehr- und Forschungseinrichtungen wurde ihre Einbindung in das<br />
wissenschafts- und hochschulpolitische System abgesichert und dokumentiert.<br />
Dabei trat die – für die <strong>DDR</strong>-Gesellschaft insgesamt geltende – Vormachtstellung<br />
der SED explizit in Erscheinung. Die Beschlüsse des SED-Politbüros hatten de<br />
facto Gesetzescharakter. Sie bildeten den Handlungsmaßstab für zivile wie auch militärische<br />
und polizeidienstliche Führungsgremien. Die staatstragende Partei maß Sicherheitsfragen<br />
oberste Priorität zu, und damit auch der Ausbildung entsprechender<br />
Fachkräfte. Dem politischen Interesse an einer Gleichstellung der Militär- bzw. Polizeihochschulen<br />
mit zivilen Hochschulen musste sich das MHF im Prinzip beugen.<br />
Im Einzelfall kam es zu Konflikten, und zwar insbesondere im Zusammenhang<br />
mit der Einhaltung des wissenschaftlichen Niveaus bei Hochschullehrerberufungen,<br />
der Vergabe des Promotionsrechts und der Verleihung des Hochschulstatus. So weit<br />
Einsprüche gegen parteipolitisch legitimierte Entscheidungen des MfNV und des MdI<br />
dokumentiert sind, führten sie jedoch lediglich zu Verzögerungen, ohne grundsätzliche<br />
Änderungen zu bewirken.<br />
So blieb das Qualifikationsniveau der Lehrkräfte und das wissenschaftliche Niveau<br />
mehrheitlich hinter dem üblichen Standard zurück. Das betraf insbesondere die<br />
zahlenmäßig dominierende Gruppe der Lehroffiziere an Offiziershochschulen, die<br />
ihren beruflichen Status eher über Dienstgrade als über wissenschaftliche Leistungen<br />
definierten. Eine Ausnahme bildeten die sogenannten, mit Promotionsrecht ausgestatteten<br />
militärakademischen Einrichtungen. Ansonsten wurden auch in bezug auf den<br />
Hochschulcharakter der Ausbildung Abstriche in Kauf genommen. Sie entsprach im<br />
wesentlichen gehobenem Fachschulniveau.<br />
Lehre und Forschung wiesen einen ausgeprägten Praxisbezug auf und folgte<br />
strikt den politisch-ideologischen Vorgaben der SED. Kennzeichnend war eine enge<br />
Verflechtung von Militär- bzw. Polizeidienst und Studium. Die "zuversetzten oder<br />
zukommandierten Offiziersschüler bzw. -hörer" 2 waren dienstverpflichtet und damit<br />
an Befehle gebunden, über die der gesamte, stark verschulte Studienbetrieb gesteuert<br />
2 Als Zuversetzung wird die Delegierung eines NVA-Angehörigen an eine Hochschule des<br />
MfNV bezeichnet. Angehörige der bewaffneten Organe außerhalb des MfNV (z.B. MdI,<br />
MfS) wurden zukommandiert. Bei Offiziersschülern handelt es sich um Studierende im<br />
(ersten) militärischen Hochschulstudium. Wer ein (postgraduales) militärakademisches<br />
Studium absolvierte galt dagegen als Offiziershörer. Die gleiche Bezeichnung trugen Studierende<br />
an der Hochschule der Deutschen Volkspolizei.